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dem MiHe leichter, sa u b' e r f l ü s s i g werden, wie in Frank­ reich der Geist der Mäßigung und der Gerechtigkeit Deutsch - land gegenüber fortschreiten wird. Eine Politik der Gerechtigkeit, Mäßigung und der A e r n u n f t drüben setzt allerdings eine Politik der loyalen Er- f ü l l u n g des Unterschriebenen hüben voraus. Beides ist in- dessen wiederum nur möglich, wenn beide Länder im fort- schrittlich- demokratischen Sinne regiert werden. Nur eine auf die Linksparteien beider Länder gestützte Politik vermag die Entspannung und die Sammlung aller Kräfte zum friedlichen Wiederaufbau herbeizuführen. Eine solche Politik ist aber nur denkbar im s ch ä r f st e n Kampfe gegen die Reaktion, ob sie nun Foch- Tardieu oder Ludendorst-chelfferich heißt. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Reaktion ist wiederum aussichtslos, wenn sie nur in dem einen Lande geführt wird, während sie im anderen Lande unterbleibt. Deshalb war im Interesse des Friedens und des demo- kratifchen Gedankens ein Kurswechsel in Frankreich notwendig. Daß ein solcher Kurswechsel drüben bei der be­kannten Zusammensetzung des Palais Bourbon überhaupt möglich wäre, mußten wir allerdings bisher bezweifeln. Zu behaupten, daß dieser Kurswechsel mit dem gestrigen Kammer- sieg Briands über die unentwegten Ruhrbesetzer nunmehr endgültig erfolgt ist, wagen wir allerdings nicht zu behaupten. Jedenfalls aber sind damit dieentscheidendenAnsätze für eine solche Kursänderung unleugbar vorhanden. Die Luft ist wesentlich reiner, die Bahn ist bedeutend freier geworden. Gewiß sind Rückfälle nicht ausgeschlossen, und Briands Auf- gäbe ist noch immer außerordentlich heikel und schwer. Da sie aber in der nächsten Zeit weniger eine Frage der Gesinnung, als eine Frage der parlamentarisch-taktifchen Geschicklichkeit ist, trauen wir ihm ein erfolgreiches Fortschreiten zu. Die Auf- gäbe des demokratischen Deutschland wird es fein, ihm diesen Weg zu erleichtern. Nur durch rücksichtslose Bekämpfung und Zurückdrängung unserer eigenen Reaktion werden wir den Sieg des demokratischen Frankreich über die dortige Reaktion ermöglichen. Es sind g e s ch ichtliche Tage, die wir seit drei Wochen erleben, Tage, die vielleicht auf die Politik und die Gestaltung der Welt in den nächsten Jahrzehnten von entschei- dendem Einfluß sein werden. Im Anfang dieser historischen Periode war die rettende Tat der deutschen Sozialdemokratie, die im kritischen Augenblick für die Annahme des U l t i- m a t u m s als erste und in dieJa"-Regierung eintrat. Es folgte unmittelbar darauf die sensationelle' Rede Lloyd Georges, die wie ein reinigendes Gewitter über Europa brauste, und als deren unmittelbarste und wichtigste Rück- Wirkung wir die jüngstenReden Briands und seinen gestrigen Sieg im französischen Parlament bereits verzeichnen können. Wer wird behaupten wollen, daß Lloyd George feine Unter- bausrede jemals gehalten hätte, wenn Deutschland der deutsch - uational-volksparteilich-kommunistischen Ablehnungsparole ge- folgt wäre und die Ententetruppen unter französischem Ober- kommando das Ruhrgebiet besetzt hätten? Wer wird ferner behaupten, daß Briand die Kammer des Nationalen Blockes innerhalb so kurzer Frist jemals für eine andere Politik als die des rasselnden Säbels hätte gewinnen können, wenn nicht die doppelte Tatsache der deutschen Annahme und der englischen Warnung der jüngsten Pariser Kammer- debatte vorangegangen wäre? Die beiden demokratischen Republiken, Frankreich und Deutschland , sind so eng wirtschaftlich aufeinander an- gewiesen, daß es trotz aller blutiger Vergangenheit oder eben wegen dieser blutigen Vergangenheit ein Widersinn wäre, wenn sie politisch eine unüberbrückbare Kluft ewig trennt. Sie sind ganz im Gegenteil, wie kaum zwei andere Staaten in der Welt, für ein dauerndes, friedliches Zusammenleben und Zu- sammenwirken geschaffen. Die Grundlage für ein solches Zusammenleben kann aber nur durch den entschiedensten Kampf gegen den reaktiv- nären Chauvinismus in beiden Ländern geschaffen werden, bei dem der sozialistischen Arbeiterschaft die führende Rolle zukommt.

