!Tt. 341 4 Z 8. Jahrgang
Heilage öes Vorwärts ■i.- TjasKS--
Frettag, 22.?uU l§2l
Die /irmen von Groß-Serlin. Erhöhung der Armenunterstützungshöchstsatze umtvvProz. Don Stadterordnetem Hugo Subke. Wir gebe» den Aasführitugen de» Stadtv. fflcn. Snike um f« lieber Raum, als fic u. o. auck) nachweisen, daß das Geschrei der tlirgerlidjen Dresse iiber die kostspielige Wirtschaft der Stadt Berlin viilllg unbegründet ist. Eher ist das Gegenteil der Fall. D. Red. In der Sitzung der Stadwerordnetenversommlung vom IK.Iuni wurde der Beschluß gefaßt, die Höchstsätze der Armenunterstützung um 100 Proz. zu erhöhen. Damit ist nun freilich nicht gesagt, daß die zurzeit gezahlten Armenunterstützungen um das Doppelte er» höht werden, aber die Armenvorsteher können— vorausgesetzt, daß der Magistrat dem Beschluß der Stadtverordnetenversammlung bei- tritt— nun ohne Genehmigung der Kreisversamm» l u n g bis zu dieser Grenze gehen. Wenn man in Betracht zieht, daß hier in Berlin der Höchstsatz der Armenuntcrstützung, welcher ohne Genehmigung der Krcisversammlung für eine alleinstehende Person bewilligt werden konnte, nur 70 M. und für ein alleinstehendes Ehepaar nur 140 M. pro Monat betrug, so ist dies ein tief- trauriges, ja beschämendes Bild. In anderen Städten sind die Sätze bedeutend höher. Recklinghausen z. D. zahlt für eine olleinstehende Person 160 M. und für jedes weitere erwachsene Familienmitglied 120 M. pro Monat mehr. Außerdem werden noch ganz bedeutende Eonderunterflützungen geleistet. In Kiel beträgt der Höchstsatz für eine olleinstehende Person 120 ÜDl, für ein alleinstehendes Ehepaar 240 M. Alsdann wird für die Wintermonate noch extra ein monatliches Feuerungsgeld von 30 M. gewährt. Zu Weih- nachten erhält die alleinstehende Person 100 M. und das Ehepaar 1S0 M.— Frankfurt a. M. zahlt für die alleinstehende Person 220 M., für ein Ehepaar 310 M.! ferner werden ziemlich beträcht- liche Mietzuschläge gewährt, die erst jetzt wieder um 33% Proz. erhöht worden sind. Demgegenüber betrugen die für Berlin fest- gesetzten Höchstsätze für die einzelne Person 70 M., für ein allein- stehendes Ehepaar 100 M., für ein Ehepaar mit 1 Kind 120 M, mit 2 Kindern 140 M. im Monat. Man unterscheidet nun Gemeinden, die hohe, und solche, die niedrige Unterstützungssätze— je nach ihrer finanziellen Lage— zahlen. Aus den angeführten Beispielen kann man ersehen, daß Berlin nicht nur zu den Gemeinden gehört, die niedrige Unter- stlltzungen gewähren, sondern unter diesen auch am schlechtesten da- steht. Es wird nun eingewendet, daß die Höchstsätze ja noch gar nicht erreicht und im Durchschnitt nur 4S M. pro Monat gezahlt werden. Man kann dieses aber nicht daraus zurückführen, daß in Berlin keine dringende Not vorhanden ist, sondern daraus, daß mit allen Kräften danach gesttebt wird, so wenig wie irgend möglich an Unterstützungen zu zahlen. Nun wird auch darauf hingewiesen, daß ja die Armenvorsteher das Recht haben, mit Genehmigung der Kreisoersammlung über die bisherigen Höchstsätze hinauszugehen. Don diesem Rechte ist bei 27 000 Armenrentnern in nur 1200 Fällen, also knapp 4L Proz., Gebrauch gemacht worden. Die Not der Armenrentner— so wird von bürgerlicher Seite behauptet— könne also nicht so groß sein: sie müssen noch anderweitige Einnahme- quellen haben, denn sonst würden sie viel eindringlicher vorstellig werden. Diese Auffassung ist falsch. Wer die verzweifelte Lage, wer Not und Elend der Armenrentner kennt, und wer den hier er- freulicherweise noch vorhandenen Menschenstolz richtig einschätzen .jann, der weiß, wie ungeheuer schwer es gerade diesen Menschen fällt, immer wieder und wieder zu bitten und zu betteln. Armen- Unterstützung in Anspruch zu nehmen, ist für diese Leute das schlimmste: ste hungern, darben und entbehren lieber, ehe sie der Wohlfahrtspflege zur Last fallen wollen. Das Vorgehen mancher Armenvorsteher trägt an diesem Uebelstand auch ein gut Teil Schuld. Den Bedürftigen aber muß klar gemacht werden, daß es keine Schande ist, Armenunterstützung in Anspruch zu nehmen. Wer in Not und Elend geraten ist, wer ein ganzes Menschenleben hindurch gearbeitet hat und nun krank und erwerbsunfähig geworden ist,
