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Auch ohn« Flinten und Mordwaffen hat die Arbeiterschaft Mittel genug, die Macht in die chond zu nehmen.(Stürmischer Beifall.) Hierauf wurde die Resolution einstimmig angenommen. Mit einem dreifachen Hoch auf die internationale, völkerbefreiende Sozial- demokratie schtoh die würdig verlaufene Versammlung, der sich ein großer Demonstrationszug anschloß. An den P r a ch t s ä l e n d e s W e st e n s in der Spichernstraße sprach vor einer tausendköpfigen Menge Genosse Ernst Heilmann  . Er führte unter anderem aus: In Bayern   herrscht die Reaktion mit blutigem Terror. Den Eingeweihten längst bekannt, ist es jedermann enthüllt worden durch die Schüsse, die in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag in München   den Abgeordneten E a r e i s, den Vorsitzenden der unabhängigen Landtagsfraktion in Bayern  , hingestreckt haben. Jeder Leiter der Arbeiterbewegung schwebt in schwerer Gefahr. Der politische Meuchelmord an Gareis ist nur ein Glied in einer Reihe von Gewalttaten gegen Linksge- richtete und freiheitlich Denkende.(Siehe den Angriff auf den Sexual- aufkläver Magnus Hirschfeld   und den Mordversuch gegen unsern Genossen Sa eng er und andere mehr.) Diese Gewalttaten qt.,en aus vom extremsten Flügel der jetzt in Bayern   herrschenden Kreise. Denn die Räterepublik, dies kurze Zwischenspiel, auf das Redner mit einigen sozialkritischen Ausführungen einging, wurde abgelöst durch schlimmste Reaktion. In Bayern   sind Fehler gemacht worden, von denen wir in Norddeutschland uns durch unsere politische Einsicht fernhielten. Es zeigt« sich auch dort wieder, daß die Gewalt stets ein reaktionärer Faktor ist. Die Regiening fiel in die berüchtigte Hand der Herren K a h r und feiner Hintermänner, des Forstrats Escherich und des Polizei- dircltors Pöhner. Seit mehr als Jahresfrist herrscht der Belage- rungszustand. Wie verhängnisvoll jene reaktionäre Herrschaft auch in bezug auf die Außenpolitik ist, hat die Krise im Mai gezeigt. Gerade die Auflösung der Einwohnerwehren zeigt, wie in Bayern   regiert wird. Der Mordversuch--"n Saenger und der Mord an Gareis sind die Antwort auf die Forderung der Aus- lösuna der Einwohnerwehren. Die Vorgänge in Bayern   bedeuten zugleich die schwerste inner- politische und außenpolitische Gefahr. Darum haben wir allen Grund, auch von Berlin   aus die Stimme des Volkes zu erheben und zu fordern, daß die Reichsregierung mit aller Krakt und Energie in Bayern   durchgreift, um auch dort an Stelle der Gewaltherrschaft den Rechtszustand wieder durch- zuführen. Zeigen wir der Arbeiterschaft in Bayern  , daß wir hinter ibr stehen, und gewillt sind, mit ihr den Kampf gegen die Reaktion aufzunehmen. Die Vorkehrungen und Maßnahmen des Herrn Pöhner in München   machen deutlich, daß man die ein- hellig im Protest zusammenstehende Arbeiterschaft vrooozieren will. Der von Bebel und Liebknecht beim Erlaß des Sozia- listengefetzss ergangen« Mahnruf:Laßt Euch nicht provo- zieren!" ist ietzt mehr als je am Platze. Auch im Reiche erhebt die Reaktion ihr Haupt und will die Arbeiterklasse niederdrücken. Eins nur hilft: Geschlossenheit und Vernunsl! Redner schloß unter stürmischem Beifall mit einem begeisternden Aufruf, den