etds belastet bleibt", wem, auch da« Gericht das Verfahren eingestellt hat. Aber sie schlägt Purzelbäume mora- lischer Entrüstung, wenn die sozialdemokratische Presse die Mörder Liebknechts oder die Marburger Studenten von Mechterstedt trotz des Freispruchs als Mörder kennzeichnet. Denn: Bauer, das ist ganz was anders!
Hranöler und üie -Ln einer langen gebundenen Erklärung nimmt endlich die „Rote Fahne" zu der Meldung Stellung, daß die Verteidigung Brandlers vor Gericht ihm ein Mißtrauensvotum der kommunistischen Zentralleitung eingetragen habe und daß diese Stellungnahme der Zentrale u. a. auch aus eine Beschwerde von Max H ö l z über Brandler zurückzuführen sei. Die „Rote Fahne " bezeichnet das zwar zunächst großspurig als „Schwindel", muß aber gleich daraus in zu erwartender diplomatischer Abschwächung zwei wichtige Tatsachen zugestehen: erstens, daß einige Mitglieder der Zentrale ge�en Brandler den Vorwurf erhoben haben, daß seine Verteidi- gung den Angriff aus die Regierung und die Justiz v e r n a ch- lässigt hat. Zweitens, daß zur Zeit der Besprechung des Falles Brandler in der Zentrale eine Aufforderung von Max � H ö l z an die Instanzen der VKPD . und KAPD. vorlag, sich darüber zu äußern, ob sie mit den Aeußerungen Brandlers, wie sie in den Prozehberichten wiedergegeben waren, einver- standen seien. Bei diesem Sachverhalt hätte die„Rote Fahne" wirklich allen Grund, mit Aeußerungen wie„Schwindel" vor- sichtiger zu sein. In der Sache berufen sich nun Brandler und die„Rote Fahne" daraus, daß die Prozeßberichte mit den st e n o- graphischen Auszeichnungen nicht übereinstimmten. Di« stenographischen Auszeichnungen sollen demnächst im Druck er- scheinen. Man wird sie sehr genau daraus kontrollieren müssen, ob hier nicht zwischen Niederschrift und Drucklegung d i e Wahrheitfortkorrigiert ist. Notierte doch die„Rote Fahne" selber in ihrem Prozeßbericht folgende Aeußerungen Brandlers: Wir sind der Meinung, daß ein zäher Klassenkampf stattfinden wird, daß aber während des März nicht daran gedacht wurde, die Verfassung zu stürzen. An anderer Stelle des Berichts der„Roten Fahne" heißt es: Genosse Lrandler zitiert Stellen aus dem Spartakusprogramm, die beweisen, daß die Kommunisten die Regierung nur übernehmen durch den willen der ungeheuren Mehrheit des Volkes. Die„Freiheit" hat diese Stelle der Brandlerschen Rede noch etwas ausführlicher mitteilen können. Sie löst« die summarische Darstellung der„Roten Fahne" in folgende Sätze Brandlers auf: Wir haben in den verschiedensten Lagen bewiesen, daß es uns nicht darum zu tun ist, in die Regierung zu kommen. Wir wollen erst die Macht, wenn wir die ungeheure Mehrheit des Proletariats hinter uns haben und zwar durch gewählte Räte. Die Dik- tatur des Proletariats wird nicht den zehnten Teil Gewalt anwen» den müssen, wie die heutige Regierung. Die Diktatur des Prole- tariats ist möglich sogar bei Bestehen der heutigen Verfassung. Der Prosit der Kapitalisten wird durch die Diktatur des Proletariats vor- boten werden, und das kann ohne Einschränkung des in der Verfassung gewährleisteten Eigentumsrechts geschehen. Das ist Diktatur des Proletariats . Wenn B r a n d l e r jetzt in dem von der„Roten Fahne" zum Teil veröffentlichten Borwort seines Prozeßberichtes be- hauptet, er habe„den perfiden Angriff des Putschismus in seiner ganzen Nichtigkeit beweisen wollen", so scheint uns doch festzustehen, daß Brandler in dieser Beweisführung bis zur völligen Verleugnung des tatsächlichen kommunisti- schen Aktionsprogramms gegangen ist�
Gefängnis für einen kommunistischen Redakteur. Der kommu- nistische Redakteur Richard I a n u s aus Berlin wurde vom Schwurgericht Stuttgart wegen Aufforderung zur Bewaffnung des Proletariats zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.