hat ein Recht auf Hilfe. Wir aber, Staat und Kommunen, hoben die Pflicht und Schuldigkeit, für unsere hilfsbedürftigen Mitmenschen voll und ganz eintreten. Nun wurde auch in der Stadtverordnetenversammlung von demokratischer Seite darauf hingewiesen, daß ein Drittel der Armen- geldempfänger auch Renten aus der Sozialversicherung beziehen und diese sich daher bedeutend besser stellen, betragen doch heute diese Renten im Durchschnitt zirka 90 M.. sind also ziemlich ansehnliche Beträge, die bei der Gewährung von Armenunterstützung nur mit der Hälfte der eigentlichen Grundrente<d. s. ungefähr 10 M.) in Anrechnung gebracht werden. Das Bestreben der Berliner maß- gebenden Stellen geht nun dahin, die Renten mit Zulagen und Bei- Hilfe ganz oder zum überwiegend großen Teil bei der Bemessung von Armenunterstützungen in Anrechnung zu bringen. Das be- deutet aber eine Verschlechterung der schon ohnehin äußerst traurigen verhällnisse der Armenrentner. Die Reichsregierung hat, wenn auch leider noch nicht im genügenden Maße, erkannt, daß die Renten aus der Sozialversicherung bei weitem nicht ausreichen, um den heuttgen Teuerungsverhältnissen Rechnung zu tragen, und hat des- halb Zulagen und Beihilfen gewährt. Es geht nun aber nicht an, daß die Gemeinden auf Kosten des Reiches sich den Unterhaltungs- pflichten für ihre erwerbsunfähigen, bedürftigen Mitbürger ent- ziehen. Niemand hätte mehr ein Interesse daran, darauf bedacht zu fein, dermaleinst Invalidenrente usw. zu beziehen. Dieses hat auch einer der trefflichsten Kenner der Armenpflege, Stadttat Münster- berg, erkannt. Er schreibt in seinem einführenden Werk.Die Armenpflege�, S. III:.Ich habe es immer für entsetzlich hart ge- halten und für das am besten geeignete Mittel, den Leuten die Freude an den Errungenschaften der Versicherungsgesetzgebung zu vergällen..."—.Gewiß wird man den Bezug der Rente nicht ganz außer acht lassen dürfen: aber man wird sie nicht einfach ab- rechnen, sondern in billiger Weise berücksichtigen, also je nach den Umständen einen mehr oder weniger großen Teil der Unterstützung daneben fortbestehen lassen, damit die Rente als das empfunden werde, was sie fein soll, als Wohltat."— M. E. ist die Auffassung Dr. Münsterbergs dahin zu erweitern, daß Renten aus der Sozial- Versicherung erst dann zum Teil angerechnet werden dürfen, wenn ein Existenzminimum gegeben ist. Aufgabe der sozialdemokratischen Dertteter in Staat und Kom- mune wird es sein, auch für die Erwerbsbeschränkten und Erwerbs- unfähigen ein bestimmtes Existenzminimum zu schaffen. Einen kleinen Schritt vorwärts in dieser Richtung bedeutet die Erhöhung der Armenunterstützungshöchstsätze um 100 Proz. Die Pflicht der sozialdemokratischen Stadtoerordnetenftaktion aber Ist es, dafür ein- zutteten, daß die Armenvorsteher von den ihnen gegebenen Rechten den ausgiebigsten Gebrauch machen. Die Armenvorsteher sollen es nicht als ihre Aufgabe bettachten, mit.ihrem Bezirk gut obzu- schneiden", d. h. möglichst wenig auszugeben, sondern sie sollen in erster Linie auf das Wohl der Bedürftigen bedacht sein. Nur so wird es möglich fein, auch für die Alten, Siechen und Schwachen einigermaßen menschenwürdige Verhältnisse zu schassen.
