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stehend. DerAvant!" wirft ihm vor, ein Feind des neuen Rußlands zu sein; er Hütte während seiner diplomatischen Tätigkeit in Petersburg mit den dortigen reaktionären Ele- menten komplottiert. Diese Abneigung gegen Sowjetrußland machte ihn Frankreich genehm. Ausschlaggebend für die Lebensdauer des Kabinetts wird die Haltung unserer Parteifraktion sein; das geht mit der größten Deutlichkeit aus der Erwägung hervor, daß das Ministerium sich genau auf dieselben Gruppen stützt, die in der letzten Abstimmung für Giolitti stimmten: nämlich auf die bürgerliche Linke und die Klerikalen. Diese genügten nicht, um Giolitti am Ruder zu erhalten und können also auch ' für Bonomi nicht genügen. Bis jetzt nimmt derAvanti" eine sehr ablehnende Hal- tung ein, aber es ist kein Geheimnis, daß unser Zentralorgan weiter links steht als die Mehrheit der Parlamentsfraktion. Die Situation ist so ernst und folgenschwer, daß es nicht gut angeht, nur das von den Parteitagsbeschlüssen gelieferte Li- neal dem Versuch der Beeinflussung der Regierung in einem der Arbeiterklasse günstigem Sinne zugrunde zu legen. Ein feindliches Verhalten gegen das neue Kabinett würde dieses entweder nach rechts drängen, bis z' den Nationalisten, oder seinen Sturz herbeiführen, ohne irgendwelche Gewähr dafür. einen tüchtigeren Mann zum Ministerpräsidenten zu bekam- men. Dagegen vermöchte ein wohlwollendes Ab- warten das Ministerium nach links zu orientieren, mit der Nebenwirkung, daß dadurch den demokratischen Elementen in der klerikalen Partei ein gewisses Uebergewicht über die Kon- fervativen erwachsen würde. Es ist bekannt, daß die italieni­schen Klerikalen in den Reihen ihrer Partei fast alle politi- schen Schattierungen haben, vom bürgerlichen Radikalismus bis zum Stockkonservativismus. Das Einigende ist die Hal- tung in konfessionellen Fragen. Die Klerikalen zum Eintritt in ein Kabinett der Linken bewegen, bedeutet immerhin, inner- halb dieser Partei die mögliche Entwicklung nach rechts aufzu- halten. In die Zeit der Krise ist auch ein Ereignis gefallen, das dazu angetan ist, dem neuen Kabinett das Leben weniger sauer zu machen: wir meinen den Versuch des Waffen- still st andes zwischen Sozialisten und Fascisten. Ueber diesen Versuch, der im Anschluß an die Erklärungen Turatis und Mussolinis in der Kammer angebahnt wurde, ist von der bürgerlichen Presse viel Ungenaues verbreitet wor- den, mit einer Verbrämung von Siegesfloskeln, an der die ganze Sache hätte zugrunde gehen können. Man hat einen Friedensvertrag" veröffentlicht, der sich genau so las wie ein von den Fascisten den Sozialisten diktierter Frieden. Der Avanti" vom 5. d. M. bringt eine Bekanntmachung des Par- teivorstandes zu der Frage, in der nur gesagt ist, daß die Der- söhnungsverhandlungen von einigen Genossen versucht wor- den seien und daß diese die Billigung des Parteivorstandes nachgesucht und erhalten hätten. Alles weitere fei Entstellung der bürgerlichen Presse, zumal der Text des Vertrages. Der Parteivorstand werde alles tun, was zur Beilegung der Gewalttaten geschehen könne,im Einklang mit den Grundsätzen und Ueberlieferungen der Partei". Von einem wehleidigen Friedensschluß, wie ihn die bürgerlichen Blätter verkündeten, ist also nicht die Rede. Das Ministerium Bonomi, wie jedes andere Ministerium, hat ein vitales Interesse daran, die Fascistenschmach beseitigt zu sehen. Versprechungen eines schärferen Vorgehens gegen die Gewalttäter hat Bonomi in den vorbereitenden Unterhand- lungen unseren Genossen gegeben. Nun muß man abwarten, wie das Kabinett llch praktisch verhüllt: das Programm ist noch das wenigste. Wir glauben, daß unsere Fraktion ihm eine vorläufige Lebensmöglichkeit gewähren wird, wenn nicht die Frage der Beamtenmaßregelungen das Kabinett aufs Glatteis führt. Es gilt heute nur bis zu den Sommerferien fortzu- wursteln. Im Oktober, vor der Wiedereröffnung der Kammer, findet dann unser Parteitag in Rom statt, der unserer Fraktion Normen für ihre parlamentarische Taktik vorschreiben wird.