warum öenn weinen... Die letzte außerordentliche Mitgliederversammlung der Organisation E s ch e r i ch, in der die Auslösung be- schlössen werden mußte, hat die Gelegenheit benutzt, um durch die Annahme einer langatmigen Schimpfresolution noch zum Schluß den wahren reaktionären Charakter der Orgesch kundzutun. Die Resolution wirft der Reichsregie- rung vor, sie habe„den Willen des Feindbundes, entgegen dem Willen des deutschen Volkes zu ihrem eigenen ge- macht", sie lügt weiter, daß die Reichsregierung zu chrem Vor- gehen gegen die Organisation Escherich gar nicht ge- zwangen gewesen sei, sie schimpft schließlich, daß den Gegnern der Orgesch„die Empfindung der nationalen Würde abhanden gekommen" sei. Schließlich lobhudelt sich die Orgesch noch selber als die„große nationale Bewegung unserer Tage". Nimmt man diese Resolution zusammen mit der Erklä- rung der bayerischen Staatsregierung, daß die Auflösung der Einwohnerwehren keineswegs auf Anordnung des bayerischen Staats erfolge und daß die bayerische Re- aierung es ablehne, die Auflösung der Einwohnerwehren selbst auszusprechen, so ist ganz klar, daß durch solche Reso- lutionen und Erklärungen nur der pa s s i v e n R e s i st e n z gegen die Auslösung der Rücken gestärkt werden soll. Man drückt sich ein formelles I a ab. das aber in der Flut der auf Nein gestimmten Erklärungen ganz untergeht, in der Er- Wartung, daß diese Sprache von den Orgesch- und Einwohner- wehrleuten ganz von selbst im Sinne des Nein ausgelegt werden wird. Diese Taktik zu durchkreuzen, wird Sache der Reichs» regierung sein._ Voehner läßt haussuchen! Munckzen, 50. Juni. (Eigener Drahtbericht des„Vorwärts".) Um die Erbitterung, die das Verbot des sozialdemokratischen Flug- blatts durch die Müncheuer Polizeidirektion hervorgerufen hat, neuer- dings noch zu steigern, hat der Münchener Polizeipräsident die Durch- suchung von Wohnungen soziali st i scher Führer und sonstiger Sektionsvorsteher der Partei angeordnet. Die ausführen- den Beamten haben sich zwar im allgemeinen taktvoll benommen und bei aller Gründlichkeit bei den Gesuchten die Form gegenüber unseren Genossen gewahrt. Im übrigen aber erinnern die neueren Vorgänge an die Sozialistenverfolgung zur Zeit des Sozialisten- sel-tz«_
Schuhpolizei als tzakenkreuzlergaröe. Elberfeld , 50. Juni. (Eigener Drahtbericht des„Vorwärts><' Im benachbarten Lennep fand eine Versammlung de« Dem. schen Schutz- und Trutzbundes statt, in der der kannte antisemitische Pfarrer Haß aus Mülheim a. R. r. i'.! rierte und sich in den gemein st en Beschimpfung, n gegen das Kabinett Wirth und besonders gegen die Minister Gradnauer und Schiffer erging. Zur Hebung der Stim- mung der Versammlung war eine Schülerkapelle eingc- troffen, die das Lied„Siegreich wollen wir Frankreich schlagen" anstimmte. Als unser« Genossen zu der Diskussion das Wort ver langten, wurden ihnen von den Antisemiten bekannte Kunze t n ü p p« l gezeigt. Unsere Genosicn konnten feststellen, daß di Schutzpolizei aus Remscheid in Zivil anwesend war und gegen das Treiben der Antisemiten, die unter allen lim- ständen eine Schlägerei provozieren wollten, nicht vorging. Wäb rend unsere Genossen gegen das Treiben der Antisemiten pro- testierten, trafen 25 Mann uniformierte und bewaff- nete Schupo aus Remscheid ein, die das Lokal umzingel- t e n und sich provozierend gegen die Arbeiter benahmen. Auf die Anfrage des Borsitzenden des Sozialdemokratischen Wahlvereins in Lennep erklärte die Schupo, sie wäre von dem Vorstandsmitglied des Deukfchen Schuh- und Truhbunde» nach Lennep berufen worden. Es wurde festgestellt, daß das in Frage kommende Mitglied der Fabrikant W o e l p gewesen ist. Angesichts dieses Vorganges fragen wir uns, wer denn eigenllich über die Schupo befiehlt?