GroßSerlln Zerienwanüerung. Durch das Ruppiner Land nach Meckfenbwrg. In Neuruppin , der Heimatstadt des Altmeisters märkischer Wanderei, Theodor Fontane , beginnen wir unsere Ferienwande- rung. Vom Rheinsberger Tor auf schattiger Chaussee zur See- Promenade, die zum Ruppiner See führt. An der Nordspitze des Sees Alttuppin. Weiter gen Nord an der Niederung des Rhins nach Neumühle und auf dem Ostufer des Molchowfees nach Mol- chow, ein ausgeprägtes Runddorf. Hier beginnt die Ruppiner Schweiz . Ueber das Verbindungssließ des Malchow - mit dem Tetzensee und weiter auf dem Westuser dieses Sees gen Nord. Durch
schönen Mischwald an Stendenitz vorbei zu« Zermützelse«, buchten- und halbinselreich, und von bewaldeten Höhen umrahmt. In der Nähe die Kellen, zwei kleine Seen, von kieser. und buchenbestan- dnen Höhen umgeben. Bei Forsthaus Rottstiel über das Fließ zum Tornowsee. Durch reinen Buchenwald zur Bollenmühle, an der Einmündung des Binenbochs in den Tornowsee. Auf dem West- ufer des Dachs zum Äalksee, auf dessen Ostufer Binenwalde llegt. Don Binenwalde über hügeliges Gelände nach Zühlen und Rheinsberg . Wir find im Gebiet einer Endmoräne, die sich an der t>üdgrenze von Mecklenburg erstreckt, daher starke Geschiebe- bestreuung. Durch den Rheinsberger Park und den Buberow nach Zechliner Hütte. Von hier gen Südost über Forsthaus Bärenbusch zum Nehmitzsee und Großen Stechlinsee. Auf dem Westufer dieses sagenumwobenen Sees gen Nord und weiter über Groh-Menow und Priepert nach Ahrensberg . Die mecklenburgische Grenze haben mir überschritten. Aus den zahlreichen Seen kommen die Ouellflüsse der Havel . Durch Wald und Wiesen, an Seen und Brüchen vor- über nach Neustrelitz , am Zierker See gelegen. von Neustrclitz führt die Chaussee nach dem nur wenige Kilo- meter entf.wnten Schwesterstädtchen Lltstrelitz. Ueber Kurhaus Domjüch noch Fcrsthaus Serrahn. Wir sind jetzt im Wildpark, ein prächtiges Waldgebiet in äußerst hügeliger und seenreicher Gegend. Auch Schwarzwild hält sich hier aus. Di« groß« bobissche End- moräne, die sich von Schleswig bis Kurland verfolgen läßt, der bal- tische Höhenrücken, zieht sich hier hindurch. Am Südende des Schweinegartensess vorüber nach Goldenbaum. Gen Südost zur Goldenbaumcr Mühle und auf dem Westuser des Mühlenteiches zur Steinmühle. Wir wandern immer im Bereich der Endmoräne. Auf der