Kamps gegen die Reaktion zu führen, bis sie niederge- zwunaen sei, zur Befreiung der ganzen Menschheit aus Knechtschaft und Ausbeulung. Die Resolution wurde«instimmig angenommen. Dann formiert« sich der Demonstrationszug zum Abmotsch nach dem Lustgarten. Der große Saal von Kliems Festsälen war vollständig ge- füllt und bis zum Schlüsse strömten noch immer neue Scharen von Genossen hinzu, von denen ein Teil keinen Platz mehr im Saale fand. Genosse Kulkner geißelte das brutale Gewaltregiment der Kahr-Regierung, das gc- paart ist mit L i st und Heuchelei. Das offizielle Organ der K a h r- R c g i e r u n g. dieBayerische Staatszeitung  ", hat mit der Behauptung, daß der Mord an Earcis ausEifersucht" erfolgt sei, sämtliche Ludendorfsschen Kriegslügen übertrumpft. Genosse Kuttner wies die wirklichen Quellen des Verbrechens nach, er zeigte an zahlreichen Zitaten desVölkischen Beobachters" und Miesbachcr Anzeigers", wie in München   wochenlang eine systematische Mordhchc, sveziell gegen Saenger  , Auer und G a r e i s, betrieben worden ist. ImLande der Ordnung" kann man ungestraft von der Reichs- reqierung ols einem Reichs bordell reden und sogar, wie der Völkische Beobachter" zur Revolution aussordern nämlich
zurnationalen" Revolution. Der Referent fordert« die versamm- lung auf, sich zu Ehren des Ermordeten von den Plätzen zu erheben und legte unter lautloser Stille und tiefer Ergriffenheit der Ber- sammlung das Gelöbnis ab, daß alles von reaktionärer Hand ver­gossene Blut nur Mahnung und Trieb sein soll, mit verdoppelter Energie für die großeSache des Sozialismus zu kämp- fen. Darauf formierte sich der Demonstrationszug, der trotz strömende» Regens eine imposante Länge erreichte. Mehr als tausend Genossen und Genossinnen marschierten bis zum Ziele auf einstündigem Regenmarsch mit. Die Versammlung in den K a m m e r s ä l e n, Teltower Straße, war sehr gut besetzt. Etwa 8<X1 Personen, darunter zahlreiche Ge- nassen von den Abteilungen des Südwestens, waren anwesend und folgten mit lebhafter Teilnahme den temperamentvollen Ausführun- gen des Referenten Genossen Breuer. Der Redner führte etwa aus: Ein Sohn des Volkes ist in München   einer ruchlosen Tat zum Opfer gefallen. Wir geloben, ihm ein treues, ewiges Gedenken zu wahren. Daß er ein U n a b- h ä n g i g e r war, kann uns nicht davon abhalten, diesem Märtyrer der Reaktion mit denselben Gefühlen der Empörung und der Trauer zu beklagen, wie wenn ein Führer unserer eigenen Partei niedergestreckt worden wäre.(Lebhafte Zustimmung.) Wir verlangen mit derselben Leidenschaftlichkeit, daß diese Freveltat gerächt werde, wie wir es für einen Führer der SPD  . tun wür- den.(Stürmischer Beifall.) Die Herren der Rechtspresse, die heute wagen zu behaupten, daß Gareis das Opfer eines k o m m u n i st i- schen Attentates gewesen sei, würden niemals den traurigen Mut zu einer solchen Unverschämtheit finden, wenn sie nicht auf die U n- einigkeit der Arbeiterklasse spekulierten. In Bayern   regiert die schlimm sie Reaktion unter Kohr, Pöhner(Zuruf: Ludendorsf!), jawohl auch Ludendorff  . Bayern   ist ein zweites Ungarn  , Kohr ein zweiter horthy! Deshalb sprechen die Reaktionäre ganz Deuffchlands von der bayeri­ schen   Regierung mit Sympathie und Hochachtung und besonders in Preußen versucht man jetzt durch Herrn Stegerwald einen bayerischen Kurs einzuführen. Das werden aber wir Sozialdemo­kraten mlk allen ZNiltcln verhindern! Kampf gegen Stegerwald, bis zu seiner Beseitigung a>s Ministerpräsident, lautet unsere Parole für Preußen.