Nr.19238.Jahrgang Ausgabe B Nr. 95

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Keine Veröffentlichung!

Montag, den 25. April 1921

Vorwärts- Verlag G.m.b. H.  , SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Amt Morinplay, Nr. 11753-54

Tirols Anschlußwille.

Alle politisch denkenden Menschen Deutschlands   und ganz Europas   erwarten mit ungeheurer Spannung die neuen Borschläge zur Reparationsfrage, die die Jnnsbrud, 24. April.  ( WTB.) Bei der Bolts- zum großen Deutschen   Reiche. Das fleine Tiroler Bolt, das deutsche Regierung dem Präsidenten Harding unterbreiten abstimmung haben von etwa 150 000 Stimmberechtigten feit jeher stolz auf feine Unabhängigkeit gegenüber fremd­mill. Die Note mit diesen Vorschlägen ist mittlerweile endlich ungefähr 90 to 3. ihre Stimme abgegeben, von denen fra   chigen Herrschern gewesen ist, hat eine mutige Tat nach ungemein schwierigen Verhandlungen des Kabinetts ab- mindestens 120000 bis 125000 für den An- vollbracht, indem es sich, troß aller Drohungen Frankreichs  , gegangen; die Veröffentlichung schien, nachdem der diploma- fchluß an Deutschland   gestimmt haben. nicht hat nehmen lassen wollen, seinen Anschlußwillen zu be­tische Brauch, sie nicht vor der Ueberreichung zu unternehmen, funden. Es war übrigens unzweifelhaft in seinem Recht, gewahrt war, unmittelbar bevorzustehen. auch gegenüber den immoralischen Fesseln des Artikels 88 des Dittates von St. Germain, denn es hat damit nur der ganzen Belt und namentlich dem Völker bunde   einen Beweis seiner wirtlichen Gefühle und Wünsche liefern wollen.

Jetzt aber heißt es, auf Wunsch Amerikas   jolle die Ver­öffentlichung unterbleiben, da man es dort vorziehe, die deut schen Vorschläge der Entente vertraulich zu unterbreiten, und von einem vorzeitigen Bekanntwerden eine Störung der be­absichtigten Vermittlung befürchte. Also werde der Minister des Auswärtigen Dr. Simon's auch in der heutigen Reichs­tagsfiigung, die um 3 Uhr nachmittags beginnt, weder den. Bortlaut der Note, noch auch ihren Inhalt mitteilen. ganze in der Deffentlichkeit eingeleitete Aktion würde damit in den Schatten der Geheimdiplomatie zurüdsinfen.

Inzwischen tommt es, wie es fommen muß. Die Presse ist voll Andeutungen über den Inhalt der geheim gehaltenen Note. Es wird gejagt, daß er über den letzten deutschen   Vor­ichlag von London   weit hinausgehe und sich den Pariser eschlüssen in seinem finanziellen Endergebnis beträcht­lich nähere. Auch eine bestimmte Zahl, die von 200 milliarden Goldmart, wird genannt und dazu gesagt, daß der Zeitraum in dem dieser ungeheure Betrag abgezahlt werden soll, länger sein soll als der in den Pariser Beschlüssen vorgesehene von 42 Jahren. Die Möglichkeit der Anfangszahlungen foll durch eine internationale Anleihe geschaffen werden.

Bestimmteres werden wir voraussichtlich sehr bald aus der New Yorker oder aus der Bariser Presse erfahren, da die Erfahrung lehrt, daß die Geheimhaltung derartiger Beschlüsse noch immer mißlungen ist.

marten.

machen müssen.

Einzelergebniffe:

Jnnsbrud( Stadt) 33.954 Stimmen mit ja, 472 Stimmen mit nein. 134 Stimmen ungültig. Da­von von auswärts 3ugereiften 2144 Stimmen, von denen 2139 mit ja, fünf mit nein stimmten.

Das Abstimmungsergebnis wird in der ganzen Welt einen nachhaltigen Widerhall erwecken. Und das ist es gerade, was die Pariser Diplomaten fürchteten und verhin­dern wollten.

