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Nr. 83 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 42

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Expedition: SW 68, Lindenstr. 3 Bernsprecher: Amt Mortyplas, Mr. 15190-15197

Sonnabend, den 19. Februar 1921

Der Kampf um Preußen.

Die wahre Einheitsfront.

Vorwärts- Verlag 6.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Amt Morisplay, Nr. 11753-54

Die U.S.p. ist müde.

Seit ihrem Spaltungsparteitag von Halle ist von der Un abhängigen Partei nur noch ein Rumpf übrig geblieben. Die attivsten Kräfte sind zur Kommunistischen Bartei über­getreten und die Reichstagsfraktion, die sich heute noch als unabhängig" bezeichnet, ist ganz zweifellos viel stärker als sie dem Verhältnis ihrer Stimmenzahl nach fein dürfte.

Partei angehört haben, wie der vielgenannte Starz, Prof. Nikolai usw, werden zu Führern erhoben, ebenso die außerhalb aller Bar Hagen  ( Westfalen  ), 18. Februar.( Eigener Drahtbericht des teien irriichternden Nationalboljchewissen Lauffenberg und Wolff Borwärts".) Die Mitglieder der U.S.B.D. in Soest   und heim, auch Davidjohn mit seinem schwebenden Ausschlußverfahren Sassendorf   haben sich laut Beschluß einer Versammlung am genießt bei den Antisemiten immer noch den Ruhm des Führers". 13. Februar mit der S.P.D. zusammengefchloffen. Sie er: Gänzlich fehlen dagegen in der Liste die Namen derer, die von die Bartel der Unabhängigen fast ganz still geworden. Ihr Im gegenwärtigen Wahlkampfe um Preußen ist deshalb laffen in den Zeitungen des Bezirks große Bekanntmachungen mit der Sozialdemokratie in die höchsten Posten gesandt wurden, 3entralorgan, die Freiheit", hat schon in Aufrufen festgestellt, folgendem Wortlaut: als Reichsfanzler, als Reichsminifter, bundesstaatliche Minister usw. daß sie leider nicht die Wahlmaschine" der alten Sozialdemo Die Unabhängigen Sozialdemokratischen Barteien Soeft und Bergebens sucht man die Namen Ebert, Scheidemann  , fratie und auch nicht einmal mehr die Moskauer   Gelder für sich Saffendorf haben sich laut Versammlungsbeschluß vom 13. Fe: Gustav Bauer  , Robert Schmidt  , isfell, Legien, hätte. Sie verlangt deshalb von ihren Anhängern, daß sie bruar mit der Sozialdemokratischen Partei vereinigt Bir die Namen Don Lüdemann, Severing. Severing, Braun, beides durch Idealismus und Opfermut erjeßen. Um Opfer­fehen in dem Zusammenschluß des gesamten werktätigen Bottes Haenisch. Auer, Hildenbrand, Blos uim. Das find mut und Idealismus aber aufbringen zu können, ist vor allen die mirksamite Waffe gegen die Reaktion. Wähler und Wählerinnen der U.S.  3.D. enthaltet euch nicht der Wahl, notürlich alles feine Führer der Sozialdemokratie, denn sie sind ja Dingen nötig, daß eine Partei ein festes erstrebenswertes Ziel fondern wählt am tommenden Sonntag die Ciffe der Sozial- feine Juden! demokratischen Partei Deutschlands  .

Die Vorstände der U.S.P.D.   in Soest   und Sassendorf  . Dieser Beschluß der Unabhängigen in Soest   und Sassendorf   ist um so erfreulicher, als es sich bei diesen Städten um Ortschaften mit einer großen Industriearbeiterschaft handelt. Die Aufforderung, für die S.P.D. zu stimmen, ist ein Beweis dafür, daß die Erkenntnis, wie schädlich die Uneinigfeit für die gesamte Arbeitertiasse ist, sich in immer weiteren Kreifen des Proletariats

Bahn bricht.

Geständnisse.

Unmittelbar por der Wahl, in ihrer Morgenausgabe vom 18. Februar, greift die ,, Deutsche Tageszeitung" die fozialdemokrati schen Minister noch einmal mit besonderer Behemenz an. Dem Un­terrichtsminister wird massives Unverständnis für das Hochschulwesen" norgeworfen.

