Wir durchaus angebracht, sondern NN höchsten Maße not- wendig, mit der gewissenlosen nationalisti - scheu und monarchistischen Agitation abzu- rechnen, die systematisch darauf ausgeht, den schlimmsten Feinden Deutschlands Gründe und Vorwände zur Unnach- giebigkeit in die Hände zu spielen. Die Wut, mit der die Deutschnationalen, Helfferich und Westarp an der Spitze, unsern Redner unterbrachen, ist uns der beste Beweis für die Richtigkeit seines Vorstoßes. Wie? Dieselben Kräfte, die Deutschland in namenloses Unglück und Elend gestürzt haben, machen sich unter dem Beifall eines dentunfähigen, verblendeten Bürgertums wieder breit; sie predigen den Widerstand auch gegen solche Bestim- mungen des Versailler Vertrages, die mit den Üebensnot- wendigkeiten unseres Volkes nichts zu tun haben— siehe die bayerischen Entwaffnungen—, sie erwecken systematisch drüben den glücklicherweise durchaus irrigen Eindruck, daß Deutsch- land sich nach dem alten verjagten Regime zurücksehne und nach dem Revanchekrieg strebe, und wir sollten dazu schweigen? Was Hermann Müller über den Monarchistenrummel am Begräbnitstage in Potsdam ausführte, er- weckte den scheinheiligen Zorn jener ausgekochten Zyniker, die noch zu Lebzeiten der verstorbenen Frau, der auch wir unser menschliches Mitleid zollten, mit ihrem längst erwarteten Ab- leben parteipolitische Geschäfte trieben. Aber die Potsdamer Manifestation war, vom außenpolitischen Standpunkt be- trachtet, eine Sünde am deutschen Volte, die be- wüßt von den monarchistischen Kreisen begangen wurde. Das demonstrative„Bravo ", mit dem die Deutschnationalen Müllers Erwähnung der Reichswehrdeputationen unterstrichen, ist für deren Geistesverfassung kennzeichnend, aber immerhin von deren Gesichtspunkt verständlich. Traurig genug aber, daß die Reichsregierung das außenpolitisch und innenpolitisch Provokatorische dieser militärischen Kundgebung nicht erfaßt hat. Traurig genug, aber noch den bisherigen Erfahrungen mit dem Strohmann G e ß l e r nickt »erwunderlich, daß feit einigen Tagen die Stabsoffiziere, die als Vertreter des Reichswehrministeriums der Deutschen Republik, unmittelbar hinter der Regierunasbank stehend. den Reichstagssitzungen beiwohnen, ihren Trauerflor ostentativ zur Schau tragen. Was Dr. Helfferich als Sprecher der Deutfchnatio- nalen auf die Anklagen unseres Redners zu antworten wußte, waren vor allem Beschimpfungen und Verdrehungen. Leid taten uns vor allem— die armen Reichstagsstenographen, die dem Schnellfeuertempo feiner Rede kaum zu folgen vermoch- ten. Leid taten uns aber auch jene Zuhörer auf der Tribüne. die die Schlußfanfare Helflerichs auf den kommenden Re- vanchekrieg mit Händeklatschen begrüßten. Ein Bürgertum, das auf dieses demagogische, unverantwortlich« Getue noch hereinfällt, zeigt«in Maß von valitischem Unverstand, das wir nur bei den französischen Anbetem des Psychopathen Andr6 Lefövre für möglich gehalten hätten. Glaubt Helfferich aber wirtlich auf die vernünstigen Millionen von deutschen Proletariern, ohne die er seinen Revanchekrieg doch niemals wird führen können, irgend einen Eindruck zu machen, wenn «r den früheren Reichskanzler und Vorsitzenden der Sozial» demokratischen Millionenpartei als„E n t e n t e a g e n t« n� beschimpft? Ach, wir kennen die Melodei, mit diesen und mit anderen Worten: So wie wir einst allein al»«Sozialverräter" und„Konterrevolutionäre " von den Kommunisten beschimpft wurden, so haben nacheinander Dittmann und Hilferding und nun gar Paul Levi daran glauben müssen. Und die Bezeich- nung„Ententeagent", die uns übrigens nicht neu ist, kann bei uns nur ein mitleidiges Lächeln erwecken, zumal wir feit gestern wissen, daß auch die Deutsche Voltspartei sich von den Freunden Helfferichs die Anklage der„nationalen Würdelosig» keit" und der„Preisgabe der Lebensinteressen des deutschen Volkes" gefallen lassen muß. Auch Helfferich wird noch seinen Wulle finden...
