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Heilage öes vorwärts

Mlttwoch, Z. August 1921

Hausfrau und Luxus. Von Anna Blas. Bei einem gesunden Volke ist auch der Luxus gesund, bei einem kranken Volke krankhaft. In der Geschichte eines jeden wirtschaftlichen Institutes läßt sich die Geschichte des oergange- nen Volkes, gleichsam in verjüngtem Maßstabe, wiedererkennen. Solange der Wohlstand eines Volkes wächst, pflegt auch seine Kon- sumtion zu wachsen. Der Verfall beginnt, wenn bei stillstehendem oder gar abnehmendem Wohlstande die Konsumtion zu wachsen fortfährt. Alsdann ist jeder Luxus unklug. Nun pflegt aber der wirtschaftliche Verfall eines Volkes von dem moralischen und politi- schen selten getrennt zu sein. Bei verfallenden Nationen ist der Luxus daher in der Regel auch unsittlich." Wie ein Menetekel starren mich diese Worte des National- ökonomen Roscher an, als ich gerade im Begriff bin, über das ThemaHausfrau und Luxus" zu schreiben. Es ist ein Thema, das jetzt viel behandelt wird, namentlich in Versammlungen, welche die Berufsorganisationen der Hausfrauen in den Städten einberufen. An die Spitze sollte man die Frage stellen:Was ist überhaupt Luxus?" Und diese Frage ist kaum zu beantworten. Was dem einen das Selbstverständliche scheint, bedeutet dem an- deren schon unerschwinglicher Luxus. Johanna Kinkel schrieb ein- mal, wie gut es doch die Reichen hätten, die wenigstens im Bett bleiben könnten, wenn sie krank wären. Krankheit ist für viele Arme Luxus, leider ein Luxus, der sich nicht vermeiden läßt. Und so gibt es auch vieles, was Arme als Luxus ansehen müssen und was für die Gesundheit so notwendig ist, wie z. B. Bäder, Er- holungszeit, häufiger Wäschewechsel, Butter, Eier, heute sogar Milch. Als Luxus sollte man nur bezeichnen, was über die notwendig- sten Lebensbedürfnisse hinausgeht, zu denen gesunde Wohnungen, ausreichende Nahrung, saubere Kleidung u. d. zu rechnen sind. Das ' alles ist bei einem gesunden Volke Voraussetzung. Bei einem gesunden Volke wächst die Konsumtion, und damit können dann auch eine Reihe von Wünschen befriedigt werden, die über die notwendigsten Lebensbedürfnisse hinausgehen. Und im Grunde gehört auch die Befriedigung solcher Wünsche zum Lebens- notozendigen. Ein gutes Buch, ein schönes Theaterstück, eine Reise, ein frohes Fest, alles das sind Dinge, die bei einem gesunden Volke keineswegs als Luxus gelten sollten. Sie geben Lebensfreude, Lebensmut und tragen dadurch zur Gesundheit bei. Aber all das ist Luxus für den Armen, und wird mehr und mehr Luxus, wenn ein Volt verarmt. In dieser traurigen Loge sind wir heute. Roscher aber warnt, daß der Verfall beginnt, wenn bei stillstehendem oder gar abnehmendem Wohlstand die Konsumtion zu wachsen fortfährt. Wer nur die Außenseite des Lebens in Deutsch - l a n d heute betrachtet, der sieht nichts von einer Abnahme der Kon- sumtion. Die Mode, und nicht nur die Damenmode, ist heute raffi- meirter, luxuriöser wie je. Die Strümpfe müssen aus Flor oder Seide sein, denn die Mode verlangt, daß man sie möglichst ausgiebig sieht. Die Preise der seidenen Strümpfe sind ungeheuer, ihre Dauer dafür aber um so kürzer, und gestopfte Strümpfe zu tragen, gilt Modedamen und-Herren als plebejisch. Die hohen Stiefel oder tief- ausgeschnittenen Schuhe aus feinstem Leder mit sehr hohen Absätzen müssen natürlich der Eleganz der Strümpfe entsprechen. Die seidene, mit kostbaren Spitzen besetzte Unterwäsche, die Kleider, Anzüge, Hüte, Handschuhe, der kostbare Schmuck waren nie so luxuriös wie gerade heute, wo immer von unserer großen Not gesprochen wird. Nicht anders ist die