Nr. 343+ 38. Jahrgang all auf
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Groß- Berlin
Ein Hundebrief.
Beilage des Vorwärts
Auf die Plauderet in der Abendausgabe vom 21. Juft in uns geben, weil es eine nur zu sehr berechtigte Kritit großstädtischer
das nachstehende Schreiben zugegangen, dem wir gerne Raum Unfitten enthält.
Ihr lieben Menschen!
Am Donnerstag habt Ihr an dieser Stelle recht bewegliche Magen über„ Unsere lieben Hunde" geführt und uns gute Ratschläge erteilt, für die ich Euch persönlich sehr dankbar bin. Obwohl diese Notiz sehr spitfindig war, erkenne ich ihre Berechtigung durchaus an. Ich ärgere mich selbst immer über jeden ungezogenen Artgenossen, der der Ansicht huldigt, der Bürgersteig und jeder Korb vor dem Laden eines Grünframhändlers sei nur für ihn da. Wenn Ihr von uns aber Reinlichkeit verlangt, dann seid bitte so freundlich und geht uns mit gutem Beispiel voran. Ich will Euch einmal fagen, wie wenig Ihr dazu berufen seid, uns zu belehren. Jawohl! Das ist teine Hundefrechheit, sondern eine bittere Wahrheit. Menn ich durch die Straßen Berlins schlendere, dann muß ich mich in einem fort ärgern. Jeder Mensch, der sich bekanntlich einbildet, die„ Krone der Schöpfung" zu sein und uns„ elenden Biecher" verächtlich zur Seite stößt, nimmt für sich das Recht in Anspruch, in der widerlichsten Weise auf den Bürgersteig zu spuden, ohne daran zu denken, daß dadurch unter Umständen Krankheitsteime auf die Mitmenschen übertragen werden. Und wer von Euch hätte schon einmal auf der Straße Kirschen gegessen und die Steine nicht auf das Pflaster geworfen? Das tut Ihr alle, fast ohne Ausnahme. Und die alten Leute und die armen Kriegsbeschädigten fönnen ruhig darüber fallen und sich Arm und Bein brechen. Das kümmert Euch Moraipaufer wenig. Und wenn Ihr die Kirschentüte leer gegessen habt, steckt Ihr sie dann etwa in die Tasche? Nein, Ihr werft sie auf das Straßenpflaster, weil das wahrscheinlich nach Eurer Meinung sehr schön aussieht.
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gar
Neulich ging ich in den Grunewald . Aber wie sah es da aus! Soviel Stullenpapier, leere Konservenbüchsen und zerbrochene Bierflaschen, wie da herumlagen, gibt es- so glaubte ich bisher nicht. Offenbar wollt Ihr Menschen, wenn Ihr diese Ueberreste Eurer Mahlzeiten zwischen die Bäume oder an die Ufer der Grune waldseen streut, uns zeigen, wie groß Euer Reinlichkeitsgefühl und Eure Freude an der Natur ist.
So seht Ihr Menschen aus! Ich könnte Euch noch sehr viel mehr unter die Nase reiben, denn mein Vater, der in Bolizeidiensten steht, hat mir schauerliche Geschichten von Euch erzählt, die er auf feinen nächtlichen Patrouillengängen, vor allen Dingen in der Nähe fogenannter Bars und ähnlicher Dinge erlebte. Am anderen Morgen noch waren die Reste menschlicher Sauberkeit" auf dem Bürgersteig zu sehen. Aber genug! Beffert Euch und trachtet danach, daß Ihr ohne Tadel seid. Aber wenn Ihr Euch nicht sehr beeilt, dann werden wir Hunde Euch in allernächster Zeit in Puntto Eauberfeit tüchtig beschämen.
Ein herzliches Wauwau von Eurem
" P
Laps.
NB. Honorar verlange ich dafür nicht. Aber wenn Du nobel sein willst, lieber Vorwärts", dann fannst Du mir ja ein paar Kalbsfüße schicken, an denen ich mir meine Zähne ausbeißen fann, die mich jetzt gerade so sehr quälen. Euer Papiergeld mag ich nicht wegen der Reinlichkeit.
