r räumen oder die Unterstellung stillschweigend hinzunehmen, daß einzelne Führer der Beamtenbewegung alles Un- heil über die Beamtenschaft gebracht hätten. Die Leitung des Deutschen Veamtenbundes betrachtet sich als Vollzugsorgan der Willensmeinung der Vertreter aller im Deutschen Beamtenbunde zusammengeschlossenen Gewcrkschaf- tcn. Sie haben— nachdem der ADGB . beim DBB. wegen Äufnahme von Verhandlungen vor- stcllig geworden war!— als Vorstandsmitglieder auf Grund einstimmigen Beschlusses dem Berhandlungsausschuß folgende Richtlinien auf den Weg gegeben: Folgende grundsätzliche Auffassung des Vorstandes ist bei den Weiterverhandlungen zu vertreten: 1. Der Deutsche Beamtenbund muh seine parteipolitische und religiöse Neutralität peinlich wahren und kann deshalb we- der mit einer nach der Weltanschauung ausgerich» teten, noch mit einer freigewerkschastlichen Orga- nisation in eine organisatorische Verbindung treten. Er ist die selbständige Spitzenorganisation der auf diesem Boden stehenden Beamtengewerkschaften und kann einer Dachorganisation, die ihn mit Arbeiter- und Angestelltenorganisationen verbindet, nicht zustimmen. 2. Der Deutsche Beamtenbund verweist hinsichtlich seiner Stellung in den allgemeinen Arbeitnehmer- und Verbraucherfragen auf seine mehrfach gefaßten Beschlüsse, insbesondere auch auf die in der letzten Sitzung des Bundesausschusies einstimmig angenommene Entschließung über die Stellung des Bundes zu wirtschaftspolitischen Fragen und muh beanspruchen, dah diese Stellungnahme gewürdigt und dah au-! jhr der klare Will« des Bundes entnommen wird, eine den Interessen der gesamten Arbeitnehmerschaft förderliche, entschie- dene Politik zu treiben. Z. Auch in den für die Arbeiter und Angestellten wesentlichen, auf die Verbesierung der sozialpolitischen Gesetze des Arbeiter- und Angcstelltenrechts gerichteten Bestrebungen erklärt sich der Deutsche Bcamtenbund bereit, der Arbeiter- und Angestelltenschaft jede mög- liche Förderung zuteil werden zu lassen. Er hält es ebenso für selbstverständlich, daß die Organisationen der Arbeiter und Ange- stellten sich ihrerseits bereit erklären, den Bestand des im öffentlich- rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Berufsbeamtentums und die Fortentwicklung des Beamtenrechts nach freiheitlichen und sozialen Grundsätzen zu fördern. 4. Organisatorische Streitigkeiten zwischen den Großorganisa- tionen oder ihren Bestandteilen sollen im Wege gütlicher Schlichtung behoben, bestehend« Unstimmigkeiten baldigst beseitigt werden. *5. Der Inhalt der Abmachung muß so beschaffen sein, dah sie auch mit jeder anderen gewerkschaft- lichen Spitzenorganisation abgeschlossen werden könnte. Die endgültige Fassung der Abmachung unterliegt der Zu- stimmung des Bundesvorstandes. Ist irgendwo bei der Formulierung des Inhalts des Eni- wurfs der Vereinbarung von diesen Richtlinien abgewichen worden? Das wird niemand mit gutem Recht behaupten können. Die es dennoch tun, haben andere Gründe als fach- liche für