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Nr.320 38.Jahrgang Ausgabe B Nr. 158

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonnabend, den 9. Juli 1921

Auch die Belgier abberufen!

Brüffel, 9. Jufl.( TU.) Die belgische Regierung hat des Friedensvertrages spätestens bis 15. Juli d. J. beim Schieds. der französischen auf Anfrage wegen der Urteile im Leipziger gerichtshof in Paris , 57, Rue de Varenne, im Wege der französisch Ariegsbeschuldigtenprozeß geantwortet, daß sie sich mit dem franzö- abgefaßten Klage geltend machen. Auch durch Widerklage fann ein fischen Vorschlag einverstanden erkläre, die Miffion sofort aus deutscher Beklagter solche Ansprüche nach dem genannten Zeitpunkt Ceipzig abzuberufen. In der nächsten Sigung des Obersten nicht mehr vorbringen. Rats foll über die Haltung der Alliierten zu den Urteilen in den Leipziger Prozessen Beschluß gefaßt werden.

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Das Kabinett Stegerwald.

Bon Konrad Haenisch .

Im Vorwärts" wurde bereits der seltsame Artikel Parteipolitit und Unterrichtsverwaltung" erwähnt, der kürzlich in Stegerwalds Zeitung Der Deutsche" an leitender Stelle erschienen ist. Dieser, wie die Redaktion felbft hervorhebt, ihr von besonderer sachverständiger Seite" zugegangener Auffah enthält im Gegensatz zu so manchem anderen Artikel mehr als seine Ueberschrift verspricht: so­zusagen in der Nußschale bietet er die Grundgedanken, die Sie politische Richtung des Kabinetts Stegerwald bestimmen. Bei der großen und vielleicht verhängnisvollen Bedeutung, die dieses Kabinett mun einmal nicht nur für die preußische, son­dern für die gesamtdeutsche Politik hat, lohnt es sich deshalb, noch einmal, ganz ohne Haß und Eifer, auf diesen Programm artikel zurückzukommen, dessen offiziösen Charakter eine unge­fchickte redaktionelle Ableugnung mehr enthüllt als verschleiert,

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Ein Ueberschußbudget in Frankreich . Unterredung mit Senatspräsident Schmidt. Paris , 9. Juli. ( WTB.) Finanzminister Doumer hat gestern Leipzig , 9. Juli. ( TU.) Senatspräsident Dr. Schmidt, nachmittag in der Kammer das Budget für 1922 eingebracht. Die der den Vorsitz in den gegenwärtigen Kriegsbeschuldigten außerordentlichen Ausgaben sind darin zum erstenmal seit dem prozessen vor dem Reichsgericht leitet, äußerte sich einem Ver- Kriege unterdrückt. Es bleiben neben dem ordentlichen Budget nur treter der Leipziger Neuesten Nachrichten" gegenüber über die noch die Ausgaben für den Wiederaufbau, die gedeckt werden Folgen der Abberufung der französischen Vertreter und follen entweder durch fommunale Anleihen oder durch Vorschüsse Zeugen auf den Gang des gegenwärtigen Prozesses dahin, daß des Kredit- National oder schließlich durch den Verkauf deutscher Der feineswegs trogig- schweigjame Minister aus Trog" die Berhandlungen ruhig ihren Fortgang nehmen werden. Obligationen in neutralen Ländern. Das Budget von 1922 schließt hat in den letzten Monaten schon mehrfach verlauten laffen, Die franzöfifchen Vertreter, fast ausschließlich Juristen, hätten in den Ausgaben mit 25 426 000 000 Frant ab. An Einnahmen er sehe seine geschichtliche Aufgabe darin, Preußen und sich in äußerst torretter Form von dem Vorsitzenden verab- weiß der Entwurf 25 514 000 000 Fr., also einen Ueberschuß auf. Deutschland aus dem Elend der Parteipolitif" zu er schiedet und als Grund angegeben, daß fie auf Befehl ihrer Die Einnahmen sollen bestritten werden aus direkten und indirekten lösen, in Reich und Staat endlich wieder" sachliche Arbeit" Regierung nach Baris zurückkehren müßten. Sie stellten bei Steuern in Höhe von 19 420 000 000 Fr. Zur Deckung des Restes von Bum obersten Leitstern zu machen. Das ist auch der Grund­diefer Gelegenheit ausdrücklich fest, daß die Abberufung der Zeugen 6 Milliarden Frank sollen die Einnahmen aus den Berkäufen der gedante dieses neuen Programmartitels. nicht von ihnen veranlaßt worden sei, sondern lediglich von dem fran- Kriegsvorräte der verbündeten Armee und die Einnahmen zöfifchen Konful, und sie konnten ihr Erstaunen über diesen Schrift aus der Kriegsgewinnabgabe dienen. nicht ganz unterdrüden. Da die Entlassung von Zeugen während des Berfahrens nur durch den Vorsitzenden erfolgen kann, war Genatspräsident Dr. Schmidt selbst auch befremdet über diese plötz liche Abberufung der französischen Zeugen. Er hat jedoch keinen Ein­spruch erhoben. Bei der Führung des Prozesses laffe er sich, fo fagte er, nur von juristischen Gesichtspunkten leiten. Er erachte es lediglich als seine Aufgabe, das Recht zu finden. Er werde die Ver­handlungen auch nach der Abberufung der Franzosen in gleicher Weise fortführen, ohne sich von irgendeiner Seite beeinflussen zu laffen, weder von links, noch von rechts, noch vom Ausland.