Milde Richter.
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Ein findiger Geschäftsmann ist der Mineralwasserfabrikant Sirotta, welcher sich vor der Berufungsstraflammer des Land gerichts I zu verantworten hatte. Der Angeklagte, der meder lesen noch schreiben fann, war aus Grodno nach Deutsch land gelommen und hatte es hier verstanden, in verhältnismäßig furzer Zeit ein größeres Bermögen zu verdienen, welches es ihm fogar ermöglichte, hier Hausbefizer zu werden.
Uls S. sein Haus zu einem Eammelquartier für Russen und Galizier machte und nur an solche Wohnungen vermietete, während langansässige Berliner feine Wohnung befamen, erregte dies den
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12 Die Rächer.
Roman von Hermann Wagner.l
Glück ist Ruhe, dachte er, und in mir ist keine Empfindung so start wie die, daß mein Herz nach langen Kämpfen und Wirrnissen ruhen kann, daß es weder vorwärts noch rüd wärts schaut, sondern in sich selbst Genüge findet. Ich bin glücklich.
Er ließ diesen Gedanken nur zaghaft in sein Bewußtsein bringen, fürchtend, daß er, indem er aus der Nacht in den Lag trat, fich als ein Irrtum erweisen könnte, belacht von dem bleichenden Licht des Tages, das ihn zersezte.
Allein es war Nacht, nichts rührte sich, und er hatte feine Ursache, sich zu fürchten. Ein linder Wind streichelte das Waffer, das friedfertig mit ihm sprach und dessen Wellen ihm murmelnd darin recht gaben, daß er, wenn auch noch schüchtern, an sein Glück glaubte.
Er griff wieder in die Ruder und fuhr das Ufer an. Mit langsamen, zögernden Schritten ging er zum Seehof hinauf. Zwei Fenster im rechten Flügel waren noch erleuchtet. Sie, dachte er, fie.
Er gab Brotop den Auftrag, ihn zeitig zu wecken, schlief darauf die Nacht hindurch wie tot und machte frühmorgens noch einen raschen Spaziergang auf die nahen Hänge der Berge wo er, was er an Blumen fand, pflückte, um es Lucie beim Frühstück zu überreichen:
Gegen neun Uhr fuhr der Wagen vor, und es ging, als fie einstiegen, nicht ohne Umständlichkeiten ab, da der Wirt, deffen Hotel immer noch leer war, es für angebracht hielt, seine frühen Gäste besonders zu ehren.
Brotop faz neben dem Rutscher auf dem Bod; in seinem Geficht bewegte sich keine Muskel, als er die geröteten Gesichter des Dienstpersonals sah, das Spalier gebildet hatte und verschämt die Hände ausstreckte, die sich sofort trampshaft schlossen, sobald sie das schuldige Trinkgeld spürten. Sie fuhren den Lieferbach entlang, über das holprige Pflaster des Städtchens, an einem uralten Schloß vorbei, dessen vornehme, jedoch abbröckelnde Mauern von Tagen er zählten, die gewesen waren und die nie wieder famen.
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Alte Beiten," sagte Reisner,„ Erinnerungen an Gemesenes, Geschichte, die modert, ich liebe das, was lebt und leben macht! Mir wird es manchmal schon schwer, an solchen Stätten nur zu atmen. Alle Romantit steht mit einem Fuß schon im Grab."
