Ich wage zu behaupten, daß das heute im Preußischen Landtag herrschende Zentrum mindestens so reaktionär ist wie die Frak- tion der Volkspartei des Landtag s> Und daß, wer dieses Zentrum als Bundesgenossen akzeptiert, ohne mit der Wimper zu zucken, die Volkspartei nicht ablehnen darf. Vor zwei Jahren gab sich das von der Revolution ein- geschüchterte Zentrum reichlich fortschrittlich, heute bremst es auf Weg und Steg. Vor zwei Jahren verschwand aus seinen Parlamentsfraktionen der Adel so gut wie ganz und machte den Arbeitersekretären Platz. Dieser Ruck nach links ist aber längst zum Stillstand gekommen, noch mehr: heute schlägt der Pendel wieder kräftig nach rechts hinüber. Am 24. April beging die deutsche Zentrumspartei durch eine Festveranstaltung im Reichstag ihr goldenes Jubiläum. Herr Trimborn, der derzeitige Parteioorsitzende, gedachte des fünfzigjährigen Bestehens in einer Ansprache, die bei aller Zurückhaltung und vorsichtiger Abwägung dennoch von dem wahren Geist des Zentrums genügend Kunde gab. Mit Vor- bedacht wandte er sich dabei gegen jene Kritiker, die seiner Partei vorwürfen, daß sie sich den neuen Verhältnissen allzu- schnell angepaßt habe: Ich glaube nicht, daß dieser Vorwurf berechtigt ist. Wir haben in keiner Weise Teil gehabt an der Revolution, ilßir haben sie nicht gebilligt und wir werden sie niemals billigen. Wir haben, nachdem sie sich durchgesetzt hatte, nicht verbrannt, was wir früher verehrt haben, und wir beten heute nicht aU, was wir früher bekämpfen mußten. Wir sind nichts weniger als blinde Anbeter des Erfolges. Der Bedeutung solcher Worte ist sich der kluge Herr Trimborn sehr wohl bewußt. Zwar stellen sich die Zentrums- führer zurzeit auf den Boden der Verfasiung,— innerlich aber sind sie die„Alten" geblieben. Als während des Krieges Bethmann Hollweg dem Drängen der Volksmassen und in- sonderhest der Sozialdemokratie nach einem demokratischen Preußenwahlrecht halbwegs nachzugeben bereit war, wandte sich der Kölner Kardinal v. H a r t m a n n mit scharfen Worten gegen das Verlangen nach Volkssouveränität . Die Verfassung von Weimar hat sie uns inzwischen gebracht,— „die Staatsgewalt geht vom Volk aus",— das Zentrum hat fü r diese Verfassung gestimmt, aber nur ein Bruchteil der Partei hat zu dieser Verfassung eine innerliche Beziehung. Eine Aenderung, morgen oder übermorgen, und das Zentrum stellt sich flugs mit beiden Füßeck„auf den Boden der Tat- jachen". Als vor einem Jahrzehnt das vierzigjährige Bestehen der Zentrumspartei festlich begangen wurde, wetteiferten die offiziellen Redner: Karl Bachem , v. Hertling und v. Savigny , in der Betonung des konservativen Charakters der Partei, den man beharrluh vier Jahrzehnte hindurch festgehalten habe. Konservativ ist man auch heute noch, man wählt nur andere Worte dafür. Es geht aber wirklich nicht an, sich einseitig in die Deutsche Volkspartei zu verbeißen und dabei das Zentrum ganz außer Acht zu lasten. Die starre Formel: mit dem Zentrum, aber gegen die Volkspartei, ist wirklich nicht unterschiedslos an- wendbar, zumal sehr bezweifelt werden darf, ob die inner» lichen Vorbehalte, mit denen die Moldenhauer, Earnich usw. ihre Zustimmung zur preußischen Verfasiung begleitet haben, stärker gewesen sind als jene der preußischen Zentrumsführer Herold und P o r s ch, die sich schwerlich beleidigt fühlen werden, wenn man sie als durchaus konservative Politiker charakterisiert. Auch die wirtschaftspolitischen Anschauungen beider Parteilager weichen höchstens insofem etwas vonein- ander ab, als die eine Partei sich mehr auf das städtische Bürgertum, die andere sich mehr auf den ländlichen Grund- besitz und den kleinen Mittelstand stützt. In der Gegnerschaft zum Sozialismus geben sie einander nichts nach. Kultur- politisch aber— und die Fragen der Kirchen- und Schul- polstik sowie Erziehungs- und Bildungsfragen