(Lebhaftes Bravo!) Auf diese Art werden wir zu- gleich auf das wirksamste unsere bayerischen Brüder unterstützen. Die Regierung Kahr   hätte auch ohne die Ermordung des Genossen Gareis längst verschwinden müssen, nach allem inner- und außenpolitischen Unheil, das sie angerichtet hat. Wir wären unserer Märtyrer unwürdig und das Proletariat würde wert fein, geknechtet zu werden, wenn nicht aus allen Tei- len Deuffchlands ein einmütiger Ruf heute ertönte: Nieder mit der Regierung Kohr- Pöhner!(Lebh. Beifall.) Breuer zieht aus den bayerischen Zuständen, aus der schamlosen Sprache desMiesbacher Anzeigers" den neuen Be- weis der Unmöglichkeit einer Regierungskoalition zwischen Sozialdemokratie und Deutscher   Bolls- portei. Das müßte nun auch den Genossen Gradnauer zu einer besseren Einsicht bringen, der von dem Aintsblatt der Re- gierung Kahr in der niedrigsten Weise beschimpft wird.(Leb- hafte Zustimmung.) Zum Schluß appellierte der Redner unter stürmischem Beifall zur Einigkeit der Arbeiterschaft im Kampfe gegen die mörderische Reaktion. Nach dem Referat erhoben sich die Anwesenden auf»ine Aufforderung des Vorsitzenden zu Ehren des Genosien Gareis von ihren Plätzen, nahmen die eingebrachte Resolution ein st im- m i g an und formierten sich auf der Straße vollzählig trotz des strö- Menden Regens zum Demonstrationszug nach dem Lust- garten. In den Germoniasälen sprach vor einer üb«rfüllten Hörerschaft Genosse Brolak. Redner betonte die Notwendigkeit eines geschlossenen Zusammen- gehen? der getrennt marschierenden Arbeiterschaft gegen die Renk- tion. Die beste Verfassung nützt uns nichts, wenn sie nicht mit unserem Gel st erfüllt ist. Wer aus Anlaß der Vorgänge in Boyern sich noch jetzt gegen die Einigkeit stemmt, ist wert, davongejagt zu werden. Wo gemeinsame Interessen auf dem Spiele stehen, sollten wir gemeinsame Aktionen mit der USP. einleiten. Was jetzt in München   geschehen ist, geht die ganze Arbeiterschaft an, darum haben auch wir die Pflicht, gegen die bayerische   Mord- tat zu protestieren.(Beifall.) Nach einem begeistert ausgenom- menen Hoch des Vorsitzenden D r e w s auf die Sozialdemokratische
Potsdamer Gespenst. Bon Erich K. Schmidt. Es ist um die zweite Nachmittagsstunde, ehe noch die Scharen der Sonntagsvaganten lärmend die stille Stadt durchschlendern. Die Sonne glüht auf die Pflastersteine, daß ihnen die Buckel brennen, die verblaßten Fensterläden sind fest geschlossen, nur am einsamen Kanal geben die Bäume dichten Schatten. Verwitterte Standbilder ragen auf Plätzen und Brücken, sie künden verschollene Mythen. wer weiß noch, welche Sogen sie erzählen. Die Schlösser und Paläste blicken mit umflorten Augen in eine unbegreifliche Zeit, ihre Türme und Dächer tragen altersgrüne Patina, die Wände sind rissig von unzähligen Regen- und Sturmattackcn. Ueber die weiten Plätze dröhnt noch das Echo exerzierender Grenadiere. Ja, die Flächen sind zerbuchtet vom.wuchtigen Schritt beschlagener Stiefel. Man