Schäüen unö Schwmösl im Musikunterricht Im Kultusministerium fand dieser Tage eine Besprechung statt, die die Regelung und Hebung des privaten Musik unter- r i ch t s zum Gegenstand hatte, also ein Problem behandelte, das nicht nur von theoretischer, sondern gerade heute auch von außer- ordenllich praktischer Bedeutung ist. Denn unter allen mög- lichen hochtrabenden Namen treiben in Berlin und anderswo söge- nannteMusikschulen" ihr Unwesen, die oft nur van einem einzigen Lehrer betrieben werden, sich gegenseitig durch Reklame zu überbieten suchen und eine Art Unterricht erteilen, der die deutsche Musik- bildung gefährdet und vertrauensvollen Zöglingen lediglich das Geld aus der Tasche zieht. Die Konferenz wurde durch eine sehr beachtenswerte Ansprache des Kultusmini st ers Becker eröffnet. Er hob als Ziel seines Amtes hervor, in viel weiterem Umfange als bisher auch die irrationalen Werte in den Dienst der Erziehung zu stellen. Bei der künstlerischen Erziehung, dem schwierigsten Gebiete, sei ein Hand-in-Hand-Arbeiten des Staates mit der freien Künstlerschaft gegeben. Erschwerend wirke in dieser Frage die Verknüpfung des Künstlerischen mit dem rein Gewerb- lichen. Es müsse festgestellt werden, inwieweit oie Polizei hier als Aufsichtsbehörde. in Frage komme und wieweit auf der anderen Seite künstlerische oder pädagogische Gesichtspunkte bei einer anderen Staatsaufsicht möglich find. Zu dem Problem einer Prüflings- ordnung für private Musiklehrer, betonte der Minister, daß solche Maßnahmen zunächst als freiwillig in Aussicht zu nehmen find. Man wolle von unten her diese Organisattonsfragen aufwachsen lassen, aus dem Leben die allgemeinen Regeln ableiten, die nachher auch in feste Formen gegossen werden können ein Standpunkt, der die lebhafte Zustimmung der Konferenzteil- nehmer fand. Eine gewisse Mindesthöhe des Niveaus, mit dem man bei mufitpädagogifcher Betätigung rechnen müsse, soll festgestellt werden, und alles, was darüber hinausgeht, das künstlerische Schaffen selbstverständlich, ebenso frei bleiben wie bisher. In einem ausführlichen Referat schilderte dann Herr K e st e n- b e r g die im privaten Musikunterricht herrschenden schlimmen Zu- stände und wies darauf hin, daß für ein behördliches Eingreifen nur eine Kabinetsorder von 1834 und eine Ministerialinstruktion von 1839 die Handhabe bieten. Die Einführung fakullativer Prü- fungsordnungen und die Gründung von städtischen Volks- Musikschulen empfahl der Redner als die zunächst liegenden Abhilfemaßnahmen. Die anschließende Aussprache behandelte insbesondere die Frage, nach welchen Grundsätzen und mit welchen Mitteln die A u f- ficht über private Musikschulen und Musiklehrer zu üben ist, ferner, ob sich die Einführung einer Prüfung für Leiter und Lehrer an Musikschulen und für Prioatlehrer empfiehlt. Das Ergebnis der Aussprache faßte Kestenberg dahin zusammen, daß allgemein der Unterrichtserlaubnisschein als brauchbare Grundlage für eine Uebergangszeit angesehen wird und daß die einzelnen Bsziske angewiesen werden solltest, diese Erlaubnisscheine strenger