Gnkel Peter. Bon Erna B ü s i n g. Wie er heißt, das weiß eigentlich niemand, aber man nennt ihn Onkel Peter. Und man nennt ihn so, weil er eine sonderbare, spaßhaft sein sollende Weste trägt, auf die dieser Name gestickt ist. Onkel Peter ist Vollblutmusiker. Er ist stimmbegabt, und als er die Hochschule für Musik besuchte, hielt man ihn für den Schüler mit großer Zukunft. Aber er hatte nur sein Talent, kein Geld und keine Verbindungen. Da durfte er nicht wählerisch sein, und er mußte eben die Stelle nehmen, die sich ihm bot. So sang er in einem mehr als bescheidenen Kaffeehaus. Von dort aus jedoch gelang es ihm nicht, den Flug höher zu nehmen. Man preßte ihn einfach in diese Umgebung und sagte:Nun ja, Sie kommen für uns nicht in Betracht, wir sind auf erstklassige Kräfte angewiesen." Seine Stimme und seine Hoffnung hielt er lange frisch. Schließlich ermatteten beide. Das war aber erst zu der Zeit, als sein Haar schon bedenklich ergraute. Auf seine Stimme nimmt er noch Rück- ficht, den er raucht nicht, dafür rauchen freilich die andern desto mehr; er ist nämlich jetzt Sänger in einem Vorstadlwirtshous. Er singt traurige, wehmütige Lieder, so im Stile des Wiener Feuille- ton», mit einem Schuß Rührseligkeit. Und er hat seine Zuhörer. Am runden Tisch, nahe der Bühne sitzt ein Kalkulator, ein anderer Kalkulator und der dritte Kalkulator. Sie sind schon so zur Zahl geworden, daß man unwillkürlich zählt bei ihrem Anblick. Auch jetzt reden sie wieder von Zahlen. Täglich sind sie Plackereien ausgesetzt, die sind sie bereits gewöhnt, doch heute gab es im Ge- schäst Großkrach. Der wird noch erörtert. Onkel Peter fingt und langsam erlöschen bei den Dreien die Gedanken an die Zahlen. Sie wissen, außer dem Bereiche der Zahlen gibt es noch so viel. Aber jahrlang spannte die Pflicht sie in den Rahmen der Zahlen. Tag für Tag, Stunde um Stunde sitzen sie und rechnen. Die Zahlen schützen sie vor dem Verhungern, aber sie erschlugen auch jeden Drang nach künstlerischer Betätigung, jedes Spielerische in ihrem Wesen. Die ewige Pflicherfüllung hat sie ganz einseitig ge- macht, sie wurden ganz Zahl. Doch außer dem Bereiche der Zahlen gibt es noch so vieles auf der Welt. Onkel Peter singt und sie werden wehmüttg. Dicht neben dem eisernen Ofenungetüm sitzt ein Chauffeur. Er hat seine Lederjoppe geöffnet und seine starkknochigen Hände liegen, ohne daß je das geringste Fingerfpiel in sie gerät, breitausladend auf dem Tisch. Sein Blick ist nie unruhig, nie abschweifend. Er trägt die Merkmale seiner Pflichterfüllung an sich. Es ist, als säße er stets am Steuerrad, als suchten seine Augen stets die Fahr- bahn ab. Jagt er mit seinem Automobil auf einem Sandfahrweg dahin, links grünes Feld, rechts dunkler Wald, so darf er das glitzernde, gleitende Sonnenlicht nicht auf den Halmen, noch in den Baumkronen sehen, er sieht es nur beißend, grell auf dem Sand, denn seine Augen suchen die Fahrbahn ab. Er weiß, außer der gibt e« noch viel im Leben, aber die Pflicht bestimmt seinen Gesichts- kreis.