überhaupt stehen im Landtag im Vordergrunde— steht das Zentrum noch weiter rechts als die Volkspartei. Man wird mir Einseitigkeit vorwerfen und mit Gegen- grün�nkommemGcrn gebe ich zu.daß ouchdie Fraktions- Sommertheater. funrnnerspiele:„Mesalliance" von Bernard Shaw . Etwas spät kommt die geistige Ordnung in diese Millionärs- und Luftschifferpantomime, die für die Kammerspiele Sommerheiter- keit bringen soll. Shaw schwatzt wohl zwei Akte lang kostbaren, nicht immer unterhaltenden Unsinn und Ubersinn, er reißt den Menschen aber mehr den Mund auf als das Herz. Was er sich dachte, ist eine Satire auf den Millionär, der ein Kleinkrämer war und ein schwerer Industrieller wurde. Der Mann bleibt ein Com- mis, der mit seinen paar Buchtiteln prahlt, der die Frauen alle wie Weiberchen einschätzt und kaufen möchte, und der nun eines Tages vor den Revolver eines seltsamen Narren gerät. Es ist ein Revolutionär aus Lungenstechen und nicht aus Gewisten, ein Sozialist aus Armut und Unzufriedenheit und nicht aus Helden- haften Plänen und Träumen. Der Millionär wird bloßgestellt durch diesen winzigen, nicht sehr würdigen Aufwiegler, der wieder- um durch einige Schnäpse in seinem ganzen Revolutionsblut ge- schwächt wird. Es ist ein Wechselspiel der Blamage, in die der britische Hochmut, die Verdorbenheit der halben Iungferleins, die Hysterie weichknochiger Schwachköpfe und die leere Svortmansehre hineingezogen werden. Das Akrobatentum, das nur Mut und kein falsches Gewisten und Gelächter im Busen trägt, siegt ausschließ- lich. Es siegt die Lederhose gegen die Bügelfalte und auch gegen die rote Krawatte, sofern alles beides nur Popanz ist. Und damit Shaw fein Recht behält, gesellt er den Aufwiegler mit der eis- rigstcn der Matronen, das feige Bürfchlein mit der künsten, todesverachtenden Luftfnhrerin. den steifen Herrn des noch steiferen Ehrenkodex mit der jungen Dame, die schon mit 20 Jahren überreif ist. Diese Mesalliancen kommen aber etwas schwerfällig zustande. Die Shawsche Absicht, die in einer sehr langen Vorrede des Bühnen- buches verteidigt ist, wird lang, lang, langatmig abgehandelt. Zwei Akte, die stocken, wo sie nicht pantomimisch vorwärtstreiben. Die Charakterkomödie beginnt erst, wenn man gähnen möchte. Man spielt die lahme Komödie lähmend, wahrscheinlich ohne rechte Proben. Gülstorfs kann mehr als er gibt. Er macht sich zum Postenonkel und vergröbert Shaw. Allein Anton Cdt- h o f e r überwindet das sehr Provinzielle dieser Vorstellung. Seine Rolle ist der Sozialist, der eigentlich nur ein sentimentales Baby fein kann. Dos Schwungvolle gehört sonst zu den Gewohnheiten dieses Künstlers. Daß er sich verwandeln kann, verdient gelobt zu werden. �l. H. Wallner-Theaier.„Der Traum vom Glück." Das Wallner-Theater, Gastspieldirektion Rudolf Ieniu» und Fritz Hundt, hat sich zum Beginn seines Sommerspielplans ein unter- haltsames Singspiel einstudiert. Wie ein� Freund für seinen armen Freund durch eine fingierte Erbschaft zunächst �den silzigen Vormund um sein Mündel prellt und schließlich den betrügerischen Erbschleicher dessen Onkel zur Rückerstattung des erschlichenen Erbes zwingt, ist ganz amüsant, obgleich der erste und der letzte der drei Akte einige sandige Oede haben Aber ein fröhliches Biedermeiertum, das an alte, halboergestene Harmlosigkeit erinnert, bringt einen guten
poütik mit einer ganzen Meng« nicht leicht zu nehmender Argumente verteidigt werden kann. Was wir tun müssen, ist, daß wir Gründe und Gegengründe sorgfältig gegeneinander abwägen und aus dem Ergebnis entsprechende Schlüsse ziehen. Mir scheint aber— und schon die Vorkammnisse in den wenigen Tagen seit dem Ausscheiden der sozialdemokrati- scheu Minister stützen diese Auffasiung—, daß wir mit dem Ver- zicht auf fernere Teilnahme an der preußischen Regierung einen kaum wieder gutzumachenden Fehler begangen haben.