�rzbejrger gegen Simons. Während Herr Dr. Simons von rechts her wegen zu großer Nachgiebigkeit gegen die Ententeforderungen schwer bekämpft wird, erhebt sich auch ein Gegner von links gegen ihn, der ihm vorwirft, mit seinem Entschluß zum Nachgeben zu lange gewartet zu haben. Es ist der Zentrumsabgeordnete Erzberger, der im„Tagebuch" Stefan Großmanns gegen Simons u. a. folgendes ausführt: Vom Januar dieses Jahres ab wachte die deutsche Polltit die aller Welt sichtbare Schwenkung, die zuerst in einem forschen Nein sich bekundete, um am 20. Zlprll die völlig« K apttu» lation de» Deutschen Reiches als selbständiger Staat auszu- sprechen. Dieser politische Zusammenbruch, der den militärischen überragt, war die natürliche Folgewirkung all der Fehler der letzten Monate und der Kopflosigkeit, mit der vor, in und nach London gehandelt wurde. Erzberger beschäftigt sich dann mit der Frage der Papst- Vermittlung; er erklärt hierbei, jeder bisherigen Verössent- lichung über sie völlig fernzustehen, und mit der ersten Note an Hardmg, von der er sagt: Ein inhalteschwereres Dokument mit dem Verzicht aus jede Selbstbestimmung ist im letzten Jahrhundert nicht ergangen.... Wie die Verhäuniss« liegen, war mit absoluter Sicherhett damlt zu rechnen, daß der Schiedsspruch sehr nahe an die Forderung der Entente herangekommen wäre.... Diese ganze Aktion war nicht nur die offenkundige Verbeugung der bisher ein- genommenen Haltung, sondern auch ein ganz unüberlegter Der- zweisiungsschrilt, geboren aus Fehlern der letzten Monate.... Die diplomatische Niederlage nach solcher Demütigung steht in der politischen Geschichte wohl einzig da. Erzberger gibt Simons keine lange Lebensdauer mehr. Die„Kreuzzeitung " meint, er wolle mit sozialdemokratischer Hilf« sich wieder in den Sattel setzen— aber weder dürste Erzberger so töricht sein, sich nach der Erbschaft Simons' zu sehnen, noch wäre die Sozialdemokratie so töricht, ihm behufs ihrer Erlangung beizustehen. Da dürsten jene französischen Blätter der Wahrheit näherkommen, die als nächsten Außen- minister Mayer- Kaufoeuren oder Herrn v. R a u m e r nennen.__ Eselsfußtritte. In der„Post" widmet ein Ungenannter dem scheiden- den Kultusminister Genossen H a e n i s ch einen von Gehässig- keit strotzenden Abschiedsgruß. Wir zitieren wörtlich: Sang- und klanglos ist Konrad Haenlsch, Minister von Unabhängigen und Sozialisten Gnaden, wieder in der Versenkung verschwunden, aus der ihn die Revolution auf den Posten eines Kultusminister» berief. Und wie hat er hier gewirkt? Er hätte wahrhaftig der Totengräber deutscher Kultur, deutscher Wissenschaft und deutschen Geisteslebens werden können, wennernichtrecht- zeitig noch hätte zurücktreten müssen. Ich will hier nicht im einzelnen eingehen auf die vielen Fehlgriffe, die er sich im Par. teiinteresse während semer Ministerherrlichkeit zuschulden kommen ließ. Es soll hier auch nicht weiter erörtert werden, wie ihm nicht der Gedanke an das große Ganze als Leitstern seine, Handeln» diente und wie er nur al» reiner Partelpolitiker unter Ausschaltung jede» anderen Gesichtspunkte« das gesamte ihm unterstellt« Bll- dunH»wesen nach sozialistischen Gesichtspunkten zu reformieren suchte, wie er fast nur seine Mtarbeiler an» der Kamps- und Stoßtruppe, den»Entschiedenen Schulresormeru". jener die politische Konjunktur geschickt ausnutzenden Gemeinschaft von Schulreoolutionären nahm und sie mit neuen Reformaufgoben be- traute; festgehalten seien hier nur in großen Zügen die schon in den Anfängen für die Kultur des Reiche» so verhängnisvollen Maßnahmen usw. usw. Diesen Anwürfen stellen wir gegenüber, was ein d e u t s ch- nationaler Abgeordneter, sicherlich nicht aus poli- tischer Freundschaft für Genossen Haenisch, etwa vor einem halben Jahre über dessen Tätigkeit ausführte. Im Haus-