Ausschreitungen gegen die Juden auf die dokschewistische Ge- sinnung der Verfolgten zurückzuführen seien, während das echte Polentum angeblich dem Bolschewismus durchaus seind- Itch gegenüberstehe. Es ist nicht ganz glücklich, von denselben Elementen eine Vermittlung zur Erzielung einer Milliardenanleihe zu er- hoffen, die man gleichzeitig als Förderer des Bolschewismus anzuschwärzen versucht. Die Ueberfälle aus Juden in den Eisenbahnzügen gehören, wie es scheint, zu den heutigen Volksbelustigungen in Polen . Man nimmt den Juden ihr Gepäck ab, verprügelt sie und wirft sie hierauf unter Fußtritten aus den Abteilen heraus: dazu kommen die Pogrome und Pogrömchen, die in einzelnen Ortschaften stattfinden. Das neue Polen hat in der kurzen Zeit seines Daseins Kriege nach allen Weltrichtungcn hin geführt, gegen Rußland , gegen Litauen , gegen das deutsche Oberschlesien , gegen die Ukraine ; für ein Dasein von 2% Jahren eine respektable Leistung, und als unmittelbare Folge dieser auswärtigen Politik eine Finanzlage, die in dem finanziell zerrütteten Europa beinahe die allerzerrüttetste ist, und als Endergebnis: tiefe innere Zerrüttung, Rechtlosigkeit, nationalistische Ver- hetzung. Nach dem Willen der französischen Regierung soll Oberschlesien mit seinem entwickelten Wirtschaftsleben, mit seiner europäisch gebildeten Bevölkerung in das nach Schlach- zizenmethoden regierte Polenreich hinabgestoßen werden. Ge- schähe das, so würde ein Stück europäischer Kultur der Bar- barei ausgeliefert sein, und das um ein lebenswichtiges Organ verkürzte Deutschland käme dem wirtschaftlichen Zusammen- bruch näher.
Erzbergers Rehabilitierung. Wie wir bereits mitteilten, hat sich gestern der Reichs- ausfchuß des Zentrums mit der Angelegenheit des Abg. Erzberger beschäftigt. Ueber das Ergebnis teilt die „Germania " mit, daß mit allen gegen eine Stimme bei vier Stimmenthaltungen folgende Entschließung angenommen wurde: 1. Der Reichsausschuß der deutschen Zentrumspartei nimmt mit Genugtuung davon Kenntnis, daß das Verfahren wegen Verletzung der Eidespflicht zugunsten des Herrn Erz- berger entschieden ist. 2. Erzberger erklärt, daß die Wiederaufnahme seiner politischen Tätigkeit von der gesamtpolitischen Lage abhängt. Er legt dabei Wert auf die Feststellung, daß er in seiner politischen Wirtksamkeit stets bcstrevt sein wird, die Einigkeit innerhalb der Partei und der Fraktion zu pflegen. Dieser Beschluß bedeutet, daß das Zentrum es grund- sätzlich Erzberger nicht verwehrt, seine politische Tätig- keit wieder aufzunehmen. Bei seiner Koalition mit der Deutschen Volkspartei mußte das Zentrum bekannt- lich die Bedingung eingehen daß Erzberger sein Reichstags- Mandat nicht ausüben werde. Mit der Einstellung des Mein- eidverfahrens ist der rechtliche Grund, mit dem Zerfall des Kabinetts Fehrenbach der politische Grund für diese Maß- nähme hinfällig geworden. -» Die„Kreuz-Zeitung " tobt über den Einstellungsbeschluß des Landgerichts in Sachen Erzberger , der bei ihr„lebhafte Entrüstung" hervorruft und den sie„unbegreiflich" nennt. Wenn die sozialdemokratische Presse sich über die haar- sträubendsten