sinnung", der unter dem Einfluß der Revolutionspro- z e s s e eine unheimliche Bedeutung gewonnen habe, nahm der Redner eine außerordentlich kritische Haltung: mit diesem Be- griff könne keine Rechtspflege arbeiten, am wenigsten in erregten Zeiten. Seinen Ausführungen schloß sich Justiz- rat Dr. L ö w e n st e i n(Berlin ) an, der im übrigen den Ent- wurf als gewaltigen Fortschritt gegenüber dem geltenden Recht bezeichnete. Eine Reihe weiterer Redner billigte die Todesstrafe in der Form des Entwurfes, so daß sie bei Mord in Wegfall kommt, wenn mildernde Umstände zugebilligt werden. Professor K o h l r a u s ch wies darauf hin, daß hier eine sehr ernste Gewissensfrage vorliege, an der der Gesetzent- wurf scheitern könne. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte wünschen die meisten Redner beseitigt zu sehen. Eine Reihe weiterer wichtiger Fragen, wie die Strafaus- fetzung, die Heraufsetzung der Strafbarkeitsgrenze für Jugend- liche vom 12. auf das 14. Lebensjahr sowie die„mildernden Umstände", die im Strafgesetzentwurf entgegen dem bisher gel- tenden Recht einen eigenen Paragraphen bilden(§ 113), wurde bedauerlicherweise nicht besprochen. Zutreffend ist leider die Bemerkung eines Redners, daß das Echo auf den Entwurf in der Bevölkerung recht gering fei. Es ist dringend zu hoffen, daß auch die Arbeiterschaft, die an dem Aussehen des endgültigen Strafgesetzbuches nicht minder interessiert ist als die Gelehrtenwelt, schleunigst zu diesen Problemen Stellung nimmt und in Entschließungen usw. ihren Standpunkt be- kanntgibt. In erster Linie muß die Volksbewegung gegen die Todesstrafe lebhaftere Formen annehmen als bisher, und die sozialdemokratische Reichstagsfrak- t i o n muß ihre ganze Kraft dafür einsetzen, bei der kommen- den Parlamentsberatung dieses Ueberbleibsel einer mittel- alterlichen Rachejustiz endgültig zu beseitigen. Im übrigen behalten wir uns vor, zu dem Gefamtentwurf eingehend Stellung zu nehmen._ der Schwarze und öer weZße. Der Hohenzollernchef Eitel Friedrich ist wegen Kapitals- Verschiebung gerichtlich verurteilt worden, der Prozeß gegen Erzberger wegen Steuerhinterziehung steht so, daß selbst die deutschnationale Presse an eine Verurteilung Erzbcrgers nicht glaubt— also was tut sie? Sie erklärt Eitel Fried- rich für den Ausbund aller Reinheit und Erzberger für den schwärzesten Lumpen. In der Tat, es ist seltsam zu sehen, wie sich bei der— nur nach objektivsten Gesichtspunkten urteilenden!— deutschnationalen Presse sofort alles umkehrt, wenn es sich nicht um Erzberger, sondern um einen ehemaligen Prinzen handelt. Als es um die Strafverfolgung Erzbergers ging, erklärte der deutfchnationals Reichstagsabgeordnete G r a e f e mit Pathos, daß nach Ansicht der Deutschnationalen Kapitalflucht nie- ma l s ein politisches, sondern stets ein gemeines De- l i k t f e i, das in jedem Falle die Ehre des betreffen- den Beschuldigten tangiere. Stets ein gemeines Delikt! In jedem Falle ehrenrührig! Das galt im Falle Erzberger . Im Falle Eitel Friedrich aber kann man nach der deutschnationalen Presse annehmen, daß ein Geruht, wenn es jemanden wegen Kapitalsverschiebung zu HOOO M. Geldstrafe verurteilt, damit dem Betreffenden eigentlich nur ein Ehren- z e u g n i s, ein Attest für seine persönliche Lauter- ! e i t ausstellen wolle! Merkwürdig, wofür die sonst so empfindsame deutsch - nationale Presse in diesem Falle gar kein Auge hat. Daß der Bankier des Hohenzollernsprosien. das Bankhaus Gruffer, Philippfon u. Co. eine ausgemachte Schieberfirma war, wie selbst der Staatsanwalt hervorhob, ist für die Deutschnationalen plötzlich belanglos. Belanglos ist, daß das Konto des Exprinzen unter einem Decknamen„Fritz v- Eitel" geführt wurde, sicher nur, um zu beweisen, daß bei dieser Sache nichts das Licht der Welt zu scheuen hatte! Der ganze
