Sprechen also alle Gründe der Logik für einen Mb au des französischen Militarismus, so wird sich sein Selbster- Haltungstrieb vielleicht doch für absehbare Zeit stärker zeigen als sie. Er wird gestützt durch den Egoismus ungezählter Existenzen, die wirtschaftlich auf ihm fußen, und durch jene Geistesrichtung, die uns in Deutschland nur allzu gut bekannt ist. Und wenn er in Not gerät, wird das kindische Treiben deutscher Geheimbünde und die wilhelminische Phraseologie unserer deutschnationalen Presse schon dafür sorgen, daß ihm wenigstens die Schein gründe nie ganz ausgehen. Heute lebt er noch von der Vorstellung, daß auch das vorschriftsmäßig entwaffnete Deutschland immer noch ein Gegner sei, vor dem man sich durch die stärkste materielle und diplomatische Rüstung schützen müsse. Wie stark diese Vor- stellung in Frankreich noch ist und wie sehr auch vernünftigere Leute genötigt sind, ihr Zugeständnisse zu machen, zeigt die Aeußerung Briands, vielleicht würde sich in Washington eine neue Gelegenheit finden, Verständigungen zu suchen, die Frankreich erlauben könnten, das von allen Völkern ge- wünschte Ziel zu erreichen. Das heißt nichts anderes, als daß Frankreich leine Zustimmung zu einem Abrüstungsabkommen von einem Bündnis mit England und Amerika gegen Deutsch - land abbängig machen will. Frankreich will seine militärischen Mittel zur Ausrechterhaltung seiner Vormachtstellung in Europa erst dann einschränken, wenn ihm diese Vormacht- stellung diplomatisch garantiert worden ist. Aber auf diesem Wege ist nicht der dauernde Frieden zu suchen. Er ist nicht dadurch zu erreichen, daß e i n Volk Europas über alle anderen die Diktatur ausübt, sondern nur dadurch, daß die demokratische Gleichber e ch t i- g u n g aller, der Großen wie der Kleinen, durchgeführt wird. Und der beste Schutz gegen ein militärisches Deutschland , das in dreißig Jahren wieder auf den Beinen stehen könnte, ist nicht das Bündnis mit England und Amerika , sondern die Verständigung des demokratischen Frankreichs mit dem demo- kratischen Deutschland, der Bund eines Frankreichs der Arbeit mit einem Deutschland der Arbeit. Dieser ist aber nur dann zu erreichen, wenn klares Recht zwischen beiden Völkern herrscht und bestehende Verträge nach Billigkeit aus- gelegt und angewendet werden. Durch die Aufrechterhaltung der Sanktio- n e n begeht Frankreich ein offenkundiges Unrecht, hier nimmt es einen Standpunkt ein, der sich auf nichts als auf die brutale Gewalt stützt. Von einem Abbau des Militarismus kann ernstlich erst dann die Rede sein, wenn nicht nur ein paar entbehrliche Formationen ausgelöst werden, sondern wenn die bewaffnete Macht in die Grenzen des internationalen Rechts zurückkehrt und nicht mehr, auf die Bajonette gestützt, sich das Vorrecht herausnimt zu tun, was ihr beliebt. Die mo- ralifche Abrüstung muß mit der Aufhebung d e r E a n k- tionen beginnen!
Lanötag unö Selbftstbutz. Zur Beratung der zweiten Lesung des Notetats hat die sozialdemokratische Landtagsfraktion folgenden Antrag eingebracht: Der Landtag wolle beschließen, das Staatsminifterium aufzufordern, den Erlaß des Ministeriums des Innern vom 26. Juni 1S21 de- treffend die Zuläsfigkeit der Selbstschutzorgani- sationen, die sich von der Organisation Escherich losgesagt haben, aufzuheben und diese Organisationen, deren Bestehen die öfscnt- liche Ruhe und Sicherheit gefährden, nachdrücklich zu ver- folgen.