die SkanZslmacher. Die.Tägliche Rundschau" resümiert über den Kriegsver- brecherprozeß Heynen unter der bezeichnenden Ueberschrift: Der Leipziger Skandal". Nach ihrer Ansicht hätte Heynen freigesprochen werden müssen, aber nicht, weil er etwa un- schuldig ist, sondern eben s o! Das Blatt der Deutschen Volkspartei schreibt: Wer die Verhandlung verfolgt hat, wird sich darüber im klaren sein, daß sie eigentlich mit einer Freisprechung hätte enden dürfen. Aus tatsächlichen und aus moralischen Erwägungen her- aus. Was ist denn dem Mann im Grunde genommen vorzuwerfen gewesen? Er hat Leute aus einem englischen Gefangenenlager, die meutern wollten, mißhandelt, er hat sie geschlagen und ihnen S ch i m p f w o r t e an den Kopf geworfen. Das Reichsgericht hat erklärt, daß er durch sein Verhalten das Ansehen der damaligen deutschen Armee geschädigt habe, und es entspreche nicht dem Kulturnivea« des deutschen Volkes, wenn solche Schroffheiten und Grausamkeiten geschehen. Als Beleidigung der Gefangenen wurde angesehen, daß der Angeklagte zu irgendeinem englischen Gefangenen den Ausdruck:Du britisches Schwein" ge- braucht hat. Also selbst dieTägliche Rundschau" nimmt B e l e i d i- g un g und Mißhandlung als erwiesen an, dennoch verlangt sie Freispruch. Das ist glatte Aufforderung zur bewußten Rechtsbeugung. Daß der Ausdruck: Du britisches Schwein" vom Reichsgericht als besonders schwere Beleidigung angesehen worden ist, ja, überhaupt nur als Beleidigung, scheint das Blatt des Herrn Rippler zu fchokieren. Als was würde Herr R i p p l e r es wohl betrach- ten, wenn ihn jemanddu deutsches Schwein" titulieren würde?! Wer über derartige Prozesse nicht anders zu schreiben weiß, als im Stile plattester nationali st i- scher Agitation, dessen Platz ist überall anders als in einer verantwortlichen Reichsregierung, der die Ausführung des Ultimatums obliegt. Bei diesen Manieren seiner Preßtrabanten sollte Herr Stresemann sich wirk- lich nicht wundern, daß die Sozialdemokratie mit dieser verantwortungslosen Gesellschaft jede Zu- sammenarbeitablehnt. Auf die übrige Schreiberei derTäglichen Rundschau" einzugehen, verlohnt sich nicht. Daß auch deutsche Gefangene von der gegnerischen Seite ähnlich mißhandelt worden sind und nicht bestraft werden, haben wir selber betont. Aber bis- her ist es nirgends Grundsatz der Justiz gewesen, Diebe freizusprechen, weil es auch Diebe gibt, die sich der Bestrafung zu entziehen wissen.

Severins zur Regierungsfrage. Aus Bielefeld wird uns geschrieben: Ueber die politische Lage sprach Genosse S e v e rs n g am 2S. Mai in Bielefeld im Garten der.Zentralhalle". Ueber 2lXX) Personen hatten sich eingefunden. Der Redner legte anschau- lich die Gründe dar, die die Sozialdemokratische Partei veranlaßt habe, in den Tagen der Entscheidung über das Ultimatum mit Ja zu stimmen und wieder in die Reichsregisrung einzutreten. Dieser Mitübernahme der Verantwortung für die Zukunft Deutschlands müsse der Wlederelnkritt in die Regierung Preußens notwendig folgen. Ein Zusammenarbeiten mit der Volks- parte! sei vorläufig ausgeschlossen. In den kommenden Wochen müsse sich es entscheiden, ob hem Willen zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen die Durchführung folgen werde oder ob die Neinsager es fertig brächten, uns erneut in die Geiahr des Vormarsches der Entente zu bringen. Auf alle Fälle gelte es für die Sozial- demokratie, schon jetzt für etwaige Neuwahlen zu rüsten. Starker Beifall lohnte den Redner._

Berichtigung. In die Zuschrift des Genossen DavidWie Nordschleswig preisgegeben wurde".(Nr. 244 d.V.") hat sich ein sinnentstellender Druckfehler eingeschlichen. In der ö. Zeile von unten muß es stattz. T." heißenz. Zt.".