Rattenkönig der sonstigenadligenund fürstlichen S ch i e b e r, der mit Grusser zusammenhing,— er wird stolz ignoriert, obgleich im Prozeß Eitel Friedrich 18 Fälle von bestraften Kunden des Bankhauses Gruffer und Strafen in Höhe sechs st elligerZiffern festgestellt wurden. Ueber diese 18 Fälle, die fast ausnahmslos Mitglieder des hohen Adels betreffen, kann ein großer Mann, wie Herr Friedrich H u f s o n g, Leitartikler der „Post", natürlich kühn hinwegsehen, wenn er behauptet, der kreißende Berg hätte ein Mäuslein und noch dazu ein totes geboren. Wir können nur unterstreichen, was die„Germania " schreibt: Dem Prinzen sind Kapitalsverschiebungen gerichtlich nachge- wiesen worden und jetzt stellt sich dieselbe Presse schützend vor den Verurteilten. Die„Tägliche Rundschau" findet nichts natürlicher,„als daß er als derzeitiges Oberhaupt der Familie einen Notgroschen in Sicherheit bringen wollte". Die„Deutsche Tageszeitung" hat gleichfalls herausgefunden,„daß Prinz Eitel Friedrich mit der Uebergabe eines Teils seines Vermögens an das Bankhaus Grusser nichts anderes im Auge hatte, als dessen Sicher- stellung vor den neugierigen Fingern der Revolutionshelden vom 9. November". Welch wunderbare Auswege eröffnen sich hier allen Kapitalverschiebernl Man bringt einen Notgroschen in Sicherheit oder entzieht sein Geld den neugierigen Fin- gern der Steuerbehörde. Solch zarte Auslegungen find aber nur zulässig, wenn es sich um Deutfchnationale handell. Andern- falls ist man ein ganz gemeiner Steuerbetrüger, den man nach Herzenslust durch den Schmutz schleifen darf. In der Tat: Die deutschnationale Presse beginnt bereits- Ablenkungsmanöver. Sie holt in Fortsetzungsartikeln gegen Erzberger aus, deren tieferer Sinn ist:. Wenn Erzberger auch freigesprochen wird, so hat das garnichts zu sagen. Bei Erzberger ist eben selbst ein Freispruch schwarz, bei Eitel-Schieberich auch eine Verurteilung weiß. Man muß nur das Handwerk oerstehen! Das Gesthrei von öer Nebenregierung. Der Reichstagsabgeordnete Dr. O u a a tz(Deutsche Volks- partei) hat an die Reichsregierung folgende Anftage gerichtet: „Dem Vernehmen nach hat das Reichsverkehrsmini� st e r i u m sich einen Ausschuß von Gewerkschaftsvertre- t e r n angegliedert, der zur Mitwirkung bei der Vergebung von Leistungen und Lieferungen berufen sein soll. Wei- terem Vernehmen nach sind zu den vorbereitenden Beratungen auf Beschwerden der Lieferanten auch Vertreter des Unternehmertums zugezogen worden. Ist es richtig, daß die Reichsregierung gewillt ist, diesen Ausschüssen eine Einwirkung auf die Vergebung von Leistung und Lieferungen zu gewähren? Zutreffen- denfalls, wie vereinbart die Reichsregierung ein derartiges Verfahren mit der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit der Vergebungs- behörden? Schriftliche Antwort genügt." Die gekünstelte Erregung der reaktionären Parteien über eine angebliche„Nebenregierung" der Vertreter der Arbeiter- schaft ist nicht mehr neu. Als im März v. I. der Kapp-Putsch trotz der Unterstützung durch die Rechtsparteien infolge des einmütigen Widerstandes der Arbeiterschaft kläglich zusammen- brach und die Gewerkschaften ihre bekannten Forderungen zwecks Verhütung eines neuen Putsche? aufftellten, erhob sich gleichfalls in