Justizskandale entrüstet, dann ist die gleiche „Kreuz-Zeitung " immer sehr schnell bei der Hand, über„syste- matische Untergrabung des Ansehens der deutschen Rechts- pflege" zu setzen. Wenn aber unter hundert politischen Pro- zessen einmal einer nicht nach dem Geschmack der reaktio- nären Demagogie entschieden wird, dann nehmen diese Herr- schaften durchaus kein Blatt vor den Mund und machen ihrem Mißmut in den kräftigsten Tönen Luft. Denn: Bauer, das ist ganz was anders! Die„Kreuz-Zeitung " schreibt sogar, daß Erzberger„nach wie vormitdemdringendenBerdacht des Mein-
,t)ie Schande Europas ". Oberschlesien in italienischem Licht. Philippe Sacchi, der als italienischer Sonderberichterstatter das oberschlesische Aufstandsgebiet bereist hat, veröffentlicht unter dem bezeichnenden Titel„Das polnische Mazedonien" auf Grund der Eindrücke, die er auf seinen Fahrten gewonnen hat, eine Darstellung der Leiden des von den„polnischen Komitatschi" drangsalierten Landes. „Ich habe im August vorigen Jahres den Einmarsch der Dol- schewisten in Polen miterlebt," so schreibt der italienische Schrift- steller im„Corriere della Sera ",„aber ich kann den Polen in Ober- schlesien die Anerkennung nicht versagen, daß sie in der Erfindung von Qualen und Martern ihre Vorbilder an Genialität weit über- treffen. Von der einfachen Erpressung bis zur gewalttätigen Plön - derung, von der Verletzung des Hausrechts bis zum blutigen Ueber- fall gibt es kaum ein gemeines Verbrechen, das hier nicht vertreten wäre. Die Insurgenten brauchen Geld, um sich das zu verschaffen, schreiben sie Vrandschatzungen aus und ziehen den Leuten das Fell über die Ohren. 30 000 bis 50 000 M. sind die normalen Brand- schatzungssätze. Das Schönste aber ist, daß die Kontributionen nicht etwa als Strafgelder eingezogen werden. Sie werden unter dem harmlosen Titel„Kautionen" oerbucht, Kautionen, die dafür bürgen, daß die Kautionssteller sich als gute Polen betätigen. Aber wenn sie das auch täten, von ihrer Kaution würden sie trotzdem nicht einen Pfennig wiedersehen. Die willkürlich auferlegten Beschlagnahmen beziehen sich auf alle möglichen Dinge: Pferde, Automobile, Wagen oller Art, Schreibmaschinen, Telephonapparate, ja selbst Näh- Maschinen und Klaviere. Und zu der privaten Erpressung gesellt sich die offizielle. Eine Verfügung Korfantys, die das Datum des 7. Juni trägt, legt allen Einwohnern des besetzten Gebiets eine Art Vermögensabgabe auf, d. h. eine einm-�ye Steuer, die in Höhe von 50 Proz. von jeder Art Besitz und jeder Einnahme erhoben werden soll. Und jetzt wollen wir ein wenig von dem Leben sprechen, da» den Oberschlesiern gleichzeitig mit der Börse genommen wird. Da ist beispielsweise ein Fall, der sich am 8. Juni ereignet hat. Ein siebzehnjähriger Jüngling, der Sohn des Arztes eines großen Industriebezirks, wird von einer Bande aufgegriffen und in das Magazin einer Fabrik geschleppt, wo er mit Gummiknüppeln be- arbeitet wird. Er muß laut die Schläge zählen. Nach den ersten 160 macht man eine viertelstündige Pause: als man die Prügel- arbeit wieder aufnimmt, verliert das Opfer das Bewußtsein. Das benutzen die polnischen Folterknechte dazu, um ihm alles, was er bei sich trägt, abzunehmen. Als er wieder zu sich gekommen ist, beginnt die Prügelei auf» neue. Man will wissen, ob er der„Or-