Noch wesentlich draftischer drücken fich deutsch nationale Flugblätter und Bersammlungsredner aus,

Wie urteilen dagegen sachverständige und anständige Deutschnationale über die Tätigkeit des Sozialdemokraten im Ruftus: minifterium?

Zwei Beispiele! Im Sommer 1919 erhielt Genoffe Haenisch von einer oßen Lehrertagung in Holstein folgendes Begrüßungstele.

gramm:

Infolge eines aufklärenden Bortrages unferes Abgeord neten Hermann( Friedersdorf) spricht die heute in Neu­münfter tagende neupreußische Provinzialversammlung dem Herrn Minister Haenisch, der in edelster Absicht und mit ganzer Kraft un­ermüdlich für die Hebung der Boltsschule und des Lehrerstandes arbeitet, volles Bertrauen aus."

Der Abgeordnete Sermann( Friedersdorf), von dem hier die Rede ist, gehört der deutschnationalen Fraktion der Landes­persammlung an!

Um 12. November 1920 erflärte der deutsch nationale Abgeordnete Superintendent Bronisch im Hauptausschuß der Landesversammlung nach dem amtlichen Bericht:

,, Es sei ganz zweifellos, daß man es in dem Minister Haenisch mit einer ungemein regiamen Kraft zu tun habe, die auf allen Gebieten mit dem Einsatz der Persönlichkeit, des wiffens und des Könnens bestrebt sei, Neues zu schaffen und fruchtbare Arbeit zu leisten... Man müsse sich freuen, daß in dieser von Professor Seeberg als ideenarm beklagten Zeit auf einem so verantwortungsvollen Poften ein Mann stehe, der selbst wieder Ideen habe, fie ausspreche und vertrete, und der besonders tüchtige Persönlichkeiten aufzufinden beflissen sei, um fie auf geeignete Besten zu stellen."

Damit vergleiche man nun das Gefchrei über die Futter. frippenwirtschaft" der sozialistischen   Minister!

Nach den Worten ber deutschnationalen Abgeorb. neten Hermann und Bronisch tönnen alle Freunde einer gefunden Schulpolitik gar nichts anderes tun, als am Sonntag fo. zialdemokratisch zu wählen!

Wie man füdische Führer" macht.

In deutschvölkischen Blättern werden mitunter Ramensfiften peröffentlicht, aus denen hervorgehen soll, daß alle oder fast alle Führer der Sozialdemokratie Juden seien. Dabei merden einfach eine Meihe jüdisch flingender Ramen nebeneinander gestellt. Jedes Mittel Irreführung ist dabei recht. Chriften werden ay Juben gemacht, andererseits Suben  , die der Partei gar nicht angehören, zu Parteiführern gemacht, schließlich werden auch jüdische Genossen, die irgenbmo in der Partei tätig sind, als Führer genannt, während gerabe die befanntesten Führer der Sozialdemokratie unter. schlagen werben,

Als Musterbeifpiel liegt vor uns eine Veröffentlichung des Bommerschen Landbundes", der als agrarische Organisation ja nicht nötig hat, sich in seinen Beröffentlichungen noch irgendwo an die Wahrheit zu halten. In dieser Hepnotiz werden von verftorbenen Sozialdemokraten zu Juden gemacht: Friedrich Engels  , Brade, Bebel(!), Hafenclever, von heute lebenden Sozialdemokraten die Unabhängigen Bedebour, Dittmann, Bogtherr usw. usw. Als Führer ber Sozialdemokratie werben Namen genannt, von denen wohl audy bie ältesten Genoffen noch nie etwas gehört haben, z. B. Cahen, Cahensiy, Süßtind, Goldstern, usw. usw. Leute, die niemals der

Die Menükarte als Ankläger.

Ein Leser schreibt uns: Ihre Menüfartenjerie vom Armeeaber fommando Gaede fönnte zu der Ansicht verleiten, daß nur die höheren Stäbe fich in Schlemmereien ergingen. Daß gewöhnliche Regimentsstäbe genau so schlemmten, davon mögen die brei bei liegenden Menüfarten, die ich selbst habe schreiben müssen, Zeugnis ablegen.