ihr Handeln. Auch ihr Vorwurf, daß die parteipolitische Neutralität durch die Vereinbarung verletzt werden würde, ist unhaltbar. Sie halten alle diejenigen für parteipolitisch nicht neutral, die nickt auf i h r politisches Dogma schwören. Die politische Rechte nimmt die Gelegenheit wahr und schafft„wegen des Linksgbmarfches des Deutschen Beamtenbundes" einen„Na- 'tsonaten Beamtenverband". Nicht, um einem„tiefgefühlten Bedürfnis" abzuhelfen", sondern um eine parteiegoistische Sicherung zu schaffen. Sie hat keine Zeit, die Entscheidung abzuwarten, sonst möchten ihr die Felle wegschwimmen. Sie trägt den Begriff„national" in die Beamtenbewegung hinein und schafft ihn wieder um zu dem, was er in der Vorkriegs- zeit— nicht zum Segen des deutschen Volkes— gewesen ist? eine Waffe im Kampfe gegen Völkerverständigung. So wird nun endlich auch die Veamtenbewegung zum Tummel- platz nationaler Leidenschaften gemacht, gerade die Bewegung,
ver tanzenöe Greis. Nun habe ich ihn heute zum zweiten Male gesehen. Und dieses Wiedersehen verstärkte meine Erinnerung an ihn zu einem er- schüttcrnden Gedenken. Er hat sich, so um die Spätnachmittags- stunde herum, wenn die Arbeiter und Angestellten aus der Fabrik eilen, mit seinem halbzerbrochenen Kinderwagen an einer Strahen- erJe aufgestellt, um allen Leuten sichtbar zu sein. Auf dem Wagengestell ruht ein altes Grammophon mit einem zerbeulten, alten Mkssingtrichter, und wenn der Greis an der ab- gegriffenen Kurbel dreht, fängt es an zu schnurren und zu schnarren. Dann springt plötzlich ein meckernder Ton heraus und der Alte beginnt seinen Tanz. Erst hebt er einen, dann den andern Arm in die Höhe und mit krummen Beinen torkelt er stumpfsinnig im Kreise herum. Seltsame Schatten huschen seinen Bewegungen hinterdrein. Der Mund murmelt unverständliche Laute. Nein er krächzt. Wie ein flügellahmer alter Rabe hüpft der Greis herum... Was wird der Tanz für einen Namen tragen? Ich habe ver- sucht, ihn in den Gesichtern der Umstehenden zu lesen. Die Kinder schaujn dem Allen etwas belustigt zu, nicht recht wissend, wa» sie mit ihm und seinem Gebaren anfangen sollen. Junge Mädchen eilen vorbei. Aus der Fabrik, aus dem Bureau. Lachend fangen sie die täppischen Bewegungen des Alten auf. Weiter. Ein dickes Ehepaar wälzt sich heran. Ihre Schwelnsäug- lein glänzen Verwunderung.„Sie" meint:„Gott , wie verrückt: solch alter Mann!"„Er" senkt sein Doppelkinn auf die Krawatte herab und zieht stirnrunzelnd einen— Fünfer aus dem Porte- monnaie. Dann gehen sie davon. Nur ein junger Arbeiter steht bleich und hochgereckt unter den Zuschauern und starrt auf den Greis. Von allem Erdcnleid scheint ihm der Tanz des zitternden Alten zu erzählen. Ewig. Nein, morgen vielleicht wird der Greis am Wege zerscherben. Wie viele andere. Alle schwingen sie im Rhythmus des Totentanzes. Aber dann. Dann wird ein Tag kommen, wo ein Jüngling leuchtenden Auges durch die Strahen tanzt. Dort, wo heute die Tränen des Greises auf heißen Steinen oersiegen.... A. Fritsche.