Lebenshaltung der Kreise, die mit ihrer Klei- dung so großen Luxus treiben. In den feinen Hotels, den Kurorten, den teuren Restaurants wird geschwelgt, so daß es für den, der nur diese Prasser sieht, scheinen muß, als ob Deutschland Ueberfluß an Lebensmitteln hat. In den Dielen und sonstigen Vergnügungslokalen wird getanzt, als ob wir keinen Londoner Vertrag unterschrieben hätten. Gewisse Gewerbe, wie Friseure, hatten nie soviel zu tun mit Frisieren, Ondulieren, Maniküren. Pediküren und wie all die Mani- pulationen zur künstlerischen Verschönerung des Menschen heißen. Deutsche Hausfrauen, tauft keine englischen, französische n, belgischen Waren"! heißt es in den Merk- blättern. In den Vorträgen wird auf die verschwenderische Haltung gewisser Kreise aufmerksam gemacht. Sehen wir dieses Leben und Treiben, dann begreifen wir, wie Roscher daraus hinweist, daß der wirtschaftliche Verfall eines Volkes von dem moralischen selten ge-

trennt zu sein pflegt. Er warnt davor, daß auch der politische Ver- fall selten davon getrennt zu sein pflegt. Die Borträge sind gewiß gut gemeint, und die Veranstalterinnen sind ernst denkende Frauen. Aber die hingehen zu diesen Vorträgen, das sind gewöhnlich nicht die, welche Luxus irgendwelcher Art treiben. Ernst Denkende empfinden den Luxus als das, was er in der heutigen Zeit ist, als unsittlich. Aber sie können ihm nicht steuern, denn ihre Macht ist gering. Die luxustreibenden Menschen, das sind fast alles solche, die viel Geld haben, die leicht Geld verdienen und die Augen und Ohren ver- schließen vor dem Elend der Allgemeinheit. Es ist natürlich nicht angängig, daß die Lebenshaltung aller die gleiche ist. Die Bedürfnisse und Gewohnheiten sind doch zu grundver- schieden. Der Einkauf a u s l ä n di s ch c r Waren ist für die meisten Frauen eine Unmöglichkeit, der horrenden Preise wegen, aber ein Geschäftsmann sagte ganz mit Recht, die Waren würden nicht eingeführt, wenn sie nicht verlangt würden. Und würde man den öffentlichen Verkauf verbiete, so würden sich Hintertüren finden. So wie die luxustreibenden Damen bleibt auch die große Masse der Frauen den Vorträgen fern. Der Kampf, die Sorge um die Beschaffung der allereinfachsten, notwendig sie n Lebensbedürfnisse reibt sie auf, macht sie apathisch. Der BegriffLuxus" überträgt sich bei ihnen auf so ziemlich alles, was notwendig ist für den Alltag. Auch der Besuch von Vorträgen ist für sie Luxus. Aber gerade der große Gegensatz, der sich allmählich heraus- bildet zwischen einer kleinen Schicht der Bevölkerung, die Luxus trei- ben kann, und der großen, der er versagt ist, gibt Anlaß zu ernster Sorge. Heute ist Luxus unklug. Böses Beispiel verdirbt gute Sitten. In den weiten Schichten, die sich jeden Luxus versagen müssen, wächst die Gier danach, wenn er ihnen so öffentlich oorge- führt wird. Zu dem wirtschaftlichen Verfall kommt also der mora- tische und schließlich der politische. Das muß zur Anarchie führen. Wären unsere Feinds nicht gar so verblendet, so würden sie be- greifen, daß sie uns davor bewahren müßten, wirtschaftlich noch mehr zu verfallen, sondern uns helfen, wieder in die Höhe zu kommen. Dann würde auch unseresittlicheKraftwiederwachsen und damit die Kraft, Auswüchse des Luxus zu bekämpfen. Das läßt sich nicht durch Vorträge erreichen, sondern dadurch, daß man unserm Volk zur Gesundung vcrhilft, das sich dann wieder gesunden Luxus leisten kann. Wächst Produktion�md Konsumtion des ganzen Volkes, wird es sittlich und politisch wieder gesunden. Das kann denen nur zum Vorteil gereichen, für die die drohende Anarchie in Deutschland auch schweren Schaden bedeuten kann.