Kontinentalpolitikers Empfehlung. Die unter dem Namen„Kontinentalpolitik" marschierende einseitige französische Orientierung der„Vossischen Zeitung" ist von uns schon mehrfach kritisiert worden. Nicht, weil wir einer deutsch -französischen Verständigung entgegenarbeiten— im Gegenteil, dieses Ziel scheint uns der h ö ch st e n Mühe wert—. sondern weil die einseitig frankophile Politik der Bernhard, Redlich usw. deutlich eine aggressive Spitze gegen England trägt, und weil sie vor allen Dingen unter gröbster Vergewaltigung der Tatsachen dem deut- scheu Volke bereits das heutige imperialistisch beherrschte und chauvinistisch rasende Frankreich in seinen wohlwollenden Freund umlügt. Auf diese Weise kommt das Blatt dazu, nicht nur alle außenpolitischen Krisen, wie die jetzigen, in der Hohlspiegelverzerrung seiner fixen Idee zu sehen, sondern auch eine auswärtige Politik zu treiben, die in Ver« kennung der tatsächlichen Berhältnisse in jeder Weise den deutschen Interessen schadet. Aeußerst bedenklich erscheint diese Politik aber im Lichte des nachstehenden Briefes, der vom Verlag der„Vossischen Zeitung".am 7. April an einen Düsseldorfer Geschäftsfreund abgesandt worden ist und vom„Berliner Tageblatt" der Oeffentlichkeit übergeben wird. In dem Schreiben wird Klage darüber geführt, daß die„Vossische Zeitung" in Düsseldorf nicht genug Abnehmer finde. Dann heißt es darin: � „Die„Vossische Zeitung" ist jetzt dasjenige Blatt, das in Düstel- dorf die besten Absahchancen hat. Diese Zeitung wird von der fran- zösischen Bcsahungsbehörde überall mit dem größten Entgegen- kommen behandelt, weil ihr bekannt ist, daß die.Vossische Zeitung" das e i n z i g e B l a t t in Deutschland ist, das für die Verständigung mit Frankreich eintritt. Die französische Lesahongsbehörde weiß, daß sie bei der unbedingten Freigabe des Verkaufs der„vossischen Zeitung" keinerlei Gefahr läuft, weil in ihr für allerhand Vermu- tungen und sonstige politische Kombinationen, die nicht der An- näherungspolittt dienen, kein Raum gegeben wird. In gleicher Weise verhüll es sich mit den Bildern in der„Berliner Illustrierten Zeitung". Der französischen Besatzungsbehörde ist auch hier bekannt, daß von der Redaktton die nötigen Rück- sichten genommen werden." Wir Sozialisten wissen sehr wohl, daß eine Außenpolitik, die gegen chauvinisttsche Tendenzen im eigenen Land arbeitet, gelegentlich ein unerwünschtes Lob des gegnerischen Ehauvintften eintragen kann. Aber in diesem Falle betrachtet es jeder Sozialdemokrat als selbstverständliche Pflicht, jede Be- gönnerung durch den gegnerischen Imperialisten stolz und verächtlich zurückzuweisen. Nur dadurch läßt sich die Reinheit der eigenen Absichten erweisen. Wer sich aber in der Gnadensonne des feindlichen Imperialismus sonnt, gegne- risches Wohlwollen zu geschäftlichen Zwecken aus- nutzt und sogar in einer so brutalen und feindlichen Maß- nähme wie der B es e tz u n g D ü s s e l d o r f s nichts als eine glänzende geschäftliche Konjunktur für sich er- blickt, der gibt selber dem Verdacht Nahrung, daß er seine Politik nicht im Interesse des eigenen Volkes treibt. Kontinentalpolitik mit geschäftlicher Konjunkturaus- Nutzung im besetzten Gebiet ist ein ekelerregendes Schauspiel und kann nur dazu dienen, dem sachlichen Mißkredit dieser Richtung den moralischen Mißkredit hinzuzufügen. * Georg Bernharb, der Chefredakteur der„Vosi. Ztg.", kündet in der„B. Z. " wegen der Krttik semer Politik eine Klage gegen das„B. T." an. Mittelerfolg. Die Musik zu diesem Text von E. v. d. Becke hat Martin Knopf verfaßt. Keine Aufdringlichkeit, nicht zuviel Redseligkeit, nette Orchesterwitzchen. Wenn auch die Erfindung auf dem gewöhnlichen Niveau sich bewegt, so war doch mehr als ein Schlager von Erfolg gekrönt. Unter den Darstellern riß vor allem Paul'We st ermeier durch seine knallige, treffsichere Komik, seine exotische Karikatur und die unwiderstehlichen Hände den Haupterfolg an sich. Jenius gab eine treffliche Studie des alten Geizhalses, Victor D a n g e r bezauberte durch seinen schönen Tcnor und gute gesangliche Kunst. Elli L e u x und Else Müller sind nette an- spruchslose Mädel. Hans Heins I a ck s ch ist als musikalischer Leiter von nicht gewöhnlichen Qualitäten. Auch die szenische Aufmachung ist ansprechend.___ m.