Residknz-Theater.(„T r a u m u l u s" von Arno Holz und Oskar Ierfchke.) Bor etwa anderthalb Jahrzehnten geschrie- den, mutet diese..Tragikomödie" heute bereits wie ein Stück aus einer verschwundenen Welt an. Nicht nur im Aeuheren des Milieus: in , drr Zeichnung der wilhelmmilchen Stammtifchhonorationen, für welche die Ankündigung, dah S. M. auf der Durchreise das Städtchen ein paar Siunden buldreichst mit seiner Gegenwart beglücken werde. eine Haupt- und Staatsaktion bedeutet, und in der Schilderung der SchülcrSneipe, die bei dem heutigen Preis des Alkohols undenkbar
die, einig und geschlossen, zu einer vorbildlichen Gewerkschafts- bewegung hätte heranwachsen können. Und die christliche Gewerkschaftsbewegung, die den„Gemeinschaftsgeist" in Worten predigt, tut alles, um den Kampf aller gegen alle auch in das Beamtenlager hineinzutragen. Kann nicht eine ehrliche Gewrkschaftsbewe- gung christlicher Prägung jedem einzelnen Punkte der Verein- barung zustimmen? Haben die in ihr organisierten Beamten nicht die Pflicht, mit allen Arbeitnehmerorganisationen„in der Wahrung der gemeinsamen Arbeitnehmerinteressen" zu- sammenzuwirten? Halten die christlich orientierten Beamten- gewerkschaften es für falsch, wenn anStellevonKräfte- Vergeudung in fruchtlosen Organisationskämpfen Kräftevervielfachung zur Erringung von Erfolgen im Gebiete der Bcamtenpolitit tritt? Stehen die christlich or- ganisierten Beamten etwa nicht auf dem Boden der demo- kratisch-republikanischen Verfassung? Sie haben ihren Eid auf diese Verfassung geschworen so gut wie der konservative oder sozialistische Beamte, darum haben alle die Pflicht, die Verfassung gegen Uebergriffe von rechts oder links zu vertei- digen. Und die Wirtschaftspolitik? Wollen etwa die christlich orientierten Beamten behaupten, sie könnten ihre Sonderforde- rungen ohne Rücksichtnahme auf die übrigen Volksschichten und das Gemeinwohl durchsetzen? Was also soll das Gezeter, die Leitung des Deutschen Beamtenbundes wolle seine Mit- glieder in das„marxistische Fahrwasser" hinüberdrängen? Was die Bundesleitung will, liegt offen zutage: Sie will Beamten Politik treiben mit der größtmöglichen Aussicht auf Dauererfolge. Wie sich die Mitglieder der dem Deutschen Veamtenbund angeschlossenen Gewerkschaften außerhalb des Deutschen Beamtenbundes parteipolitisch betätigen, das zu untersuchen, ist nicht Sache des Deutschen Bamtenbundes. Mit dem leider allzu früh verstorbenen Führer der deutschen Ge- werkschaftsbewegung, Karl Legten, vertreten wir die Auf- fasiung, daß eine Organisation vorhanden sein muh,„die den Willen hat und in der Lage ist, die Interessen der Beamten wahrzunehmen". Eine willensstarke und jederzeit kämpf- bereite Beamtenorganisation kann nur�auf der Grund- läge geschlossener Solidarität entstehen.
3a, wir haben üZe Kredite bewilligt! Die„Freiheit" hält es für notwendig und nützlich, zur Erinnerung an den 4. August 1914 den alten Streit um die Bewilligung der Kriegskredite zu erneuern. Der Verfasser dieses Streitartikels hätte aber schon stocken müssen, als er die Ueberschnft niederschrieb, die in ihrem Untertitel lautet:„Wie die alte Sozialdemokratie zusammenbrach". Ja, i st denn die alte Sozialdemokratie zusammengebrocken? Die„Freiheit" erinnert an eine Protesterklärung gegen die Kreditbewilligung, die damals von neun„Vorwärts-Redakteuren abgegeben wurde. Von diesen neun stehen aber fünf noch oder wieder in der alten Partei, drei sind zurzeit noch unabhängig, einer ist Kommunist geworden, aber dort auch schon wieder abgesägt. Die„Freiheit" behauptet, die Mehrheit der sozialdemo- kratischen Blätter hätte bis im Jahre 1918 den Parolen der Obersten Heeresleitung und der Regierung willig Folge ge- leistet. Jeder, der die Geschichte jener Jahre nur einigermaßen kennt, weiß, daß die Sozialdemokratische Partei und ihre Presse in ständigem Kampf mit der Obersten Heeresleitung gelegen hat, daß sie von unzähligen Zensurverboten betroffen worden ist. Die Sozialdemokratie