Nr. 123+ 38.Jahrgang
Groß- Berlin
Arbeiterschwimmfest.
Beilage des Vorwärts
Dichte Busdauermengen umiäumen das Schwimmbecken und auch die Galerie der fäulengeschmückten Halle ist von Schauluftigen gefüllt. Sanftes Licht liegt über dem Ganzen. Der Starter ichwingt unternehmungsluftig ein rotes Fähnlein. Ein Anschwimmen der inderabteilungen leitet das Fest ein. Mit welcher Ruhe und Sicherheit sie das Waffer durchmessen!
wieder Arbeit.
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Und nun wechseln die Darbietungen: Männer und Frauen, Mädchen und Knaben wetteifern, ihre Fertigkeiten in Brust- und Rüdenschwimmen zu zeigen. Dft steigt die Spannung der Zuschauer auf das höchfte, und wenn im heißen Endtompf einer um eine Rafenlänge gefiegt hat, rauscht der Beifall durch die Halle. Ein Damenreigen, der von entzückender Mufit begleitet wird, bringt erwünschte Abwechslung. Nun geht es weiter: Stafetten schwimmen, Brustschwimmen Paddeln. Die Arbeitersamariter bekommen im Zuschauerraum hin und Jm Schwimmbeden aber tauchen fie inzwischen nach Tellern, die, zwanzig an der Zahl, auf dem Boden ruhen. Der erste Taucher Tommt berauf: fünfzehn Stüd überreicht er dem Starter und Bei fall dankt ihm für diese Leistung, denn in 8,10 Meter Wassertiefe fpürt man bereits erheblichen Druck. Allein er ist nicht Sieger. Mehr als einer feiner Mitbewerber und Mitbewerberinnen holen alle zwanzig Teller herauf, jedesmal von freudigem Beifall belohnt, ja, ein Striegsbeschädigter, dem ein Fuß fehlt, bringt siebenzebn Teller an die Oberfläche. Doch in die Freude der Zuschauer mischt fich hier startes Mitleid.
Tausende ertrinken jährlich in den deutschen Gewässern, die Arbeiter schwimmer zeigen daber, wie man Ertrinkende rettet. Der Retter muß versuchen, fie von hinten zu paden, und die Buschauer werden darüber belehrt, daß der Ertrinlende sich unter allen Umständen ruhig verhalten muß, wenn er nicht das ganze Rettungs, werf erschweren oder ganz unmöglich machen will. In einer gut gespielten Einlage wird jemand von zwei. Iuftig herausgepußten Strolchen überfallen; fie binden ihm die Füße, die Hände aber schnüren sie auf dem Rüden zufammen und werfen ihn ins Wasser. Allein zum Gaudium der Zuschauer schwimmt der Ueberfallene
munter dabon.
Den Beschluß macht ein Wasserballspiel, bei dem es heiß her geht. Der Kampf um den Ball löst oft stürmische Heiterkeit aus. Und noch ein Wunder ist passiert: man hat es fertig gekriegt, drei Stunden lang nicht zu rauchen. Es ist aber sehr schwer geworden, denn nach Schluß des Festes sah man vor dem Schwimmbad viele glühende Zigarren und Zigaretten; man entschädigte sich reichlich für die ungebührlich lange Entbehrung.
Die vorliegende Schilderung bezieht sich auf das Bereinsschauschwimmen der Freien Schwimmer Neuföün", das vorgesteru stattfand. Die Resultate
finden unsere Leser in Sportteil.
Der Dynamitanschlag gegen die Siegessäule hat trotz der umfassenden Nachforschungen der Kriminalpolizei und der Ausschreibung der hohen Belohnung nicht weiter geklärt werden fonen. Da der Chauffeur, der das retbraune Automobil gefahren hat, fich selbst noch nicht gemeldet hat, so fahndet die Kriminal polizei auf ihn, hat ihn bisher aber noch nicht ausfindig machen
fönnen.