Moral und Völkerversöhnung. Der bedeutende englische Moral- lehrer Frederick I . G o u l d hat jetzt an den Leipziger Universitäts- Professor Geheimrat Dr. P a u l B a r t h. den Vorsitzenden des kürz- lich in Leipzig abgehaltenen ersten deutschen Kongresses für Moral- Pädagogik, ein nachträgliches Begrüßungsschreiben gerichtet, das als Kundgebung der Pädagogik zur Völkerversöhnung bemerkenswert ist. Es weißt darin u. a.: In mannigfacher Art und Weise habe ich 50 Jahre lang junge Menschen unterwiesen. Aber immer noch er- scheint mir die Erziehung eine erfrischende Arbeit. Sie bedeutet eine Frühlingszeit der Seele für den Lehrer wie für die Kinder, ein Leben, das größer und reicher ist als alle Universitäten und Biblio- thekcn.— Die moralische Krise der Jahre 1914— 1921 betrifft nicht lediglich die Deutschen . Sie betrifft die g es a m t e M e n s ch- h e i t. Sie bestand schon vor dem Kriege: der Krieg war nur �eine tragische Enthüllung ihrer Existenz. Alle Lehrer der Welt müssen vereinigt das darin liegende Problem in Angriff nehmen. Wir Lehrer müssen Jahr um Jahr unserer Menschheit das Gefühl der Kameradschaft ausbauen. In diesem Gefühle allein werden die Führer der Nationen einen genügenden Beweggrund finden, die Freundschaft und das Zusammenwirken der Völker sicherzustellen. Nur in dem Maße, wie dieser Beweggrund an Wirksamkeit gewinnt, wird er die ökonomischen und politischen Probleme lösen, die den Staatsmännern von 1921 unlösbar erscheinen.— Der Geist der Achtung vor unserer gemeinsamen Menschennatur, die in allen Nationen und Farben lebt, ist wichtiger als formale Prinzipien der Freiheit, der Selbstbestimmung, der Pflicht. Unsere Schulen ersticken beinahe schon an Grundsätzen. Durch ein konkretes und Verständnis- volles Studium der Geschichte der Zivilisation ist die Liebe zur Menschheit zu entwickeln: die Geschichte der Zivilisation ist die Ge- schichte des industriellen, sozialen, politischen, künstlerischen, wissen- schaftlichen Zusammenwirkens. Wir Lehrer wollen diese großartige Bibel mit unseren Kindern lesen. Vielleicht muß diese Bibel der Zivilisation für die kommende Jugend der West von neuem ge- schrieben werden. Leipziger Uraufführung.„Die helle Nacht" von Walter o. Mol o. Das Ziel, das sich Molo in seinem neuen Schauspiel steckt, ist gewiß groß. Nur: er erreicht es nicht. Molo geht es darum, geheimste seelische Hauche aufzufangen und zu erweisen, daß Treue nicht Treue, Untreue nicht Untreu« ist, wenn in Menschen das
die Hannmeile als Reizmittel. Der aus der KPD. ausgeschlossene Paul L e o i—- von der „Noten Fahne" giftig alz „Rechisanwall" Paul Levi bezeichnet— gibt seit dem 1. Mai d. I. eine Zeitschrift heraus, die den Titel „Sowjet" führt, wenngleich zu erwarten ist, daß sie trotz dieses Na» mens vor den russischen Machthabern ein wenig günstiges Ohr finden wird. Die Zeitschrist soll selbstverständlich dem ausgeschlossenen KPD -Borsitzenden als Sprachrohr dienen, und so erteilt er im ersten Heft dem Kommunisten Düwell das Wort zu einer kritischen Un- tersuchung der Taktik der kommunistischen Zentrale während des Märzputsche s. Düwell bestätigt zunächst, daß alles, was Paul Levi in seiner bekannten Broschüre geschrieben habe, der Wahr- h e i t entspreche, und daß insbesondere die von Levi vorgebrachten Zitate nicht