Kohr, bayrisches Hier und öas Reich. Bayern kämpft beim Reick gegen die Erhöhung der Biersteuern. Das Reichsfinanzministerium lehnte aber alle Einwände ab. Jetzt will die Kahr-Regierung einen neuen Feldzug gegen die Biersteuer im Reichsrat beginnen. Wenn Kahr dabei keinen Erfolg hat, wird er sicher von seinen getreuesten Anhängern im chofbräuhaus auf einem Scheiterhaufen von leeren Bierfässern verbrannt. * Keine Haftentlassung bayerischer lintsfoziallstischer Abgeordneter. Der Landtag hat in seiner gestrigen Vollsitzung den Antrag der UEP. aus Freilassung der noch in Festungshaft befindlichen linkssozialistischen Abgeordneten neuerdings abgelehnt.
Kammerfpiele lSommerspieheit). (Leonid Andrej- w:„Derherr.dcrdieMaulschellen krieg T.) Der Name des Verfassers weckte freudige Erwartungen. An seine früher in Berlin gespielten Stücke knüpft sich die Erinnerung mancher eigenartig bildhasten Stimmung! und unvergeßlich bleibt sein„rotes Lachen", jene Folg« grausig spukhafter, unter dem Ein- druck des russisch-japarnschen Krieges entstandener Skizzen. In diesen Visionen eines verwundet heimgekehrten Offiziers, den dos Entsetzen über das Erlebte zum Wahnsinnigen gemacht, spiegelt sich mit dichterisch konzentrierender Gewalt der ganze blutig-sratzenhafte Widersinn organisierten Völkermordes, den die Parteigänger der herrschenden Gewalten in ruchlosem Zynismus als moralisches Stahlbad anzupreisen wagen. Die Wirklichkeit hat hier ein packendes Symbol gesunden, dem sich in der deutschen Literatur nur des jetzt auch verstorbenen Karl Hauptmanns„Tedeum"-Drama zur Seite stellen läßt, das an der Schwelle des Weltkrieges die furchtbare Dämonie des Kommenden in grandioser Konzeption voraus ver- kündete. Indes das in den Kammerspielen aufgeführte Werk zeigt keine Spur der suggestiven Kraft, die dem russischen Poeten in glücklichen Stunden eigen war. Der Wahnsinn des Titelhelden, der die Maul- schellen kriegt, ist schlechterdings ein leerer Wahnsinn, ohne sinnvolle Hintergründe, der so, zu vier Akten ausgesponnen, dem Hörer pein- lich auf die Nerven fällt. Hohn und Berzweiflung sprechen, doch nirgends quillt in uns etwas wie die tragische Empfindung aus: welch edler Geist ward hier zerstört. Die Idee, daß einer, dessen Hoffnungen und Illusionen Schiffbruch litten, aus der grausamen Purleste des Lebens in die Rolle eines Zirkusclown und dummen August flüchtet, schillert wie die ganze Stimmunß der Zerrissenheit ins Wedekindsche. Worüber jener Herr— nach allerhand Andeutungen ein Mit- glied der hohen Aristokratie— seinen Verstand, wenn er ihn je bssesien, verloren hat, bleibt unklar. Auch das Erscheinen eines einstigen Rivalen, der ihm seine Frau abspenstig gemacht und ihm (behauptet der Verrückte) seine tiefen Gedanken gestohlen, durch journalistische Berhökerung derselben Ruhm erschlichen Hab«, gibt kein« seelisch interessanten Punkte. Vom Ziruksdirektor, dem er fein« Clowndienste anbietet, ohne Probe engagiert, wird er zur großen Attraktion des Unternehmens, die Spezialität des Maul- fchellenempfangens entzückt das liebe Publikum. Seine Kollegin, die junge wunderschöne Tangotänzerin, ein noch ganz naives, unoer- dorbenes Geschöpfchen, das der verkommene adlige Papa an einen reichen Wüstling ehelich verkuppeln möchte, bringt ihn in einen Zu- stand verzückter Schwärmerei. Daß sie den dummen August auslacht, spöttisch mit einer Maulschelle bedenkt, läßt ihm die Kleine nur noch bewunderungswürdiger erscheinen. Er liegt ihr in den Ohren, dann
