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Str. 32H-»ZS. Jahrgang

Seilage öes vorwärts

5reitag,15. Mi 1921

Die sterbende Stadtverordnetenversammlung. Eine Stadtverordnetensttzung, die keine mehr war. Gerade ein Jahr hat die erste Stadtverordneten- l stichfest sein muß, daß kein Oberverwaltungsgericht Versammlung der neuen Stadtgemeinde Berlin sich ihres[dagegen ort kann Cchcitcrteit), und es zweitens nicht angeht, daß Daseins freuen dürfen. Am 1-2. Juli 1920 wurde die neu- 1 bis Anfang Oktober eine Stadtverordnetenversammlung fehlt oder

gewählte Stadtverordnetenversammlung eingeführt und om 14. Juli 1921 wurde ihr zu Händen ihres Vorstehers das Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugestellt, das die Wahlen und ihr Ergebnis für ungültig er- klärt. Die für gestern einberufene außerordentliche Stadt- verordnetensitzung, in der u. a. auch der inzwischen beigelegte Eutsarbeiterstreik noch erörtert werden sollte, fand als solche nicht mehr statt, da nach Ansicht der Regierung die Stadt» verordnetenversammlung schon jetzt nicht mehr besteht. Aber die Stadtverordneten traten zu einer sozusagen privaten Sitzung zusammen. Der Borsteher W e y l, den eine ihm gestern zugegangene Verfügung des Oberpräsi- deuten bereits alsfrüheren Stadtverordneten" bezeichnet, teilte den erschienenen Stadwerordneten kurz die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts mit und berichtete über seinen Besuch beim Minister des Innern. Die Regierung will durch eine Notverordnung dafür sorgen, daß der neuen Stadtgemeinde Berlin eine stadtverordnetenlose Zeit erspart bleibt. Kommt die Notverordnung zustande woran nicht zu zweifeln ist, so wird durch sie die sterbende oder jetzt eigentlich schon fertig abgewürgte Stadtverordnetenver- sammlung künstlich nochmals zum Leben er- weckt. Sie darf dann weiter amtieren, bis ihre Nachfolgerin gewählt ist und sie ablösen kann. Sihungsöerkcht. Nach H6 Uhr machte der Vorsteher Dr. Weyl den sehr zahl- reich erschienenen Mitgliedern folgende Eröffnung: Meine Damen und Herr-nl Die außerordentliche Sitzung, zu der Sie eingeladen sind, kann heute nicht st a t t- finden, nachdem ich gestern abend vom Oberverwaltungsgericht das Erkenntnis in der bekannten Streitsache v. Ennern kontra Stadt- verordnetenversammlung erhalten habe. Das Erkenntnis lautet in seinem wesentlichen Teile dahin, daß das OVG., erster Senat, in feiner Sitzung vom iki. Jtim unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts, Staatsminister Dr. D r e w s, als Dar- sitzenden, für Recht erkannt hat, daß die Berufung der Versammlung gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses vom 27. Januar er. zurückgewiesen und aus Antrag der Kläger dahin abgeändert wird, daß außer der Stadtverordnetenwahl auch sämlliche Vezirksverordnekenwahlea für ungültig erklärt werden. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt. Ich hielt mich für verpflichtet, unmittelbar nach Empfang dieses Schriftstücks mich mit den im Staate maßgebenden Faktoren in Ver- bindung zu setzen, um zu hören, wie sich die Behörden, das Mi- nisterium des Innern und die Staatsreqierung, die weitere Entwick- lung denken. Ich habe mit dem Minister Dominicus und dem Staatssekretär Freund im Landtage heute verhandelt und bin be- auftragt, Ihnen davon Kenntnis zu geben, daß die Staats- regierung dem ständigen Ausschuß, der dem Landtage zur Seite steht, in den Ferien denn der Landtag geht morgen in die Ferien ein« Nokverordnung unterbreiten wird. In.dieser wird voraussichtlich folgendes ent- halten fein: Die unbesoldeten Magistratsmitglieder werden bis zum Amtsantritt der neu gewählten in ihrem Zlmte bleiben können; die ausscheidenden Stadtverordneten und stimmfähigen B ü r g e r bleiben bis zum Amtsantritt der neu gewählten in den Vermalt ungsdevutationen in ihrer Tätig- k e i t; die ausscheidenden Stadwerordneten bleiben bis zum Zu- fammentritt der neuen Stadtverordnetenversammlung in ihrem Amt. Es ist die Ansicht der Staatsregierung, daß es gilt, ein Interregnum zu vermeiden, da vor dem zweiten Sonntag im Oktober Voraussicht- lich die Neuwahlen nicht stattfinden können, weil erstens das Mi-