USp. unö Einigung. Die Landeskonferenz der Unabhängigen Sachsens nahm am Sonnabend mit allen gegen 9 Stimmen eine Resolution an, die die Eroberung der politischen Machtunter schärfster Anwendung aller Mittel des Klassenkampfes" fordert, aber Putsche und sinnlose Gewalttätigkeiten" ebenso wieein Zu- sammenarbeiten mit bürgerlichen Parteien" verwirft. Es heißt dann weiter: Der Kampf des Proletariats wird erschwert durch seine Z e r- splitterung in verschiedene Parteien. Es muß daher alles getan werden, um diesen Zustand zu überwinden und eine Ein- heitsfront des Proletariats herbeizuführen. Die USP. Sachsens bekundet ihren festen Willen, an der Schaffung einer proletarischen Einheitsfront auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus mitzuarbeiten. Sie erklärt sich bereit, unter Wahrung ihrer Selbständigkeit im Landtag und in den Gemeinden in wichtigen, die Arbeiterinteressen berühren- den Fragen eine Verständigung der proletarischen Parteien zur Wahrung der Arbeiterinteressen zu erreichen suchen. Erst wenn die Grundauffassungen und demzufolge die Handlungen aller oder einzelner Parteien die gleichen sind, kann eine organisatorische Vereinigung dieser Parteien angestrebt werden, die nur auf zentraler Grundlage erfolgen kann. DieFreiheit" veröffentlicht einen Leitartikel ihres Chef- redakteurs Rudolf H i l f e r d i n g, worin vorausgesagt wird, daß die Einigung des Proletariats als Resultat der geschicht- lichen Entwicklung kommen werde. Hilferding schreibt dann: Der Prozeß ist im Gange, und er braucht und soll nicht gestört werden durch absttakte Diskussionen über theoretische Grundsätze, weil die Entwicklung selbst für unsere grundsätzliche' marxistische Auf- fasiung entscheiden wird. Dieser Prozeß muß im Gegenteil geför- dert werden durch Bereitschaft zum gemeinsamen Kampf, wo immer dieser möglich und notwendig ist. Vicht Son- kurrenz der Parteien, sondern das Kartell, die proletarische llnler- essengemeinschaft, fordert die polltische und ökonomische Lage der deutschen Arbeiterklasse. Der Boden für einen solchen gemeinsamen Kampf ist am ehesten in den Gemeinden und Staaten gegeben, wo es sich um systematische Befestigung von Machtpositionen handelt. Er ist ge- geben für Erreichung bestimmter konkreter Ziele, die den Arbeiter- Parteien gemeinsam sind und für die unter Umständen unter vermittelnder Mitwirkung der Gewerkschaften eine Aklionsgemeinschafk zur Durchführung des Kampfes sich bilden läßt. Uebereinstimmung in der Aktion wird notwendig werden, um in den Kampf um die Verteilung der Lasten das gemeinsame Interesse der schaffenden Massen zu wahren. Wird so die politische Arbelt der sozialistischen Parteien von diesem Geiste geleitet, so wird geleistet, was die Stunde fordert, ohne der kommenden Zeit vorauszugreifen und ihr oorauszaeilen, was in der Politik manchmal ebenso ein Fehler ist, als hinter der Zeit zurückzubleiben. Was die beiden sozialdemokratischen Parteien heute noch voneinander trennt, ist die Verschiedenheit ihrer Auffassung über die Möglichkeit, unter besonderen Umständen auch mit bürgerlichen Parteien zusammenzuarbeiten. Aber auch hier ist schon eine Milderung der Auffassung der Unab- hängigen zu erkennen, da sie bereit sind, mit der Sozialdemo- kratischen Partei Arbeitsgemeinschaften zu bilden, obwohl diese auch für die augenblicklich gegebenen Verhältnisse das Zusammenarbeiten mit Bürgerliche » für unentbehrlich hält.