GroßGerlin tzunöstagsphantasien des Berliner Zeitungsberichkerstalkers Schncllfeder. Ein merkwürdiges und für die ungewöhnlich« Hitze bezeichnendes Phänomen konnte die Mannschaft eines Doppelvierers des Ruder- klubsHeldenbrust" feststellen. Der Doppelvierer hatte eine Fahrt nach dem Müggelsee gemacht, nahm aber nicht den gewöhnlichen Weg in der Richtung Rahnsdorf , sondern hielt ziemlich dicht am Ufer auf Restaurant Rübezahl . Plötzlich merkte die Mannschaft einen inten- sinen Lackgeruch aufsteigen, der von dem Boot herführen mußte. Man konnte sich den Geruch nicht erklären und ein Mann bog sich über Bord und wollte die binnen Wasser befindliche Bootswand be- fühlen, zog aber die Hand mit einem Schmerzensschrci zurück. Das Wasser war so heiß, daß er sich die Hand verbrüht hatte. Infolge- dessen holte die Mannschaft alle Eier, die sie mitgenommen hatte, hervor, tat sie in die Taschentücher und hielten sie in den See; inner- halb vier Minuten waren sie schön weich gekocht. Auch wurden mittels Kescher Fische aufgefangen, die sich als vollkommen weich ge- kocht und für den menschiichcn Genuß durchaus geeignet erwiesen. Ein eigentümliches Mißgeschick stieß einem Wagen der Straßen- bahnlinie 283 auf dem Wege zwischen Tempelhof und dem Steuer- Häuschen zu. Der Führer mußte plötzlich halten, weil er, wie er später zu Protokoll gab, plötzlich das Gefühl hatte, als ob er nicht n�hr auf eisernen Rändern, sondern auf Gummi fuhr. Kaum ab« hielt der Wagen, so begannen sich die Räder infolge der enormen Hitze in ihre metallischen Bestandteile aufzulölen. In kleinen Rinnsalen floß das Metall über die Straße. Der Wagen hingegen sank immer

tiefer, bis er mit dem Gestell auf dem Straßendamm stand. Er mußte später abgeschleppt werden. Der Ingenieur Dr. techn. rer. Siebenklug hat eine ingenieuse Erfindung gemacht. Er hat einen bequem zu tragenden Hut kon- struiert, der in seinem Oberteil nach Art des Thermes ein Gesäß mit kaltem Wasser birgt. Drückt der Träger des Hutes auf einen kleinen Knopf, so ergießt sich von den Krempen des Hutes ein sanfter er- frischender Sprühregen über Gesicht und Anzug. Das Polizeiprä- sidium beabsichtigt, die Erfindung für die schweren heißen Helme der Schupo nutzbar zu machen. » Eine Streife der Schutzpolizei griff an den Ufern des Tegeler Sees ein knallrot und sehr rauh aussehendes, anscheinend unbeklei- detes Individuum männlichen Geschlechts auf. Zur Wache gebracht, gab das Individuum zu Protokoll, daß es der unverheiratete und unbestrafte August R. sei. Er habe ein Freibad nehmen wollen und dabei der Versuchung nicht wiederstehen können, wegen der Hitze vollkommen unbekleidet zu baden. Aber auch dann habe die Hitze ihm so arg zugesetzt, daß er es einfach nicht mehr habe aushalten können. Da es unlogisch gewesen wäre, sich wieder anzuziehen, sei er sich nach Ueherwindung einiger Bedenken entschlossen, aus der Haut gefahren. Als er nach dem Bad wieder ans Ufer gekommen, fei seine Haut verschwunden gewesen. Da es gewisse gewissenlose Fabrikanten gibt, die aus Menschenhaut Portemonnaies machen, so wird vor Ankauf dieser Haut gewarnt. » Ein höchst belustiaender Dorfall ereignete sich in der Pots» damer Straße. Ein Herr beobachtete, wie auf der linken Rückseite eines