Ein Liebespaar drückt sich leise die Hände. Sie sind beide hochbegabt, aber Begabungen sind, weiß Gott , doch wohlfeiler als Kopfsteinpslaster. Sie sind ohne Existenz. Sie wissen nicht, welchen Beruf sie ergreifen, sie wissen nicht, in welcher Stadt sie mal ein Obdach finden werden. Morgen ist das Geld sowieso alle. Sie aber haben rechtschaffenen Hunger, darum waren sie schrecklich leicht- sinnig und essen, zwei Mann hod� ein kleines Beefsteak von Pferde- fleisch, das zudem noch tüchtig mit Semmeln gestreckt ist. Onkel Peter singt. Weltschmerz und Trennungsschmerz greifen nach ihnen. Sic möchten so gerne eine Familie gründen, sie möchten so gerne bodenständig werden, eine Heimat finden, aber irgendwo, nirgendwo hängt ihre Existenz in der Luft. Der kleine Klavierspieler begleitet Onkel Peter mit Aufmerksam- keit und Gefühl. Auch ihm prophezeite man eine große Zukunft.' Doch der Krieg zog über die Welt, und der kleine Musiker bekam einen Lungenschuß. Ter kleine Musikant ist jetzt krummrückig und hochgradig nervös. Seine Augen sind immer rot und überwacht. Er kann es nicht ertragen, dieses stets nach Mitternacht zur Ruhe kommen. Denn sobald die Helle ins Zimmer dringt, kann er nicht mehr schlafen. Deshalb geht er schon immer mit einer Binde um die Augen in« Bett, doch jeden Morgen wird er um 6 Uhr geweckt, wenn sein Zimmernachbar aufsteht, um an die Arbeit zu gehen. Die Holzwand, welche die beiden Stuben trennt, ist doch so dünn. Dann reißt der kleine Musiker die Binde von den Augen und sieht die Wanzen im Parademarsch unter dem Bilde hervorquellen, das über seinem Bette hängt. Es ist der einzige Wandschmuck. Eine vergilbte Photographie von der Hochzeitsfeier seiner Eltern. Dabei muß, er dankbar für die Wohnung sein, denn es gibt jetzt keine Zimmer. Onkel Peter singt und seine Zuhörer verstehen ihn. Sie alle wissen von unerfüllten Träumen, von unterdrücktem Sehnen, von seelenmordender Arbeit und von der von Sorge diktierten Frage: Wie werden wir satt, nein, wie verhungern wir nicht?" Doch all dieses Sehnen wird einmal Erfüllung werden. Das Sehnen liegt eben im Menschenherzen, damit es erfüllt werde, sei es auch erst nach Hunderten von Jahren in den kommenden Ge- schlechtern. Denn so wie dieses rastlose Vorwärtsstrebcn, dieser urgewaltiqe Schöpfungsdrang im Menschen der Steg wurden, auf dem der Fortschritt in das Gebiet des Wissens gelangte, so wird dos Sehnen nach Gefühls- und Lebenswerten der Schönheit die Brücke bauen, auf der sie in das Sein der großen Masse schreitet. Die neueste amerikanische Bevölkerungsstatistik. Die Volks- Zählung, die im Jahre 192l) in den Vereinigten Staaten vnrgenvm- men wurde und jetzt bekanntgemacht wird, zeigt in anschaulicher Weise die Entwicklung dieses Landes. Die endgültige E i n w o h. n e r z a h l wird mit 105708771 Seelen angegeben, ohne Alaska und die überseeischen Kvlanien. Das bedeutet eine Zu- nähme im letzten Jahrzehnt um 14,9 Proz. Dies ist das geringste Wachstum der Bevölkerung, das bisher festgestellt wurde. In den beiden vorhergehenden Jahrzehnten betrug die Zunahme 21 Proz. und 20,7 Proz. Wie in den großen europäischen Ländern, so ist auch in Amerika das Wachstum der Stadtbevölkerung unverhältnis- mäßig viel größer als das der Landbevölkerung(25,2 Proz. gegen