gar eine Verwaltungsdeputation ohne Stadtverordnetenmitgliedern besteht. Ich glaube meinerseits auch, bei allem Respekt vor dem Magistrat, daß es nicht möglich fein wird, daß, wenn von 30 Mit- gliedern die 12 Unbesoldeten ausscheiden, die übrig bleibenden 18 die Geschäfte führen können. Es ist die Absicht der Staatsregicrung, in diesem Sinne dem Landtage eine Vorlage zu machen, und wenn sie angenommen ist, tritt die Versammlung und treten die Ver- waltungsdeputationcn und die unbesoldeten Magistratsmitqlieder wieder in Tätigkeit. Bis dahin gilt nach dem Urteil des OVG. die Entscheidung, daß diese Versammlung nicht besteht. Wir sind also nicht in der Lage, heute irgendwelche Beschlüsse zu fassen, und da es zwecklos ist, zu sprechen, ohne Beschlüsse zu fassen und ohne zu handeln, so ist der Aeltestcnrat damit einverstanden, daß wir heute unsere Verhandlungen abschließen. Bevor ich das tue, teile ich Ihnen mit, daß der Oberbürgermeister mir heute mittag eine Verfügung zugehen ließ, wonach gültige Beschlüsse der Bersamm- lung nicht mehr gefaßt werden können. Diese Ver- füaung ist gerichtet ein Beweis, wie prompt die Herren im Ober- Präsidium arbeiten an den früheren Stadwerordneten Dr. Weyl. lStürmische Heiterkeit.) Ich habe das Schreiben dem Minister als Beweis, wie prompt die ihm unterstehenden Beamten arbeiten, vorgelegt. Wir sind am Schlüsse unserer Tagung. Mir bleibt nur übrig, Ihnen für Ihr Erscheinen zu danken. Die Sitzung ist ge- schlössen. (Die Versammlung geht um 5 Uhr 50 Minuten auseinander. Von der äußersten Linken war die Ansprache des Dr. Weyl mehrfach mit Zurufen begleitet worden.) » Wie bereits gemeldet wird, sollen die Stadwerordnetenwahlen am v. Ottober stattfinden._ Prozeß Söhmer und Genossen. Böhmer freigesprochen. Stiller 1 Zehr Gefängnis. In dem Prozeß gegen Böhmer, Stiller und Genossen kam es zu einem eigenartigen Zwischenfall, da der Verteidiger des Angeklagten Kruse, R.-A. Dr. Sack, den Antrag gestellt hatte, ihn von der Ossi- zialverteidigung zu entbinden, da er mit sich selbst in Konflikt ge- kommen sei, nachdem er in Erfahrung gebracht habe, daß Böhmer und Stiller fortgesetzt versucht hätten, ans seinen Klienten einzuwirken. Böhmer wies diese Behaupwng mit großer Erregung zurück. Der Gerichtshof lehnte nach einer Er- klörung des Staatsanwaltes den Antrag des Verteidigers wegen unzureichenden Grundes ab. Groß« Heiterkeit erregte es, als der Zeuge H 2 h n, der auch bei dem Elberfelder Geschäft mitgewirkt und dafür 50 000 Mark erhalten hatte, erklärte, daß ihm gestern im Zuschauerraum von einem Manne Ein- und Ausfuhrscheine an- gebot en worden seien. Der Betreffende habe behauptet, mit einem höheren Zollbeamten in Verbindung zu stehen. Frau Böhmer bekundete als Zeugin, daß ihr Ehemann bei der Besorgung von Ein- und Ausfuhrscheinen nichts verdient und sie ihm aus diesem Grunde Vorwürfe gemacht habe. Hierauf wurde die Beweisauf- nähme endgültig geschlossen. Nach Verlesung der zu beantworten- den zahlreichen Schuldfragen hielt der Staatsanw.-Rat Dr. Ver- liner sein Plädoyer und führte u. a. aus, daß es sich um unsaubere Machenschaften und betrügerische Handlungen, die unter das Strafgesetz fallen, kurz um unsaubere Schiebungen handele. Er beantragte das Schuldig gegen Stiller, Kruse und Böhmer wegen Urkundenfälschung in Tatein- heit mit Betrug, wobei er bei Stiller sogar die Ansicht vertrat, daß Stiller als Mittäter bei der Fälschung der Urkunden anzusehen sei, und bezüglich Böhmers jeden Zweifel daran bekämpfte, daß diesem die Unechtheit der Scheine ganz klar sein mußte. Bezüglich des Angeklagten H ä h n beantragte der Staatsanwalt das Nicht- schuldig wegen Urkundenfälschung, dagegen das Schuldig in dem Falle des Elberfelder Geschäfts. Gegen die Zubilligung mil

nisterium eine neue Wahlordnung entwerfen muß, die so hieb- und i dernder Umstände erklärte sich der Staatsanwalt entschieden. Solche