kämpfte gegen den Annexionismus in jeder Form, für einen Frieden der Ver'ständi- gung. Wenn einzelne Personen in der Erregung jener Zeit die allgemeine Richtlinie der sozialdemokratischen Politik ver- ließen, so hat die Partei ein solches Verhalten nicht gedeckt. Die Kredite bewilligte die Partei aber, weil sie die Ber- antwortung für eine Niederlage Deutschlands und für einen Zustand, wie er jetzt eingetreten ist, nicht übernehmen wollte. Sie bewilligte die Kredite, weil Deutschland gegen eine un- geheure Uebermacht zu kämpfen hatte, an deren Spitze zu Be- ginn des Krieges der russische Zar stand. Es ist nicht auszu- denken, was aus Deutschland und aus seiner Sozialdemokratie 'värc. Aber in diesem Schauspiel schwingt zugleich auch ein Nachhall jener Periode, in welcher die deutsche dramatische Produktion nach langer Erstarrung im Konventionellen einen so hoffnungsvollen Auf- schwung nahm, jener Zeit, da ernsthaft darum gerungen wurde. wirkliche Menschen in seelischen Konflikten, die ihre inneren Wesen- hciten ossenbaren, auf der Bühne zu gestalten, aus einem psychologi- schen Mittelpunkte eine„Handlung" zu entwickeln. Sinn und Or- gane für das Lebensmögliche, das individuell Intime und die farbige Wiederfpiegslung des Typischen im Individuellen hotten sich wie bei den schaffenden Autoren so bei dem Publikum in einem Grade ver- feinert, daß eine feste Grundlage, auf der der Fortschritt im Theater bauen konnte, gesichert schien. Heut sieht's so aus, als wären alle diese Fäden abgerissen.„Natur", die damals Losung war, wird in deck Stücken, die jetzt die Prätention auf Modernität erheben, viel- leicht noch skrupelloser als jemals früher vergewaltigt. Gewiß, das Schauspiel hat keinen Einschlag des Genialischen, es bringt nichts, was erstaunlich wäre. Aber in den Grundzügen seiner Kontrastierung ist es darum doch wahr und führt dt« Zeich- nung des Seelischen zugleich mit sicherem Augenmaße für die Er- fordernisse der Bühnenwirkung durch. Albert Baslermann, der damals bei der Erstaufführnug in Otto Brahms Lessingtheater die Titelrolle kreirt hatte, war von der Bühnenleitung gewonnen und feierte, wieder und wieder hervor- gerufen, verdiente Triumphe. Kein überzeugender Interpret der Figur ließe sich denken. Die kindlich verklärende Vertrauensselig- keit, der Enthusiasmus des gelehrten Pädagogen für die gellebten Griechen, nach deren Ausmaß er feine rüden Gymnasiastenjungens bilden möchte, und ebenso das Hohe des Temperaments, gesteigert von dem heimlichen Bewußfein, daß feine Weltfremdheit ihn wehr. los mache, die blind« Urteilslosigkeit, die ihn. den schönheitsseligen Idealisten, zum gläubigen Verehrer Wilhelms und feine« Preußen- staates werden ließ, Reichtum und in dem Reichtum Beschränktheit der Individualität— alles das kam in ebenmäßiger Bollcndung organisch oerschmolzen zum Ausdruck. Markantcharakteristisch war P n t r y, der, wie damals, den weltmännischen Widersacher des Träumers, den preußischen brutalen Landrat spielte. Auch in den Nebenrollen(Else Wasa, Else Bassermann, Walter W o l f g r a m) und der figurenreichen Kneipszene wirkte die Auf» führung im allgemeinen wohlgerundet. Nur aus dem feinfühligen Lieblingsschüler des Direktors, der dessen Vertrauen täuscht und, imgerecht beschuldigt, aus dem Leben flüchtet, wäre mehr heraus- zuholen gewesen als es Herr B e n d o w tath dt. Das Herrenhaus von Buch. Der Derein Berliner Künstlerinnen hat beim Magistrat Berlin den Antrag gestellt, das von der Stadt vor einer Reihe von Jahren erworbene Herren- haus Buch zu einem Erholungsheim für geistige Ar- beiter und Kün stier zu bestimmen. Der Magistrat hat das Gesuch fetzt abgelehnt. Das Herrenhaus, ein schöne« Landschlößchen, diente bisher als Sommersig des jeweiligen Stadtoberhauptes und wird zurzeit noch vom Oberbürgermeister a. D. Mermuth bewohnt. Nach Freiwerden der Wohnung soll es in Dienstwohnungen für Gutsbeamte aufgeteilt werden, um sonst notwendig werdende Neubauten zu ersparen.'