Vogelstraußpolitik in Oberschlesien .

Waffenstillstand für Irland .

meldung ist vereinbart worden, daß die Feindseligkeiten in 3rland am Condon, 9. Juli. ( WEB.) Nach einer amflichen Reuter­Montag eingestellt werden sollen.

Am Freitag fand in Dublin eine zweite Zusammenkunft zwischen den Sinnfeinführern und den Südunionisten statt. Der Kommandant der englischen Streitkräfte nahm an der Konferenz teil. Devalera, der Präsident der Sinnfeinervereinigung, hat sich entschlossen, an der Londoner Irenkonferenz teilzunehmen. Devalera wird wahrscheinlich Unteilbarkeit und völlige Unabhängigkeit Irlands von England ver­langen. Inwieweif die englische Regierung entgegenkommen wird, ist nicht bekannt. Craig, der Vertreter Nordirlands , wird voraussichtlich unabhängigkeit Nordirlands von Südirland fordern, so daß sich außer der englisch - irischen noch eine speziell irische Frage ergibt.

liche Barlamentarismus", gegen den der Aufsatz des Deut­Wenn man's so hört, möcht's leidlich scheinen. Der mest­schen zu Felde zieht, ist ganz gewiß nicht aller politischen Weisheit legter Schluß. Jeder, der die vergangenen Jahre an verantwortlicher Stelle mit durchlebt hat, weiß ein Lied davon zu fingen, zu wie großen Unannehmlichkeiten es geführt waltung zunächst in der Praxis feineswegs immer flar hat, daß im neuen Staat Gesetzgebung und Ber genug voneinander abgegrenzt waren, und daß, worüber Herr Stegerwald beweglich flagt, der Verwaltungsorganis mus den ständig wechselnden Einflüssen wechselnder Barla­mentsmehrheiten ausgesetzt war. Das hatte aber seinen Grund einfach darin, daß die Revolution auf den ersten Anhieb zwar Regierung und Parlamente in ihrer Zusammensetzung von Grund aus geändert, in der Verwaltung selbst aber so ziemlich alles beim alten gelaffen hatte. Das mußte unvermeidlich zu Die Nachricht, daß sich Korfanty mit seinem Insurgenten Reibungen führen, wie wir sie in der einen oder der anderen ftab über die Grenze zurückgezogen habe, scheint den Tatsachen Form schließlich in allen Ländern als Kinderkrankheiten des vorangeeilt zu sein. Wie aus Oberschlesien gemeldet wird, parlamentarischen Systems erlebt haben. Wir in Deutschland hat der englische Major Stephenson zwar die Zurückverlegung leiden unter diesen Kinderkrankheiten mur deshalb ganz bes des Insurgentenstabes nach Kongreßpolen gefordert, ist aber mit sonders schwer, weil unser Boltstörper sie zu einer Zeit durch feiner Forderung nicht durchgedrungen, da die Mehrheit die machen muß, in der er, von schwerster Krankheit noch nicht Ansicht vertrat, daß der Kommandostab der ehemaligen pol­Prag, 9. Juli. ( TU.) Aus Belgrad wird gemeldet: Die jugo- genesen, noch immer geschüttelt von wilden Fieberschauern, nischen Bevölkerung Oberschlesiens gegenüber der Inter- Schritt unternommen, daß die Zentralorganisation der Kommunisti lichen Stand der Dinge verantwortlich zu machen. Die Schuld nischen Insurgenten die Vertretung der Intereffen der pol- flawische Regierung hat bei der österreichischen Regierung einen fiech und elend darniederliegt. Herr Stegerwald tut jedoch bitter unrecht daran, die Parteien für diesen unerquick­alliierten Kommission zu führen habe und damit zum Ver- fchen Partei aufgelöst werde, weil sie das Attentat auf den Brinz- lichen Stand der Dinge verantwortlich zu machen. Die Schuld Verschen trifft vielmehr die Urheber der Kriegskatastrophe und des bleiben auf oberschlesischem Boden berechtigt sei. Korfanty iſt regenten inszeniert habe. Prag und Bukarest stimmen diesem durch Zusammenbruchs. Das sind zugleich dieselben Kreise, die es