Bon
Sonnabend, 23. Juli 1921
Unwillen der übrigen Hausbewohner. Eie beschlossen nachzuforschen, Ein empfehlenswerter" Uhrmacher. Die Kriminalpolizei bat auf welche Weise G. in so furzer Zeit ein Vermögen erworben den 45 Jahre alten Uhrmacher Friedrich Lieber, der im Hause hatte und entdeckten dabei, daß der Angeklagte ein recht einträg nnstr. 30 in Neukölln einen Uhrenladen mit Reparatur liches Geschäft betrieb, indem er Flaschenfästen umar- werkstatt betrieb, festgenommen und wegen gewerbsmäßiger Bebeitete". tigereien und Unterschlagungen den Gerichten übergeben. Lieber Der als Sachverständiger geladene Gefretär des„ Bereins Ber hat in zahlreichen Fällen Uhren, die ihm zur Reparatur übergeben worden waren, in Pfandleiben versetzt und die Pfandscheine ents liner Brauereien" befundete vor Gericht, daß die großen Berliner weder verkauft oder anderweit in Zahlung gegeben. Er wählte für Brauereien in Berlin täglich etwa 1 Million Flaschen Bier um diesen Zwed meist Uhren im Werte von 2000 m. bis 4000 m. aus, sehen, zu denen etwa 40 000 Flaschenfäften notwendig sind. Diese während er fleinere Objekte der Kundichaft zurückgab. Viele GeKästen, die heute pro Stück zirka 60 M. foften, waren in ichädigten haben von Erstattung einer Anzeige abgesehen, weil sie geradezu auffälliger Weise verschwunden, so daß bofften, auf gütlichem Wege wieder zu ihren Eigentum fommen zu den Brauereien ein erheblicher Schaden entstanden sei. jenen Hausbewohnern war nun beobachtet worden, wie der An- tönnen. Lieber, der dem Trunte ergeben ist, hat alles durchgebracht geflagte durch Abhobeln die eingebrannten Namen Schultheiß, und nennt heute nichts mehr sein eigen. Bogenhofer u. a. entfernte und sie mit seinem eigenen Namen ver- Gentlemen- Verbrecher. Gestern abend gegen 9 Uhr wurde der fah, um dann damit einen schwunghaften Handel zu treiben. Vor 22jährige Wächter der Technischen Nothilfe Kalies Hunisdem Schöffengericht hatte Rechtsanwalt Bahn den Beweis dafür bauer in seiner Wächterbude im Hause Birkbuschstr. 79 in Steglig angetreten, daß diese Kästen in der Zeit der Kohlennot vielfach als von zweit unbekannten, elegant gefleideten Männern überfallen, Brennholz verwandt worden seien. Das Schöffengericht erkannte nachdem sie seinen Wachhund vergiftet hatten. Sie fefielten und deshalb nur auf 1 Monat Gefängnis. Die von dem An- fnebelten ihr Opfer und ergriffen nach Diebstahl mehrerer Autogeflagten hiergegen eingelegte Berufung wurde von der Straf- reifen die Flucht. Dem Ueberfallenen gelang es, sich gegen 111, Uhr fammer mit der Begründung verworfen, daß die Strafe schon milde nachts seiner Fesseln zu entledigen, worauf er sogleich der Rathausgenug sei. wache in Stegliz Mitteilung von dem Ueberfall machte. Bisher hat man noch feine Spur der Täter finden können.
Der Gefangene als Schutzpatron.
Beim Baden erfrunten. Gestern mittag nahm das Dienst Eine recht sonderbare Geschichte tam gestern in einer Anklage mädchen Charlotte Gülland aus der Mozstraße im Teufelsfee wegen Gefangenenbefreiung von der 3. Ferienstraffammer im Grunewald ein Bad. Plöslich ging fie unter und fam nicht anstaltswachtmeister Frih Dahlenburg vom Untersuchungs- burg sprang ihr sogleich nach und holte sie heraus, doch war der des Landgerichts III zur Verhandlung. Angeflagt waren der Straf - wieder zum Vorschein. Der Arbeiter Bartling aus Charlottengefängnis Moabit und der Hilfsaufseher Otto Rohde vom Festungs- Tod bereits eingetreten. gefängnis Spandau. Beide wollten eines Tages in Gemeinschaft mit einem Strafgefangenen Krüger in Spandau Fleisch für die Befangenen besorgen. Bei dieser Gelegenheit tranfen fie in zwei Schantwirtschaften mehrere Rognafs und der Gefangene soll dabei unbeaufsichtigt vor der Türe gewartet haben, so daß er ausreichende Gelegenheit zur Flucht gehabt hatte. Er ist jedoch nicht entwichen, sondern foll unter dem Gelächter der Straßenjugend seine beiden Wächter, die völlig betrunken gewesen sein sollen, ins Gefängnis zurüdgebracht haben.