Die Art der Zusammensetzung der Sprenglabung läßt, erkennen, vah diefe zwar nicht von einem Fachmanne erfolgt ist, wohl aber von einem Menschen, der es versteht, mit Sprengförpern umzugehen. 50 000 Mark Belohnung.
morden.
SP
Keine Aufregung!
Dienstag, 15. März 1921
März. Es sind noch für das laufende Rechnungsjahr fünfaig
Wolff meldet gegenüber Enthüllungen des Achtuhrblattes: Millionen zu decken. In der Aussprache wurde betont, daß Es ist weder ein großes Komplott festgestellt worden, noch sind durch Vereinheitlichung der Werke und Reform der Werksverwaltung, gestern im Laufe des Tages in Berlin umfangreiche Dynamitfunde namentlich der Gaswerke, große Ersparnise gemacht werden könnten. gemacht worden. Im Berlaufe der Entwaffnungsattion Bon Oberbürgermeister Böß wurde dies anerkannt, aber binzu find allerdings von der Kriminalpolizei verschiedene Lager von gefügt, daß bis zur Durchführung der dahingehenden Entwürfe, die Waffen und auch von Sprengstoffen gefunden worden. Diese zeit übrigens noch keine greifbare Gestalt angenommen haben, noch fich weit auseinanderliegenden Feststellungen mit dem Anschlag auf einige Zeit vergehen könne. Verbesserungen im einzelnen wären die Siegessäule in Verbindung zu bringen, liegt bisher keinerlei Anlaß vor. Auch von geplanten Attentaten auf einzelne promi- eher durchzuführen. Der Ausschuß war fich in seiner Mehrheit auch nente Persönlichkeiten ist der Kriminalpolizei nicht das geringste flar darüber, daß bei einer Erhöhung der Frachten, die zum 1. April bekannt. Bon den bisherigen Ergebnissen der Untersuchung und kommen solle, eine weitere Tariferhöhung nicht umgangen werden der perfolgten Spur fann im Interesse des Aufklärens des könne, daß aber zunächst dem Magistratsantrag zugestimmt werden Berbrechens vorläufig noch nichts mitgeteilt werden. müffe.
Ein Lefer, Sprengfachmann, schreibt uns:
Gerne möchte ich zu der Bemerkung, daß die Kriminalpolizei
Ein Kindesmord?
Verbrechen mit Süßstoff- Fläschchen.
eifrig danach fahndet, wo die Sprengfapfeln usw. in größerer Einen schauerlichen Fund machten am Montag zwei Kinder, die Menge oder einzeln verkauft worden sind, einige Beilen schreiben, in der Plögenseer Heide in der Nähe des Königsdamms spielten. aber mein Vorhaben verbieten mir gewisse Umstände. Wer die Sie fanden in der Nähe des Siechenhauses eine in Papier einSprengstofflagerung aus Bergwerken usw. her fennt, weiß genau, geschlagene, durch Schnitte schauerlich zugerichtete Kindesleiche, die daß hier im Falle„ Siegessäule" sich nur ein Dieb in den Besitz dann von der Sicherheitspolizei beschlagnahmt wurde. des Dynamits oder ähnliches gesetzt haben kann. Ein Kauf ist gänzlich ausgeschlossen. Die Sprengtapfel fönnte allerdings von einer Handgranate oder einem Glühzünder herrühren, die gewisse Kreise aufzuspeichern pflegen. Wie man aber zu Sprengstoffen und ließ sich von der Verkäuferin Farbmuster vorlegen. Er ber In einer Färberei in Nowawes erschien ein gutgekleideter Herr ohne Kauf und ohne Diebstahl kommen kann, ist den obersten sprach ihr bei schneller Erledigung seines Auftrages ein Fläschchen Reichsbehörden, die ich gewisser Umstände halber nicht einzeln auf- tölnisches Wasser. Der Herr zog ein Fläschchen hervor und sagte zählen und nennen will, zur Genüge Jeit 1919 bekannt. Regie- icherzend:„ Niechen Sie mal!" Dies tat die Verkäuferin und rungsrefforts tennen Stellen, wo Nitrofprengstoff, dreifach nitrier wurde fofort ohnmächtig. tes Toluol( Trinitrololuol) Amonsalpetersprengstoff( wie Donarit, Fremde