hört ihren Nachhall ohn« Wehmut allmählich verrollen. Die Bürger der Stadt sind dem Schlummer ergeben. Kaum, daß sich eine Haustür regt: kaum, daß ein Fenster klirrt. Ick) komme in«ine totenstille Slraße, in der die Sonne schattenlos brennt. Vom Turm der nahen Garnisonkirche beginnt das Glockenspiel zu singen: U«b' immer Treu und Redlichkeit..." Und plötzlich kommt um eine Hau«ecke«in« schwarze possierliche Gestalt. Sie schreitet vor- sichtig hüpfend im Takt der Melodie über holprige Steine. Ein schwarzer Gpitzenmantel hängt schleppend bis auf den Boden; die weiten Aermet fallen über dürre gelbliche Hände. Ein Sonnen- schirm, wie man ihn in längst verklungenen Zeiten trug, schwebt über einem schwarzen Kapctthut. Und dieser 5)ut umrahmt ein Gesicht, wie man es heutigentags nur selten noch sieht. Die Haut ist welk wie Pergament, eine große gebogene Nase gemahnt an ein Geierprvfil. Die Augen sehen die Umwelt nicht mehr. Sie sind auf die buckligen Steine gerichtet, damit der zittrige Fuß nicht stolpere. Wohl neunzig Jahre rollten über das Haupt der Alten, sie lebt in einer fernen Vergangenheit. Ihre Gestalt ward von der Last der Jahrzehnt« niedergedrückt. Nun ist sie klein wie ein halbslügges Mädchen. Eine alte Stiftsdame? Freifrau von Buttena»? Ich weiß es nicht. Ihr Name ist mir fremd. Einst ging sie schlankgercckt durch Fürstenschlösser, bei großen Paraden saß sie in der Hofdamenschar unter purpurnem Baldachin zur Seite der gekrönten Herrin. Des Abends drehte sie sich bei prunkvollen Bällen mit ordenbesteckten Adjutanten in feierlichen Menuettschritten. Ja, selbst derallerhöchste Herr" nahm Handkuh und Knix mit nicht alltäglichem Wohlwollen entgegen. Man flüchtete in Potsdamer Mondnächten gern zwischen verschwiegene Bostett», hinter abgelegene Taxuskecken. Am Morgen ober weckten einen die Trompeten der Kavallerie, und man sah, durch verhüllte Scheiben, schneidige Reitergestalten auf tänzelndem Pferde. Das unermüdliche Glockenspiel sang:Ueb' immer Treu und Redlichkeit", während man von unerlaubten nächtlichen Küssen träumte...
Verwehte Zeiten.... Das alte Fräulein ist heute nichts als ein gelbliches Gespenst, das durch die Morgenfrühe eines neuen Zestalters trippelt. Eine Mumie, staubiger Gruft«nfftiegen zu letztem Sonnengenuß. Aber die Strahlen vermögen die Haut nicht mehr zu röten. Run wandelt die einsame Alte Stiftsdame Freifrau von Buttenau? in eine belebtere Straße hinein, wo Ausflügler das Potsdamer Gespenst belächeln. Ein Automobil knattert und schnauft heran, der Fuß der Mumie zuckt zurück, die Augen erfassen blin- zelnd die Umwelt. Sie sagen: Gott, welch eine Zeit!?i ckonc, diese höchst arroganten Menschen! Und die Alte trippell weiter durch eine Wolke von blauem Benzingestank. Ich werde ihr Bild nicht los. Es folgt mir bis auf die Terrassen von Sanssouci  . Es schwankt um die Wände der Galerien, schleicht durch den Schloßplatz des Reuen Palais. Es löst sich von der Erde und schwebt wie ein schwarzer Geist um die beschnittenen Bäum« des alten Parks, über die weißen Täfelchen vor ragenden Stämmen mit der erlauchten Kunde:Gepflanzt auf Befehl des Prinzen Soundso". Es fliegt, im frohen Gelächter jungstrotzender Menschen, empor auf die starren Windmühlenflügel die schwarzen