Deutsche Voltspartei und Heuerlinge. Der Amtsrichter S t e n d e l von der Deutschen Volks- Partei hat es im preußischen Landtage bei der Besprechung der Heuerlingsfrage nicht unterlassen können, auf deren Organisation. ihren Führer und auf verschiedenes andere zu schimpfen, was ihm und seinen Freunden nicht in den Kram patzt. Jetzt antwortet ihm der Vorsitzende des Nordwestdeutschen Heuerleuteverbandes, W. 5)elling, in einem Offenen Briese. Darin heißt es z. B. gegenüber dem Borwurf der Verhetzung: „Ich kann mir auch die Mühe sparen, die heuerleute zu ver- Hetzen, denn das besorgen die Bauern der hiesigen Gegend schon auf das gründlichste. Die Bauern der hiesigen Gegend haben es in den letzten Jahrzehnten zu einem gewissen Wohlstande gebracht, ihre Söhne haben einjährig bei der Garde gedient und die Töchter teure Pensionate ausgesucht. Dieses können sie in erster Linie dem Um- stände verdanken, daß sie den Grund und Boden nicht durch Arbeit ihrer Hände erworben, soitdern von ihren Vätern ererbt haben, und in zweiter Linie, weil die Heuerleute die Hauptlast der landwirtschaftlichen Arbeiten zum Vorteile der Bauern getragen haben. Sollten Sie und Ihre Partei auch im neuen Deutschland in Zukunft die Geschicke des Volkes be- stimmen, so ist zu befürchten, daß auch fernerhin die Söhne der Heuerleute nicht Ober landesgerichtspräsident, sondern nur Ober- kellner werden können." Die Bemerkung über den Oberkellner bezieht sich darauf, daß der gebildete Herr Stendcl im Abgeordnetenhause den unbequemen Gegner durch Verächtlichmachung seiner beruflichen Qualität beson- ders zu treffen glaubte. Wir sind der Auffassung, es stünde besser ums deutsche Recht, wenn mancher, der heute Richter ist, Oberkellner geworden wäre. Wobei nur zu befürchten bleibt, daß sich die Kell- ner wahrscheinlich gegen einen Zuwachs, der vor jedem Kappisten den Rücken krumm macht, wehren würden.
Gestellte Verleumder. Im„Deutschen Zeitungsdienst" hatte vor einiger Zeit der heraus- geber der riationallibcralen Korrespondenz, Ed. S p i e h, einen Artikel veröffentlicht, in dem behauptet wurde, daß die Pazifisten Hellmut v. G e r l a ch und Prof. Nicolai in unmittelbarer Ver» b i n d u n g mit Mitgliedern der französischen und englischen U e b e r- wachungskommission in Berlin gestanden, daß sie diesen Offizieren sür hohe Summen Material gegen deutsche Behörden ge- liefert und daß sie für ihre pazifistische Werbetätigkeit Unter. stützungen vonmehreren Millionen Franken erhalten hätten. So weit es sich um Herrn v. Gerloch handelte, hatte Spieß seine Anschuldigungen ösfenll'.ch zurückgenommen, nachdem o. Gerlach Strasantrag gestellt hatte. Nunmehr hat auch Prof. Nicolai gegen Spieß Stcasantrag wegen Beleidigung gestellt, desgleichen gegen die Redakteure zweier Provinzblätter, die den fraglichen Artikel abge- druckt hatien. Eine unpolitische Icage. Die„Tägl. Rundschau" druckt einen neuen Hymnus des etwas unfreiwillig aus der Partei ausgetretenen Paul Müller auf die schwarz-weiß-roten Farben ab, und lädt uns freundlichst ein, da- gegen zu polemisieren� aber wir würden uns doch nur lächerlich machen. Wir wagen es trotzdem, weil Paul Müller wiederum von der kindlichen Behauptung ausgeht, daß für die Befürworter der schwarz-weiß-roten Handelsflagge die Flaggenfrage keine partei- politische, sondern eine soziale und wirtschaftliche Frage sei. Dem stellen wir gegenüber, wo» erst gestern in Rr. 319 der„Kreuz-Zeitung " über dieses Thema gesagt ckar. In einer Be- sprechung der letzten Reichstagssession schrieb das deutschnationale Blatt: Bon besonderem Interesse war der Antrag und die Absttm» mung über die Handelsflagge, ob das reine schwarz-weiß-rot« Tuch durch die Revolutionsfarben schwarz-rot-gold, die immer nur in Deutschlands trüben Tagen geweht haben, schimpfiert werden solle oder nicht. Das ist in der Tat eine ganz„unpolitische" Betrachtungsweise dieser„rein wirtschaftlichen und sozialen" Frage! Aehnliche Zitate aus der Presse der Deutschnattonalcn und der Deutschen Volkspartei ließen sich mit Leichtigkeit noch zu Dutzenden zusammenbringen.