Moskau unö KPD . Auf dem dritten Kongreß der Kommunistischen Inter - nationale nahm in der letzten Sitzung, die den Diskussionen über taktische Fragen gewidmet war, die deutsche Märzaktion der Kommunisten einen breiten Raum ein. Die drei hervorragendsten Führer der Kommunistischen Inter - nationale, Sinowjew , Trotzki und R a d e k, setzten sich mit dermitteldeutschen Aktion auseinander und gelangten zu einem Ergebnis, das um so bemerkenswerter ist, als es in

einzufordern als bisher. Die sofortige Einführung einer obligatorischen Staatsprüfung erklärte Kestenberg für schlecht- hin unmöglich. E« könne sich nur um eine Uebergangszeit handeln, die in einer Verbindung mit dem Deutschen Musikerver- bände eine solche Prüfung ermöglicht. Erst der Zusammenschluß der Vereinigung musikpädagogischer Verbände mit dem Musikeroerband werde die Basis schaffen, die zur Hebung und Festigung des deutschen Musikerstandes führen könne. Zum Schlüsse wurde eine Arbeitskommission eingesetzt, die diese bedeutsamen Fragen zur Entscheidung vorbereiten soll. Wir wollen hoffen, daß diese Kommission nicht nur gründlich. sondern auch rasche Arbeit tut, denn die im privaten Musik- Unterricht grassierenden Uebelstände sind nachgerade unerträglich ge- worden und die irgendmöglichen Abhilfemaßnahmen sollten auch nicht um einen Tag verzögett werden.

3m Costaufo durch die Sahara . Nachdem im vckrigen Jahre der Versuch französischer Polizeislugzeuge, die Sahara zu überfliegen, mit einer Katastrophe geendet hatte, unternahm�«? die französische Regie- rung jetzt, die Sahara auf der Strecke von�llgier nach Tamanrasset mittels Lastautomobilen zu durchkreuzen. Der Zweck dieser Unter- nehmung war, Benzin- und Nahrungsmittelstationen längs der ge- planten Versuchsflugstrahe von annähernd 2000 Meilen Länge an­zulegen, deren Fehlen hauptsächlich die Katastrophe des Vorjahres Zuzuschreiben war. Ein Zug von 23 Lastwagen mit einem Lade- vermögen von je 30 Zentnern wurde für diese Wüstenreise ausgesucht. Diese Fahrzeuge waren von derselben Art, wie sie die Alliierten während des Krieges benutzten; die einzige Aenderung war der Ein- bau von doppelten Luftreifen an den Vorderrädern, um das Ver- sacken der Lastwagen im Sande zu verhüten und um eine größere Elastizität bei den Fahrten über die felsigen Teile der Strecke zu er- zielen. Nach der Abfahrt von Algier wurde die erste längere Rast nach 530 Meilen Fahrt gemacht. Mit diesem Punkt waren die äußersten Vorposten der Zivilisation erreicht, und von jetzt ab war mit den Verhältnissen der unverfälschten Wüste zu rechnen. Bestenfalls be- stand die Straße aus einem Kamelpfad, aber häufig genug verschwand auch dieser vollständig- Die Ausreise über eine Strecke von 1864 Meilen wurde ohne Motordefekt bewerkstelligt und das Ziel in einem Monat nach der Abfahrt erreicht. Unterwegs wurden drei Flugstütz- punkte errichtet. Die Rückfahrt scheint schneller vonstatten gegangen zu sein, da die Fahrzeuge jetzt weniger belastet waren. Nicht nur der gesamte Lastzug gelangte wohlbehalten an seinen Abfahrtsort zurück, sondern auf der Rückfahrt sammelten die Wagen nicht weniger als elf L a st w a g e n auf, die in der Wüste während früherer Durchfahrtsversuche aufgegeben worden waren, und schleppten diese nach Algier . Der glänzende Erfolg beweist die wichtige Rolle der Motorlast- wagen bei Erschließung solcher Luftlinien quer durch ein straßen- und eisenbahnloses Land. Nirgends in der Welt können Transport- schwierigkeiten von der Art, wie die in der Sahara , angetroffen werden. So zahllos und verfchiedenattig sind dort die Hindernisse, daß die allgemeine Annahme dahin ging, diese Gegend sei für jede Att Transportsahrzeuge mit Rädern unzugänglich. Wahrscheinlich