Die erfte der drei faligraphisch geschriebenen und hektographierten

Menüfarten Lautet:

Brozinewitsch, den 4. Februar 1916: Festessen anläßlich der Verleihung des bayerischen Berdienstordens an Herrn Major Kleemann.... 8. Speisenfolge: Kriegstraitbrühe mit Lebertlößeit. Riefenstangenfpargel mit ge räuchertem Schinten. Hafenbraten, dazu Salz­fartoffeln. Kirschen. Ordensfpeife. Butter und Käse. Bitöre Cru Renard( Bein). Guefer Herrnberg ( Bein). Hendel Troden( Seft).

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Zwei Weinsorten, eine Settmarte, außerdem Lifäre zu einem Elfen von fünf Gängen! Solche Festessen waren an der Lages ordnung, denn es gab nichts, was nicht gefeiert wurde, wie die ts, was nicht gefeier nächste Karte bemeift:

W

sich gesteckt hat und daß das Streben nach diesem Ziele Be­geisterung auslösen fann. Wie es aber mit dieser Be geisterung aussieht, das hat vor kurzem der unabhängige Spizenkandidat für Hessen- Nassau  , Hüttmann, in einer Ber­sammlung offen ausgesprochen. Er erflärte:

Der furchtbare gegenwärtige Kampf macht uns müde und mürbe. Deshalb haben mir auch feine richtige Begeisterung mehr.

Aber mit revolutionären

Dies eine Wort beleuchtet fchlaglichtartig die Lage, im der sich die Bartei der Unabhängigen befindet. Sie sizi tat­fächlich wifchen zwei Stühlen, zwischen dem der 1ozialistischen Demokratie, wie sie in der alten Partei verkörpert ist, und dem der bolichemistischen Diftatur. Was ihr an Zielflarheit und Ueberzeugungs­treue abgeht, sucht sie zu ersehen durch ein um so lauteres Reden von der Revolution. Schlagworten allein läst fich eine Bolitik des Erfolges für die Arbeiterklasse nicht treiben. Sie muß fußen auf einer flaren politischen Handlungslinie, und diese geht der 11.S.P. voll­ftändig ab. Ihre Barlamentsvertreter sind in der peinlichen Lage, um des Scheinradifalismus willen ängstliche Rücksicht auf die Kommunisten zu nehmen, die ihnen im Wortschwall weit über find und die doch noch vor kurzem ihre Parteibrüder waren. Auf der anderen Seite aber möchten sie germ parlamentarisch erfolgreich arbeiten, ohne doch ihrem revolu tionären Sprachgebrauch etwas zu vergeben.

Fefteffen des Regimentsstabes R.J.R. 8 zur Feier der Be förderung des Leutnants Schmiedeba ch zum Ober­leutnant Brozinewitsch, den 30. Januar 1916: Suppe von Huhn In dieser Zwickmühle ist es begreiflich, daß die Bartei als mit Reiseinlage. Rrammetsoog ef mit Butter. Ge solche und ihre einzelnen Anhänger im Lande jede Begeiste­bratener Schweinerüden mit gerösteten Kartoffeln. rung verlieren und müde und mürbe" werden. Nach dem Brozinewitfcher Beißtohl. Mirabellen. Oberleutnantsspeise Abzug derer um Däumig und Müller, die zu den Moskowitern mit Fruchtsaft.-Butter, Käse. Getränke: Guefer errn übergingen, macht sich im Lager der Unabhängigen immer berg. Cru Renard. Hendel roden. Liföre: einem Kurfürstlicher Magenbitter, Danziger Gold. mehr eine Stimmung bemerkbar, die sich aus jchlechten Gewissen ergibt. Immer weitere Scharen

maffer.

legte Karte:

Die Festessen" folgten also in ganz furzen Abständen. Daß ihrer Anhänger beginnen einzusehen, daß die Politif des So man aber auch bei gewöhnlichen Mahlzeiten nicht darbte, dafür die fun als ob" nicht auf die Dauer beibehalten werden tann. Und piele von ihnen haben bereits erkannt, daß es ein sehr Speisenfolge zu dem feldmäßigen Abendessen des R.J.R. 8. fchlimmer Streich war, die geschlossene Einheit ber Brozinewitsch, ben 16. März 1916: Ochsenschwanzfuppe. Fisch. fozialdemokratischen Bewegung zu sprengen und damit immer paftetchen. Rindlende mit Gemüse. Mirabellen. Apfel weiteren Spaltungen die Wege zu ebnen. Immer mehr Un finenspeise mit Schlagjahne.(!) Butter und Räje. Getränke: abhängige fommen auch zu der Erkenntnis, daß eine radikale Wellensteiner( Bein). Château de Terres- Bielles( Bein). Ilmstellung der bisherigen Parteihaltung notwendig fei. Da Schlagfahne, zwei Weinsorten, vier Gänge das war bei den sie nicht den Weg nach Mostau mitgegangen, bleibt ihnen nur Herren Dom Stab feldmäßig". Go gaben sie den Mannschaften der Weg übrig, wieder Anschluß an die alte Sozialdemokratie und der Heimat ein Beispiel im Ertragen von Entbehrungen. zu suchen und den Bahnen zu folgen, die durch jahrzehnte­Wer hat die Front erbolcht? lange Tradition thr vorgezeichnet sind.

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Pfui! Schäme Dich!

Du

Du willst am Sonntag nicht zur Wahl gehen? Ist es Dir gleichgültig, ob Deine reaktionär. kapitalistischen Todfeinde wieder die Macht an sich reißen und Dich wie früher knebeln? Willst Du lieber Knecht sein, als freier, gleichberechtigter Staatsbürger? Willst Du nicht mithelfen, durch demokratisch- sozialistischen Aufbau aus dem heutigen Elend herauszukommen?

zur Wahl

mußt zur

Dies ist Dein Stimmzettel!

gehen!

Landtag Proving Kreis

Sozialdemokratifche Bartel Deutschlaubs

5. B. D.

Als der 6. Junt ben Unabhängigen jenen großen Schein­fleg brachte, der im wesentlichen darin bestand, daß ein Teil der früher sozialdemokratischen Wähler sich ber vermeintlich radi­taleren Gruppe angeschlossen hatte, da hatte die unabhängige Partei die Möglichkeit, ihre Kritik an der alten Sozialdemo fratie und ihre Bersprechungen gegenüber den Wählern in politische Tat umzumünzen. Ihr war Gelegenheit ge­boten, im Reichstage mit der alten Partei, die immer noch die stärkste unter den sozialistischen   Gruppen war, gemeinsam eine Regierung zu bilden, zu der es nötig gewesen wäre, um der Mehrheitsbildung willen, republikanische Kräfte aus der Deutschen   demokratischen" und der Zentrumspartei   hin­zuzuziehen. Aber im Bollgefühl ihres neu errungenen Wahl­fieges lehnte die U.S.P.D. das Angebot einer solchen Regie­rungsbildung brüst ab. In ihren Reihen hatte damals augens fcheinlich die Richtung gestegt, die später den Abmarsch nach Mostau vollzog. Durch die schroffe Ablehnung hoffte man die Einigkeit der damals schon auseinanderstrebenden Flügel noch länger aufrechterhalten zu tönnen. Die Zentralleitung der U.S.B.D. erklärte ftolz mie ein Spanier:

Der Eintritt ber Unabhängigen sozialdemokratischen Bartei in eine solche Regierung würde eine Unterstüßung der fonterrepo lutionären Politif bedeuten, die sie bisher grundsätzlich bekämpft hat, wäre eine Preisgabe ihres Programms und ein Berrat an den Interessen der Arbeiter, Angestellten, Beamten, Kleingewerbetreiben. den und Kleinbauern, die der 11.3.3.D. bei der Reichstagswahl Stimme und Bertrauen geschenkt haben für die energische Fort­fegung ihrer Politit des rüdfichtslofen proletarischen Klassentampfes mit dem Ziel der Beseitigung der fapitalistisch- militaristischen Klassen. herrschaft.

Trotzdem schon damals flar zutage lag, daß innerhal6 bes neugemählten Reichstags die drei sozialistischen   Gruppert nur eine wenn auch sehr starke Minderheit darstellten und das