Taten seien im hohen Grade gemeingefährlich, durch derartige Schiebungen wurde das Reich um Milliarden geschädigt, die Mark entwertet und der Allgemeinheit unermeßlicher Schaden zugefügt.. Dieser Prozeß habe in ganz Deutschland großes Aufsehen erregt, die Strafe soll und müsse abschreckend wirken und jedem, der sich mit der Fälschung solcher Papiere befaßt, zu Gemüte führen, daß er von der ganzen Schwere des Strafgesetzes getroffen wird. In der vierten Nachmittagsstunde nahmen die Plädoyers der acht Verteidiger ihren Anfang. Das Urteil wurde um 11 Uhr nachts oer'ündet. Die Geschworenen verneinten bezüglich dey Angeklagten B ö h- m e r, Kruse und.Höhn die Schuldsrage, so daß diese Angeklagten freigesprochen wurden. Bezüglich des Angeklagten Kaufmann Erich Stiller beantragte der Staatsanwalt 5 Jahre Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust. Das Gericht erkannte gegen Stiller auf lIahr Gefängnis, unter Anrechnung von 8 Mona- ten der erlittenen Untersuchungshaft. wie einer Millionär wurde. Vor der 2. Strafkammer des Landgerichts I begann gestern [ der Prozeß gegen den Bordellbcsitzer Edmund P r e y l l aus Ham- bürg. Die Anklage legt dem Angeklagten zur Last, mit einer großen Anzahl von Einbrüchen im Westen und in Charlottenburg in Verbindung zu stehen, bei denen es die Täter namentlich auf echte Perserteppiche sowie Gold- und Silbersachen abgesehen hatten. Der Angeklagte hat ein recht wcchselvolles Leben hinter sich. Während des Krieges war P. Chauffeur des damaligen Aizepräfi- dertten des Reichstags Payer. Zu gleicher Zeit betrieb Preyll mit einer unter dem NamenA st a" bekannten Prostituierten in einem Keller in der Wilhslmstrahe bo eine Schlagsahnefabrik. Da dieSchlagfahne" aus Leim, Gelatine, Ouillaja- fast und Wasser bestand, warf dieses Geschäft, welches mit 500 M. gegründet wurde, in wenigen Monaten einen Verdienst von 225 000 ab. Wie die Anklage behauptet, soll P. mit diesem Gslde sich als Engroshehler betätigt und in kurzer Zeit etwa eine Million Mark verdient haben. Im Oktober 1919 kaufte er �die Villa des früheren Oberstaatsanwalts in Düsseldorf für 220 000 M., um darin einen S p i e l k l u b einzurichten, der ihm, ehe er ausgehoben wurde, ebenfalls viele Hunderttausende einbracht«. Mit diesem Geld kaufte der Angeklagte in Hamburg eins der größten Bordelle, welches ihm in jeder Nacht 15 000 M. einbrachte. Schließlich betrug das Ver- mögen des ehemaligen Ehaufeurs etwa 4 Millionen Mark Schließlich wurde die Kriminalpolizei aufmerksam und nahm eine Haussuchung vor, bei der 17 wertvolle Perserteppiche, mehrere Koffer mit Silber, und Koldsachen beschlagnahmt wurden. Preyll, der gegen eine hohe Kaution auf freiem Fuße be- lassen worden war, bestreitet jede Schuld, so daß zahlreiche Zeu- gen von außerhalb geladen worden sind. Die Verhandlung mußte jedoch in letzter Stunde vertagt werden, da die Verteidiger geltend machten daß Preyll, der Im Kriege«nen Stich in den Kopf er­halten hatte, an schweren Krampfanfällen leide und zurzeit nicht verhandlungsfähig sei._ Zum Raubmord bei KönigSwusterhansen. Durcki die Nachforscbuiigen der Kriminalpolizei ist eS bereits ge- lungert, die der Frau Kroll geraubten zum Teil sehr werlvollen schniucksackien wieder herbei zusckaffen. Da die Verhaftelen Täter. die Arbeiter Koppe und Freimund sicb gegenseitig die Hauptschuld zuschieben, fand zur restlosen Aufklärung des Verbrechens gestern wiederum ein Lokaltermin statt, an dem beide Täter vorgeführt wurden. ES ist festgestellt worden, daß die Schnur, die die Leiche, als sie vorgestern in dem Wasiertoch aufgefunden wurde, noch um den Hals geschlungen hatte, Eigentum des Freimund gewesen ist. Daraus ist zu schließen, daß er der Frau Krell die Schlinge um den Hals geworfen hat, als Koppe ihr mit den Händen den Hals umklammert hielt. Die täglichen Raubüberfälle.' Gestern abend unternahm der Kunstmaler Fritz Ascher aus Zehlendorf mit einer Dame einen Spaziergang. Als beide einen kleinen Teich zwischen Potsdamer Chaussee und Potsdamer Kreisbahn passierten, traten ihnen unweit des Rittergutes Düppel zwei junge Burschen von etwa 20 bis 25 Jahren entgegen und nahmen ihnen unter Vorhaltung eines Revolvers ein Marengo-Jackctt, einen ledernen Sport- gürtel, eine Damenuhr aus Tulasilbsr und 90 M. bares Geld ab. Dann verschwanden sie schleunigst. Der Kaufmann Fritz S e n ß aus Treptow wurde in der vergangenen Nacht gegen 12� Uhr

