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Mittwoch, den ll. Mai ISS  »
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Annahme des Ultimatums.
Am gestrigen Spatno6)miikag ist das Sadinett w i r t h aus der Grundlage der alten Koalition zustande gekommen. nachdem die Demokraken ihre Dereilwilligkeit, in die Re- ssierung einzukreten. mitgeteilt hakten. Man einigte sich auf folgender Ätinisterliste: Reichskanzler: wirth(Z.). Dizekanzter und Reichsschalzminister: Gustav V a u e r(Soz.), ?ufiiz: Schiffer(Dem.). Wirtschaft: Robert Schmidt(Soz.). Arbeit: Braun»(Z.). Post: G i e s b e r l s(Z.). Reichswehr  : Gehler(Dem.). Inneres: Dr. Gradnauer(Soz.). Verkehr: G r ö n e r. Ernährung: h er m e s(Z.). Das Finanzministerium soll einem Beamten über» krassen werden: ebenso der Posten des Außenministers, wegen dessen llebernahme namentlich mit dem Staatssekretär Berg­mann verhandelt wird. Das ebenfalls noch unbefehke Diederaufbauministerium soll ein Sozialdemokrat er­holten, dessen Person noch nicht feststeht, so daß die Partei im ganzen mit v i e r Ministern im Kabinett vertreten ist. » Das neue Kabinett ist unter stärkster äußerer 7t r e s s i o n zustandegekommen. Bei der Ausstellung der Ministerliste herrschte der Zwang, in ollerkürzester Zeit fertig zu werden, ehe die Frist für die Beantwortung des Entente- Ultimatums ablief. Die Parteien mußten mit der Uhr in der Fzand verhandeln. In dieser Lage konnten Personalfragen nicht in so eingehender Weise behandelt werden, wie das unter normalen Verhältnissen der Fall gewesen wäre. Je mahnender die Zeit drängte, zu einem positiven Resultat zu gelangen, desto mehr mußte der Streit um einzelne Persönlichkeiten hint» angestellt werden. So ist denn das neue Kabinett von vornherein nur als ein Rotkobinett zu betrachten, das zu dem Zwecke gebildet ist, durch Annohme und Ausführung des Ententeultimatums das deutsche   Volk vor der Katastrophe, vor dem Untergang zu bewahren, chinter diesem Ziele muhten alle anderen Bedenken zurücktreten, auch die Bedenken, die von sozialdemokratischer Seite mit Recht gegen einzelne Der» treter der bürgerlichen Koalitionsparteien, gegen das starke Ueberwiegen des bürgerlichen Elements im neuen Kabinett überhaupt erhoben werden können. Alles in allem ist die Stellung der Sozialdemokratie in dem neuen Kabinett keine leichte, wenn auch der Reichs- kanzler W i r t h ein Mann ist. der wenigstens nach der demokratischen Seite hin als zuverlässig angesehen werden kann. Aber alle Bedenken gegen einzelne Personen wären nur dann von ausschlaggebender Bedeutung gewesen, wenn die Hauptaufgabe des neuen Kabinetts in positiver Richtung, in der Schaffung von Reformen, in der Beschleuni- gung des wirtschaftlichen Aufbaues läge. Aber davon kann leider im Augenblick gar keine Rede fein. Die an anderer Stelle von uns veröffentlichte Erklärung, in der die Sozialdemokratische Fraktion die Gründe des Regierungseintritts darlegt, spricht mit aller Nüchternheit und Klarheit aus, daß die Sozialdemokratie sich nicht an der Regierung beteiligt, weil sie von ihr eine Steigerung des Glückes und der Zufriedenheit erwartet. Das positive Ziel des Glückes bleibt für das deutsche   Volt unerreichbar, solange der furchtbare Druck der unersättlichen Sieger auf ibm lastet. Die treueste und hingebendste Ar- beit für das Volt kann nur auf das negative Ziel eingc- stellt sein: Wie vermeide n wir das allerargste Unglück? Die Notwendigkeit, einer vernichtenden Katastrophe zu entgehen, steht so drohend vor uns. daß alles andere dagegen verschwindet. Wenn Losialles Lehre noch Geltung hat. daß es in der Politik daraus okskomnit, alle Kraft auf den wichtigsten Punkt zu lonz">- trieren, so konnte die Sozialdemokratie nicht anders handeln, als mst Einsatz ihres ganzen Einflusies der Katastrophe ent- gegenzuarbeiten. Wenn wir die Vernichtung unserer Wirt- schaftsfundamente durch den Verlust des rheinisch-westfälisck�cn und des oberschlesischen Industriegebietes verhindern, so wird dadurch freilich kein Arbeiter in Deutschland   gegen heute und gestern reicher. Aber gegen die ungeheure Verelen- d u n g, die von dem deutschen   Proletariat damit a b g e w e n- d e t wird, tritt auch die größte positive Wirtschaftsreform zurück. Deshalb tritt die deutsche   Sozialdemokratie in die Regie- rung ein. Sie zeigt damit eine größere Vaterlands- lieb« nrtd«in stärkeres Verantwortungs»