gesch" angehört. Das wiederholt sich so lange, bis er alles bekennt, was man von ihm wissen will; aber auch das nutzt noch nichts. Er wird zu einem polnischen Offizier geschleppt, der ein Protokoll aufnimmt, worauf die Prügelei von neuem beginnt. Der Vater findet den Körper des Sohnes am folgenden Tage auf einem Haufen schmutzigen Strohes. Er ist nur noch eine unkenntliche blutige Fleischmasse. Ein anderer Fall, der sich am 3. Juni er- eignete. Er betrifft den Setzer Rölle aus Myslowitz — ich kann den Namen richtig nennen, well der Mann die Rache der Polen nicht mehr zu fürchten hat. Er wurde mit einem Leidensgefährten zusammen ohne jeden Grund verhaftet und ohne Verhör einer Abteilung Insurgenten übergeben, die beide in ein nebenan liegen- des Gebäude schleppten, wo sie halb tot geschlagen und dann auf die Straße geworfen wurden. Während die beiden Opfer ver- suchten, sich nach Hause zu schleppen, wurden sie von einem Trupp Polizisten ergriffen und aufs neue in grausamster Weise mißhandelt. Dem Leidensgefährten gelang es, in der Dunkelheit zu entkommen. Rölle aber fiel bei dem Versuch, sich seinen Peinigern zu entziehen, unter den Kugeln der polnischen Verfolger. Man lebt hier inmitten eines Terrors, der weder Zaum noch Zügel kennt, und für den Gesetz« und Recht leere Schemen sind. In Hindenburg, das man als das Monastir dieses polnischen Mazedonien bezeichnen kann, werden in einem Slcstaurant eines Tages die Gäste ergriffen, durch die Straße geschleppt und am hellen Tage durch Kolbenstöße in eine Schule getrieben. Hier läßt man sie eine ganze Nacht ohne Trank und Speise in einem Loch, das 2 Meter im Geviert zählt. Am nächsten Tage werden sie mit Ochsenziemern so lange bearbeitet, bis das Blut in Strömen fließt: dann werden sie in jammervollem Zustand freigelassen. Man hat hier Räume einge- richtet, die als Folterkammern dienen... Man fühlt sich in die Zeit der Hexenprozosse versetzt, nur gesellt sich in Oberschlcsien dem religiösen Fanatismus der patriotische Wahnsinn hinzu. Spricht man in Italien noch immer von Oberschlesien als einem europäischen Problem? Oberschlesien ist längst kein europäisches Problem mehr:„es ist nur noch," so schließt Filippo Sacchi seinen erschütternden Bericht,„die Schande Europas ."
Der Schreibkischkobold Ist für Zeitungen nicht weniger gefährlich als sein öfter zitierter Detter vom Setzkasten. Keine Redaktion ist vor ihm sicher. Heute hat er die„German ! a" heimgesucht: sie veröffentlicht einen Leiiartikel: ,.U nwabrheiten von Dr. Her- schel, M. d. R." Mit den Unwahrheiten ist natürlich nicht gemeint, was Dr. Herschel schreibt, sondern was er widerlegt. Man muß immer darauf achten, wie Artikel und Bezeichnung des Verfassers zusammen stimmen, sonst geht es einem am Ende gar wie dem „Berner Tageblatt". Dort sah man eines Tages in dicken Buch- stoben die Frage:„Bon wem droht Holland die größte Gefahr?" Und darunter stand etwa» kleiner:„Ben unserem Berliner Kor- respondenten."