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Die Angeklagten bestritten jedwede Pflichtverletzung, der Staatsanwalt hielt jedoch eine exemplarische Strafe für geboten und beantragte gegen Rohde 6 Monate und gegen Dahlen burg 4 Monate Gefängnis. Darstellung des Gefangenen als völlig unglaubwürdig und betonte, Der Verteidiger bezeichnete die daß Dahlenberg an jenem Tage keinerlei Aufsichtspflicht gehabt, son: dernn fich lediglich habe orientieren wollen. Der Staatsanwalt ermäßigte darauf seinen Strafantrag gegen Rohde auf 6 Wochen, gegen Dahlenburg auf 4 Wochen Gefängnis. Das Gericht beschloß, da das Beweisergebnis für eine Berurteilung feinen Anhalt biete, weitere Ermittelungen anzustellen, auch soll der ehemalige Strafgefangene Krüger, der sich jetzt in Ostpreußen aufhält, mit Rüdlicht auf die Wichtigkeit des Falles persönlich an Gerichtssteile vernommen werden.
Bilderdiebstahl in der Nationalgalerie. Aus der Nationalgalerie wurde in einem Ausstellungsraum im zweiten Stock an der Ostseite von einem unbekannten Diebe ein Gemälde von Peter Becker , Eichelsachsen in der Wetterau" darstellend, gestohlen. Das Bild befand sich in einem Goldrahmen und mist ohne Rahmen 0,14 x 0,32 meter.
Keine Tariferhöhung bei der Eisenbahn . Die Deffentlichkeit wird immer wieder durch Gerüchte über bevorstehende Tarif erhöhungen Hei der Eisenbahn beunruhigt. Demgegenüber wird amtlich festgestellt, daß im Reichsverkehrsministerium eine Erhöhung der Tarife im Personen- oder Güterverkehr zurzeit nicht erwogen wird.
werden wir um Veröffentlichung nachstehender Notiz erfucht:„ Um Vom Bezirksbetriebsrat beim Hauptversorgungsamt Berlin den sich häufenden Beschwerden gegen die Berforgungsbehörden auf den Grund gehen zu können, werden die die Versorgungsämter aufs fuchenden Kriegsbeschädigten bzw. Hinterbliebenen gebeten, sich in Fällen von unfreundlicher Behandlung oder schlechter Abfertigung unmittelbar an den Betriebsrat des in Frage kommenden Amtes unmittelbar an den Betriebsrat des in Frage kommenden Amtes wenden zu wollen."
Der 16. Kreis feiert am Sonntag nachmittag im herrlich an der Mügeel und an der Spree gelegenen Restaurant Müggelfchlößchen ſein Sommerfest. Die Geroffen der Orte Köpenid, FriedrichsDer Ausschuß der Studentenschaft. Den Shibenten geht's nicht hagen, Grünau , Schmödwig, Rahnsdorf und Heffenwinkel, die den gut. Auch den Berliner Studenten nicht fagt man; fagen fie 16. Streis bilden, haben große Borbereitungen getroffen, das Feft zu selbst. Biele hungern... jagt man. fagen fie felbft. Nun fam einem Boitsfest der SBD. zu gestalten. Die 25 Mufifer starte Der Tod der ehemaligen Kaiferin. Da faßte der Ausschuß der Orchesternereinigung Friedrichshagen bietet das Gartenkonzert, vier Studentenschaft an der Universität Berlin, ungeachtet des Protestes Gesangvereine, zwei Turn- und zwei Schwimmvereine mirfen mit. der sozialistischen Studentenschaft, den Beschluß, aus allgemeinen Auf zwei Regelbahnen werden Breise ausgeschoben. Im Walde Mittein einen Kranz zu faufen. Er fostete nur 400 m. Dieser finden Kinderspiele und Preisfämpfe statt, die mit einem Fadelzug a Kranz nebst den daran hängenden Studenten wurde