wenigstens, statt jenen ekelhaften Freier anzunehmen, mit einem hübschen jungen Freund rechtzeitig durchzugehen, und beschließt, als dieser Rat nichts hilft, seine Schützerrolle damit, daß er— sie und sich vergiftet. Alles bewegt sich bei äußerster Buntheit in Bahnen monotoner Theatralik. Eugen Klopfer , der seine reiche Kunst für die undankbare Hauptrolle einsetzte, erntete lebhaften Applaus. In treffend kari- kawristischer Zeichnung repräsentierte Herr Gronau den ver- lumpten, noch immer adelsstolzen Bater. Margarete Schlegel in der Figur des Mädchens erfreute durch heitere Kindlichkeit des Tons. dt.
Kulturabgabe und Sortimenterzuschlag. Zu den wichtigsten Fragen, die augenblicklich den deutschen Buchhandel und olle, die an ihm interessiert sind, beschäftigen, der Frage der Reichskultur- abgäbe, die die wirtschaftliche Gesundung der geistigen Urheber ermöglichen soll, und des Abbaues der Sortimenterzu- schlage, der zur Wiederherbeiführung geordneter Verhältniste für die Preisberechnung der Bücher für nötig geachtet wird, liegen jetzt zwei wichtige neue Tatsachen vor. Die Bereinigung der deutschen Kunst verleg er hat(natürlich!) gegen die Kulturabgabe Stellung genommen. Ihr Beschluß weist darauf hin, daß Kunswerkäufe schon mit der er- höhten Umsatzsteuer von 15 Prozent in der Mehrzahl belastet sind. Kämen nun noch die 10 Prozent sür die Kulturabgabe hinzu, so würde das nach Ansicht der Kunstverleger eine solche Verteuerung ihrer Arbeit bedeuten, daß das einer Unterbindung der Veröffent- lichung von Kunstwerken in Form von graphischen Blättern, Mappenwerken usw. gleichkäme. Man wird diesen Einspruch, be- sonders im Hinblick auf die immer noch bestehende„Luxussteuer" für Kunst zu beachten haben, sich aber fragen müsten, ob dann nicht, wie längst wünschenswert, eben die Luxussteusr auf diesem Gebiet« zu fallen hätte. Die Vereinigung schönwissenschaftlicher Ver- leger hat nunmehr den viel umstrittenen Vertrag, der die im Kriege eingefübrten Teuerungs zuschlage für den Sorti- mentsbuchhande! a u f he b t und dafür die Ladenbuchhändler durch günstigere Rabattier ung entschädigt, in Kraft treten lassen. Für Dllcherkäufer wird das zur Kontrolle der immer noch sehr un- regelmäßigen Preisberechnung dienlich fein können. Der Verein!- guna gehören allerdings eine Reihe großer Berlage, z. B. Insel, S. Fischer, Georg Müller, Bruno und Paul Cassirer , Piper und viele andere nicht an. Andererseits hat die Deutsche Buchhändler- gilde, ein Sortimenteroerband. in überwiegender Mehrheit erklärt,. sie wolle sich dem genannten Vertrage nicht anschließen. So ist auch hier die Lage Immer noch unklar, trotzdem eine schleunig« Eini- gung im Jntereffe nickt nur des Gcsamtbuchhandels, sondern auch vor allem der ganzen bücherkaufenden Leserwelt wäre. Karl Marx als Psrnograph. Die städtische Bibliothek in B u- d a p e st galt früher als eine Musteranstalt für soziale und sozio- listische Literatur. Nach dem Sturze der Diktatur suchten die un- garischen Konterrevolutionäre dieses Aergeniis zu beseitigen und es wurden� auf dem Hofe der Bibliothek viele tausend sozialistische und
LZcherstch bei der Geschichte macht sich daher nur, wer krumpf» Haft an der Fiktion festhält, daß die Flagzei: frage mit Politik nichts zu tun hätte, also z. B. Paul Müller.