vor ihm gebenden in schönster Weiße gekleideten Herren ein bräunlicher Fleck erschien, der sich zusehends vergrößerte, bis die eine Seite des 5)errn total braun verfärbt war und die braune Flüssig- keit bereits zu Boden tropfte. Nunmehr hielt es der Herr aus Grün- den der christlichen Nächstenliebe für geboten, den vor ihm gehenden Herrn aus das Malheur aufmerksam zu machen. Der Herr mit dem braunen Fleck war zuerst aufs höchste empört, sodann aufs tiefste er- schreckt. Es stellte sich heraus, daß er ein Pfund Schokolade in die Tasche gesteckt hatte, die sich unter der Hitze völlig ausgelöst hatte. Nur keine Steuern zahlen. Das immobile Kapital wehrt sich. Der Schutzverband für deutschen Grundbesitz hielt am Sonnabend imRhcingold" eine Versammlung ob, in der zu den Steuerplänen der Reichsregierung Stellung genommen wurde. Redner für die Tagung waren Rittergutsbesitzer H i l l g e r (Vorsitzender des Reichslandbundes), Stadtrat H u m a r- München (Mitglied des Reichswirtschaftsrats), Landtagsabgeordneter Dr. Pin t erneil und Iustizrat Dr. Hirte. Die Ausführungen Hillgers waren ganz auf den bekannten agrarischen Ton gestimmt. Di- Zwangswirtschaft war und ist nicht nach seinem Geschmack. Nur vom Ertrag könne die Land- Wirtschaft Steuern zahlen. Für die Eintragung einer Zwangshypo- thek sei der Grundbesitz niemals zu haben, am allerwenigsten, wenn diese auf Goldwährung laute. Wie heute gewirtschaftet werde, lehre die Tatsache, daß die Stadt Berlin an der Teltower Grenze Milch beschlagnahmt habe, die billiger als zu den vorgeschriebenen Preisen verkauft werden sollte(?). Der Achtstundentag sei die größte Lüg« der Revolution. Der Bauer müsse arbeiten, rbenn er seinen Besitz aufrechterhalten wolle, aber so dumm sei er nicht, nur für den Feindbund durch Belastung seines Besitzes arbeiten zu wollen. Der Besitz fei heute eine ungeheure Last. (Merkwürdig, daß diearmen Besitzenden" sie immer noch tragen können. Die Red.) Der Ertrag dürfe ober auch nicht fo beschnitlen.ä werden, daß Nur das kümmerliche Leben übrig bleibe.(Lebhafter Beifall.) Stadtrat H u m a r legte sich besonders für die Haus- agrarier«in. Sie würden durch die gewaltige Schulheintraqung sicher zugrunde gehen. Die Mieten ständig mit den laufenden Aus» gaben in Einklang zu bringen, wäre viel richtiger und auch nütz- licher für die Staatseinnahmen gewesen, als die künstliche Niedrig- Haltung durch Gesetze und Zwangsverordnungen. Die Zwangs- Hypothek bleib? unannehmbar. Es mache zuweilen den Eindruck, als ob man sich dem Feindbund unterwerfen und kniefällig ihm ganz Deutschland ausliefern wolle. Der Mann, welcher der R«- gierung zu einer solchen Maßregel gehalten habe, sollte von seiner Tätigkeit ferngehalten werden.(Rufe:Er muß raus.") Dr. Pin- k e r n e i l wies darauf hin, daß es verfrüht erscheinen könne, jetzt schon zu den wirtschaftlichen Plänen der Regierung Stellung zu nehmen, da eigentlich erst die Rede des Reichskanzlers Dr. W i r t h vorliege. Dieser habe in seinen Plänen als Mathematiker gesprochen. Als vorzügliche Darlegungen müßten die Ausführungen H e l f f e- richs gelten(!). Der Kapitalist nehme von seinen Erträgnissen

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Die Rächer. Roman von Hermann Wagner.