der nationalistischen Presse ein lautes Geschrei von der Nebenregierung der Gewerkschaften. Die Empörung unserer Nationalisten ist diesmal um so u n- begründeter, als aus der Anfrage des deutschoolkspartei- lichen Abgeordneten selbst hervorgeht, daß die Mitwirkung der Gewerkschaftsvertreter sich ausschließlich auf Wirtschaft- licheFragen bezieht. Es ist s e l b st o e r st S n d l i ch, daß die Arbeitnehmer in Produktionsftagen ein entscheiden- des Wort mitzusprechen haben, und die Unternehmer täten gut daran, auf zwecklose Klagen zu verzichten und endlich einzusehen, daß in der neuen Zeit für einseitige Profitinter- essen der Produzenten kein Platz mehr ist.___
wäre zwar ein imperialistischer Machtvorteil für einen oder den anderen der Nachbarn Deutschlands , aber ein schwerer Nachteil für die Weltwirtschaft und damit auch für die Wirr- schaft Amerikas . Deutschland wünscht nicht Revanche, es will sich auch nicht um tragbare Verpflichtungen drücken, aber was es will, das ist die Wiederkehr der Wirtschaft- l i ch e n D e r n u n f t. Zu der Erreichung dieses Ziels kann ihm Amerika helfen. Es hat die gigantischen Lasten des Lon- doner Ullimatums auf sich genommen und hofft, sie mit Auf- bietung aller seiner Kräfte für absehbare Zeit tragen zu können. Sollte aber dennoch einmal ein Tag korqmen, an dem Deutschland seine Bücher aufschlagen und zeigen müßte, daß der eingeschlagene Weg ein Weg zum Abgrund für alle ist, dann möchte es nicht haßerfüllten Gegnern gegenüberstehen. denen die drohende Katastrophe nur eine längst erwünschte Gelegenheit zur Verwirklichung gewaltpolitischer Pläne ist, sondern ruhigen Rechnern und umsichtigen Wirtschafts- denkern. In diesem Sinne betrachten wir die Wiederkehr Amerikas in den Obersten Rat als einen Gewinn. Die erste Sitzung, an der Amerika wieder teilnehmen wird, soll die Entscheidung über Obcrschlesien treffen. Hier ist von Amerika die Einsicht zu erwarten, daß die künftige Leistungsfähigkeit Deutschlands in hohem Grade von dieser Entscheidung abhängt. Es wird sich auch nicht der Erkennntis verschließen können, daß die Bevölkerung Oberschlesiens in überwältigender Mehrheit für das Verbleiben bei Deutschland gestimmt hat und daß jede neue Grenzlinie das lebendige Fleisch der Wirtschaft durchschneidet. Man darf in diesem Zu- sammenhang daran erinern, daß die Handhabung des„Selbst- bestimmungsrechts" durch den Frieden von Versailles Millio- nen Deutsche gezwungen hat, gegen ihren Willen außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches zu leben und daß Ueber- gerechtigkeit gegen den einen Ungerechtigkeit gegen den andern ist Wenn ÖOOOOll Deutsche dem polnischen Staate einver- leibt wurden, ohne nach ihrem Willen gefragt worden zu sein, kann es nicht als unerträgliches Unrecht betrachtet werden, wenn ein polnisches Dorf auf Grund jahrhundertelanger staat- licher Zugehörigkeit und untrennbarer wirtschaftlicher Zu- sammenhänge bei Deutschland verbleibt. Die Wendung der englischen Politik, die in- folge der Annahme des Ultimatums durch Deutschland zum Durchbruch gekommen ist, schützt Amerika vor der Gefahr, in Isolierung zu geraten. Auch die Rede, mit der Lloyd Garge den amerikanischen Botschafter begrüßte, spricht hohe Er- kenntnisse aus. Die Deutsche Republik, die an der Auftichtung friedlicher und freiheitlicher Zustände in der ganzen Welt brennend interessiert ist, kann es nur begrüßen, wenn Amerika die englische Politik auf den Wegen dieser Er- kenntnisse fördert und ihre praktische Anwendung tatkräftig in die Hand nimmt.