Das Ende des Darwinismus? Ein halbes Jahrhundert ist ver- flössen, seit Darwin sein zweites großes Hauptwerk unter dem Titel: „Die Abstammung des Menschen " in die Welt gehen ließ, und heute noch ist es«in Fixstern erster Größe am Himmel der naturwisien- schafilichcn Literatur. Fünf Jahrzehnt« hoben sich mit den Ideen auseinandergesetzt, die Darwin zu finden und zu verarbeiten wußte, und diese fünf Jahrzehnt« sind weder mit den Ideen selbst, noch mit dem ihnen Stütze und Halt gebenden Tatsachenmaterial fertig ge- worden. Die Theorien des Darwinismus sind heute zwar alle heftig umstritten. So fest und sicher der allgemeine Entwicklung?- und Abstammungsgedanke marschiert, so schwankend ist alles von Darwin zu seiner Begründung Herbeigetragene wieder geworden. Natürliche Zuchtwahl, geschlechtliche Zuchtwahl. Ueberl-ben des Tüchtigsten, Kampf ums Dasein— alles Begriffe von niederem Kurswert für neuere Forscher.„Der Darwinismus ist tot. es lebe die Entwicklungs- lehre!" Wobei freilich keineswegs ausgemacht ist, daß dieser tot- gesagte„Darwinismus", dieser innere Ausbau des Entwicklungs- begriffs durch den alten Darwin , nicht eines Tags philosophisch ver- tieft wieder aufersteht. So leicht, wie man glaubt, sind so starke Prinzipien wie etwa das vom unfehlbaren Sieg des Harmonischen in der Natur doch nicht umzubringen. Und wenn selbst das große und stolz« Gebäude, das Darwin uns schenkte, zum Umbau zu alt ist, so bleibt es an sich doch ein ragendes Denkmal, das chrfurcht- gebietend die Zeiten zurückruft, da die moderne Biclozie überhaupt erst geboren wurde.(Die Hauptwerke Darwins sind jetzt gerade in einer neuen sachlich und sprachlich einwandfreien Uebersctzung van dem naturwissenschaftlichen Schriftsteller Carl W. Neumann in Reclams Universal-Bibliothck erschienen.) Humbug— dein Name ist Spirilismus. Unter der Ueberschrift [„Einstein und Edison in Berkehr mit Julius Cäsar " be- ' richtet„Daily Expreß " über Mitteilungen Steckenreiters, des Bor - sitzenden der Bereinigung der Spiritisten im Staate New Park, der Einstein und Edison als„unbewußte Medien" benutzt haben soll. Er erklärte dabei, Spirits fGeister) benutzten das Hirn anderer großer Männer wie dieser beiden als Medien, um neue Entdeckungen der Welt zu übermitteln, und sein Sekretär versicherte sogar, daß derart auf spiritisiischem Wege die Welt bald von den größten Geistern aller Zeiten geleitet werden würde. Besonders Abraham Lincoln . Walhi-'.oeon. Roosero't cirr rvd) Ncocieon und Cäsar sollen sich dieser Verbindung mit uns bedient haben. Borläufig merkt man in der Welt noch nicht» von der Leitung dieser Geister, um so mehr aber von dem erschrecklichen Mangel an Geist.
Kiinftnachrichten. Anselm Feuerbach «.Media", da«.Yauptwert au« der letzten Zeit de« Meister«, da« kürzlich au« dem Besitz de« Groß- Herzog «�»an Oldenburg in Am'terdam versteigert und von einem deutschen Zkuiilthändler wieder für Deutschland zurückgewonnen wurde, ist jetzt in Berlin eingetroffen,— Adolf Hildebrands.Valer Ndein», da« plastische Mittelstück seine« grosicn Brunnen« in Strasburg , das von den Franzelen abgebrochen war, soll in der Orangerie wieder aufgestellt werden Tbeaterchrontk. Im Theater de« Welten« wurde für di« Rolle des König« Jerome in der Operette„Morgen wieder tustil» die Soubrette Emmy Pelery verpflichtet.