Spitzen wehen und löst sich endlich im sengenden Sonnenbrand auf... Ich gehe unter die lachenden Menschen, um eine Tasse Kaffee zu trinken. Ich liebe Gespenster s«hr, doch dürfen sie mich nicht gar zu lange verfolgen. Nansen»Glückliche Ehe" wurde von derJungen Bühne" im Lnzeumflub vor geladenem Kreis dargestellt. Tausendmal wurde das Eheproblem angepackt, nie gelöst. Strindberg sieht es von der finsteren Seite, und sein Wort formt sich zu Fluch. Nansen erblickt es mit einem heiteren Auge und entfernt sich hierdurch von der Wahrheit nicht weiter. Braucht man der Moral, die er kündet, gram zu sein? Kaum, denn lachend sieht der Philosoph die Welt, ein froher Weiser. Einer jungen Künstlerin, Rost Liepmann, aalt der Abend. Geist sprühte, Eharme flatterte, Rokoko   feierte Auferstehung, lebendige Poesie in poesiearmer Zeit. Ein Sonnen- kind, eine Lichtbringerin nach des Dichters Herz. Ein rechter Trottel war Hugo Schräder, dem man sein Schicksal gönnt. Sein starker Blick für Komik verleitet ihn jedoch mitunter zu Ueber- treibungen. Den Herren Roack und Brandt glaubte man nicht immer ihre Berführermissicn. Ei» neiderregende» Dienstmädchen war Irene Katsch. Die Schlichtheit der Mittel wurde durch schönes Zusammenspiel ausgeglichen. wp. Die Robinsoninsel als Nationalpark. Juan Fernande;, die berühmte Insel de» Robinson Crusoe  , auf der dessen Vorbild, der Matrose Selkirk, von 1704 bis 1709 als Einsiedler lebte, soll jetzt, nachdem sie im Laufe der Jahrhunderte als I e f u i t e n z u- f l u ch t s st ä t t e und Verbrecherkolonie gedient hat, zu einem chilenischen Nationalpork werden. Die etwa SSS Kilometer von Balparaiso enffernte Insel ist 95 Quadratkilometer groß, hat im Westen grosige Flächen, im Osten Gebirge und Wälder, an der Rordtüste einen guten Hafen und ist für die Naturhistoriker von großem Interesse. Juan Fernandez bildet für die Palmen im Westen Amerikas pi« äußerste Süd-
Partei formierte sich der Zug in der Zinnowitzer Straße. Die. Spitze eröffnete ein riesiges Banner, langsam setzte sich der Zug durch die Eichendorff  -, Elsasser, Artillerie- und Oranienburger Straße  unter Gesang in Bewegung und strömte dem Lustgarten zu. Hier hatte unterdessen auf der Freitreppe des Domes bereits der W a h U kreis Mitte Aufstellung genommen. Auch die Bersammlung aus der Teltower Straße rückte inzwischen heran. Die Neuköllner Genossen marschierten ebenfalls mit riesigem Banner und Hunder- ten von Fähnlein auf und hörten gespannt auf die Ausführungen der einzelnen Redner. Die Schlußöemonstration im Luftgarten hatte sehr stark unter dem strömenden Regen zu leiden. Dennoch marschierten Tausende von Genossen und Genossinnen in geschlosse- nen Zügen heran. Da die Züge je nach der Entfernung der Vcr- sammlungslokale vom Ziel zu sehr verschiedenen Zeiten eintrafen und bei dem furchbaren Wetter den Teilnehmern ein allzulanges Stehen im Freien nicht zugemutet werden konnte, so war die Ge- samtzahl der Demonstration zu keinem Zeitpunkt vollzählig beiein- ander. Ein langer Zug mit den Genossen der w e st l i ch e n Vor- orte traf erst ein, als die übrige Demonstration schon ausein- andergegangen war. Die Gesamtzahl der Demonstranten kann daher schwer geschätzt werden. Immerhin war es rührend und erhebend