Ein Raubtier!" sagte, wie es auch Frau von Mansch einst getan hatte, ein Freund des Direktors einmal zu diesem. Aber eines, das von Natur keins war," versetzte der Direktor,das es erst durch die Umstände geworden ist und das seinen Ehrgeiz darein setzt, es zu sein." Durch die Umstände!" lachte der andere.Natürlich durch das Gefängnis..." Die Strafe, die Reisner oerbüßt hatte, war längst be- kannt geworden, aber gerade das hatte ihm nicht geschadet. im Gegenteil genützt. Man glaubte nun zu wissen, woran man mit ihm war, und beruhigte sich damit, Reisner sein Etikett aufzupappen, ohne welches nun kein Mensch auf der Welt der Gesellschaft gegenüber denkbar zu sein scheint. Und da Reisner, ebenso wie seine Frau, deren Prozeß gleichfalls bekannt geworden war, sich der Gesellschaft nicht aufdrängte. §> vielmehr mied, waren Reibungen ausgeschlossen und die kten über seinen Fall geschlossen und vergessen. Ich habe nur die Wahl," sagte Reisner einmal zu seiner Frau,von den Menschen verachtet oder gefürchtet zu werden. Ich ziehe das letztere vor." Das tust du nur," versetzte sie,well du selbst die Menschen entweder verachtest oder fürchtest." Was würdest du an meiner Stelle tun?" Mein Fall zwingt mir selbst einen Standpunkt auf. Er ist der: mir sind die Menschen gleichgültig geworden." Aber es gibt auch gute Menschen," wandte er ein,wie soll man sich ihnen gegenüber verhalten?" Ich weiß nicht," antwortete sie,ich habe Menschen, die nur gut. das heißt: selbstlos waren, noch nie kennen gelernt, und ich kann sagen, daß mir viele Menschen bekannt ge- worden sind!"> In jener Zeit pochte, zuerst zögernd, dann immer hef- tiger, in Reisners Blut wieder jener dunkle Trieb, der ihn zum Weibe hindrängte. Sonderbar war, daß er dabei feine Frau nach wie vor liebte, ja, anbetete. Verstohlen und ohne es sich anfangs einzugestehen,, ge- pachte er per vorjährigen Zeit in Südtirol , erinnerte sich

Klaras und Doras und all der anderen. Sein Herz sprach nicht mit, das war klar, es war nur, als ob es nach leiden« schaftlichem Begehren, nach Kampf und Sieg ausruhen wolle. Doch sein Blut wurde heiß und verlangend und machte den Schlaf in den warmen Nächten unruhig und schwül. Immer häufiger und immer interessierter betrachtete er auf den Straßen die Frauen. Seine Augen wanderten von einer zur anderen, sie schätzten sie ab, suchten ihre Geheimnisse zu erspähen, und seine Gedanken und Vorstellungen trieben mit ihnen ein Spiel, das voll leichter Zärtlichkeit und be- hendcr Leidenschaftlichkeit war. Er schob es auf feine Nerven und dachte: Es ist Zeit, daß ich ausspanne! Allein es kam wieder und wieder, verließ ihn nicht, hielt ihn fest und verwirrte in solchem Grade seinen Willen, daß er wütend wurde und sich, um der Sache, die lächerlich war, zu beenden, zu Handlungen entschloß, die, wie er dachte, ihm dartun mußten, welch jämmerlichen Nichtigkeiten er da nach- jagte. Er knüpfte ein Verhältnis an und löste es zwar wieder ebenso schnell, als er es begonnen hatte, wandte sich aber doch einem zweiten zu, dem gern ein drittes folgte. Bin