geworden wäre, wenn die Partei durch ihr Berhalten den Sieg der Gegner und einen Frieden wie den von Bersailles herbeigeführt hätte! Warum bekämpft denn auch die„Frei- heit" dieDolchstoßlüge? Weil sie sieht, daß die Reaktion der sozialistischen Arbeiterbewegung die Schuld an dem Un- glück des deutschen Volkes zuschieben will, und weil sie weiß, daß keine Partei die Last dieser Verantwortung zu tragen im- stände wäre!, Hätte die Sozialdemokratie am 4. August 1914 die Kredite verweigert, so wäre die Dolchstoßgeschichte heute eben nicht bloß eine verzweifelte Notlüge der wahrhaft schuldigen natio- nalistischen Reaktion, sondern hl st orische Wahrheit. Wir dürfen bei allem Unglück heute noch darüber froh sein, daß es wenigstens s o nicht ist! Die Sozialdemokratie und die deutsche Arbeiterschaft haben die ungeheuersten Opfer gebracht, um eine Niederlage Deutsch- � lands zu verhindern. Sie wollten einen Frieden der Verständigung. Wenn die verbohrte Politik der Macht- haber und des nationalistischen Klüngels auch die letzten Mög- lichkeiten für Deutschland vernichtet hat, sich aus der Gefahr zu retten, die jeder ruhig denkende Politiker kommen sah, so trägt s i e jetzt die ganze Verantwortung für alles Geschehene. Weil aber die Sozialdemokratie vor dem Urteil des deutschen Volkes bestehen kann, darum eben ist nicht s i e zusammengebrochen, sondern sie hat im Gegenteil erreicht, daß es auch nach dieser beispiellosen Katastrophe in Deutschland eine starke politische Partei des arbeitenden Voltes gibt, und daß die Ar- beiterschaft der starke tragende Pfeiler der deutschen Republik geworden ist. Wir Halten die Aufrührung des allen Kreditstreits für überflüssig und töricht. Wir können aber immer wieder nur sagen: Wird sie von der anderen Seite gewünscht, so sind wir bereit. Fehler im einzelnen und von einzelnen sind begangen worden, überall, wer wollte es bestreiten? In ihren Grund- linien war die Politik der Sozialdemokratie während des Krieges die von selbst gegebene, die einzig mögliche und r i ch- t i g e. Dafür stehen wir auch heute noch!
Der unsterbliche Selbstschutz. Wie uns aus A l t h e i d e mitgeteilt wird, steht der angeblich aufgelöste Selbstschutz dort noch immer in voller Blüte. Man sieht diese Landsknechtgestalten, denen man zum Teil schon am Gesicht ab- lesen kann, dah sie zur ehrlichen Arbeit unfähig sind, geschmückt mit E. K.'s, Hakenkreuzen usw., herumlaufen. Einige dieser jungen Leute benehmen sich ziemlich gesittet und anständig, während der weitaus größere Teil feine Zeit dazu benutzt, arrtistmitisch« P ö b e l e i e n und Exzesse zu veranstalten und an allen Ecken imö Enden antisemitisch« Flugblätter anzukleben. Unser Gewährsmann hatte Gelegenheit, sich mit einem der jungen Leute zu unterhalten. U. a. teilt« dieser ihm mit, er habe ein Rundschreiben mit der Aufforderung erhalten, sich in 1t>— 14 Tagen bereitzuhalten. Er äußert« die Meinung, es handle sich um ein rechtsputschistisches Unternehmen, verbunden mit Angriffen gegen die Juden, und äußerte sein« Freude darüber,„ganze Arbeit leisten zu können". Vielleicht be- kümmert sich das Reichswehrministerium einmal um die Zustände in Altheide, die sich nachgerade zu einem öfsenUichen Skandal auswachsen._ Helm ins Reich! In Bludenz in Vorarlberg fand am Sonn- tag eine große Versammlung des Unabhängigen Bauernbundes Vor- arlbcrg statt, in der die Vorarlberger Bauernführer, welche noch vor zwei Iahren für den Anschluß an die Schweiz sich erklärt ballen, unter tosendem Beifall für den Anschluß an das Deutsche Reich ein» traten. Damit erscheint die Vorarlberger Anschlußbewegung an d!e