& ufftein 18 352 Stimmen mit ja, 135 mit nein. Schwaz   10 457 Stimmen mit ja, 56 mit nein. 3 m ft 7899 Stimmen mit ja, 71 mit nein. Landed 9654 Stimmen mit ja, 242 mit nein. 3nnsbrud, 25. April.  ( Eigener Drahlbericht des„ Bor  - Es ist ein überwältigender Sieg des Ideals des wärts".) Der Abstimmungstag war ein Freudenfest. Die Selbstbestimmungsrechtes der Völker und eine schmähliche Städte, die Bahnhöfe, die Lokomotiven, die Straßenbahn, die Niederlage jener rückschrittlichen Kräfte, die von Paris   aus menschen waren mit den Tiroler Farben, Tannenreis und Blumen die Welt mit den Methoden der Gewalt ewig regieren zu geschmüdt. Während des ganzen Tages 30gen Mufiftapellen in tönnen wähnen. Uns Deutschen   im Reiche legt der Artikel 80 Landestracht durch die Stadi. Vom Vorarlberg   bis nach Kufstein   des Versailler Friedensvertrages die Verpflichtung auf, die ertönte der Sehnsuchtsruf„ Wir wollen rum Reich!" Schon Unabhängigkeit Desterreichs in den durch den Vertrag von früh um 8 Uhr war starker Andrang vor dem Wahllokale. Die Parole St. Germain festgesetzten Grenzen anzuerkennen und diese der Sozialdemokratischen Partei lautete:„ Jeder Arunabhängigkeit unbedingt zu achten, es sei denn, daß der beiter hat zustimmen!" Die Wahlbeteiligung war beffer Rat des Völkerbundes einer Abänderung zustimmt". als bei der Wahl zum Nationalrat, troh dem hohen Schnee, der bis Der Artikel 80 tann uns jedoch nicht verbieten, das in die Täler gefallen war. Es gab nur 1-2 Pro3. ein- gestrige Abstimmungsergebnis mit aufrichtiger Freude stimmen. Die Parole der Monarchisten blieb wirtungs- zu begrüßen, als ein Zeichen dafür, daß es dem fiegreichen los. An der bayerischen Grenze wurden einige Grenzpfähle Ententemilitarismus und imperialismus nicht gelungen ist. herausgeriffen. Bel der Berfündung des Abstimmungs  - den Idealismus gänzlich aus der Welt zu schaffen. refultats brach endloser Jubel aus. Einst wird der Tag lommen, an dem die Jdee über die Macht doch noch siegen wird, und diesen Tag nähergerückt zu haben, das ist das unvergeßliche Berdienst des tapferen fleinen Tiroler Volkes.

In Bozen   überfielen heute bewaffnete italienische Fascisten einen deutschen   Trachtenumzug. Es gab einen Toten und 43 Verwundete. Beim Betanntwerden dieses blufigen Zwischenfalles in Innsbrud fanden am Abend vor dem italienischen Konfulat Demonstrationen statt, die jedoch ohne Ausschreitun­gen verliefen.

In diesen trübsten Tagen der Geschichte des deutschen  Boltes gibt es wohl nichts Erhebenderes als diesen neuen fpon­tanen Beweis der unwandelbaren Treue der Deutschösterreicher

Landtagswahl in Niederösterreich  . Wien  , 25. April.  ( WTB.) Bei den geffrigen Wahlen zum niederösterreichischen Landtag wurden 32 Chriftlich- Soziale, 22 So­3ialdemokraten und 6 Großdeutsche gewählt.