die Kasse aus. Von dem Täter fehlt bis jegt jede Epur In demselben Moment raubte der Westfalit u. a.) und Ammonperchlorat- Sprengstoff lagert. Regierungsrefforts wissen, daß bereits 50 Menschen bei Entnahme dieser Stoffe ums Leben gekommen und verstümmelt find. Ein Verband der freiwilligen Feuerwehren Berlins wurde am refforts haben den Auftrag, diefe für jedermann erreichbaren öffnete die stattliche Bersammlung mit einer längeren Ansprache, Regierungs- Sonntag in Treptow gegründet. Branddirektor Tiedt Briz erSprengstoffe vernichten zu lassen. Aber es gibt auch Regierungs- wobei er betonte, daß neue Aufgaben bevorständen, ein gutes Einrefforts, die zuständigkeitshalber alles weiterleiten". Heute noch vernehmen mit der Berliner Berufsfeuerwehr erforderlich sei und fönnten dort, ohne Schwierigkeiten zu haben, Höllenmaschinen her- daß man eine größere Anerkennung der Leistungen verlangen könne. gestellt werden. Ich bin bereit, den Herrn Reichsminister des Verbesserungen, besonders in der Ausrüstung, seien erwünscht, die Innern an diese Quelle zu geleiten, um ihm das Tempo des preußi- Einrichtung von ständig besetzten Bachen der Berufswehr dagegen fchen Amtsschimmels vorzuführen. stimmten diesen Ausführungen zu, genehmigten die vorgelegten in der Weichbiltzone nicht notwendig. Die anwesenden Vertreter neuen Sagungen mit einigen" enderungen, sezten den ersten jährlichen Beitrag pro Kopf auf 2 M. fest und wählten einen Borstand, bestehend aus 14 Bezirksbrandmeistern. Zum Borsitzenden wurde Zu den Bestechungen bei der Verkehrsstelle einstimmig, nachdem Branddirektor Tiedt gebeten hatte, von seiner wird noch berichtet, daß die Kriminalpolizei mit der weiteren Auf- Wahl Abstand zu nehmen, Brandmeister Stappusch- Johannis flärung des Falles Lambed beschäftigt ist. Man neigt der Ansicht tal gewählt, zum Stellvertreter Brandinspektor Groß- Lichtenberg. zu, daß die Angelegenheit noch weitere Kreise ziehen wird. Im Zu dem födlichen Unfall einer Radlerin, worüber wir in der Interesse der Untersuchung liegt es, daß alle Personen, die in ähn Sonntagnummer des Vorwärts" berichteten, teilen uns Genossen licher Weise zu Geschenken veranlaßt worden sind, fich bei dem die der 57. Abteilung mit, daß die Berunglüďte eine rührige Genoisin Sache bearbeitenden Kriminalfommissar Tegtmeyer melden. Diese Berfonen brauchen eine Strafverfolgung nicht zu befürchten, da in in unserer Partei war. Noch bei den lezten Wahlen hat die Gefolchen Fällen fich nur der betreffende Beamte strafbar macht. noisin Stubenraud sich mit ihrem Rab , trosdem sie bereus Anders würde es sich nur verhalten, wenn Personen den oder die 70 Jahre alt war, rege an der Wahlarbeit beteiligt. Auch sonst Beamten durch Geschenke zu einer Pflichtwidrigkeit veranlaßt hätten, gehörte sie zu den fleißigen Besuchern der Frauenlese- und Zahl d. b., wenn sie den Beamten eine Summe Geldes für eine Zulassungsabende. Die 57. Abteilung wird der auf so tragische Weise ums. bescheinigung angeboten hätten, die er nach den Bestimmungen nicht Leben gekommenen Genoisin ein ehrendes Andenken bewahren. Der hätte erteilen dürfen. icheins erfolgt jedoch in feinem Falle. Uebrigens beschäftigt sich der Eine Entziehung des erteilten Erlaubnis- Tag ihrer Einäscherung wird noch bekanntgegeben. Ausschuß der Polizeiofftiere bereits mit der Frage des Ausschlusses feines unwürdigen Mitgliedes, gegen das die eigenen Kameraden feit einiger Zeit Mißtrauen begten, ohne jedoch bestimmte Anhaltspunkte für eine Verfehlung finden zu fönnen.