Die kommende Strafrechtsreform. In Jena begann gestern die Tagung der Deut- scheu Landesgruppe der Internationalen kriminalistischen Vereinigung, die ihr Entstehen auf den bekannten Strafrechtsreformer Franz v. Lifzt zurückführt. Ueber das Thema„Strafsystem und Strafzumessung nach dem neuen Strafgesetzentwurf" sprach der Professor an der Frankfurter Universität Dr. Ernst Mayer. Bedauerlicher- weise glaubte er über das außerordentlich bedeutungsvolle Problem der Todesstrafe mit ein paar kurzen Bemerkungen hinweggehen zu können: da die Beibehaltung oder Abschaffung der Todesstrafe eine Frage sei, aus der die politischen Parteien mit gutem Recht einen Programmpunkt gemacht hätten, brauche sich eine Fachoersammlung nicht lange bei ihr aufzuhalten. Dieser höchst anfechtbaren Anschauung wider- sprach unter Beifalls- und Mißfallenskundgebungen der Ver- fammlung Professor Max L i e p m a n n(Hamburg ); er widersprach der im allgemeinen geltenden Anschauung der Juristen, daß die Volksüberzeugung angeblich die Todesstrafe fordere. Tatsächlich denke das Volk ganz anders darüber. Auch zu dem Begriff der„ehrlosen Ge-
Susonis Gpern-Komööien. Es wird auf der Berliner Staatsopern-Bühne ein bißchen viel geköpft. Iochanaan ist zwar schon vergessen, nicht aber der Anblick von sieben Blaubart-Frauen. Nun sind zehn tote Häupter der grausam hingemordeten T u r a n d o t- Freier dazugekommen. Bu- soni hat die alte Fabel aus Gozzis Märchenschatz äußerlich sehr ge- schickt geformt und geputzt. Sollte ein Problem aus der Geschichte geschmiedet werden? Wozu die Rätsel, der Tiefsinn, fragt man: und wie kindlich, zu den klugen Fragen der Turandot, die endlich ein Weiser löst, weil er denken kann, eine Gegenfrage des jungen Märchenprinzen stellen, die nicht Klugheit, sondern nur Zufall lösen kann? Eine matte Symmetrie unvergleichbarer Szenen! Kalos fragt aus dem Gefühl verletzter Liebe, Turandot im Kampf um ihre Jungfräulichkeit, als deren Feind ihr jeder Freier erscheint, aus ge- steigerter Eitelkeit, Laune, Ueberspanntheit. Dennoch wirkt ihr Schicksal tragisch. Wie wird aus Mord und Haß und sphinxhafter Verbortheit eine Komödie? Busoni , der Dichter, spielt ein Doppel- spiel und setzt neben das Entsetzen eine Grimasse, neben die Tränen das Feixen, zur dramatischen Gestalt das Drum und Dran des Kasperletheaters. Trottel von König, stotternder Minister, Eunuchen- spaß— der Spott ertötet Ernst und Märchen, mit dem Pathos einer chinesischen Oper, mit Schwert und Tod ist zuviel Hanswurstiade verknüpft. Die Musik geht diesem Stilwirrwarr nicht bewußt aus dem Wege. Sie ist ohne Wurzel, kokettiert einmal mit kleinen futu- ristischen Witzen springt schnell wieder auf den Boden der opers buffa, plaudert kenntnisreich im Thema chinesischer oder sonstwie reizvoll-exotischcr Tänze, wird pomphaft, prunkt mit aufgeblasen- kleinen Einfällen und bekennt sich plötzlich zu einem sehr ergötzlichen Couplet. Ein Durcheinander sondergleichen, aber sehr unterhaltend, sehr gegenwärtig und gegenständlich. Große Oper mit Aufmachung. Die Kernpunkte der lyrischen Betrachtung und der Reflexion bleiben einfarben, monoton. Welche Fülle Musik hätte nicht in die kleine Szene eingehen müssen, in der sich Kalaf in das Bildnis der Turan- dot verliebt: welche dankbare Steigerung hätte nicht die dreifache Wiederholung von Rätselftage und Antwort hervorlocken können! Busoni , im Gleichmaß einer geistreichen Geschicklichkeit, versagte hier: sein Bestes in der Turandot: die Farbe, die wahllos und gut zu» packende Kraft der Illustration, die Widerlegung seiner eigenen futu- ristischen Musikideen. Wer so den Weg zu bester, überlieferter to- Mischer Oper zurückfindet, aus