Während nun diese Aktion eingeleitet worden ist, hat die angefündigte Besprechung zwischen Lloyd George  und Briand   stattgefunden. Die Berichte über ihr Ergeb­nis berechtigen zu der Hoffnung, daß der Weg zu neuen Ber­Handlungen durch übereilte Gewaltmaßregeln nicht verbaut werden wird. Allerdings enthält diese Rechnung einen un­bekannten Fattor, nämlich eben die deutschen   Vorschläge und die Aufnahme, die diese bei den leitenden Staatsmännern der Entente finden werden. Besteht bei ihnen die Neigung, neue Sanktionen durch eine Verständigung überflüssig zu machen Grundlagen für Verhandlungen bilden fönnen. Er ist geneigt, eine andere Wahl als die sogenannten Pariser Beschlüsse und betrachten sie die deutschen   Borschläge für einen geeig- die Weiterleitung vorzunehmen, wenn die Vorschläge der deutschen   über die Zahlung von 226 Milliarden Goldmark vollkommen anzuer­neten Boden dazu, so werden wir zum mindesten so lange Verantwortlichkeit entsprechen. Die äußerste Grenze, bis zu der kennen oder die Auslieferung größerer deutscher Länderstrecken an Ruhe bekommen, wie Deutschland   imftande sein wird, die die amerikanische   Regierung bereit ist, besteht in der Uebermittlung fremde Militärmächte im Besten und im Osten zu dulden. Daran getroffene Bereinbarung einzuhalten. Andernfalls ist als Er- der Borschläge und in einer eventuellen Empfehlung, fie aufmerksam wird etwas, aber nicht allzu viel geändert, wenn die Zahlung auf gebnis der Aftion mehr als eine furze Galgenfrist nicht zu er zu prüfen. In offiziellen Krelsen beurteilt man die Frage opfi- 60 oder 65 Jahre statt auf 30 oder 42 Jahre verteilt wird, und wenn mistisch. Man glaubt, daß eine Vereinbarung möglich fei. Die ein Teil der Schuld anstatt in Gold in Wiederaufbauarbeiten geleistet Im Reichstag wird heute Dr. Simons nicht das Wort aus Deutschland   hier eintreffenden Nachrichten befagen, daß Hugo wird. Es bleibt trotzdem eine nahezu unerfüllbare Zusage. Ein ergreifen, fondern es werden zunächst die unabhängige und Stinnes feinen Einfluß auf die deutsche Regierung fo meittragender Entschluß kann von einer Regierung nur dann deutschnationale Interpellation, die erste von Dißmann, zu verlieren beginnt, infofern der Reichspräsident zu einer neuen gefaßt werden, wenn sie wirklich die Ueberzeugung hat, daß auch die riesengroße Mehrheit des ganzen Bolkes in ihm begründet werden. Ob dann der Minister heute noch sprechen Beurteilung der politischen Lage Deutschlands   gelange. wird, steht dahin, eigentlich wird er schwer umhin fönnen, Washington  , 25. April.  ( EB.) Hughes ist anfäßlich der den einzigen Ausweg aus einer furchtbaren Lage erblickt. dies zu tun, weil er doch die Interpellationen beantworten deutschen   Note im steten Rontaft mit den Gesandten der alliier. Rabinett rechnet auf diese Einsicht bei den Sozialdemokraten muß. Da nun der Inhalt der Note nicht mitgeteilt werden ten Mächte. Ebenso wie nach der ersten Note wird auch nach und stellt als sicher in feine Rechnung, daß wir die Unterschrift unter soll, wird man sich auf eine recht dürftige Antwort gefaßt den neuen Borschlägen die amerikanische   Regierung rasch handeln, würden, daß die Zustimmung von 108 Sozialdemokraten sogar den einen solchen Vertrag neuen gewaltsamen Berwicklungen vorziehen damit möglicherweise noch vor dem 1. Mai eine Bermittlung statt Berlust einiger unnachgiebiger Boltsparteiler wettmachen fönnte. Das ist der augenblickliche Stand der Dinge. Hinzuzufinden und eine Besetzung des Ruhrgebietes noch abgemendet werden Ich bin der Ansicht, daß die deutsche   Sozialdemokratie ihre Zuftim. fügen ist allenfans noch, daß man sich in verfassungsfundigen tann. Kreisen den Kopf über den Art. 35 der Reichsverfassung zer­mung zu so weitgehenden Verpflichtungen nur dann geben fann, bricht, der besagt: wenn die Ueberzeugung dieser Notwendigkeit über den Rahmen Der Reichstag   bestellt einen ständigen Ausschuß für auswärtige Ueber den Inhalt der Note an die Bereinigten Staaten ist bis der eigenen Partei, auch über die jezige koa. Angelegenhelfen, der auch außerhalb der Tagung des Reichstags zur Stunde offiziell nichts bekanntgegeben worden. Wir geben des Iitionsregierung hinaus rechts unblints geteilt wird. und nach der Beendigung der Wahlperiode oder