anzusehen, daß soviel taufende Genossen und namentlich auch Genossinnen stundenlang allen Unbilden der Witte- r u n g trotzten, um ihren Prolest gegen die reaktionäre Mordtat öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Bon der Freitreppe des Domes hielten die Genossen Franz Krüger  , Adolf Braun  und K u t t n e r Ansprachen an die Menge. Bon den K o m m u- n i st e n, die vorher im Lustgarten demonstriert hatten, hielt es ein Häuflein jugendlicher Schreier für taktvoll und der Situation entsprechend, sich in die sozialdemokratische D e m o n- st ratio» cinzu dangen und diese durch Lärm und Versuch eigener Ansprachen zu stören. Diese politische Einsichtslosigkeit er- weckte mehr Mitleid als Entrüstung. Nachdem ein paar Haupt- schreier enffernt worden waren, nahm die Demonstration einen un- gestörten und eindrucksvollen Ausgang. Die Kunögebung See USp. und kpd  . Der Schloßplatz, wo die Unabhängigen und Kommunisten gemeinsam demonstrierten, war von einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge dicht gesiillt. Jeglicher Verkehr stockte, die Straßen- bahnen mußten umgelenkt werden. Zahllose rote Fahnen, Sowjet- sterne und Tafeln mit Protestmschriften schwebten über den 5iöpfen der Menge. Ani Neptunsbrunnen sprach der unabhängige Führer der Metallarbeiter Robert Dißmann  . Er wies angesichts des ermordeten Gareis auf die Notwendigkeit hin, die Ein- heitsfront der arbeitenden Klasse herbeizuführen. Bayern  , die Hochburg der Konterrevolution, bedeute die größte Gefahr für das deutsche Proletariat. Die ständigen Provokatio- nen, die endlole Reih« der politischen Morde an Führern der Ar- beiterschaft werden dem Riesen Proletariat die Kraft geben. seine Fesseln zu zerbrechen. Die gemeinsame Aktion der deutschen  Arbeiterschaft, die nur durch Meinungeverschiedenheit getrennt sei, werde ihren Feind, den Kapitalismus und Imperialismus, besiegen.
Kahr   provoziert! Während die bayerische Regierung olle Ursache hätte zu schweigen und nicht die erregte Oeffentlichkeit durch neue Dokumente ihrer Schuld aufs neue zu provozieren, bringt sie es fertig, folgende amtliche Meldung auszugeben: Die auswärtige Presse ubd namentlich die Berliner   links- radikalen Zeitungen sind voll von falschen Nach- richten mit tendenziösen Darstellungen der Lage in Bayern  . Demgegenüber sei taffachenmäßig festgestellt, daß über die Person des Mörders van Gareis trotz den eifrigsten Bc- mühungen der Polizei noch gar nichts f e st g e st e l l t ist. Es gibt keinerlei Beweise dafür, daß der Mörder in der Person eines Fanatikers der Rechten zu suchen sei. Die politische Ausmünzung des Verbrechens ist deshalb gleichermaßen u n w ü r- dig und gewissenlos. Die Regierung hat alle Mahnahmen zur Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit getroffen. Demonstrations- Versammlungen und Demonstrotionszüge zur poli- tischen Ausmünzung des Mordes sind verboten. Im übrigen ist der