bekanntlich seinerzeit von der polnischen Regierung seines aus freundschaftlichen diplomatischen Schritt zu. Poftens als Vertreter der polnischen Bevölkerung entkleidet worden. Die Bertreter Englands, Frankreichs und Italiens dem Attentat in Serajewo durch ähnliche Schritte der österreichi- Halbabfolutismus zum westlichen Barlamentarismus voll­Die Ironie des Schicksals will es, daß die Welttatastrophe nach Jahrzehnte hindurch systematisch zu verhindern gewußt haben, daß das deutsche Volk rechtzeitig den llebergang vom haben wegen seiner Persönlichkeit in Warschau die energischsten schen Regierung in Belgrad eingeleitet wurde. Staats- und völker Halbabfolutismus zum westlichen Barlamentarismus voll­Borstellungen erhoben. Lloyd George hat vor Methodisten rechtlich ließe sich ein derartiges Anfinnen, wenn es als pofitive For vor einem halben Jahrhundert getan, so wäre der Uebergang zogen hat. Hätten wir diesen unvermeidlichen Schritt schon und von noch sichtbarerer Stelle aus mit schärfften Worten derung aufgestellt wird, heute ebensowenig rechtfertigen wie damals. reibungsloser vonstatten gegangen als heute. Korfanty als Friedensstörer gegeißelt. Sollte das alles wirk- Aber heute wird bestimmt teine Weltkatastrophe daraus er­fich schon wieder vergessen sein? Dann ist der Justizskandal in wachsen. Oberschlesien tausendmal schlimmer als die Leipziger Urteile, die in Paris so erhebliches Aufsehen erregen.

London , 9. Juli. ( WTB.) Der Korrespondent der Times" meldet aus Kattowiß, die Liquidation des polnischen Aufstandes sei mehr der Form nach als de facto erfolgt. Im öftlichen Teil des mehr der Form nach als de facto erfolgt. Im östlichen Teil des polnischen Gebietes sei der größte Teil der von den Insurgenten

organisierten Verwaltung noch in Tätigkeit.

Italienischer Wille zum Recht. Rafibor, 9. Juli. ( WTB.) An die Stelle des bisherigen itafieni­fchen Stadtkommandanten Majors Jorea ist der bisherige Kreis­

Serbischer Schritt in Wien .

Tagung der Internationale 2/2. Frankfurt a. M., 9. Juli. ( WTB.) Die Internationale Arbeits gemeinschaft sozialistischer Parteien hält gegenwärtig hier eine Ta­gung ab. Aus diesem Anlaß fand gestern nachmittag eine internatio­nale Versammlung statt, zu der die Parteileitung der USB. geladen

hatte.

Jedenfalls ist das Heilmittel, das Herr Stegerwald uns im Deutschen " anpreisen läßt, sehr viel schlimmer als das Uebel selbst, und wollten wir es anwenden, so wäre das nichts anderes als eine echte und rechte Kur nach dem Rezept des Doktor Eisenbart. Denn die Entpolitisierung" der Staats­verwaltung im allgemeinen( und des Unterrichtsministeriums im befonderen), für die Herrn Stegerwalds Organ eintritt, bedeutet in der Praxis nichts anderes als die volle Bieber aufrichtung der noch feineswegs gänzlich überwundenen Alleinherrschaft der Bureaukratie, das heißt auf gut Deutsch : Herrschaft der Reaktion auf der ganzen Linie! In Wahrheit lassen sich natürlich Politik und Vers doch Regieren zum allergrößten Teil eben nichts anderes als waltung gar nicht voneinander trennen. Ist Verwalten! Die Verwaltung ist heute geradezu das wichtigste Gebiet der Politik, sie ist viel wichtiger noch als die Gesetz­gebung selbst. An guten Gesetzen haben wir seit dem 9. No­vember 1918 im Reiche und in den Ländern wahrhaftig keinen Rheinufers ausgegeben würden, die nußbringender für die Mensch- Mangel mehr. Ihre dem Geiste der neuen Zeit entsprechende heit verwendet werden könnten. Die Bestrafung der Schuldigen fei Ausführung: das ist es, woran es noch allzu oft fehlt! für beide Seiten zu fordern.