Ein Erfolg der Kommunisten. Die kommunistische Bewegung stolpert von Erfolg zu Erfolg. Jetzt ist es ihr gelungen, in h a l le a. d. S. eine Bersammlung, in der Genosse L o e b« sprach, zu sprengen, hossentlich ist es den Kommu- nisten auch möglich geworden, als Sieger eine rrrevolution-are Resolution anzunehmen. Aber auch ohnedies freuen sich Rechts» blätter herzlich über den Ersolg der Kommunisten. Die�„Tägliche Rundschau" zum Beispiel sieht schon den sozialdemokratischen Reichs» Präsidenten auf der Flucht._
Keine lästigen Ausländer. Wie das Wiener Ungarnblatt„Becsi Magyar Ujsag" meldet, soll sich B-rch t old seit einiger Zeit in M ü n ch e n aushalten und seine Reise aus der Schweiz nach München soll mit den verschiedenen monarchistischen Verschwörungsplänen im Zusammenhang stehen. Die Agitation sür«ins unter der Führung der Habsburger und Wittels- bacher stehende monarchistische Donaukonsöderation hat ihren Sitz in München . Roch dem„B. M. U." wurde dem Berchtold die Reise nach München von denselben polifischen Stellen möglich gemacht, wie dem anderen Habsburgeragenten Friedrich Wies er, der bekanntlich mit einem diplomatischen Paß einige Wochen zuvor, als der Osterputsch zustande kam, nach München fuhr. Was könnte auch gegen die Einreise Berchtokds einzuwenden fein? Er hat ja bloß den Weltkrieg entzündet. » Zu der Behauptung der Münckener Fremdenpolizei, daß die russische Protestnote wegen Krestinski-Deutschmann noch nicht noch Bayern gelangt sei, hören die PPR. an zuständiger Stelle, daß die bayerische Vertretung in Berlin bereits in der vorigen Woche von dem Protestschritt der Sowjetdelegation in Kenntnis gesetzt worden ist. Außerdem ist der Vertreter der Reichsregierung in München beauftragt worden, bei der bayerischen Regierung um Aus» klärung des Sachverhalts zu ersuchen.
Jeinde der Seamtenschast. Aus Betunlenkreisen gehen uns folgende beachtenswerten Aus, führungen zu: In der Freitagmorgenausgabe des„Vorwärts" wurde ein Artikel der„Bergisch-Märkischen Zeitung" Nr. 308:„Steuermoral und Steuerflucht" kritisch besprochen. Wie noch erinnerlich sein dürfte, wurden von diesem Blatt Erwerbslosenfürsorge und Beamtengehälter als unproduktive Ausgaben bezeichnet. Daß dies eine vollständige Verkennung der Tatsachen, ja eine Beschimpfung der Erwerbslosen und der Beamten ist, braucht hier nicht eingehend erörtert zu werden. Das Unternehmer» organ sucht durch diese Behauptung die Steuerflucht der Geld- sackpatrioten zu beschönigen. Was die Beamtengehölter anbelangt, so möchte man die Herren Unternehmer darauf hinweisen, daß ein sehr großer Teil der Beamtenschast— erwähnt seien nur die Bahn» und Postbeamten— Wiederaufbauarbeit im besten Sinne des Wortes leisten. Die Schlotbarone wissen ganz genau. was für wichtige Faktoren Bahn und Post für unser Wirtschofts- leben sind. Die Beamtenschast aber kann an dieser Auffassung des Scharsmacherblattes erkennen, in welchem Lager ihre Feinde zu finden sind. Während die ärmsten Schichten des Boltes, Arbeiter, Angestellte und Beamten, bis zur Ansponnung der letzten Kräfte zum Wiederausbau herangezogen werden, suchen die Schutzheiligen des Großkapitals, Herr h e l f f e r i ch an der Spitze, die ihnen nahe» stehenden Kreise von der Pflicht zur Erfüllung soweit wie möglich zu b e f r e i e n. Die Beamtenschaft möge hieraus die Lehre ziehen, gemeinsam mit den übrigen Arbeitnehmern eine einheit. liche Front gegen die Ränke des Großkapitals zu bilden.