Haltsausschuß der preußischen Landesversammlung be- gann am 12. November 1920 der Supermtendent B r e n l s ch. Fraktionsmitglied der Deutschnationalen , seine Rede mit Aus- führungen über die Person des llnterrichtsministers Haenisch. die folgendermaßen lauteten: Man gewinnt den Eindruck eines unermüdlich tätigen, hohen Zielen zustrebenden Manne». Gerade wenn man unter dem Ein-. druck der erschreckenden Seistlosigkeit der gegenwärtigen Zeit steht. muß man dankbar anerkennen, daß die preußische Unter- richtsoerwaltung von einem Manne geleitet wird, der von der über- ragenden Dedeotuvg des Geistes für den Wiederaufbau durchdrun» gen ist. Man muß weiter anerkennen, daß der Minister e« ver- standen hat, in und außerhalb Berlins mit Persönlichkeilen aller Richtungen in Fühlung zu treten und auf diese Weise zahlreiche Mißverständnisse aufzuklären und Reibungsflächen zu vermindern. Auch hat der Minister es verstanden, für sein Ressorr eine ganze Reihe befähigter Miiarbeiter zu gewinnen. Das ist in allen Punkten das genaue Gegenteil dessen, was der Anonymus der„Post" dem Genossen Haenisch vorwirft. Man ersieht daraus, daß die Deutschnationalen in der Agitation gegen ihre innere Ueberzeugung einfach drauflos hetzen und verleumden. Im stillen Zimmer einer Kommission getraut sich wohl einmal ein Ehrlicher an- erkennend von einem sozialistischen Minister zu reden. aber draußen in der Agitation muß um jeden Preis die Legende aufrecht erhalten werden, daß jeder sozialistische Mi- nister ein engstirniger Parteifanatiker, ein Nichtskönner, ein KulturschSdling feil Im vorliegenden Falle deckt der Aus- fpruch des Superintendenten Brenisch die deutschnationale Agi- tatwnslüge auf, aber man kann aus dieser Gegenüberstellung getrost auch in unzähligen anderen Fällen schließen, wo die Deutschnationalen über die„Unfähigkeit" sozialdemo- kratischer Männer in leitenden Posten zetern, daß es sich ein- fach um gewerbs- und gewohnheitsmäßige Herabsetzung gegen bessere Ueberzeugung handelt._ Die Aburteilung üer Kriegsverbrecher. Reichsjustizminister Dr. Heinz« empfing am Mittwoch vor« mittag Vertreter der Presse, um ste über das Verfahren gegen die Kriegsverbrecher vor dem Reichsgerichtshof in Leipzig zu unter- richten. Er betonte die großen Schwierigkeiten bei den Vorarbeiten. da die Justizbehörden der gegnerischen Möchte die Arbeiten erschwerten. Von den beiden Listen wäre die sogenannte „kleine" Liste vom Oberreichsanwalt bisher bearbeitet und die meisten Zeugen bereits vernommen worden. Die Lückenhaftig- keit des Beweismaterials zwang den Oberreichsanwalt, sich direkt an die Justizbehörden der in Frage kommenden gegnerischen Staaten mit der Bitte um nähere Unterlagen zu wenden. Die Antworten liefen teils verspätet, zum Teil überhaupt nicht ein. Im Fe- bruar reisten der Reichsanwalt Feisenberger als Vertreter de» Reichsgerichtshofe» und Geheimrat Levinski vom Auswärtigen Amt zum Abschluß der Verhandlungen nach London . Vier Termine stehen Ende Mai bevor. Die drei ersten gegen Heinen, Müller und Neumann betreffen die Miß- Handlung von Kriegsgefangenen. 47 englische Zeugen werden persönlich in Leipzig zu den Verhandlungen erscheinen. die vor dem zweiten Strafsenat unter dem Vorsitz de» bekannten v Kriminalisten Dr. Schmidt stattfinden. Die Anklage vertritt Ober- reichsanwalt Oberwayer. „Geöächtnisfeie? für öie Kaiserin". Das regierungsöffiziöfe MTB. meldet wörtlich unter obtger Ueberschrist: Heute abend fand in der St. Petri-Kirche in der Scharrenstraße eine Gedächtnisfeier für die verstorbene Kaiserin, veranstaltet vom Vaterländischen Frauenverein, statt, an der etwa 3000 Personen tetlnohmen. Auch die früher» Krön- Prinzessin war anwesend, und ee wurden ihr beim Verlassen des Gotteshauses lebhafte Ovationen dargebracht.