die Grünöe ües Regierungseintritts. In der gestrigen Nachtsitzung des Reichstages ließ die sozialdemokratische Fraktion durch den Genossen Wels die nachstehende Erklärung abgeben, in der die Gründe dar- gelegt werden, aus denen sich die Partei entschlossen hat, in die Regierung einzutreten und das Ultimatum der Entente anzunehmen: Unter dem Druck angekündigter militärischer Gemalt- maßregeln, angesichts des drohenden Verlustes lebenswichtiger deutscher   Landes- teile in West und Ost. ist das deutsche   Volk gezwungen, binnen kürzester Frist ohne Vorbehalt und Bedingungen einen Plan zur Wiedergutmachung der Sriegsschäde« anzunehmen, dessen dauernde und vollständige Aus­führung für die arbeitende Bevölkerung nicht bloß Deutschland  », sondern ganz Europas   die aller­schwer st en Gefahren in sich birgt. Die politische Verantwortung für Annahme und Ausführung de» Ultimatums fiel, nach Auffassung der sozialdemokra- tischen Reichslagsfraktion. jenen Parteien zu. die am meisten zur Verlängerung de» Krieges und zur Vermehrung seiner Lasten beigetragen hatten. C» sind da, dieselben Par- teien. die dank der starken Stellung der hinter ihnen stehenden Kreise im wirkschasksleben jetzt auch das meiste zur Erfüllung der unge­heuren wirtschaftlichen Vcrpflichiunzen beitragen könnten, die unserem Volke anferiegl sind. Da aber jene Parteien trotz ihrer laut bekundeten nationalen Gesinnung in schwerster Stunde versagen und bei einer Politik beharren, die unmittelbar zur Auslieferung deutscher   Landesteile in feindliche Hand führt, hält es die sozial- demokratische Rei6)stagssraktion für Ihre p s l i ch t am Volte. die von den eigentlich Verantwortlichen in Stich gelassene Aufgabe mit zu übernehmen. Die sozialdemokratische Reichslagsfraktion hat sich daher ent­schlossen. an einer Regierung teilzunehmen, die durch Annahme de» Ullimalum» Deutschland  vor den unmillelbaren katastrophalen Folgen einer Ablehnung retten und den ehrlichen Versuch machen will, da» uns Auferlegte nach bestem Können zu erfüllen. Dieser Versuch allein kann noch den weg öffnen, der au» dem Ehao» einer militärischen Gewalt- Politik heraus zum wirklichen Frieden führt. Keine Regierung ist noch vor schwierigere, ver- antwortungsvollere Aufgaben gestellt worden wie diese. Zu ihrer Lösung bedarf sie der Einsicht und der Hingebung»- vollen Unterstützung der breitesten Volkskreise. Glückliche oder auch nur befriedigende Zustände her- # zustellen, wird sie nicht imstande sein, neue Lasten wird sie dem Volke nicht ersparen können. Sie wird schon den Dank des deutschen   Volkes verdient haben, wenn es ihr gelingt, da, Allerschlimmste abzuwehren. An» diesen Gründen sind wir bereit, die neue Regierung zu unterstützen.
ten, die den Leitsatzdas Vaterland über die Partei" wohl im M u n d e, aber nicht im H e r z e n tragen. Die S o z i a l- demokratie rettet das deutsche   Volk vor der Katastrophe, in der dienationalen" Parteien ohne unser Ein- springen es hätten untergehen lassen. Wir find uns freilich bewußt, daß die entschlossene Aus- opferung der Sozialdemokratie bei denen am wenigsten An- erkennung finden wird, die am meisten Ursache hätten, uns auf den Knien dafür zu danken. Die gestrige Rede des Herrn H e r g t gibt einen deutlichen Vorgeschmack der nationalisti- schen Hetze, die ganz wie noch Versailles gegen die Unter- zeichne? einsetzen wird. Wieder werden die Hauptschuldigen unseres Elends, werden die Leute, die das deutsche   Volk köpf- und gewissenlos in die Katastrophe hineingerannt haben, die Verantwortung auf uns abzuwälzen suchen, die wir diese unglückselige Hinterlassenschaft liquidieren müssen. Dies nationalistische Gesindel wagt gar noch, die moralische Feig- heit, mit der es sich selber der Verantwortung für seine Taten entzieht, in nationalen Heldenmut auszumünzen. Nach- dem diese Gesellschaft durch ihre wahnsinnige Kriegspolitik. durch die Herausforderung der ganzen Welt unser Volk in die größte geschichtliche Katastrophe gestürzt hat, weiß sie ihm keinen anderen Rat als Uebertrumpfung des Wahn- sinns, Uebertrumpfung der Katastrophe. Das Schimpf- wort des deutschnationalen Barden Max B e w e r vondem Bettelvolk, das nicht zu sterben weiß", wird zum Leitmotiv
der deutschnationalen Politik erhoben. Lieber läßt die Deutsche  feofpgtofe jene sich patioval«enueudeu Parkten der Ziech-tpationchL Partei da, ganze deutsche   Volk tz» den Abgrund! D« Kommunist« machen em paar alterne Zwischenrufe, aber