orenze; eine Palme(Chrontal) kommt nur auf dieser Insel vor. Von den Pflanzenarten sind nahezil ein Drittel endemisch, d. h. der Insel allein eigentümlich. Die Farne überwiegen und erreichen Baumhöhe. Von Vögeln kommen zwei Arten, ein Tyrann und ein Kolibri, nur auf Juan Fernandez vor. Auch verschiedene Käser und andere Jnsettenarlen sind der Insel eigentümlich. Wenn Juan Fernandez zum Nationalpark erklärt ist, so ist das gewiß sely: zu begrüßen; es ist nur zu befürchte», daß die Insel, die auch ver- schiedenste Anziehungspunkte für den Fremdenverkehr besitzt, große Hotels und Vergnügungslokale erhalten und dadurch an ihrer un- berührten Kultur starke Einbuße erleiden wird. Das verkannte Talen« der Rcchel. Elisa Rachel  , die berühmteste Schauspielerin Frankreichs  , hatte das Glück, über Nacht berühmt zu werden. Es blieb ihr demzufolge der beschwerliche Weg er- spart, den Kunstnovizen gemeinhin auf den wcltbedeutenden Bret- lern zurückzulegen haben. Nach ihrem Auftrete» im Theatre Fron- cois, dessen Pforten ihr ein begeisterter Artikel des berühmten Kritikers Jules Ianin geöffnet hatte, stieg die Tageseinnahme, die bisher über den Durchschnittsstand von 753 Frank nicht hinaus- gelangt war, mit einem Schlage auf 6900 Frank, ein Niveau, auf dem sie sich jahrelang erhielt. Gleichwohl hatte auch die Rachel ihre falschen Propheten. Nach einer Rezitation im Gymnase-Theater trat der berühmte Komiker de» Theitr« Franyoi», Provost, an die Debütantin heran, maß sie von Kopf bi» zu den Füßen mit wenig freundlichen Blicken und gab dami seiner Meinung über ihr« Leistung mst den Worten Ausdruck:Sie find nicht für die Bühne geschaffen! Wenn ich Ihne« raten darf, tun Sie gut, auf den Boulevards Blumen zu verkaufen." Trotz dieser Voraussage wurde die Rachel bald darauf in da» Theatre Franyais berufen, wo sie ihr Publikum allabendlich in eine Begeisterung versetzte, die oft in einem wahren Blumen- regen zum Ausdruck kam. Eines Abends zählte sie nicht weniger als ein Dutzend große Blumensträuße. Sie nahm sie, ging in die Garderobe Prooosts uno legte den Blütenfegen dem Komiker mit den Worten zu Füßen:Sic rieten mir einmal, Blumen zu ver- kaufen. Wollen Sie mir meinen Vorrat abnehmen?"Mach' keinen Unsinn," antwortete der Künstler gerührtgib lieber dem falschen Propheten einen Kuß, damit er sieht, daß du ihm nicht mehr böse bist!"_
ToS Preisausschreiben zur Erlangung eine? PlakatcS für die Deutsche   Gewerbeschau München   4922 hat mit dem Ernebn.iS ven lUS Eingängen da» Vertrauen auf die SchafsenSkrast der deuticken Künstler gerechtfertigt. Die Jury hatte 84 Enlwüise jür die engere Wahl bestimmt: bei dieser wurden die ausgesetzten 12 Preise folgenden ttünstlern zu- erkannt: 1. Preis(6000 M.): Max Elchle, Kunstmaler und Gravhikcr, München  , 2. Preis(4000 93.),: Ernst Hcigcnmaser. Maler, München  , 3. Preis(3000 M.): Willy Wolf, Maler und Graphiker, München  . 4. Preis(2000$i.): Friedrich Kühn, Eiberseld. Die übrigen Preise zu je 1500 M. sielen an folgende Künstler: Rens Binder, München  : Ege, München  ; Henry Ehlers, München  ; Franz Paul Glast. München  ; Georg Hoffinann. Maler und Graphiker, Stuttgart  ; Otto Lange  , Dresden  ; WUheim Schnarrenberger, München  ; Willy Wolf, Maler und Graphiker, München  . Sommerfest der Großen Polksopcr. Bei dem Sommcrseft, da« die Große DolkSopcr am 2. Juli in sämtlichen Garten- und Zaalräuln- lichkeitcn des Zoo veranstaltet, wird Generalmusikdirektor Leo Viech ein Orchester tm Marmortaal und Kapellmeister Gustav Brecher   da? Philharmonisch« Orchester im Katjerjaal dirigieren.