fir. 216+ 38.Jahrgang Ausgabe A nr. 110
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Dienstag, den 10. Mai 1921
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Entscheidungstag: heute!
Die fozialdemokratische Reichstagsfraktion und der Partei-| manns im Plenum, mit ihren eindringlichen Schlußbemer-| Bayern bezeichnete der Ministerpräsident als haltlose und uns ausschuß haben gestern nach gemeinsamer Beratung in ge- fungen über die Notwendigkeit eines Zusammenarbeitens finnige Rombinationen. trennter Abstimuung übereinstimmend folgende Entschließung zwischen Stinnes und Loucheur, bekräftigten nur die Auf- Herr v. Kahr ist im Irrtum. Die Kontinentalpolitiker" stehen fassung, daß die Volkspartei zumindest nicht einheitlich für die mit ihrer Berurteilung des bayerischen Einwohnerwehrrummels Ablehnung eintreten würde. durchaus nicht allein. Man fann die Kontinentalpolitik für
angenommen:
Die Annahme des Ultimatums hat nur dann einen 3wed und die Besetzung des Ruhrreviers iff nur dann zu verhindern, wenn die bayerische Regierung die vorbehaltloje Erklärung abgibt, die Einwohnerwehren rechtzeitig, d. h. bis zum 30. Juni, zu entwaffnen und aufzulösen. Die Forderungen der Entente in der Reparationsfrage widersprechen in einigen Punkten dem Friedensvertrag, überfóreiten weitaus die Leiftungsfähigkeit des deutschen Bolles und fordern unferen schwersten Protest heraus. Aber unter dem Druck der brutalen militärischen Gewaltandrohungen, angesichts der unabjehbaren politischen und wirtschaftlichen Folgen ihrer Berwirklichung. besonders auch wegen der für Oberschlesien daraus entspringenden Gefahren, erklären fich Partei und Fraktion bereit, jeden ernsten Versuch zur Erfüllung des Londoner Finanzdittates zu unterstühen. Der Versuch, die zur Erfüllung notwendigen Millarden aus unserer Wirtschaft herauszuholen, muß jedoch schon in seinen Anfängen fáeitern, wenn sich nicht jene Areise des Bürgertums, die heute noch Leiter unserer Wirt schaft find, für ihn mit allen äräften einsehen, und wenn nicht die notwendigen organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die geeignet find, die höchste Steigerung der wirtschaft. lichen Leiftungsfähigteit Deutschlands herbeizuführen. Ebenfo hängt das Gelingen der bayerischen Entwaffnung vor allem von dem Willen und der politischen Einsicht des Bürgerfums ab. Die Verantwortung für das Kommende fällt daher in cester Linie dem Bürgertum und den es vertretenden Par telen zu.
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Gutachten Mayers und Bergmanns.
Nun galt allerdings bisher der unter Führung von völlig verfehlt halten eine Auffassung, die der„ Borwärts" Stinnes stehende rechte Flügel der Deutschen Volkspartei als wiederholt zum Ausdrud brachte und dabei doch mit aller Ente Gegner der Unterzeichnung. Die Sprache der" Täglichen schiedenheit die schleunige Auflösung der Einwohner Rundschau", die ja bekanntlich den voltsparteilichen Abgeord- wehren fordern. Herrn v. Kahrs gespielte Entrüstung gegen ein neten Rippler zum Chefredakteur hat, sowie gar der Deut- einzelnes Berliner Blatt stellt sich als ein durchsichtiges Ab4 schen Allgemeinen Zeitung " ließ eher darauf schließen, daß die lenkungsmanöver heraus; in dieser Frage ist die Bolkspartei unter Anlehnung an die Deutschnationalen den Bresse der Linken einig. noch für ein„ Nein" mit allen seinen Folgen und Gefahren eintreten würde. Nach der Bekanntgabe der Reparationsverpflichtungen am Sonnabend schien