aus der Welt diskutiert werden können. Dann fährt er fort: „Kein noch so vorsichtig korrigiertes Steno- gramm kann der Welt beweisen, was man mit eigenen O h re n h ö rt e und. sah. Aber davon ganz abgesehen: zwei Mit- glieder der Zentrale betonten in dieser Sitzung zur Begründung der vorgeschlagenen Aktion ausdrücklich, daß sie einen o ö ll i g e n Bruch mit der Vergangenheit der Partei bedeutet. Bisher sei die Taktik die gewesen, die Dinge an sich herankommen zu lassen und dann in gegebenen— also objektiv notwen- d i g e n— Kampfsituationen loszuschlagen. Jetzt müsse man das Geschick der Partei und der Revolution zwingen und die Offensive ergreisen, die Talsachen schassen, die man als Anknüpfungspunkte brauche. Die bisherige Parteieinstellung gegen Teilaktionen müsse ebenso verlassen werden, wie diejenige, keine Parolen auszugeben, die auf den E n d k a m p s deuteten...«. Und in einer der Zeniralausschußsitzung am 17. März folgenden R e- dakteurkonserenz erläuterte ein Mitglied der Zentrale noch einmal sehr d r a st i s ch die Art, in der man— etwa durch Siraßendemonstrationen, in Verbindung mit der Verletzung der parlamentarischen Bannmeile— die als Voraussetzung der Aktion notwendigen Tatsachen schaffen könne." Die deutschen Kommunisten, die bekanntlich behaupten, einzige Sachwalter des Marxschen Erbes in Deutschland zu sein, sind mit dieser Auffassung des Mitgliedes ihrer Zentrale auf einem Standpunkt angelangt, den mit B a t u n i n zu vergleichen, eine Beleidigung für diesen immerhin echt revolutionären Denker und Kämpfer bedeuten würde. Die Zentrale enthüllt sich hier als ein lächerliches Derschwörergrüppchen, das nicht einmal mehr die Aktion im großen Stil fordert, sondern das sich damit be- gnügt, Straßenkämpfe zu provozieren und die Arbeiterschast in eine noch unglückseligere Zersplitterung zu treiben, als wir sie heute schon zu beklagen haben. Wir können der unabhängigen „Freiheit" nur zustimmen, wenn sie urteilt: Der verantwor- t u n g s l o s e Bursche, der in der Zentrale einen derartigen Ge- danken propagierte, wollte nichts mehr und nichts weniger, als die Arbeiter gewaltsam vor die Maschinengewehre der Sipo treiben. Die Bannmeile als Mittel zur Erzeugung der Revolution ist wohl ungefähr das Verrückte st e, was ein menschliches Hirn ausdenken kann. Die Arbeiter, die gelegentlich von den Kommunisten ins Innere der Stadt geführt werden sollten, mögen auf der Hut sein. Sie laufen Gefahr, als K a n o u e n- futter verwendet zu werden!
Oezeichnenües llob. Die deuischnationole„Post" bringt einem Hymnus auf dm preußischen Ministerpräsidenten Stegerwald, in dem sich folgen- der Satz findet: Die Programm rede, die der neue Ministerpräsident Stegerwald gehalten hat, war so geartet, daß sie auch ein Deutschnationaler hätte halten können, und das ihm ge- brachte Vertrauensvotum war wohl oerdient. Treffender als durch dies Lob des ultrareaktionären Blattes kann der Charakter des Ministeriums Stegerwald nicht gekennzeichnet werden.
Weigel enkhafket. Wie uns aus Stuttgart gedrahtet wird, wurde der kommunistische Stadtrat Weigel aus München , dessen Verhaftung durch die Stuttgarter Polizei wir heute morgen melde- ten, nast Feststellung seiner Persönlichkeit am Montag wieder aus freien Fuß gesetzt. Weigel ist nach München zurückgereist.