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Die Racher.. Roman von Hermann Wagner. 13. Es llopfte, und Prokop erschien lautlos im Rahmen der Reisner erhob sich rasch, grisf nach seinem Hut und fragte: Ist er fortgegangen?" Ja," antwortete Prokop.Er geht zupi See hinunter. Er will rudern."~ Wenige Minuten später war Reisner an der Seite des Herrn von Websnou. der seinen Gruß förmlich erwiderte und nicht geneigt schien, eine Unterhaltung anzuknüpfen. Reisner indessen klemmte sich mit d?r Kaltblütigkeit des Aelteren und Erfahreneren, dem die Ueberlegenheit etwas Selbstverständliches ist und der sich daher nichts vergeben kann, an ihm fest.Sie wollen rudern? Es würde mir Spatz machen, Ihr Partner zu fein. Nehmen Sie mich a"-" Herr von Webenau wich dem harten, fast drohenden Blick, der ihn traf, erschreckt aus.Gewiß," pflichtete er. ohne es im Grunde zu wollen, bei,warum nicht?" Sie lösten das Boot von der Kette und sprangen hinein. Reisner nahm die Ruder, Herr von Webenau setzte sich an das Steuer. Mit wenigen kräftigen Schlägen brachte Reisner das Boot vom Ufer weg.Es war einmal mein Ehrgeiz, gut zu rudern," sagte er,und ich glaube, ich habe es noch nicht verlernt.",. Er legte in scharfem, aber gleichmäßigen Tempo los und hatte nach wenigen Minuten die Mitte des Sees erreicht. Hier ließ er die Ruder plötzlich fahren und reckte,, gleichsam seine Kräfte prüfend, die Arme.Eigentlich bin ich nicht zu meinem Vergnügen mit Ihnen da herausyerudert," wandte er sich an feinen Partner.Im Gegenteil, ich hotte eine ganz bestimmte Absicht. Sie sollen mir Rede und Antwort stehen.., Kön- neu Sie schwimmen?" Nein," antwortete Herr von Webenau verdutzt, warum?" Weil,, v. doch das will ich Ihnen später sagen. Jetzt hätte ich einige Fragen an Sie. Dollen Sie sie mir be- antworten?" In das Gesicht Medcnaus kam eine leichte Röte. Man sah es ihm an, daß er sehr wohl spürte, wieviel er sich vergab, indem er auf eine Unterhaltung dieser Art überhaupt einging.