sogar diese Strömung innerhalb der Boltspartei die Oberhand zu gewinnen. Gleich WIB. meldet: Der Reichstagsausschuß für Auswärtige zeitig wurde in volksparteilichen Kreisen die Entwaffnungs- Angelegenheiten trat gestern abend zu einer Sitzung zufrage, also ganz im Sinne der Militaristen und Katastrophen- fammen, die ebenso wie die vorherigen einen rein informatorischen politiker auf der äußersten Rechte und der banerischen Re- Charakter frug. Zu diesem Zwede hatten außer den Mitgliedern aftion, in den Vordergrund der Ablehnungsgründe gerückt. des Ausschusses auch alle anderen Abgeordneten Zutritt, für die Zwischen Sonnabend und Montag scheint sich aber in aber ebenfalls das Schweigegebot galt. Neben dem Reichskanzler den volksparteilichen Reihen ein bedeutender Stimmungs- und dem Außenminister Dr. Simons nahmen faft sämtliche Mitumsch wung vollzogen zu haben. War dabei die Erkennt glieder des kabinetts an der Sigung teil. Die erläuternden vernis ausschlaggebend, daß eine Ablehnung den sicheren Verlust traulichen Ausführungen zu dem Ultimatum der Entente, namentOberschlesiens nach sich ziehen würde, oder war dies eine Folge lich des deutschen Botschafters in Paris Dr. Mayer von Besprechungen, die der Reichskanzlerfandidat und des Staatssekretärs Bergmann deckten sich im allgemeinen Stresemann, wie mit Bestimmtheit im Reichstag ver- mit den Ausführungen, die diese Herren schon am Nachmittag in lautet, mit Abgesandten des Herrn Loucheur gehabt haben der Sigung des Interfraktionellen Ausschußfes der Regierungs foll? parteien im Reichsjuftizminifterium gemacht hatten. Zu Beschlußfajfungen irgendwelcher Art tam es nicht.
Sicher ist, daß nach diesem Meinungswechsel abermals starte Schwantungen folgten. Ein nicht unerheblicher Teil In den späten Abendstunden tagten außerdem fast der Partei agitiert lebhaft für eine Politit, die Deutschland in alle Frattionen, jedoch ist es zu einer positiven die furchtbarste Ratastrophe hineinzutreiben droht, Stellungnahme für oder gegen das Ultimatum und die nur den einzigen Vorteil hat, daß die Deutsche Volks- bisher noch nicht gekommen. partei mit Aussicht auf Erfolg die Konkurrenz mit den Deutschnationalen im demagogischen Wählerfang aufnehmen könnte. Diese Richtung spekuliert so: Da fein vernünftiger Mensch
Das Zentrum baut vor.
Bon unterrichteter Seite wird uns geschrieben:
Die von Bartei- und Fraktionsvorstand eingebrachte Entschließung entspricht der fast einmütigen Auffassung der Reichstagsfraktion und des Parteiausschusses. Ein Vorschlag, Für Ablehnung des Ultimatums einzutreten, lag zur Befchlußfaffung überhaupt nicht vor, andere Entwürfe, die in der Minderheit blieben, unterschieden sich von dem angenommenen nur durch die Formulierung. Sie stimmten vor allem mit der wollen kann, daß die Franzosen am Donnerstag im Ruhrin der Borstandsresolution ausgesprochenen Bereitwilligkeit revier sind, würde sich schon irgendeine Regierung Dem Zentrum ist wohl nicht verborgen geblieben, daß weder im überein, jeden ernsten Verfuch zur Erfüllung finden, die das Ultimatum annimmt. Die Deutsche Volkspartei Reich noch in Preußen die derzeitig bestehenden Regierungskoalitionen Ueber die Stimmung in den Reichstagsparteien fann mit fönnte dann über diesen Entschluß den national Entrüsteten einen übermäßig langen Bestand haben dürften. Da nun aber anzubeinahe voller Bestimmtheit gesagt werden, daß die Möglich- markieren, und die Regierung, und die Parteien vor der nehmen ist, daß