Gefühl der Allernigkeit. der Verknüpftheit miteinander wach ist. Molo läßt zum Beweise dieses feelifchm Lehrsatzes in einer bunten Menschengemeinschaft, die sich irgendwo am Meere in einem alten Kastell zusammmgesunden hat, den alten Freund eines Ehepaares erscheinen. Mit diesem Freunds verliert sich die Frau in einer hellen Mondschemnacht, ohne daß es ihr im Augenblicke recht zum Be- wußtsein käme, daß die Welt bewertet und Normen hat. Ihr Ehe- aemahl sieht alles von weitem mit an. Rost. Läßt sich aber schließ- lich durch den Selbstmord des Freundes wieder zur Ruhe bringen und in der Erkenntnis, daß über dem Greisbaren, Stofflichen, worin Treue und Untreue sich auswirken, ein Ewiges, Seelisches steht, das in ihnen beiden lebt und viel zu groß ist, als daß es durch«ine Aufwallung des Blutes in einer Mondnacht berührt werden könnte, beschließen sie, nur noch ein beseelteres, vertiefieres Leben zu führen.... Freilich ohne, daß wir dem ollen glauben könnten. Diese Menschen, die Molo hinstellt, sind gar keine Menschen, sondern materialisierte Begriffe, die Philosophie reden und die uns in keiner Hinsicht überzeugen können, daß sie so handeln müssen, wie sie Molo handeln läßt und die Handlung, die in drei kurzen Akten vorüber- jagt, ist doch zu dürftig, als daß sie ein Gefäß sein könnte für die Erkenntnis, daß„alles, was geschieht, nö:ig Ist als Samen für höheres Werden".— Der Abend, der als„Literarischer" angezeigt war. hinterließ das kalte Gesühl beim Zuhörer, das das Wort „literarisch" zuweilen anhaften hat. H.B. Ein fünfjähriger Frauenkenner. Dem kleinen fünfjährigen Iackie Coogan, dem Filmstar, von dessen Riesenverdiensten bereits berichtet wurde, gönnen die Ausfrager auch auf seinem Krankenbette keine Ruhe. Er ist an einer Lungenentzündung erkrankt, erzählt aber trotzdem den Journalisten die überraschendsten Dinge. So teilte er einem mit, daß er»eine Frau hebe".„Sie heißt Patsy Marks", erklärte er stolz.„Sie ist meine- Freundin. Eines Tages sollte sse spielen beim Film und wollte nicht. Sie saate:„Nein, ich mag nicht!" und Iackie verzog sein Gesicht zu einem Flunsch, indem- er ihr nachmachte.„Da gab ich ihr einen tüchtigen Puff, und da ging sie gleich raus. So muß man's mit den Frauen machenl Die Gliznbetb- Dnnean. Schule veranstaltet am HlminelsakirtZta!,. den S. Mai. vorm.'/,1S Uhr, im Tb-ater am BiUowplatz der Freien Boll»- bühne eine MorgenvoisührUng zu populären Preisen. Blüthner -Lrchclter. Näckilte» Städt. Vollskonzert kSittsaniekoit»�) Freitag. 6. Mai, 8 Mr, Brauerei Königstadt. Schönbauser Allee. Dirlgw..- S. Mevrowitz. Karten a M. 1.50 Buchhandlung Borwärt«. Lindenstr. e; Horsch. Engclufer 15; Zigarrenhau«.Moabit -; Orchesterbureau Lützotvstr. 7S. Der Boltskraft-Vund bringt Sonnabend, d. 7. Ma>. abends 7>/, Nhr im Neuen RatbtMS Schöneberg die schönsten Szenen aus Verdis Trouba- dour* unter Mitwirkung erster GesangSkräste vom Deutschen Overnöaus zur Darstellung. Einsübrunz und verbindende Worte: EduardMörlke. Friedrich Moest liest am Sonnabend, den 7. d. Mls, abends 7«/, Uhr, Im Saal der Neicher'schen Sochichule. Fasanenstr. 38, an« Friedrich Theodor Vischer'S. Auch Einer», sowie heitere Geschichten von PreSber und Thoma. Oessentliche Elternversammluna in dteutölln am Mittwoch, den 4. Mai. abends 7'/, Uhr, in der Aula der Ob-rrealschule. Emser Jlras«. Tagesordnung: DaS Schulprogramm dcZ OberftadlschulrateS Paulsen. Referent: Schuidireltor Dr. Korsen. Eltern und Lehrer aller Richtungen find i« dieser Versammlung eingeladen.