Die Kammerwahlen in Portugal sind ruhig verlaufen. Die Regierungskandidaten haben überall die Mehrheit bekommen. Lehrermangel in Reupolen. Die Zahl der zum Teil noch seit dem Kriege unbesetzten deutschen Lehrerstellen im Netzegau ist sehr groß. Die Kinder in manchen deutschen Gemeinden sind schon > a h r e lang ohne Beschulung. kommunistische Bücher und Zeitschriften verbrannt. Da man sich aber offenbar schämte, auch die Werke von Karl Marx zu vernichten, so verfiel man auf den originellen Ausweg, sämtliche Schriften des wissenschaftlichen Begründers der Sozialdemokratie für „erotisch" zu erklären und sie in dem geheimen pornograptzischea Giftschrank neben Boccaccio. Casanova und Panizza unterzubringen. Aber euch damit waren die zarten horthy -Seelen noch nicht beruhigt, und so hat jetzt, wie die„Wiener Arbeiterzeitung" berichtet, der Führer der den Budapester Gemeinderat beherrschenden Christ» lich-nationalen Partei. Karl Wolfs, den Antrag gestellt, daß der Bücherbestand der städtischen Bibliothek noch einmal dnugend überprüft werde, und er werde dann diejenigen Bücher auswählen, die man im Interesse der geistigen Befreiung auf einem Scheiterhaufen verbrennen müsse. Der Vize» bürgermeister Buzach erklärte,„daß die Ausmusterung der Bücher im Gange sei." Bei der Ausmusterung wurde einigen Wissenschaft- lichen Werken zwar Gnade erteilt, aber dafür gesorgt, daß diese Werke dem Publikum nicht zugänglich seien. Der Direktor der Bibliothe fügte den Worten des Bizebürgermcisters hinzu, daß „in der Bibliothek die vom liberalen Geiste durchdrungenen Werke schon ausgesondert find und daß diese von jetzt ab den Lesern nicht mehr zur Verfügung stehen werden." Diese Erklärungen wurden vom Ausschuß zur Kenntnis genommen, der dann auch den formellen Antrag des Wolff, die ausrangierten gefährlichen Bücher zu ver» brennen, annahm. Bor kurzein regte der englische Gesandte in Budapest an. Eng» land möge wissenschaftliche Bücher nach Ungarn schicken, um die dort herrschende geistig« Not zu bekämpfen, hoffentlich überlegen sich die Engländer die Sache gründlich, bevor sie wertvolle Sendun- gen abgehen lassen, die von den dort hausenden Bandalen nachher als Brennmaterial benutzt werden. Italienische Vipern im Elsaß . Man schreibt uns: Aus Straß- bürg i. Els. kam nur kurzen eine Meldung, die besonderer Beachtung wert ist. Dr. Bogelweid vom Stroßburger Zoologischen Institut hat nämlich in der Nähe von Pfirt im elsäßischen Jura ein auf- fallend großes Exemplar der Vipers aspis— italienische Viper— gesangen. Es handelt sich hier um eine äußerst rabiate Giftschlange, die schlimmer als die Kreuzotter ist. Sie wird bis zu 75 Zentimeter lang. Die italienische Viper ist im Süden zu Hause und vermutlich erst im Laufe der Zeit durch die großen Alpenpässe ins mittlere Europa eingewandert. Im Gebiete des Deutschen Reichs war ihr Vorhandensein vor dem Kriege nur in Lothringen und im südlichen Schwarzwald festgestellt, in ersterem auch nur in der Umgebung von Metz . Der Fund von Pfirt beweist, daß diese Viper nun auch im Elsaß fich zu verbreiten droht. Sie ist im Pfirter Gebiet entweder durch die Senke von Belfort aus Frankreich oder durchs Iura aus der Schweiz eingewandert. Ihr Biß ist tödlich, wenn nicht beizeiten Gegenmittel angewendet werden. In Süddeutschland ist leider über- dies auch noch eine andere gefährlich« Giftschlange eingewandert; die S p i tz o t t e r, die man jetzt im südlichen Bayern antrifft.
Tie Motter.Bitbne» haben den„Trau muluS"»onAryvtzoiz mid O Star I er j ch l e zur>ku.«craugühr«ig erworbeu.