$ Fahre Zuchthaus für Zerrp. Vor dem Sondergericht beim Landgericht I fand heute vor- mittag unter dem Vorsitz des Landgericht-direktor Braun der Prozeß gegen den Urheber des Siegcssäulenattentates, dem in der ersten Verhandlung gegen seine Mitschuldigen alsSpitzel" be­zeichneten Komunisten Wilhelm Hering, genannt Ferry, statt. Die Verteidigung des Angeklagten hatten Justizrat F r ä n k l und Justiz- rat B r o h übernommen. Als Sachverständige waren die Spreng- stofschemiker Dr. Hadorf und Dr. Fischer sowie Dr. I es er ich geladen. Der Angeklagte gibt bei seiner Vernehmung an, daß er Kauf» mann, Reisender und Schriftsteller sei. Als der Vor- sitzende ihn auffordert, sich näher zu der Sache zu äußern, erklärt Hering, daß er nicht gewillt sei, die an ihn gerichteten Fragen aus- führlich zu beantworten. Er werde noch im Schlußwort Ge- legenheit haben, seinen Standpunkt zu rechtfertigen. Nach Ver» lesung der Anklage, welche Ferry vorwirft, den Versuch gemacht zu haben, die Verfassung des Reiches gewaltsam zu ändern, sowie eine Verabredung getroffen zu haben, durch welche mittelst Sprengstoss das Leben anderer Personen gefährdet wurde, gab Justizrat Broh zugleich im Namen seines Mitoerteidigers eine Erklärung ab, in der die Anwälte den gegen Ferry von ihnen im ersten Prozeß er- hobenen Verdacht, daß der Angeklagte ein Spitzel fei, in aller Form zurücknehmen und Ferry-Hering das Zeugnis aus- stellten, es lasse sich nicht das geringste nochweisen, was den An- geklagten diesbezüglich verdächtigen könne. Zu ihren Behauptungen feien die Anwälte während des ersten Prozesses durch Mittellungen von Angehörigen der Kommuni st ifchen Partei gekommen, die in subjektiv sehr leichtfertiger Weise der Verteidigung objektiv unrichtige Mitteilungen gemacht hätten. Vors.: Ange- klagter, nun äußern Sie sich doch mal. Ferry-hering: Ich halte es unter meiner Würde, mich gegen den Verdacht zu verteidigen, daß ich ein Spitzel fei. Der Plan zu dem Siegesfäulen-Attentat ist nur in meinem Kops entstanden. Ich Hobe alle Vorbereitungen getroffen. Ich trage die volle Ver- antwortung und auch die Folgen. Meine Angaben, die ich in dem von mir gemachten Protokoll gemacht habe, widerrufe ich� Ich habe sie nur gemacht, um einigen noch an der Sache beteiligten Genossen Gelegenheit zu geben, ins Auslandzu flüchten. Ich möchte weiter noch betonen, daß ich niemanden gezwungen habe, sich an dem Unternehmen zu beteiligen. Ich habe vielmehr Familien- oätern und Leute, die kein rechtes Vertrauen hatten, selbst geraten, zurückzutret-n. Am Jahrestage des Kapp.Putfiyes sollt« das Unternehmen steigen. Die frühe Morgenstunde hatte ich gewählt, um kein Menschenleben bei der Explosion zu Schoden zu bringen. Durch meine Posten hatte ich ermittelt, daß gegen ViS Uhr morgens die Polizeibeamten sich nicht in der Näh« der Säule aufhielten, und daß auch kein Wächter im Gebäude war. Zlndernfalls hätte ich von dem Unternehmen abgesehen, denn mich leitet das Prinzip, Men- schenleben unbedingt zu schonen. Vors.: Ihre Genossen waren aber sämtlich bewaffnet? �Angeklagter: Die meisten hatten wohl Waffen. Ich deponierte die Sprengladung in einer Fenster- nisch«/ denn mir kam es darauf an, die Figur der Siegessäule zu stürzen. Vors.: Von woher hatten Sie den Sprengstoff? Auge. klagter: Darüber verweigere ich meine Aussage. Aus dem Maus- feldischen stammt er jedenfalls nicht. Vors.: Und wer hat Ihnen die Ladung besorgt? Angeklagter: Es ist bei uns nicht üblich, Genossen zu nennen, selbst wenn man sich dadurch.entlasten könnte. Vors.: Was bezweckten Sie mit dem Attentat. Angekalgter: Ein zwiefaches. Ich wollte das Symbol des noch ungebrochenen deusschen Mili- tarismus vernichten, das Symbol des Massenmordes und ich wollte ein Fanal ausrichten, um die deutsche Arbeiter- s ch a f t wieder zu sich selbst zurückzuführen. Vors.: S!