der Beurteilung der deutschen Kommunistischen Partei völlig übereinstimmt. Sinowjew führte aus: Der 3. Kongreß muß noch einmal die Notwendigkeit einer engeren Annäherung an die Massen hervorheben. Eine Gefahr für die kommunistische Internationale liegt in der vorzeitigen Kamp'- tätigkeit der jungen Parteien. Die Opportunisten sind natürlich Agenten der Bourgeoisie. Aber wenn die rechten Elemente unsere Feinde sind, so dürfen wir doch auch die Gefahren, die von den linken Elementen kommen, nicht außer acht lasten. Diese Ele­mente wollen uns zu einer vorzeitigen Aktion veranlastcn. Ueber die Frage der revolutionären Taktik sprach Trotzki . Seine Ausführungen waren um eine Note schärfer als die des Vorredners: Die Theorie der Offensivpolitik um jeden Preis ist nicht m a r x i st i s ch. Politisch gibt es und kann es keine Partei geben, die weiter links steht als wir Kommunisten der Dritten Inter - nationale. Wir müssen dafür sorgen, daß wir nicht nur jede ge- gebene Lage voll ausnützen, nicht nur kämpfen, sondern unsere Siege sicherstellen können. Wir müsten unsere eigenen Kräfte und die Kräfte unserer Gegner kalten Blutes abwägen. Man muß die Lage in jedem einzelnen Lande einer genauen Prüfung unterziehen, und nur dort, wo es möglich und notwendig ist, mit aller Macht zum Angriffe übergehen. Als dritter Redner ergriff Radek das Wort, der in seinem Tadel der KPD. noch weit deutlicher wurde. Er sagte: Die ganze kette der Opfer des deutschen Proletariats bildet die Quelle unserer neuen Ersahrungen. Die junge deutsche Kommunü- stische Partei zeigt in ihrem Bestreben zu Aktionen eine u n g e- nügende Kenntnis der Lage und bringt eine Reihe von Fehlern zum Vorschein, die ihre Verbindung mit den breiten Massen gefährden. Die Diskussion über die Märzereignisse in Deutschland hat zweifellos ergeben: Erstens: Die Partei ist richtig vorgegangen, Indem sie ihre Mit- glieder aufforderte, der Ärbeiterklaste, die von der kapitalistischen Regierung überfallen wurde, zu Hilfe zu eilen. Zweitens: die Partei, die Massen von Hunderttausenden wirk- lich revolutionären Proletariern führte, hat sich eine ganze Reihe Fehler praktischer Natur zuschulden kommen lasten. Um die Bour- geoisie entscheidend zu schlagen, muß die Tapferkeit des Proletariats erprobt werden. Ohne Angriff können wir nicht die Bastille des Kapitalismus erobern. Eine Partei ohne Kampfesgeist verdient nicht den Namen einer proletarischen. Für prinzipielle Gegner des An- griffes ist kein Platz in der Kommunistischen Internationale, doch die Theorie des Angriffs um jeden Preis ist falsch, denn sie beraubt uns der Möglichkeit, die Lage nüchtern abzuschätzen und den Kampf entsprechend der Kraft des Gegners vorzubereiten. Da nach den 21 Bedingungen die Debatte ge- schloffen ist, wenn Moskau gesprochen hat, so bleibt den deutschen Kommunisten nichts übrig, als sich auch diese Ohr- feigen ruhig gefallen zu lassen. Für die westeuropäische Ar- beiterschaft ist aber ein Satz aus den Ausführungen Rädels von ganz besonderem Interesse, die Mitteitung nämlich, daß die Opfer des Proletariats die Quelle für die Ersah- rungender russischenKommunisten bilden. Hier- aus kann die Arbeiterschaft erkennen, zu welchen Zwecken sie mißbraucht wird: sie ist Versuchskaninchen und Prügelknabe zu gleicher Zeit: Versuchskaninchen, indem man an ihr herumexperimentiert, und Prügelknabe, indem man, wenn das Experiment mißglückt, sie mit Fußtritten trak- tiert. Sind die deutschen klassenbewußten Arbeiter wirk- lich gewillt, sich eine solche Behandlung auf die Dauer gefallen zu lassen? polizeipräftöent unö Schwarz-Rot-Go!ö. Ueber den Kieler sozialdemokratischen Polizei� Präsidenten mit der schwarz-weiß-roten Flagge auf dem D i e n st b o o t ist in den letzten Tagen viel geschwätzt und ge- schrieben worden. Die Richtigstellung, die beweist, daß der Polizei- Präsident in seinem Geltungsbereich Schwarz-Rot-Gold schon längst eingeführt hat, daß er dabei aber dauernd durch eine Verfügung be- hindert wird, die der Handelsminister erließ, ist bis jetzt nur von einem Berliner Blatt gebracht worden. Wann folgen die übrigen?