auch bei jeder zukünftigen Regierungsbildung das feit, eine Ablehnungs mehrheit zu bilden und auf sie eine Deffentlichkeit schonungslos herunterreißen, die aus dieser Bentrum eine gewisse Rolle spielen wird, ist es vorsichtig genug, schon Ablehnungsregierung zu gründen, nicht vorhanden ist. Eine furchtbaren Situation einen letzten Ausweg gefunden haben. heute für eine entsprechende Ablösung besonders entscheidender Bea Regierung. die ihre Tätigkeit damit beginnt, daß sie das Ruhr- Diese Spekulation ist um so gewiffenloser, als es doch eine Re- amter Sorge zu tragen. Unter diesem Gesichtswinkel scheint auch der bevorstehende Wechsel revier den Franzosen preisgibt, wird sich nicht finden. Daraus gierung mit der Deutschen Boltspartei war, die uns bis in in der Leitung der wichtigsten amtlichen Pressestelle des ergibt sich, daß eine Annahmeregierung gebildet werden muß. Die gegenwärtige Situation hineinführte. Die Bildung dieser neuen Regierung muß rasch erfolgen. Die Spekulation jener Richtung in der Deutschen Bolts- Reichs, nämlich in der des Auswärtigen Amts, die, wie man weiß. Nach französischer Auffassung läuft der Termin des partei ist aber falsch. Das Zentrum steht auf dem Stand auch die Pressegeschäfte der Reichskanzlei erledigt, zu beurteilen fein. Ultimatums in der Nacht vom 11. 3um 12. Mai punkt, daß es nur dann in eine Annahmeregierung eintreten In den eingeweihten Kreisen weiß man, daß der bisherige Leiter um 12 Uhr ab. Haben die französischen Truppen bis dahin tann, wenn ihm seine bisherigen Weggefährten in der Regie- dieser Stelle, der Ministerialdirektor Heilbronn , dessen Be teinen Haltbefehl, so werden sie marschieren. Die amtliche rung, Deutsche Volkspartei und Demokraten, auch auf der ge- ziehungen zu dem Außenminister Simons bereits seit einiger Zeit Mitteilung, daß Deutschland das Ultimatum annimmt, muß fährlichsten Wegstrecke die Treue halten. Die Sozialdemo- fehr getrübt gewesen sind, schon sehr bald zurücktreten also so rechtzeitig nach London und Paris gelangen, daß der fratische Partei hat zugleich in ihrer Entschließung ausge= Befehl, vom Vormarsch abzustehen, noch bis Mittwoch 12 Uhr fprochen, daß der Versuch, die Katastrophe zu vermeiden und Reichsernährungsministerium in Frage kommen. Herr Egbring ist Als sein Nachfolger soll der Ministerialrat Eg bring aus dem nachts die französische Front" erreichen fann. schließlich doch eine erträgliche Regelung der Finanzfrage zu Daraus ergibt sich, daß noch im Laufe des heuti erreichen, scheitern muß, wenn die leitenden Männer in ein hervorragender Bolitiker des Zentrums, der auch einige Zeit lang gen Tages die neue Regierung gebildet werden muß, daß Industrie und Handel, wenn die Parteien von Industrie Setretär der Reichstagsfrattion gewesen ist. Er steht noch im Laufe des heutigen Tages der Reichstag in einer und Handel, das heißt Deutsche Volkspartei und De- auf dem rechten Flügel dieser Partei. Wenn er jetzt als Leiter Bousigung dieser Regierung die verfaffungsmäßigen Voll- motraten, ihm entgegenarbeiten, statt ihn mit allen Kräf- dieser entscheidenden Pressestelle lanciert wird, so soll damit wohl machten erteilen muß, die sie braucht, um im Namen des ten zu unterstützen. zum Ausdruck kommen, daß das Zentrum bei einem etwaigen Ree deutschen Volkes Verpflichtungen eingehen zu können. Alle r- gierungswechsel sich von vornherein diesen Posten sichern will. legter Termin im alleräußersten Fall wären die Morgen stunden des Mittwoch.