Aber irgendein dumpfer Zwang trieb ihn. Und so erwidert« er in dem unsicheren Ton eines überraschten Menschen:Das kommt auf die Fragen an, die Sie an mich stellen werden." Reisner lächelte und sah den anderen bissig an.Meine Frage ist delikat," sagt« er,und ich würde es begreifen, wenn Sie es ablehnen sollten, sie zu beantworten. Ich würde es begreifen, ja aber ich würde es nicht dulden!" Sie würden es nicht dulden?" fragte Herr von Webenau bestürzt.Was könnten Sie tun?" Reisner setzte eine Zigarette in Brand. Ich würde Sie. wenn Sie sich weigern, mir zu antworten, ins Wasser werfen," versetzte er voll Gleichmut. Herr von Webenau machte eine jähe Bewegung, so heftig, daß das schmale Boot ins Schwanken kam.Herr I" Beruhigen Sie sich," sagte Reisner.sonst ertrinken Sie, ehe ich erfahren habe, was ich unbedingt von Ihnen.wissen muß!" Er sog an seiner Zigarette, stieß den Rauch aus und betrachtete die glühende Spitze.Sagten Sie nicht, daß Sie nicht schwimmen könnten?" Sie sind unverschämt... Sie waren Offizier?" fragte Reisner scharf. »Ja!" »Dann warne ich Sie! Ich bin doppelt so stark als Sie, und es wäre mir ein Leichtes, Sie zu ohrfeigen, ohne daß ich Ihnen dann freilich Genugtuung geben kannte, denn ich bin nicht satisfaktionsfähig, ich habe wegen versuchten Totschlages vier Jahre Gefängnis verimßt!" Reisner machte eine Pause. Ist Ihnen der Fall klar?* wandte er sich ironisch an seinen Gegner. Herr von Webenau war leichenblaß geworden.Ja,... und ich fordere Sie deshalb auf, mich sofort an Land zu rudern!" Reisner packte mit beiden Händen fest die Ruder.Nicht ehe die Angelegenheit zwischen uns geschlichtet ist, die geschlich- tet werden muß!" Was wollen Sie von mir?" Eine Auskunft und ein ehrenwörtliches Versprechen. Welche Auskunst?" Reisner gab seiner Stimme einen scharf drohenden Don. Sie werden mir sagen, welches Ihre Absichten in bezug auf Frau Lucie Dlümner sind." Herr von Webenau zitterte am ganzen Körper und auf seiner Stirn perlten Tropfen.Mit welchem Recht---?" Das tut zunächst nicht? zur Sache! Klipp und klar for- dere ich Sie auf, mir mein« Frage zu beantworten!"

Ich weigere mich!" Reisner versetzte mit einigen starken Stößen das Boot in ein bedenkliches Schaukeln, so sehr, daß über den Rand der einen Seite schon Wasser in das Innere drang. Es sah nicht so aus, als ob er spaße. In seinen Gesten lag eine wilde Ent- schlossenheit.«Wollen Sie ertrinken?"- Herr von Webenau hielt sich krampfhaft fest. Er war nicht feig, doch hier, so schien ihm, befand er sich einem Un- geheuer gegenüber.Sic sind ein Verbrecher," lispelte er. Vielleicht," gab Reisner kühl zu,und deshalb rate ich Ihnen, mich nicht zu reizen!" Meine Absichten sind ehrliche," sagte da Herr von We- benau tonlos,es ist mein Wunsch, Frau Lucie Blümner zu meiner Frau zu machen." So?" Reisner grinste. ,:Der Fall, Verehrtester, liegt für Sie um so schlimmer, wenn Sie das wollen. Ich werde das nicht zugeben." Was geht Sie es an?" In der Frage lag mehr Er- ftauntsein als Empörung. Da wurde Reisner mit einem Male ganz ruhig. Er sah den anderen ernst an. Er sagte:Wollen Sie mir ver- sprechen, auf mich zu hören, wenn ick Ihnen das erkläre?" Er machte eine Pause, wie um das Maß des Widerstandes zu er- gründen, das dieser gut erzogene, aber unerfahrene und naive junge Mann aufbringen könne.Ich schicke dabei voraus, daß ich nicht Ihr Böses will, freilich ebensowenig Ihr Gutes, da Sie mir natürlich vollständig gleichgültig sind, ich handle vielmehr im Interesse eines Dritten!... Sind Sie geneigt, mich anzuhören?" Reden Sie!" sagte der andere heiser. Reisner trieb mit einigen Ruderschlägen das Boot noch »veiter auf den See hinaus. Dann entledigte er sich seines Rockes und tauchte beide Hände in das Wasser, denn die Sonnenstrahlen troffen glühend auf den blauen Wasserspiegel nieder, den kein Lufthauch wellte. Hören Sie. junger Mann," wandte sich Reisner ohne jede Schärfe wieder an seinen Partner,waren Sie der Mei- nung, daß es nur Spaß war. als ich Ihnen vorhin damit droht«, Sie ins Wasser zu werfen?" 'Sie würden sich sehr gehütet haben, das zu tun. ant- wartet« Herr von Webenau finster, Warum?" Weil Sie als ein Gebrannter wohl Angst gehabt hatten, noch einmal ins Zuchthaus zu kommen," stieß jener hervor. (Forts, folgt.)