ist es nur eine Frage der Zeit, ob hier nicht der Anfang mit einer neuen Handelsstraße gemacht worden ist, die bisher aus- schließlich von Kamelen begangen wurde.> Erziehung zur Kritik. Die Geschichtslehrer zu 90 Proz. mindestens respektieren nach wie vor ihre traditionelle Geschichten auffastung. DieKritik" nehmen sie gleich in den Unterricht hin- ein, üben sie selber aus, statt den kritischen Sinn ihrer Zög- l i n g e zu wecken. Die sogenannteOuellen"-Lektüre, die neuer- dings hier und da statifindet, ist völlig unkritisch, im Gegenteil: sie verstärkt noch dieAutorität des beglaubigten Geschichtsbildes", man ist ja nunbis auf die Fundamente"(die unter Umständen in der Luft hängen!) hinabgegangen! Der Unterricht sollte aber umgekehrt durch die Erarbeitungsmethod« den Zweifel wecken, um zur Selbständigkeit, zur Urteilsfähigkeit, schließlich zum Ver- trauen, aber nur in geprüfte VerhälMiste und Menschen zu erziehen! Wie es gemacht werden könnte, das lese man in. einem Heft nach, das ein Beispiel gibt! Walter Schönbrunn , Parteigenosse und Schulreformer, behandelt inErziehung zum kritischen Denken bei der Lektüre lateini- scher Klassiker"(Verlag: Neues Vaterland, Berlin ) derart die berühmte erste Rede Ciceros gegen Catilina . Schönbrunn führt in knatterndem Frage- und Antworffpiel hinter die Suade Ciceros , er deckt feine Berechnung, die Bedingtheit seinerGeistig- keit" durch die wirtschaftspolitischen Umstände und Kämpfe aus. Er läßt durch seine Methode Haltung und Mienenspiel der parlamen - tarischen Kämpfer so lebendig werden daß nun Schülern und Lehrern auch wohl gegenüber andern überlieferten Lobpreisungen und Verurteilungen(Castilina steigt auf Kosten Ciceros ) Zweifel aufsteigen werden: Produktive Zweifel! Das Heft muß Altphilologen, Historiker, jeden Lehrer und jun- gen Menschen interessieren, jeden zur Selbständigkeit Strebenden. Er wird dabei einsehen: Nichts ist sicher, als daß wir leben und daß wir zur Wahrheit streben müssen, aber sie nie endgültig und ganz besitzen werden! Und das bewahrt vor Fanatismus und Gehässigkeit! p. ö. Das hin'.melszeichen'der Türken. Die Bevölkerung der Türkei ist durch ein Himmclszeichen in große Aufregung und freudige Hoff- nung versetzt worden. Bei vollem Tageslicht beobachtete sie näm- lich, daß ein Stern zwischen den Hörnern des zunehmenden Mondes stand, und da auf diese Weise der Himmel selbst dasWappen Mohammeds" so wunderbar hervorzauberte, sahen sie darin eine gunstige Vorhersage für den Ausgang der gegenwärtigen Wirren und Gefahren". Auch die Europäer hat ja diese Erscheinung interessiert, denn es ist bekanntlich der Planet Venus, der vor einigen Tagen in Konjunktion mit dem Mond stand. Hoffentlich gehen die Erwartungen der frommen Türken bald in Erfüllung. Denn wenn sie auf das nächste Wiedererscheinen ihres nationalen Symbols am Firmament warten wollten, so müßten sie sich bis zur Mitte des Jahrhunderts gedulden. Das Dheater in der ttommandantenstrahe bleibt vom lt. bis 15 geschloffen. Am 1k. ist Uraufführung der Operetten-Burlesle»Die D i e l e n h e x e*.