nach Botsdam enden. Wer am Sonntag einen Ausflua nach Friedrichshagen machen geschafft; per Auto, denn der Student ist zwar arm, aber die Wann will, gehe zu unseren Genoffen ins Müggelschlößchen. feebahn ist ihm zu schofel. Der ganze Spaß foftere 1550 M. und purde aus den allgemeinen Mitteln der Studentenvertretung bea ftritten. Die sozialistischen Studenten beschwerten sich beim Minister für Wissenschaft, Kunst und Boltsbildung und verlangten Aufhebung Religion. des Beschlusses. Es nüßte nichts. Die Sozialisten verlangten jetzt Im großen Sörfaal der Treptow - Sternwarte spricht am Mitt erneut in einer Sigung der Studentenvertretung, den Beschluß der Ausschußmitglieder für ungültig zu erflären. Der Antrag wurde woch, den 27. Juli, 7, 115 abends, Herr Mar Nentwich über Die nicht angenommen. Man muß fich in der Tat wundern über diesen erste Friedensfahrt nach dem sonnigen Süden". Ausschuß der Berliner Studenten, denn für 1550. hätten fich mal 75 arme Kommilitonen fo recht schön und rund herum fatt effen fönnen. Aber der Ausschuß war dagegen! Man wird sich diesen Vorgang zu merken haben, besonders dann, wenn in nationa liftischen Blättern in den beweglichsten Tönen über die Not ihrer" Studentenschaft gejammert und über das angebliche Wohlleben der Arbeiterschaft gezetert wird.
Wie als Beweis, daß die neue Zeit mit ihrem heißen Atem auch diesen stillen Ort anhauchte, erwartete die beiden auf dem Gleis des Bahnhofs schon die schwerfällig atmende, riesenhafte Lokomotive der Tauernbahn . Sie troff von Schweiß, ihre Nerven zitterten vor Erregung darüber, daß man sie festhielt, und rußige Männer mußten ihren glühenden Rachen stopfen. Endlich löste man ihre Fesseln, und sie schickte sich an, sich in Bewegung zu setzen. Sie tat es mit feuchender Anstrengung, fnurrend und Unmassen von Dampf und Rauch ausfpeiend, wobei aus ihren schnaubenden Nüstern rote Funken stoben.
„ Alles Reisen ligelt die Nerven," sagte Lucie,„ und verfetzt sie in einen Zustand von Spannung, nach dem ich manch mal geradezu hungere. Nahezu zwei Jahre war ich auf Reifen."
" Und bist doch nicht müde geworden?" fragte Reisner. " Nicht müde, doch eines stillen Winkels bedürftig, in dem ich mit Ruhe abwarten fann, was noch tommt... Denn immer dente ich, daß mir das Leben noch viel bringen muß." " Noch vieles," stimmte er ihr bei, wir müssen nur wollen."
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Sie hatten beschlossen, diesen einen Tag, der sich schön anließ, noch zu einer Dampferfahrt über den Wörthersee zu benutzen. In Veldes stiegen sie aus und aßen in einem Garten zu Mittag.„ Ein jedes hält uns für Mann und Frau, fagte er, ihr Bein eingießend." Bor vierzehn Tagen noch wäre mir das unfaßbar gewesen. Jekt erscheint mir alles natürlich. Es ist erstaunlich, wie wenig llebergänge das Leben nötig hat."
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Und doch bleiben wir immer die, die wir waren," sagte fie. Bir verändern uns nicht." Aber wir finden uns, nachdem wir Jahre damit zugebracht haben, uns zu suchen. Ueber Nacht finden wir uns. Ganz unerwartet fommt eine Stunde, die uns sagt: Jetzt haft du dich, der bist du, nur dieser eine!"