Höhe der Berge ist Block an Block gehäuft. Nördlich des Weges liegen die Warsberge, 141 Meter hoch. An Koldenhof und dem Dolgener Teerofen vorüber zu den»Heiligen Hallen", ein Buchenwald , dessen schlanke Stämme zu beträchtlicher Höh« aufragen. Sobald wir den Wald verlassen, sehen wir den ganzen weiteren Verlauf der Endmoräne. Die Aecker gehen auf beiden Sellen bis dicht an den Kamm heran. Große Steinhaufen und Steinwäll« find am Wege und auf den Feldern aufgetürmt. Der Steinreich- tum ist so groß, daß ein Schotterwert angelegt wurde, in dem d'.« Geschiebe zu Schotter für Chausseen und Eisenbahnen verarbeitet werden. Bald haben wir Fcldbcrg erreicht, ein Flecken, der schon im 14. Jahrhundert als eine der Burgen des Landes Stargard genannt wird. Feldberg hat eine sehr schöne Umgebung; viele Seen liegen hier. Besonders hervorzuheben ist der Schmale Lucin. Er ist ein echter Rinnensee, tief eingebettet zwischen hohen, stellen Usern. Bei einer Länge von etwa 6 Kilometer ist er nur 300 bis 500 Meter breit, er machr den Eindruck eine» Flußlaufs. Von Feld- berg führt eine Eisenbahn noch Neusttelitz. Die Wanderung hat eine Gesamtlänge von etwa IIS Kilo- meter, sie läßt sich in fünf bis sechs Tagen gut ausführen. Der Fall Nuüolvh-JranHke. Eine magiskalsoffiziSse ErklSrung. Das Nachrichtenamt des Berliner Mazistrals verbreitet folgende Erklärung: Am 8. Januar d. I. reichte ein Dr. Rudolph mit einem kurzen Lebenslauf ein Gesuch um Beschäftigung im Gemeindedienst ein. Der Lebenslauf besagte daß der Bewerber 1890 geboren sei. Rechts- Wissenschaft und Volkswissenfchaft studiert sowie das juristische Doktorexamen bestanden habe und daß er ferner bis Kriegsausbruch wiffenfchafllicher A-sistent im Dolkswirtschaftlichen Seminar der Universität Breslau gewesen sei. Weitere Angaben betrafen seine Tätigkeit in Friedenszeiten sowie feine militärische Betätigung wäh» rend des Krieges. Der Lebenslauf besagte ferner, daß der Be- werbe? vom November 1K18 bis Mai 1919 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amt tätig gewesen sei und im Mai 1919 bei der Waffenstlvstandskommifsion das selbständige Referat „Wiederaufbau" übernommen habe. Letztere Angaben wurden be- legt durch ein Zeugnis des Vorsitzenden der Deutschen Waffenstill- standskommisston Dr. Wilms vom 9. Januar 1920.
S?s
Die Rächer. Roman von Hermann Wagner.