überkluger ästhetischer Ueberlegung heraus, der ist kein neuer Wegbahner. Wir danken ihm diese Be» scheidung. Sie entkräftet seinen nachbetenden Troß. Zu einer Turandot-T r a g ö d i e hätte sich der„A r l e c ch i n o" als Satirspiel gesellen können. So reichen sich zwei innnerlich gleich geformte Stücke die Hand. Nur ist der Arlecchino stilreiner, ganz arodiitisch, freischwebend in Laune, glitzernd im Fluß der rein mu- kalischen Stellen, nicht ohne weltkluge Einsichten in das ewige Einerlei der Menschenscherze und Menschenkleinheit. Hier ist Theater gespielt aus vollem Herzen und auch, was neben den Späßen Harlekin »« Vwme,«, Weltüberlegenheit eingeheimst scheint,
sprengt die. Schellenketten nicht. Musikalisch ist auch hier kein Experi- ment mehr zur Diskussion gestellt. Dissonanzen und Ganztonleitern stellen den echten harmlosen Komödianten dieses Capriccio nicht in Frage, Geist wurde musikalische Form und versuchte nicht durch aus- geklügelle Theorie den Stimmen und Instrumenten in den Rücken zu fallen. Größere Werte schlummern wohl in der Turandot-Musik: der operettenhaft vorbeihuschende Esprit Harlekins aber wird länger interessieren. Nur kürze Vusoni das letzte, gefährlich matte Drittel. Hätten wir es nicht gelesen: einen Busoni hätte kein? der Stücke verraten. Dieser blendende Musikmann hat drei und mehr Seelen in seiner Brust. Wer sie errät, kennt den Busoni von morgen und übermorgen nicht. Der„Faust" ende die Qual des Ratens l— Der Erfolg war nicht unbestritten. Blech unterstrich den Buffo-Ton und verfeinerte das spielerisch Gleißende, Espriwolle der Partituren. Die Inszenierung Hürths übertraf sich selber in Beweglichkeit und Sammlung. In prominenten Rollen glänzten Fräulein Ar tot als Turandot und Herr Hütt, letzterer leider mit viel Lohengrin-Pose. Henke setzte zweimal seine ganze Lustigkeit mit Erfolg ein, Stock seine senore Gravität. H e l g e r s als unköniglicher König hätte auch in einer anderen Offenbachiade seinen sogenannten Mann gestanden. Viel Freude machten die eckig-graziösen Tänze schmucker Hosen- mädels und M ü t h e l als frischer Harlekin. Dr. Kurt Singer .
Wie Albrechk Dürer Maler wurde. Dürer , dessen Geburtstag am 21. Mai zum 4S0. Male wiederkehrt, hat uns selbst einen zu- verlässigen Bericht über seine Herkunft gegeben, indem er um Weih- nachten 1S24 seine Familiengeschichte aufzeichnete. Von seinem Vater, dem Goldschmied, berichtet er, daß er ein„künstlicher, das heißt kunstbegabter Mann war, der den Sohn gar früh in seinem Handwerk unterwies.„Und sonderlich," schreibt Dürer ,„hatte mein Vater an mir einen Gefallen, da er sah, daß ich fleißig in der Uebung zu lernen war. Darum ließ mich mein Vater in die Schule gehen, und da ich schreiben und lesen gelernst, nahm er mich wieder aus der Schule und lernet mich das Goldschmiedehandwerk. Und da ich nun säuberlich arbeiten konnte, trug mich meine Lust mehr zur Molerei, denn zum Goldschmiedehandwerk. Das hielt ich meinem Vater für. Aber er war nit recht zufrieden, denn ihn reute die verlorene Zeit." Dürer, in dem sich so früh sein Genie regte, hatte also erst den Widerstand des strengen Vaters zu überwinden, bevor er am 39. November 1486 zu Michael Wohgemut in die Lehre treten durfte. Bevor er den Vater zu diesem Entschluß brachte, wird er gewiß nichts unversucht gelassen haben, um ihn von seiner Begabung zu überzeugen. Und wirklich ist uns ja bereits aus seinem 13. Jahr jene berühmte Zeichnung der Albertina erhalten, der er selbst in späteren Iahren die Aufschrift hinzufügte:„Das Hab ich aus einem Spiegel nach mir selbst kunterfeit im 1484. Jahr, da ich noch ein Kind war." Aber noch eine andere Probe seines zeichnerischen Könnens legte er ab, kurz bevor er die väterliche Werkstatt verließ. Wie Max I. Friedländer in seinem soeben im Insel-Verlag zu Leipzig erschienenen Wert über Dürer wahrscheinlich macht, ilt eine andere Metallstiftzeichnung in der Wiener Albertina , die ein Bildnis des Vaters Dürers zeigt, ebenfalls von dem Sohne in jungen Iahren geschaffen worden. Der Jüngling tonnte, als er zeigen wollte, wie