Schweiz vollständig fallen gelassen. Käme es zu einer neuen Volks- abstimmung, erklärte der bekannte Politiker Dr. Ritter, so wäre schon heut« eine Mehrheit von 70 Proz. für den Anschluß cm das Deutsche Reich sicher. In den Haupivorstand des Verbandes der Arbelkerjugendvereln« wurden nicht, wie am Dienstag früh infolge eines Hörfehlers de- richtet wurde, Schädel, sondern S ch a p« r- Berlin und H o s m a n n-, nicht Hofmann, Dortmund gewählt. Im Reichsausschuß befl Jungsoziali st en vertritt Bach nicht Halle, sondern Berlin , außerdem gehört noch W e g n e r- Berlin dieser Körperschaft an. Die„Hungerzeit" der Zugend. Jeder Mensch macht in seiner Jugend einmal eine.Hungerzeit" durch, d. h. jene Entwicklungs- jähre. In denen der Organismus endgültig aufgebaut wird und man daher ein beständiges Nahrungsbedürfnis verspürt. Diese Zeit reicht bei den Knaben gewöhnlich vom 13. bis zum IS. Jahre und bei den Mädchen vom 11. bis zum 10. Die Eltern fürchten in dieser Hungerzeit der Kinder, daß diese sich überessen könnten, aber in diesem Alter gehört ein Ueberladen des Magens zu den Ausnahmen. Erst wenn der Zellenstaat des Körpers vollständig eingerichtet ist, tritt auch die Gefahr des Zuviel- cssens an den Menschen heran. Ein Zwischenraum von sechs Stunden zwischen den Mahlzeiten, wie er häufig im bürgerlichen Haushalt vorhanden ist, ist für die Kinder in den Entwicklungsjahren zu viel. Im'allgemeinen soll aber eine Zwischenzeit von 4— 5 Stunden auch während der Hungerzeit zwischen den Mahlzeiten liegen, denn nur dann kann die Nahrung richtig verdaut und von dem Körper auf- genommen werden. Eine ausreichende Ernährung während der „Hungerzeit" ist für das ganze fvätere Leben von größter Bedeutung, und io mancher, der in dieser Zeit nicht genug zu essen gehabt hat, empfindet die Folgen sehr schwer im Lebenskampf. Londoner Skraßenredner. Ein eigenartiger Zug des Londoner frtraßenlebens ist das Austreten aller möglichen Redner, die rafchl einen größeren oder kleineren Kreis von Zuhörern um sich fam- meln. Besonders im Hydepart findet man allabendlich eine groß« Anzahl merkwürdiger Gestalten, die ihre oratorischen Künste freiwillig und ohne Bezahlung ausüben. Einige solcher Tyven, deren eigentlichen Beruf er nachgegangen ist, schildert Charles A.Farmer in der„Daily News". Da ist ein Herr, der immer mit einem prächtigen gelben Auto angefahren kommt und dann das Polster diese, schönen Wogens zum Podium macht, von dem aus er stundenlang über Themen redet wie z. B.„Christus kam in die Welt, um die Sünder zu erlösen". Er ist in seinem Zivilleben ein reicher Kohlenhändler. Ein anderer, der hauptsächlich über eine„gerechtere Verteilung des Neichtums auf der Welt" predigt, ist den Tag über im Buch- Handel tätig. Der würdevolle Indier, der In seiner europäischen Klei- dung doch so fremdländisch aussieht, ist ein Student und spricht mit einer gelassenen, aber innerlich glühenden Ergriffenheit von dem„Licht aus dem Osten", von den Wundern der indischen Weisheit. Ein junger Architekt sucht die Borübergehenden zum Katholizismus zu bekehren und ein anderer Redner erklärt, daß er nichts besitze: er lebt von„christlicker Gastfreundlichkeit" und beruft sich auf die Lilien auf dem Felde, die da blühen, ohne zu ernten und zu spinnen. Er ist stolz darauf, daß er nur die Bioel liest und nie eine Zeitung und verdammt Sport nnd Kino und alle Errungenschaften der Kulhir in Grund nnd Boden. Und die Londoner hören iinn an- dächtig zu und denken: wenn die ganz« Welt aus solchen redenden Lilien bestände, wo kämm dann die Mittel zur Ausübung„chrsst- licher Gastfreundlichkeit" her?