»Wer kann behaupten, daß ich schuld habe," sagte fi*»wo ich doch kaum wußte, daß es außer'der meines Mannes noch eine Schuld gab? Als es geschehen war, da lähmte mich nur bleiches Entsetzen, denn ich konnte mir sagen, daß ich es wohl traumhast erhofft hatte,... so wie wir oft von Dingen träumen, von denen wir mit Bestimmtheit wissen, daß sie sich nie ereignen werden,... daß ich es aber nie bewußt gewollt hatte... Und doch war es über Nacht gekommen. Es war ein furchtbares Erwachen." Dann sprach sie, nach einem Aufatmen, mit dem sie die Erinnerung an das brutal Gewaltsame von sich abschüttelte, von Lehrens, und in ihre Stimme kam ein milder Ton, ein Ton der Dankbarkeit, die in ihr nachzitterte und die doch nicht so stark wie ihr Lebenswille war, der sich nicht länger mit etwas verketten wollte, das vorbei, das für alle Zeiten in ihr ausgestrichen war. »Wir Frästen," sagte sie,„können nur leben und gedeihen, wenn uns Zärtlichkeit und Liebe einhüllen, die all unser Böses verdecken, die es ersticken, so daß es nicht wachsen kann... Es war eine Torheit von mir, daß ich mir einen Menschen aufdrängen ließ, wie es mein Gatte war. Er alterte und neidete mir deshalb meine Jugend, in der er seinen Feind witterte und die er erdrosseln wollte, obwohl sie doch mächtig genug war, sein eigenes Leben zu zerbrechen. Es war ein Kampf zwischen uns, der auf Tod und Leben ging und in den dann der andere eingriff, der so sehr Mann, der so stark war, daß ihn sein Alter nicht hinderte, sich vor meiner Jugend zu beugen... Wenn ich ihn auch nicht liebte, so wärmte ich mich doch an der Liebe, die mir aus seinem Hexzen w lichten Flammen entgegenschlug, denn ich fror in jener Zeit, die niemals Sonne für mich hatte... Das ist jetzt vorbei. Ich bin stei und reich und ich fühle, daß ich noch jung bin. Ich habe alle Erinnerungen an die Vergangenheit in mir ausgemerzt, sie drücken mich nicht mehr und ich fürchte mich vor keinen Schatten.,, Ich will leben, denn ich bin jung und stark!" An diesen ihren Worten entzündete sich auch seine?han- tasie, und er erzählte ihr, was er selbst noch vom Leben er- wartete. Die tiefe Stille im Zimmer erschien ihm wie der weiche, endlose Raum eines nächtlichen Traumes vom Glücks Alles Unwahrscheinliche blühte hier zur Selbstverständlichkejr auf, alle Enge und Schwere war aufgehoben, das Abenteuer- liche bekam den Zug des Natürlichen und Wahren. Er beichtete chr von seiner Sehnsucht, reich zu werden, st» nrt-fr und daß es dann nur wie«tue automatische
Folge und Selbstverständlichkeit war, wenn er sich aus der dürftigen Zusammengehörigkeit der plumpen Masse löste, sich über sie erhob, jie nach Gutdünken lenkte und gebrauchte, als ein Halbgott, der sich nur selber verantwortlich war. Der Anfang war gemacht, er stand aus einem Grund, der schon so sest war, daß er es wagen durste, ein kühnes Gebäude daraus zu errichten, ein Gebäude, das himmelwärts strebte und das alles andere überragte. Er fei nicht furchtsam, denn er fühle, wie er mit seinem Ziel wachse, das ihn nur um so stärker machte, je höher er es hinaufschraubte. „Aber ich bleibe doch arm," sagte er.„und mein Leben wird zwecklos, wenn Sie mir nicht die Hand geben, um mich zu führen!" Er war an der Glut seiner eigenen Worte entbrannt und spürte, wie das Feuer, das in ihm aufschoß, auch aus sie über- griff, wie es auch sie in Flammen setzte, die nur darauf wartet«, zu brennen, in oer, wie in ihm, der Wunsch war, alles Alte. Unzulängliche und Kleine von diesem Feuer verzehren zu lassen, das zugleich den Willen nach Neuem und Starkem härtete. Er trat hinter sie. legte leicht seine Lippen auf ihr Haar und bettelte:„Wollen Sie mir helfen?" Sie zögerte erst lange, zu antworten, doch dann fragte sie:„Was schlagen Sie mir vor?" Sie duldete dabei seine kaum wahrnehmbar« Liebkosung, ste berührte sie sogar ange- nehm, denn es entging ihr nicht, wie alles in ihm dahin drängte, sich ihr zu schenken. „Ich schlage Ihnen vor, mich zum Mann zu nehmen." sagte er, wobei sich seine Lippen sellsam verzerrten, in einem Schmerz, dessen Süße seinem Blut den Lauf hemmte.„Das schlage ich Ihnen vor,— nein, darum bitte ich Sie!" „Erhoffen Sie sich viel davon?" fragte ste. „Alles erhoffe ich mir davon," antwortete er behutsam, so, als müsse er jedes einzeln« Wort, das er sage, erst wägen. „alles. Sagten Sie vorhin nicht selbst, daß Sie die seien, die ich brauche?.... Und ich? Werde ich Jynen nie etwas be» deuten? Berachten Sie mich noch?" Sie hob die Arme und legte sie von rückwärts auf leine Schultern, ihn so tiefer zu sich herabziehend.„Nein," sagte sie,„ich verachte Sie nicht." „Und werden Sie mich— vielleicht— einmal... lieben?" „Vielleicht," sagte sie. Er spürte es, wie ihm ihr Atem entgegenwehte, und fragte:„Darf ich Ihren Namen nennen?" „Ja," sagte sie weich. „Lucie..." „Komm,— komm naher!"