Ueberrajchungen. K o n z e r t- U m s ch a u. Beim Abklingen de, Konzert-Winters, der seine Ausläufer bi» in den Sommer Berlin » schickt, lebt di« Philharmonie noch einmal auf. In einem mit dem Herzen gesungenen, weh und aufrüttelnd von einem Theater-Genie in freundschaftlicher Trauer angestimmten Requiem. Weit öffnen sich die Tore zur Ewigkeit. Italiens Idiom, geboren au» natürlicher Begabung zum Singen und glühend heißer Andacht im Gebet, macht die Bühne der Aida und da» Kirchenschiff der religiösen Messe zum gleichen Tribunal der Kunst, macht beide vergessen im Quartett, im Chor, im bei canto des Tenors. M e y r o w i tz, dem Romanen hold, und herrlich von ihm wiedergeliebt, unterstreicht in der blühenden, berauschenden Nachge- staltung der Verdi-Partitur zum„Requiem" die Reize dieser dem Singen und Klingen hingegebenen schöneren Stil» und bringt im Bunde mit Kittel ein» Aufführung zustande, die in jedem Jahre «mmol Feier- und Feststunde sein darf. Der Rahmen ist geschaffen, und er glänzt vom Golde. Allen strahlt Unbeherrschtheit, Begeisterung von den Augen, und deutsche Kehlen scheinen italienischen Wohllaut herzugeben. Frau Onegin in der Alt-Partle, Wilhelm Guttmann als Bassist: Groß« des Klanges, Schönheit des Stil», prächtig« Ouartettstützen. Sopran und Tenor sagen ab. In den Pausen und eine Stund« vor Beginn übt Frau Rosa Walter die ihr neue Rolle. Sie singt sich frei, musikalisch tapfer sogar mit Leidenschaft und ruhigem, weicheste Töne weithin ttagendem Atem — eine beifallssichcre Leistung. Größere Ueberraschung: ein Tenor mit italienischer Stimm«. Paul Marion. Er gibt dem ersten Quartett des zweiten Teil» eine Sehnsucht, eine Bekenntnis-Schwere, die ergreifen macht Merkt euch den Mann, der in Berlin unauf- findbar wäre und jeder Oper zur Zier gereichte. Aus solcher Aufführung bleibt uns das Erlebnis eines großen Werks unwandelbar schön. Friedrich E. Kochs Oratorium„Die Sündflut" erfuhr unter Leitung des unglücklich disponierten Emil Thilo eine so ungleich« im technischen Detail noch so un- vollendet« Wiedergabe, daß unser Interesse unnötig stark von der Berechnung der Schwierigkeiten absorbiert wurde. Ganz allgemein schien allerding» die musikalisch.poetische Feingebung des Kam- oonisten für die Erfüllung dieser nach Händelschem Format zuge. schnittenen guten Eigendichtung nicht auszureichen: am wenigsten für die Arien, die mehr in die Breite als in die Tiefe gehen, am meisten noch für die chorischen Partien mit dramltischen oder tänz«. rischn Motiven. Solistisch traten Bötel und Schützendorf angenehm hervor, letzterer allerdings mit unausgeglichenen Hoch-Tönen. Der junge Vladislav S ch a k hat sich im vorigen Jahr unstreitig Sympathien erworben durch den Elan und den künstlerischen Ernst. mit dem er seine philharmonische Truppe au, Prag hier einführte. Er ist ein ausgesprochener Freund der deutschen Musik. Der dem Programm beigelegte Hymnus des Freundes Harms beweist neben «rschröcklichem Ueberschwang an Begeisterung ein« peinliche Ab. neigung gegen die deutsche Sprache. In» richtig« Deutsch übersetzt steht da etwa: Schak ist da» größte Dirlgier-Genle, ist Führer der tschechischen Musik.Generatton von heute, und„er komponiert groß« sinfonische Wert« von der Größe und Gewalt Möhler» für große Orchester", Da, bleibt zu beweisen. Mit unseren Philharmonikern