sehr ihn Lust und Begabung zur Molerei zögen, seine Sache nicht besser vertreten, als indem er alle Kraft an die Porträtierung seines Vaters setzte.„Wenn wir in dem Dargestellten," sagt Frtedländer, „der in seiner Rechten eine fingerlange Ritterfigur hält, von der Art derjenigen, mit denen die Goldschmiede ihre Gefäße zu bekrönen pflegten, mit Sicherheit den alten Dürer sehen, der im Arbeitskittel, offenbar in feiner Werkstatt aufgenommen ist, mit ähnlichen Formen und Zügen, wie in den infchriftlich beglaubigten Bildnissen, so wird die Autorschaft des Sohnes offenbar durch Vergleichung des Selbst- bildnisses von 1434. Bei gleichgerichtetem Streben und gleicher Technik sind Stilverwandtschast und Fortschreiten deutlich. So un- frei die Figur namentlich noch Im Umriß und der Modellierung der Falten ist, so ist doch unendlich viel gut« Beobachtung und ernste Hingabe in diesem unsichern Zeichenstil zu erkennen. Durch eine solche Probe einer großen Begabung mußte der alte Dürer dazu gebracht werden, seinem Jungen die Malerlaufbahn zu eröffnen." Negerschicksale lm modernen Amerika . Auch heute noch wird der Neger in Amerika verachtet und gehaßt. Sein Leben gilt wenig. Im Jahre 1920 wurden 61 Lynchmorde verübt, davon 53 an Negern, darunter einer an einer farbigen Frau. Einige zufällige Beispiele, wie sie In den Blättern der Nordstaaten in großer Zahl ausführlich erörtert werden, mögen Negcrschicksale im heutigen Amerika illu- strieren. Im Michigan -See bei Chicago gibt es natürlich ge« trennte Badeanstalten für Weiße und Schwarze. Ein Negerjunge, der wohl durch eine Strömung unter dem trennenden Cell hindurch nach der Badeanstalt der Weißen getrieben wurde, war das Ziel eines eifrigen Bombardements mit Steinen durch die weiße Bade- gesellschast und wurde solange verfolgt, bis er unterging und er- trank. In Omaha tauchte das Gerücht auf, ein junger weißer Mann und ein weißes Mädchen feien von einem Neger angefallen und beraubt worden. Der verdächtige Neger wird in das Stadtge- fänznis geworfen. Darauf stecken Lyncher das Stadtgefängnis, einen Millionenbau, in Brand, kümmern sich auch nicht um die anderen weißen Gefangenen, die zum Teil in ihren Zellen elendiglich zu- gründe gehen, und töten den Neger. Nachher stellt sich heraus, daß dieser, übrigens ein Krüppel, ganz unschuldig war. In Dublin, Georgia , verbrennen die Weißen auf das vage Gerücht von einem Negeraufstand hin drei„farbige" Kirchen und in einer einen Neger. der sich gerade darin befand. Wenn auch die Sklaverei seit mehr als einem halben Jahrhundert in den Vereinigten Staaten abge- schafft ist, so herrscht doch noch immer in den Südstaaten eine Art Leibeigenschaft, die mindestens ebenso grausam ist. Die Ne- ger werden auf den Farmen von ihren Herren dadurch in ihre Ge- walt gebracht, daß sie ihr Gehalt nicht ausgezahlt bekommen und so in Schulden geraten. Verlangen sie eine Abrechnung und wollen sie sich wo anders vermieten, so werden sie geschlagen, mißhandelt und mitunter sogar getötet.__ Volksbühne» Zu der am Sonntag, den 22. d. MtS.. vormittags 11 Uhr stattfindenden letzten Aufführung von Kurt EiSners „Götterprülung, ist für Mitglieder der Volksbühne in der SelchSstSstelle des Verein», Linien- ftratze 227, ewe beschränkte Anzahl von Karten erhältlich.