Uns erscheint der Berfaffer der Zuschrift, sowie diese selbst so ernst, daß die in Frage tommende Stelle wohl zu den darin enthaltenen Anflagen fich äußern muß..
DV
Der Bund der Arbeitermusikvereine veranstaltete am Sonntag in der Brauerei Königstadt eine Matinee. Der Saal war bis auf den legten Plaz besetzt. Das reichhaltige Programm fand großen Beifall. Das Spiel, besonders der Mandolinenvereine, war rhythmisch gut atzentuiert. Die Vorführungen der Bläfergruppen fommen in solchen Sälen leider nicht recht zur Geltung. Der Schall fann sich nicht ausdehnen, er wird von den Wänden zurückgeworfen, so daß trozz Es würde sich empfehlen, guten Spiels manches verloren geht. fünftighin den Bläsergruppen in der warmen Jahreszeit in GartenKonzerten Gelegenheit zum Zeigen ihrer Kunst zu geben. Diese Veranstaltungen würden erheblich gewinnen, wenn während der me nigen Stunden das Rauchen eingestellt würde. Der Saal war von Tabatsdampf erfüllt, so daß man das Drchester nur undeutlich sehen fonnte Und noch eins: Auf die als Einlage gespielte Marsailleise folgte Die Milchbelieferung. Am Dienstag, den 15. d. M., werden die und Liler- Stranfenfatten voll beliefert. Am Mittwoch, den 16. d. M., erhalten die Liter- Krantenkarten feine Milch, die Liter- Stranfenfarten werben voll beliefert. Um Donnerstag, den 17. b. M., werben bie/ und Liter- Stranfenfarten wieder voll beliefert. Die übrige Belieferung bleibt wie bisber.
Der Polizeipräsident von Berlin hat folgende Bekanntmachung Deckung für die neuen Zohnerhöhungen. erlaffen: Am 13. März, gegen. Mittag, ist der Verfuch gemacht mctben, die Siegessäule im Tiergarten in die Luft zu sprengen. Zur Der zur Vorberatung über die Tedung der Löhne, Bezüge und Tot find 23 große und 6 fleine Gelatine- Dnnamit- Batronen, Zeuerungszulagen für die Arbeiter, Hilfskräfte und Beamten ein4 Perditpatronen und zirka 3 Kilogramm Pifrinförper verwendet gefeßte Stadtverordnetenausschuß hat gestern mit sieben gegen fünf Der Sprengstoff befand sich einem braunen verschnürten Stimmen der Magistratsvorlage zugefiimmt. Oberbürgermeister Pappfarton mit Blechfanten und der Aufschrift Dr. Detters Böß legte auf Grund vertraulicher Ausführungen über die Finanz Saucenter, Banillegefchmad 100 Stüd, trocken lagern", daneben lage der Stadt eindringlich die Notwendigkeit dar, für diese vom die Fabritmarke mit Detters Helltopf. An dem Karton hing eine 1. November 1920 ab eintretenden Lohn und Gehaltserhöhungen mit einer Sprengtopfel verfehene brennende Zündschnur von etwa unbedingt Dedung zu schaffen. Diefe fei gegenwärtig nur durch echt preußische Militärmusit. Sollte das Anschaungsunterricht sein? 8 Meter Länge, 3 Meter waren bereits abgebrannt. Für Ermitte Erhöhung der städtischen Werktarife zu erzielen; es sei erforderlich, lungen und Angaben, d'e zur Auffindung der Täter und zur Aufklärung der Sache dienen, ist die obige Belohnung unter Ausschluß den Gaspreis um 10 Pf., den Preis für Lichtstrom um des Rechtsweges ausgefekt worden. 3weddienliche Angaben sind 50 f., und für Kraftstrom für eine Abnehmer um 20 Pf. 34 unverzüglich an die Abteilung la im Berliner Polizeipräsidium, erhöhen und zwar, wie dies durch eine Nachtragsvorlage des Zimmer 262, Hausanruf 305 und 617 zu erstatten. | Magistrats beantragt werden soll. nach der Standaufnahme vom mit trüben Augen; er hatte gerade Zeit gehabt, die Müge aufzusetzen und ein Tuch um den Hals zu binden. Ich denk'. ich fohr' mit!" sagte er mit rauher Morgenstimme.