hatte der eifrige� und zweifellos hochbegabt« Schal einen nicht leichten Stand. Sie kamen beim Spielen einer lanaen. müden. schwerblütigen Sinfonie F o e r st e r s, die erst im Scherzo Bruck- nerische Läufigkeit und Schübe- tsche Geläufigkeit bekommt, nicht aus ihrer Ruhe heraus; jedenfalls war der draufgängerische Dirigent oft genug um ein Viertel im Taktieren voraus. Er gab mehr Aus- tlärung über sein ungewöhnliches, slawisches Temperament, als über Abklärung feines stilistischen Fühlens. Aber auch da» noch Gärende, Treibende. Aufgeregte dieser Art Musikanten interessiert. Wir wollen ihn wiedersehn und wieder grüßen. Wer nur im Original, nicht in Klischee-Wendungen versessener Enthusiasten; die Schaksophone lasse man Im Orchester neben Pauken und Trompeten. Die gar zu stark betonte Neigung zu einer noch gar nicht fest umreißbaren„Moderne" scheint heute für Musikalttät zu sprechen. Das ist falsch: unter hundert Begeisterten sind 90 Mitläufer und 9 Versteher; einer ist in dl« Bewegung durch Anlage, Erziehung, Neigung Hineingewochsen und lebt von ihr. Aber da. Kleben am Alten, Ausgeprägten beweist ebensowenig. Der Berliner Ton- k ü n st l e r v e r« i n sollte mit solcher Propaganda aufhören; so- weit ich aus den Programmen lese, ist er auch gar nicht immer einseitig. Der B u m ck esch«„Epaziergang" von acht Blasinstrumenten durch den grünen Wald ist aber ein bißchen sehr auf Idylle der Vorzeit, auf Tonika und Dominante eingestellt. Sinnfällige, harmlose Melodik, primitive Arbeit eine» Geübten, der so etwa» aus dem Aermel schüttelt: nach drei Sätzen ist man diese» Spazier- gonge auf ebener Erde reichlich müde.'Wieviel gefälliger, aparter, unbewußter ist da ein Op. 29 lEtreichtrio) von Volkmer Andreoel Eine entzückend tlingfrohe Serenade, kurz, lebendigen Schnitts, glücklich in ihrer Mischung von Lust und Melancholie. Die Lust steckt stärker an, das Ganze gefällt, weil es über die Banalität der Einzeleinfälle durch geschickten Sag und Straußsche Modulationen frisch hinwegtäuscht. W a g h a l t e r machte das als Führer aus- gezeichnet. Er ist ein Temperamen- und ein Könner; das bewies er auch in dem fein ausgearbeiteten?-moll-Ouartett Beethovens. Er sollte nur seinen Cellisten dazu anhalten, den Fluß des Spiels weniger zu hemmen und sollte sich eine sinnlichere zweite Geige sichern. In altem Stil, ja sogar im Stlle Bachs ist das G-moll- Konzert Paul Ertels geschrieben. Da» ist eine hochnoble, saubere Arbeit, wie sie nur einem großen Talent gelingt. Die Dreisätzigkeit ist erkennbar, doch wirkt da» Wxrt einheitlich stark und geschlossen. Florigel v. Reuter spielte es musikalisch und mit der nötigen Kraft, ungeachtet der riesigen Schwierigkeiten sogar auswendig und notengetreu. Im ungarischen Konzert Joachim», einer stark über- staubten Dirtuosen-Angelegenhelt, versagte er. Diese rasenden Tempi kann sich höchstens Vescey oder Kreisler erlauben, ohne Schaden am Ton und an der Akkuratesse zu nehmen. Bei Reuter ging viele» daneben, und die Schabegeräusche übertönten dl« Me- lodie. Nur ein so gewandter und kapellmeisterlich sicherer Be- gleiter wie Walter Hirschberg konnte diese Rasereien und Un- gleichheiten auffangen und verdecken. Eine kurz« halbe Stunde beim Boltschor zeigt, daß hier alle» schön und gut zu den „Jahreszeiten" abgestimmt ist: doch sollte ein« Kantatenfolge mit Sängen der Weinlaune, der Burschen- und Mädchemänze. des Kicherns und Berliebtseins nicht in der Kirche dargestellt werden. Da» Frauenterzett von Olga Fleck, Merq Hahn, Adelina Sandow-Herm» hält sich technisch und mufikalisch in Bolksliedern aus schöner Höhe. Dem Steiner-Rothstein-Quartett
sehst der Kopf, fehlt die Führung. Primgeige sollte mit zweite Geige oder Bratsche tauschen. Bei bestem Willen und sorgfältige? Belebung de« Detail« kam im Ganzen doch nur annähernd ein L-dur-Quartett von Brahms zustande. Geht hin zu Ros4. Bon ihm will ich in anderen Tönen reden. Und das wird für den Kenner kein« Ueberraschung mehr sein. Dr. Kurt Singer .