Sie faßen noch beim Nachtisch, als am westlichen Horizont schwarze Wolken aufzogen, die sich drohend zusammenballten, entschloffen gegen die Sonne vorzurücken, die zunächst nicht millens fchien, sich vertreiben zu lassen. Nach einer halben Stunde jedoch hatte das Gewölf die Oberhand, plöglich war der Tag in eine schwüle Dunkelheit getaucht. Ein prasselnder Regen stürzte nieder.
Sie erreichten gerade noch die Landungsstelle, um den Dampfer zu besteigen. Das Ded war mit Planen überdacht, auf denen der ungestüme Blakregen flatschend herumtanzte. Blige zuckten auf. gellende Schläge schossen nieder oder
Genoffe Pfarrer Bleier hält am Sonntagnachmittag, den 24. 7., in der Trinitatistirche, Charlottenburg. in der Nähe Untergrundbahnhof Bismarditrage, eine religiöse Feierstunde ab. Er spricht über den Wert der
Aus den Kreifen.
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Die Kreisverfrefertonferenz des 3. Kreises( Wedding ) fand am 18. Juli statt. Das einleitende Referat hielt der Vorsitzende des Kreises Genosse Friz Drews. In mustergültiger Weise be leuchtete er die Aufgaben des diesjährigen Parteitages unter besondumpfer Donner zog sich lang und grollend hin. In der Richtung auf Klagenfurt war es noch hell. Der Dampfer steuerte durch das gischende Waffer dieser Helle zu.
Während das Gewitter langsam abebbte und der Regen nur noch in dünnen Schnürchen herabfiel, saßen sie, die Gummimäntel bis an den Hals hinauf geschlossen, an Deck und sogen die Luft ein, die mit einem Mal eine prickelnde Bürze hatte. Der Dampfer fuhr gleichsam nur für fie allein. Das halbe Dußend der übrigen Fahrgäste war in die Wirtschaft hinunter geflohen.
Die Landschaft glitt mit stummer und wie verwunderter Langsamkeit an ihnen vorüber. Reisner rauchte. Lucie hingegen gab einen ausführlichen Bericht über ihre Reisen, die Wochen der verflossenen zwei Jahre mit Zärtlichkeit festhaltend, denn es war feine einzige unter ihnen, die nicht wenigstens etwas dankbarer Erinnerung Bertes gebracht hatte.
Sie hatte, nachdem ihr Prozeß entschieden war, feine Woche mehr in ihrer Vaterstadt verweilt. Für ihre Angehörigen war sie die, die einen Namen von Klang unmöglich gemacht hatte, was alle diese Leute indessen nicht hinderte, fie materiell in Anspruch zu nehmen.
Ueber diesen Bunkt glitt sie mit fühlem Spott hinweg. Sie begriff nicht, wieso man Menschen dieserhalb hassen konnte, die doch nur beschränkt waren und die man wenn es einen nicht langweilte, sogar komisch finden und belachen konnte.
Ihr Mann, der ohne Anhang gestorben war, hatte ihr soviel an Vermögen hinterlassen, daß ihr allein die Zinsen in überreicher Weise die Möglichkeit gaben, das luxuriöse Leben einer unabhängigen Dame der oberen Zehntausend zu führen. Es litt sie in Deutschland nicht länger als einen Tag, und sie ging, der Laune des Augenblicks folgend, daran, eine Reise anzutreten, für die fie fich gar feinen Plan zusammengestellt hatte. Sie wollte heute da fein, ohne au missen oder darüber nachzudenken, wohin sie der nächste Tag führen würde.
Sie fuhr nach Paris , reiste in den französischen Süden hinunter und durchquerte das ganze Land von neuem, da sie plötzlich die Lust verspürte, die Normandie kennen zu lernen. Sie überschiffte den Kanal, lebte mochenlang in London wie eine Einheimische, tauchte dann für Tage in Schottland auf und begab sich sodann auf einem Schiff nach Norwegen , um hier in unbekannten Orten wie eine Einsiedlerin zu leben, bis sie wieder aufs neue die Sehnsucht packte, in einem dichten Menschenstrom unterzutauchen, worauf fie furz entschloffen auf einem der großen deutschen Schnelldampfer nach Amerika fuhr. ( Forts. folgt.)