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Stine Menschenkind.
H. Mütterchen.
Don Martin Andersen Negŏ.
So war Johannes bald hier, bald da. Er hatte einen raschen Blid, überall sah er einen Ausweg und tam mit Borschlägen zu Verbesserungen. Lars Peter mußte zuhören; es war, als lauschte man alten, vergessenen Melodien. Das gleiche Lied hatten das Moor, der Lehmgraben und all das andere auch ihm selber im Lauf der Jahre gesungen-menn auch viel bedächtiger; hier fonnte er faum folgen. Aber Spaß machte es, sozusagen alle Auswege zugleich überschauen zu fönnen.
Hör mal, Bruder, weißt du was," sagte er, als sie beim Mittagessen saßen.„ Du hülfft einem wieder auf die Beine. Hast du nicht Lust, dich hier niederzulassen? Dann bringen wir das Befigtum instand, wir zwei. Mit dem Umherstreifen ist es doch nichts."
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Lars Peter jaß eine Weile da und überlegte die Sache fam ihm überraschend. Na ja, wie du willst," sagte er dann und machte Plaz. Er hatte eigentlich damit gerechnet, daß der Bruder heute mit dem Ziehen der Gräben beginnen würde, die Gegend hatte so wenig Wasser.
„ Es wird Spaß machen, ein bißchen herauszukommen!" Johannes fletterte auf den Wagen hinauf.
Namar er denn nicht eben erst zur Tür hereingefom men? Willst du so in der Jacke gehn?" fragte Lars Peter. Du kannst einen alten Mantel von mir leihen."
,, Ach, Unsinn- ich schlag' den Kragen um die Ohren." Die Sonne war gerade im Begriff aufzugehen, weißer Dunst lag längs der Ufer des Sees wie ein Schleier über dem Schiff. In den Spinngeweben des Wiesenlandes fingen Millionen Tautropfen die ersten Sonnenstrahlen ein und bligten wie Diamanten.
Augen gezogen und sich zum Schlafen zurechtgesetzt. Er sah nicht danach aus, als hätte er es sonderlich gut mit sich selber gemeint! In den Mundwinkeln saß ein herber Zug, der woh! vom Zechen herstammen konnte. Sonderbar, wie sehr er der Mutter glich! Lars Peter nahm sich vor, ihn im Auge zu behalten.
7. Der Wurstschlächter.
Die Ackerwirtschaft des Elsternnestes blühte für diesmal nicht neu auf; es wurde verhängnisvoll für sie, daß Johannes. statt seinen Spaten zu nehmen und Gräben zu ziehen, Lust betam, die Heringsfahrt des Bruders mitzumachen. Auf einem der Höfe, auf dem sie einfehrten und Heringe verkauf ten, lag vor der Stalltür ein totgeborenes Kalb ; Johannes bemerkte es fofort. Mit einem Satz war er vom Wagen herund neben ihm.
laffen."