„Darf ich dich küssen?" „Ja, küsse mich!"—
Ts war finster um ste. und die Zett rann lautlos an ihn« vorüber. Es war»im lange Spanne Zeit, denn«s
j schlug irgendwo plötzlich zwölf. Mehrere Stunden waren sie beisammen gewesen. „Die Klosterkirche," sagte sie,„es ist Mitternacht ." „Ein neuer Tag beginnt," sagte er, sich erhebend und aus ihren Armen lösend,„ein neuer Tag für mich!" „Füx uns beide," sagte sie,„ein neuer Tag für uns beide..." Sie ließ ihn hinaus. Prokop erwartete ihn noch und nahm ihm stumm die Kleider ab. „Du," sagte er zu ihm,„du,— du hast eine neue Herrin... Prokop antwortete nicht, sondern verbeugte sich nur mit einem respektvollen Lächeln,— einem Lächeln, das wissend war, obgleich es keinen Ausdruck hatte. IS. Der Mai ging seinem Ende zu, die Wiesen standen üppig und schrien nach der Sense, die Bäum« waren längst ver- blüht, setzten Früchte an, und die Schneemassen der hohen Tauern schimmerten bläulich durch die Dunstschleier der heißen Tage. An Neisner waren alle Sehnen gespannt, und er spürte. wenn er die Arme reckte, jenes prickelnde Verlangen des Körpers, das nach Betätigung drängt. Vier Jahre habe ich verschlafen dachte er, nun bauche ich vier Jahre doppelter Arbeit, um das nachzuholen, was ich versäumt habe. „Ich kann ohne Arbeit nicht länger sein," sagte er eines Abends zu Lucie,„wollen wir nicht unser Zelt abbrechen unv dorthin ziehen, wohin wir gehören?" Sie verstand iqn sofort und nickte ihm zu.„Wir reisen ab, sobald du Lust hast." „Morgen?" „Gewiß, morgen." Da gab er Prokop noch am gleiche« Abend Anweisung, die Koffer zu packen und für den nächsten Morgen einen Wagen zu bestellen, der sie nach Spittal zur Bahn bringen sollte, und als es dunkel war, stieg er in ein Boot, um ei« letztes Mal auf den See hinauszufahren, denn seine Arme brauchten Anstrengung und Bewegung und sein vor Freude wirrer Kopf sehnte sich nach der klaren und linden Nacht, über der der Himmel wie ein unermeßliches schützendes Dach hing, das von dem Glück und dem Friede« der Welt jede Störung fernhielt. Er ruderte weit hinaus, ließ dann die Ruder fahren, streckte sich im Boot aus, die Arme unterm Kopf kreuzend, und ließ die Augen in der schwarzblauen Wölbung ertrinken, in der« tiefste Tiefe sie hwabfa««. ohne doch je auf ein« Druod ga ftoßen,(Focfc fefeU