Nach Begrüßungsworten Dißmanns- Stuttgart fprach Reichstagsabgeordneter Ledebour , der die Einigung des foziali­ftischen revolutionären Proletariats verlangte.

Longuet- Frankreich führte aus: Die Schuld am Kriege frage tontrolleur in Rybnik Oberst Salciani getreten. Als erste Maß- nicht das deutsche oder das französische Volk, sondern die imperia­nahme verhängte er. über Ratibor den verschärften Belagerungs. iftischen Regierungen beider Länder. Longuet wandte sich dann zustand. Wer auf den Straßen mit Waffen, Gummitnüppeln, gegen die unfinnigen Forderungen der französischen Chauvinisten Reitpeitschen oder ähnlichen Werkzeugen betroffen wird, wird vor und geißelte es, daß 12 Milliarden Mart für die Besetzung des linken das interalliierte Sondergericht gestellt, ebenso wer ange­

trunten angetroffen wird.

Die Rückerstattungsliste abgeschlossen. Paris , 9. Juli. ( WTB.) Die Reparationstommiffion hat gestern vormittag das letzte Protokoll der Restitutionsangelegenheit, das sich auf die Rückerstattung der Flußfahrzeuge bezieht, fertig gestellt. Es liegen jezt die Protokolle zur Restitution in nachstehen­der Reihenfolge vor: 1. Allgemeines Protokoll über die Grundlage der Reftitutionen. 2. Reftitution von Tieren. 3. Reftitution Don Industrie- und Eisenbahnmaterial. 4. Reftitution von Möbeln und Gegenständen, Geld und Wertpapieren. 5. Restitution von Fluß­fahrzeugen.

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Grimm Schweiz forderte eine geschlossene internationale Rampffront gegen die bestehende Gesellschaft und zog Grenzen gegen rechts und links, indem er die Bereitwilligkeit der Reformisten, mit der Bourgeoisie ein Bündnis abzuschließen, ebenso sehr ablehnte wie die ungangbaren Wege der Kommunisten.

! Auch Friedrich Adler Desterreich betonte, daß es gegen über der Brüffeler und der Moskauer Internationale darauf an tomme, das gesamte Profetariat zu einigen.

Die

20 Millionen Mark für Wohnungsbau in Bochum . Bochumer Stadtverordnetenversammlung bewilligte 20 millionen Deutsche Bieferanten, die vor dem Kriege abgeschlossene, von der Mart zur beschleunigten Einrichtung von Wohnungsneu. franzöfifchen Regierung aufrechterhaltene Berträge zu erfüllen haben, bauten. 400 Wohnungen sollen noch in diesem Jahre fertig­müssen ihren Entschädigungsanspruch nach Artitel 299 d Abja 2 gestellt werden.

Wenn man den Lintsregierungen, die wir seit dem No­vember 1918 im Reiche und in den Ländern gehabt haben, einen berechtigten Vorwurf machen will, so fann es ganz gewiß nicht der sein, den der Deutsche " erhebt: fie hätten den Verwaltungsapparat zu sehr im Sinne einer demokrati­schen Politik beeinflußt! Biel eher wird umgekehrt ein Schuh daraus! Gewiß: mer selbst in diesen Jahren Minister ge­wesen ist, der kennt sehr genau die unendlichen Schwierig feiten, die sich gerade auf dem Gebiete einer fortschrittlichen Personalpolitik vor den leitenden Männern aufge= türmt haben. Diese Schwierigkeiten lagen zunächst auf finanziellem Gebiet. Bei der trostlosen Finanzlage des Staats war es einfach unmöglich, tausende und zehntausende rüftiger und in ihrer Art tüchtiger Beamten kurzerhand zu entlassen und die Etats des Reichs und der Staaten zu allem anderen