der Auflösung des halb einige Andeutungen der TU. mit Vorbehalt wieder. TU. meldet: Die Unabhängige Sozialdemokratie hält die Unterschrift für nötig, Reichstags bis zum Zusammentritt des neuen Reichstags tätig Es handelt sich bei den deutschen   Borschlägen um eine Alternative aber auch die Deutschnationalen müffen vor die Frage werden kann. Die Sitzungen dieses Ausschusses find nicht öffentlich, von zwei Möglichkeiten. Der ganze Plan ist in neun Para geftellt werden, ob sie lieber die angedrohien Senttionen in Kauf wenn nicht der Ausschuß mit Zweidrittelmehrheit die Deffentlichkeit graphen gefaßt. Da man im Kabinett der Auffassung war, daß nehmen als meitere Zugeständnisse zu machen. Die furchtbaren beschließt. Die Bolksstimmung in Frankreich   und Amerika   ties verlangt, eni- Baften der Zukunft müssen vom ganzen Wolfe getragen werden. Es Da dieser Ausschuß seit der Ankündigung des neuen An halten die deutschen   Borschläge u. a. auch ein festes Zahlendorf fein Zuftaab eintreten, daß eine Partei der anderen, eine Volks gebots durch Dr. Simons in dem ganzen Lauf der verwickelten angebot, das die deutsche   Leistungsfähigkeit im Auge behält, da- gruppe der anderen den Vorwurf macht, sie habe vermeidbare Lasten Angelegenheit, bei der es sich um das Schicksal des ganzen neben aber auch der Volkspsyche der Gegenseite Rechnung trägt. Es auf den Rücken des Volkes gelegt, neue Demütigungen auf fich ge deutschen   Boltes handelt, noch nicht ein einziges Mal bemüht steht in seiner Höhe zwischen den Bariser Beschlüssen und dem nommen. Die Zusage, über 200 milliarden Mart zu leisten morden ist, ist der Sinn dieser Verfassungsbestimmung dunkel deutschen   Vorschlag von London  , schließt sich aber dem Londoner   oder auch nur zu verzinsen, darf und kann sich auf die Hoffnung ftüzen, die deutschen   Arbeiter des Ropfes und der Hand würden schon gorden. Man wird sich darüber entscheiden müssen, ob Borschlag wesentlich mehr an als den Bariser Forderungen. man sie durchführen oder aber fie, und mit ihr den Aus­das Ihrige tun. Aber auch der Besiz und das Kapital müffen hierbei große Opfer, und zwar die ersten und schwersten wärtigen Ausschuß, der kaum noch eine Schatteneristenz führt, Opfer bringen. I st man dazu nicht bereit, dann muß die Zustim beseitigen will. Breslau  , 25. April.  ( Eigener Drahtbericht des„ Borwärts".) mung scheitern. Das deutsche Volt wird dann auch wissen, wem es In der Breslauer Bolts wacht" nimmt der Reichstagspräsident die kommende Zeit militärischer und wirtschaftlicher Fremdherrschaft Baris, 25. April.  ( EE.) Eine Kabeldepesche des New Bort Genoffe 25 be für seine Person Stellung zu den bevorstehenden verdantt." Herold meldet das Eintreffen der neuen deutschen   Entscheidungen des Reichstages in der Wiedergutmachungsfrage. Er Vorschläge in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag. Prä- fchreibt:„ Um die militärische Befeßung weiterer deutscher Gebiete fident Harding und Hughes wollen die Note prüfen, ob sie geeignet abzuwenden, um Requifitionen und drückende Abgaben zu verhin Ist, an die Ailierten weitergeleitet zu werden. Morgen wird wohl dern, um die Gefahr einer Zerstückelung des Reiches, die man neuer die amerikanische   Regierung entfcheiden, ob die deutschen   Vorschläge dings beschlossen, zu beseitigen, wird sich sogar auch eine rein geeignet sind, den Allierten übermittelt zu werden. Im Falle ihrer bürgerliche Regierung bereit erflären, faft gegen die eigene Uebermittlung wird dies mit der Anregung geschehen, daß Ueberzeugung, Berpflichtungen zu unterschreiben, die wir alle noch der Präsident der Ansicht sei, daß diese Vorschläge geeignete vor wenigen Tagen für unerfüllbar hielten. Es bleibt uns taum Nordhausen   zur Last gelegt.

Ankunft der Note in Washington  .

Tas neue Angebot.

Die Stellungnahme der Parteien.

Das Erfurter   Sondergericht verurteilte gestern den Maurer Alfred Scheller- Erfurt, in deffen Schrebergarten eine Stifte mit Munition und gefährlichen Sprengstoffen gefunden worden war, 31 1½ Jahren Gefängnis. Ferner verurteilte es den Schachtorbeiter Baul Eiste aus Stodhausen zu 6 Jahren und den Konditor Bruns Böttcher aus Nordhausen   zu 7 Jahren Zuchthaus. Beiden wurde der Dynamitanschlag auf die Bahnstrecke Wolframshausen­