« wollten Sie also zu einer aufrührerischen Bewegung bringen? Auge- klagter: Jawohl. Jedoch hatte ich mit der Bewegung lu Mitteldeutschland nichts zu tun. die ich als zwecklos erachtete. Ueber seine Parteizugehörigkeit oerweigert Angeklagter die Aus. sage. Seine Angabe, der Kommunistischen Partei anzugehören, sei falsch gewesen. Die Namen Ferry und Franz habe er sich aus Sicher- heitsgründen zugelegt. Ueber seinen Aufenthalt in Rußland ver- weigert der Angeklagte ebenfalls genauere Angaben. Der Angeklagte erklärt dann auf Befragen weiter, daß er an einer bolschewisti- schenZeitung dort tätig war, Ende vorigen Jahres nach Deutsch- land zurückkehrte und es durchreiste. Er habe etwa 9000 M. mit­gebracht, stich zunächst davon unterhalten und sei dann literarisch bei linksradikolen Blättern tätig gewesen. Damit ist die Vernehmung des Angeklagten zunächst beendet und es werden die Sachverständigen gehört. Der Gerichtschemiker Dr. Paul Zeferich äußert sich über.die vorgefunden Patronen und im.», n i g 3,4 Proz.). Die Schwierigkeiten, die durch das Anschwellen der Riesenstädte in Europa entstanden sind, drohen nunmehr auch in der neuen Welt. New Park hat jetzt 5620 048 Ein- w o h n e r, wobei äber nur die engeren Bezirke einbegriffen sind (1910: 4 706 883). Ist danach New Park die größte Stadt der Welt? Zum Vergleich käme nur London in Betracht, das im Jahre 1911 in seinem eigenllichen Stadtkern 4 521 805 Ein- wohner besaß.Groß-London " freilich hat eine Bevölkerung von 7 251 358 Seelen, doch dürfteGroh-New Park" auch dieser Ziffer nicht nachstehen. Was die Zunahme der großen Städte anbetrifft, so steht Detroit an der Spitze. Die Automobilindustrie hat hier geradezu ein Wunder gewirkt; die Stadt, die 1900 235 704 Ein- wohner besaß und 1910 405 706, ist dadurch auf die Ziffer von 993 678 Seelen emporgehoben worden. Los Angeles , der Mittel- punkt der Filmindustrie, �wuchs von 519 198 auf 576 073 Ein- wohner und entthronte San Francisco , das 508410 Einwohner zählt. Die größten Stadt-- der Vereinigten Staaten nach New Park find: Chicago mmit 2 701 705, Philadelphia mit 1 823 158 und Detroit mit 993 078 Einwohnern. Dann folgen vier Städte, die über 700 000 Einwohner haben: Elcveland(Ohio ), St. Louis (Man- tana), Boston (Massachusetts ) und Baltimore . Ueber 500 000 Ein» wohner haben vier Städte: Pittsburg , Los Angeles , San Francisco und Buffalo. Führer für römische wohnungssucher. Auch in Rom herrscht zurzeit eine Wohnungsnot, die es dem Fremden fast unmöglich macht, ein Unterkommen zu finden. Ueberall stößt er auf das oer- hänanisoolle PlakatDas Hotel ist besetzt!". Wie weit die Dinge gediehen sind, erkennt man daran, daß ein französischer Humorist zu Nutz und Frommen seiner nach Italien reisenden Landsleute ein Schriftchen hat erscheinen lassen, das den Titel führt:Rom bei Nacht. Illustrierter Führer für seine obdachlosen Besucher". Mit peinlicher Sorgfalt zählt der Autor die Punkte der großen Stadt auf, die sich besonders als Notstandsquartier für die Nacht eignen. Und um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, fügt er der Aufzählung der Kirchen, Trepvenhäuser, Unterführungen, Säulengänge, Schmuckplätze, Gärten usw. ästhetische und archäolo- gische, mit philosophischen Betrachtungen gemischte Erläuterungen bei. Und da er sich an Leute wendet, hie nicht Almosen zu heischen brauchen, unterläßt er es auch nicht, die Nummern der Straßenbahn- linien anzugeben, die nach den von ihm genannten Orten führen. TaS Klassische Tbeater für die Lehranstalten Eroß-VerllnS begebt am 4. Juni, nackmillags 21/, Uhr da? Jubiläum seiner cintanscndsünf- hunderts.'cn Vorstellung mit einer Ausführung von Sopholle»'.Amizone- in der Volksbühne am Bülowplatz . Knrpfälziiches Museum diesen Namen haben jetzt durch Stadtratz. bcschlim die städtischen Sammlungen von Heidelberg erhalten. Sie find völlig umgestaltet und jetzt neu eröffnet worden, zugleich mit einer Sonderausstellung des aus Schottland stammenden Malers Leop. Aug. Wallt», eines Entdeckers deS romantischen Heidelbergs . Hosler-Ausstellung in Bern - Das liimftmuieum in Bern bereitet jür Auoust eine große EedächtniSanSstellung iür Aerdinand Hobler vor, die. zwei Monate dauern soll. Sie wird alle Räume de» Museums iimfaffe» und aus öffentlichen und privaten Sammlungen die Hauptwerke de» Meisters vvrjühre».