,, Was macht ihr damit?" fragte er und drehte das Kalb mit dem Fuße um. ,, Wir vergraben es, versteht sich," erwiderte der Knecht. Berkaufen die Leute hier in dieser Gegend ihr totes Lars Peter sah das alles, und vielleicht beeinflußte es Bieh nicht?" fragte Johannes, als sie wieder auf dem Wagen Johannes schien nicht abgeneigt zu sein ganz hatte ihn feine Stimmung; jedenfalls fand er heute, daß das Elfternnest faßen. die Landstraße doch wohl nicht in der Gewalt! ein schönes und gutes tieines Befigtum war, und daß es schade ,, Gott weiß, an wen sie es verkaufen sollten," erwiderte Im Laufe des Tages besprachen sie die Sache näher und wäre, es zu verlassen. Er hatte jetzt alles über seine Ber - Lars Beter. einigten sich darüber, wie sie es einrichten wollten; wie Brü- wandtschaft und Heimat erfahren und gehört, wie es jedem ,, Dann seid ihr, Gott steh mir bei, fehr weit zurück. Weißt der wollten fie teilen die Arbeit und was sie einbrachte. einzelnen in den verflossenen Jahren ergangen war; damit du was, ich hätte Lust, mich hier als Biehhändler niederzuAber die Schubkarre?" meinte Lars Peter. Die müffen war sein Heimweh befriedigt; Drang, in die Heimat überzufiebeln, verspürte er nicht mehr. Sei froh, daß du weit weg wir doch zurückbringen." Ach, der Teufel foll sie holen," sagte Johannes. Der von allem bist!" hatte Johannes gesagt, und er gab ihm recht Mann ist ja übrigens frant." es hatte keinen Sinn, wegzuziehen und den Wohnort zu „ Ja, aber wenn er wieder gesund wird, steht er da und wechseln, um in Hader, Neid und Familiengezänke hineinzu fann sich sein täglich Brot nicht verdienen; das fönnen wir kommen.. Wozu sollte man überhaupt wegziehen! Statt dem nicht verantworten. Ich muß morgen an den Strand, eine Glück nachzujagen wie ein Tor, follte man danach trachten, Fuhre Heringe holen, da fahr' ich nach Hundested und setz' fie es da festzuhalten, wo man nun einmal fein Heim hatte! da ab. Dann ist immer ein Fischer da, der sie mit hinübernehmen fann.- Eigentlich hatt' ich mir vorgenommen, den Heringshandel aufzugeben, aber ich hab' mich vor langer Beit verpflichtet, eine Fuhre abzunehmen, und in diesen Tagen foll der Fang gut fein."
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Lars Peter verstand nicht recht, wie es um ihn bestellt mar er fah heute alles mit neuen Augen an. Es war, als wären sie im Lauf der Nacht mit irgendeiner Wundersalbe behandelt worden, selbst der magere Boden des Elsternnestes fah schön und verheißungsvoll aus. Ein neuer Tag war über Um drei Uhr am nächsten Morgen hielt Lars Peter auf ihm und seinem Heim aufgegangen. bem Hof, bereit, ans Meer zu fahren. Hinten im Wagen ,, Es ist doch ein großartiger Morgen," sagte er zu Jostand ber merkwürdige Scherenschleiferapparat. Als er ab- hannes. fahren mollte, tam Johannes gefprungen, ungewaschen und
Diefer antwortete nicht. Er hatte die Müze über die
,, Und vielleicht Vieh aufzukaufen, das trepiert ist?" Lars Beter lachte. ,, Das nicht gerade. So einfältig ist das übrigens gar nicht. Der Alte zu Hause hat oft zehn bis fünfzehn Kronen mit so einem Kalb erzielt."
Ich dachte, wir würden mein Stück Land richtig in Bearbeitung nehmeft," sagte Lars Peter,
,, Das wollen wir auch, aber dazu ist Geld nötig! Der Handel, den du getrieben hast, hat dir nur Zeit weggenom men, dabei hast du die Dinge zu Hause vernachlässigt. Aber fieh mal, mit dem Biehhandel ist's etwas ganz anderes. Daber fann man gut einen Knecht im Tagelohn haben, wenn man Glüd hat. Wenn ich bloß einmal in der Woche ausfahre, will ich dir versprechen, daß dabei genug zum Leben für uns heraustommt. Und dann haben wir ja die ganze übrige Woche, wo wir das Land bestellen können." ( Forts. folgt.)