Das Nein der Deutschen Volkspartei und der Demokraten würde also Deutschlands Schicksalentscheiden, es würde ein Todesurteil für das deutsche Volk und Gestern abend um 9 Uhr wußte man im Reichstag noch das Deutsche Reich sein. Und so bleibt uns für diesen nicht, wie die neue Regierung, die heute vor den Reichstag Augenblid nur die Hoffnung übrig, daß diesen Parteien in der treten muß, aussehen wird. Es war wohl sicher, daß sich das eben verflossenen Entscheidungsnacht das Gewissen geZentrum an der Bildung einer Annahmeregierung auf schlagen haben möge. Sonst werden sie alles zugrunde richten, Grundlage der bisherigen Regierungsfoalition zu beteiligen und es wäre nur ein geringer Trost, daß sie selber dabei als bereit ist, die gleiche Sicherheit aber lag für Deutsche erſte mit zugrunde gehen werden! Boltspartei und die Demofraten noch nicht vor. Diele beiden Fraktionen stedten um die Zeit noch in ihren Beratungszimmern. In später Abendstunde verlautet, daß fie Nachtsizungen abhalten und heute 9 Uhr früh durch den Borsitzenden des Interfraktionellen Ausschusses, Dr, Schiffer, dem Reichspräsidenten über ihre Beschlüsse Bericht erstatten wollen.
Kahr lenkt ab.
wird.
am
Gegenaktion der französischen Arbeiter. Geschädigten aus den verwüsteten Gebieten Paris, 9. Mai( WTB.) Das von dem Kongreß der 22. April in Paris eingefekte Attionstomitee ist gestern hier zusammengetreten. Die Bertreter der Departements Somme, Pas- de- Calais, Nord, Meuse, Aisne und Marne haben die Zustimmung der Bevölkerung ihrer Bezirte zum Wiederaufbauplan des Allgemeinen Arbeiterverbandes, b. h. zur Verwendung deutscher Arbeitskräfte und Materiallieferungen zum Ausdruck gebracht. Das gestern gewählte Bureau wird am 17. Mai, das Aktionskomitee selbst am 22. Mai wieder zusammentreten.
Paris, 9. Mai .( WTB.) Das Gewerkschaftsblatt Le Peuple" meldet auch aus Limoges und Belfort Rundgebungen gegen die Mobilisierung, die in Belfort trotz Bere botes des Präfetten stattgefunden haben.
Der bayerische Ministerpräsident v. Ruhr hatte am Sonntag mit dem Bertreter eines rechtsstehenden Nachrichtenbureaus über die politische Lage eine Unterredung, in der Kahr die Situation als Die Geschichte der Deutschen Volkspartei in den letzten undurchfichtig und äußerst ernst bezeichnete. Rahr berührte bei Tagen ist reich an heftigen inneren Schwankungen. Be- dieser Gelegenheit auch die Frage der bayerischen Ein tanntlich hatten sich in den Reihen diefer Partei wohnerwehren und erging fich in Polemifen gegen die Boff. schon Dor mehreren Tagen zwei Strömungen 3tg.", die wegen ihrer Kontinentalpolitit" eine Attade auf die gebildet. Noch ehe die Demiffion des Kabinetts Fehren- bayerischen Einwohnerwehren reite. Es sei völlig verkehrt, in diesem Ententerecht. Mie, Libre Belgique" mitteilt, hat der Botschafter bach zur Tatsache wurde, war bereits bekannt geworden, daß Augenblick die Frage der Einwohnerwehren, die nur eine fefunrat endgültig beschlossen, daß der Bahnhof von her besthaf der volksparteiliche Reichsichazminister v. Raumer zu den däre Angelegenheit sei, in den Bordergrund zu schieben. An belgisch bleibe. Damit ist also das deutsche Verlangen abgelehnt Anhängern der Annahme zählte. Die Rebe Strefes deutungen über einen eventuellen Regierungswechsel in worben.
201