Alt-LerNu im Schiller-Theater. Die Wiederbelebung der Ast- Berliner Posse, die seit Iahren in Berlin oersucht wird, hat nun auch Im Schiller-Theater Schule gemacht. In der Volksbühne wurden unter Reinhardt„Die Mottenburger", an denen sich unsere Väter und Großväter belustigt hatten, erweckt, im Schiller-Theater sind es die„100 0 0 0 T a l e r. David K a l t f ch, ihr Verfasser, der erste Witzbold des„Kladderadatsch", genießt den Ruhm, einer der Begründer des Berliner Doltsstücks gewesen zu sein lAngely ging ihm aber in jeder Wesse voran!). Die glorifizierende Wirkung des Alter» ist seinen Stücken zugute gekommen: wie für All-Ber- liner Humor und Behagllchkett sing man auch an für da» echte alte Volksstück zu schwärmen. Leider ist es schlechier als sein Ruf: lose aneinandergestückt, durch Couplets mehr unterbrochen als zu- iammengefaßt, spießbürgerlich und auch nicht übermäßig witzig. Immerhin Hot es seine Reize, zu sehen, wie sich Berlin um 1860 herum amüsiert hat, wie jung« Leute au» dem Kunstzigeunertum aufzusteigen versuchen, Glanz und Elend der Börsenspekulation e�, leben und dann loastehste die Moral?) durch Arbeit und Einheirot den Hafen der Familie erreichen. Allerlei Berliner Typen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten sind mehr oder weniger gut ge- troffen. Berlinischer und jüdischer Witz umspiest si«, der Kalauer darf nicht fehlen, und die später so beliebten Wortvermantschungen setzen ein. Der Spielleiter Franz Bonno hotte vor allem für einen echten Rahmen gesorgt: Heinrich Z t l l e s Bühnenbilder waren famos: besonders das Landschoftsbilo im Schlußakt(Stra- lauer Ausflugslokal) ist von saftiger Farbenfrische. Die Handlung ist mit Couplets gespickt, die nach allem Bühnenrecht nach überallhin ausgreifen und Aktuellstes mit Altem mengen. Alfred Broun ver- faßte ste und sang ste mit kecker Verve. Aber die Derballhornung des Parlaments und di« Attacken auf Briand passen kaum in den Ernst der Zelt: die große politische Geste des Couplessänqer, sst deplaziert. Die harmloseren Humor« passen besser in die Alt-Berliner Welt. Unter den Darstellern zeichneten sich daneben Frl. K ü h n« r t (Dienstmädchen), Bruno Fritz (der schwergeprüfte Liebhaber), Albert K r ä m e r und in eiyer komischen Charge Wilhelm Krüger aus. Paul Kaufmann hätte als Hauseigentümer Kalau scher sein können. An Musik und Tanz und zum Schluß an$»3*. werkerei fehlte es nicht.__— r, StaatSoPee. vohven ist von feiner Erkrankung noch nicht wieder bergeftellt. Da» für heute angekündigt« Gastspiel al»„Stcaviillo" fällt da- her au».
Di« Borstihninjen Slizabeth-Dunean-Schol« am Donner» tag, 88, Lvttl. finden im großen Saale der Philharmonie, in der Mitte de» Saale » statt unter Miiwirtung der Äammeisängerin Frau Mary Schering und' etnc»' Sextett, für Holz und Stteicher. Ö J« L-ssing-Museum spricht Donner-tag«/Jä Uhr Kruse üb« .vugust 2°nrad t-, den Klassiker der Berliner BofTeiimi.Be Ji" 100. Geburtstage. Prob« feinet Mustt werden vorgeführt. �