ich ein Narr? fragte er sich und war sehr erstapnt I über sich, wie über eine Entdeckung, die ihm zuvor unmöglich erschienen war. Er riß sich gewaltsam los und wandte sich mit doppelter Zärtlichkeit wieder seiner Frau zu, die ihm indessen sei es, daß sie seine Wandlung ahnte, sei es, daß das Kind ihre ganze Liebe in Anspruch nahm kühler begegnete, als sie es je getan hatte. Liebst du mich nicht mehr?" fragte er verzweifelt. Dach," lächelte sie,warum sollte ich dich nicht mehr lieben?" Ich finde, daß du kalt bist!" sagte er sehr scharf, bereute freisich sofort seinen Ton und bat sie um Verzeihung, der Treulosigkeiten eingedenk, Ke er sich ihr gegenüber hatte zu- schulden kommen lassen. Er verbannte jetzt ernstlich diese Nichtigkeiten aus seiner Phantasie, die überhitzt war, weil sie allzulange hatte hun- gern müssen, und beschloß, seine geplante Reise ins Riesen- gebirge jetzt endlich zu verwirklichen. In irgendeinem stillen Waldwinkel dort wollte er aus- ruhen. Schon lange war er geistigen Dingen fremd ge-

morden. Er wollte sich Lektüre mitnehmen, gute Bücher, die seiner Phantasie gesunde Nahrung und seinen Nerven Ruhe geben würden. Doch da traf er eines Tages unter den Linden Frau von Mansch, die, als er sie grüßte, auf ihn zukam, ihm die Hände entgegenstreckte und ihn in einer Weise ansah, die ihm ver- raten sollte, daß sie ihm verziehen hatte und daß es sie nach wie vor zu ihm hinzog. Er war zunächst unwirsch und fast unhöflich zu ihr, wider- stand aber schließlich doch nicht dem Charme, mit dem sie seine geflissentliche Kälte übersah. Sind Sie so sehr Ehemann und Vater, daß Sie keine schöne Frau mehr anzublicken wagen?" rief sie lachend aus. Seine schnell wiedererwachte Sinnlichkeit streifte sie und entzündete sich im Nu an ihr, zu einem Strohfeuer, das er lustig aufprasseln ließ, da es ihm doch so leicht war, es sofort wieder zu löschen. Blitzartig aber überfiel ihn zugleich ein Gedanke, eine Idee, mit der zu spielen ihn in diesem Augenblick ungemein reizte.Haben Sie noch die Papiere, die ich Ihnen verkauft habe?" fragte er sie. Es waren hunderttausend Mark, die ich verloren habe." antwortete sie spöttisch,ich habe sie so leicht nicht vergessen. trotz der Millionen, über die Sie vor Jahr und Tag so treff- lich unterrichtet waren." Haben Sie sie. noch?" Ich habe sie noch, da kein Zweiter mehr so verliebt war. sie zu kaufen." Sie glauben natürlich, daß ich Sie damals betrogen habe?" fragte er. Sie neigte belustigt den Kopf zur Seite.Ich denke mir. daß es nur Ihrem Wunsch entspricht, wenn ich das glaube!" Sie täuschen sich," sagte er ernst.Ich gebe zu, daß jene Papiere nahezu wertlos waren, als ich sie kaufte, aber Sie dürfen es mir glauben, daß ihr Wert wieder steigen wird und daß Sie noch auf Ihre Rechnung kommen werden." Sie spaßen doch." meinte sie betroffen.Jene Gesell- schaft, von der Sie reden, ist bankerott." Er lächelte.Meine Mission ist es, bankerotten Gesell- schaften neues Leben einzuhauchen... Wie, wenn ich es auch bei dieser versuchte? Trauen Sie mir einen Erfolg nicht zu?" lForts. folgte