stürzen, als daß sie sich ihre Agitationsaussichten durch das Zugeständnis verdirbt, daß die von ihr oerlangte Politik u n- möglich ist. Aber nicht besser als die Deutschnationalen handelt die Deutsche   Bolkspartei. Auch bei ihr hat das Agita- tionsinteresse die sachliche Einsicht aus dem Felde geschlagen. Es entbehrt nicht einer tiefen Ironie, daß gerade Herr Stresemann die Erklärung der Partei abgab, in der die Ablehnung des Ultimatums begründet wird. Nun rühmt man sich,reine Hände" bewahrt zu haben. In Wirklichkeit hat die Deutsche Volkspartei   so feige und erbärmlich wie möglich ge- handelt. Ob die Spekulation der Rechtsparteien auf Kurzsichtig- keit und nationalistische Instinkte gelingt, darüber entscheidet das deutsche   Volk. Leider spricht eine gewisse Erfahrung da- für, daß weite Bolkskreise in mangelnder Politiker Schulung sich gern einreden lassen, daß die jeweilige Regierung die Schuld an der schweren Lage Deutschlands   trage. Aber keine Sorge vor nationalistischer Hetzarbeit kann die Sozialdemo- kratie bewegen, im schwersten Augenblick das deutsche   Volk im Stich zu lassen. Die Rettung des Volkes vor der Kata- ftrophe ist eine Tat, die ihren Lohn in sich selber trägt, die getan werden mußte, wenn man das Volk nicht untergehen lassen wollte, und die von uns getan werden mußte, weil denen, die zunächst dazu berufen waren, der moralische Mut fehlte.__ Die entscheidende Abstimmung. Zn namentlicher Abstimmung hat der Reichs­tag um 12 Uhr 25 Minuten das Ultimatum der Entente mit 221 gegen 175 Stimmen bei einer Stimmenthaltung angenommen. Mitja" stimmten die Parteien der neuen Regierung und die Unabhängigen, mitnein" die beiden Rechts- Parteien, die Kommunisten, anscheinend auch einige Demokraten und Bayerische volksparteiler. Ein in der Geschichte des deutschen   Reichstages nur selten vorgekommener, feit vielen Jahren überhaupt nicht eingetre- tener Fall: eine für sieben' Uhr abends angesetzte Plenar- sitzung! Aber außerordentliche Situationen erfordern außer- ordentliche Maßnahmen. Es gilt Foch zuvorzukom- m e n, d. h. durch die rechtzeitige Zlnnahme des furcht- baren Londoner   Ultimatums den Einmarsch und seine kata- strophalen Folgen abzuwehren. Das war aber nur möglich durch die äußerst beschleunigte Bildung einer Reichsregie- rung, die im Namen der Mehrheit des Volkes dasJa" nach den Ententebauptstädten noch im Laufe der Nacht vom Diens- tag zum Mittwoch hinüberdrahten könnte. Unter diesen Umständen war es nicht möglich und auch nicht angebracht, sich allzu lange über Personenfragen auf- zuhalten. Viel wichtiger war die Frage, ob sich auch die D e- m o k r a t e n, die bekanntlich zum großen Teile Gegner der Unterzeichnung sind, an der Regierung beteiligen würden. Da das Zentrum auf der Teilnahme der Demokraten am neuen Kabinett unbedingt bestand, mußte wiederholt mit ihnen hierüber verhandelt worden. Nachdem eineinoffizielle" Be­teiligung von einzelnen demokratischen Abgeordneten als nicht genügend abgelehnt worden war, lenkten sie schließlich ein. und damit war die alte Koalition aus den Zeiten der Nationalversammlung wiederhergestellt. Infolge dieser Schwierigkeiten mußte auch der zuerst für sieben Uhr angesetzte Sitzungsbeginn auf acht Uhr. sodann auf 83,4. schließlich sogar auf neun Uhr verschoben meiden! Der Reichstag  , der seit Tagen, aber besonders seit gestern mittag im Zeichen fieberhafter Erregung stand, war über- füllt. Wandelgänge. Tribünen, Abgeordnetenbänke, Regie» rungs- und Bundesratstische waren schon stundenlang vor dem Klingelzeichen überfüllt, mit dem Präsident Lobe die Sitzung eröffnete. In einigen wenigen Sätzen wies er auf den Ernst der zu fällenden Entscheidung hin und erteilte so- dann dem neuen Reichskanzler W i r t h das Wort. Dieser verlas nun die kurze, in aller Eile vor Eröffnung der Sitzung vereinbarte Regierungserklärung, die sich lediglich über die Frage des Ultimatums und über die Notwen- digkeit feiner Annahme ausspricht. Von einigen albernen Zwischenrufen Adolf Hoffmanns abgesehen, hört das Haus die Regierungserklärung ruhig an und unterstreicht deren Schlußworte durch Beifall. Es folgt nun die Aussprache. Die meisten Parteien haben sich im Hinblick auf die kurze Zeit, die noch zur Ver- fügung steht, begnügt, kurz formulierte Erklärungen zur Ver­lesung zu bringen. So die Sozialdemokratie, als deren Frattionsredner Wels austritt. Das Haus wird lebhafter.