die ehemals hochqualifizierten Arbeitern vorbehaltenen Stellen Halbgelernte, Frauen und Jugendliche ein. Für die Gesamt- struktur der englischen Arbeiterschaft und die Gewerkschafts- bewegung ist diese Aufhebung der alten„Gewerkschaftsaristo- kratie" von größter Bedeutung. Der dem Gildensozia- l i s m u s zugrunde liegende Gedanke einer alle in einer In- duftrie Tätigen umfassenden Gesamtgewerkschaft hat hier seinen praktischen Vorbau gefunden. Ebenso haben die Führer der R a t i o n a l i s i e r u n g s- bewegung in den Erfahrungen der Kriegswirtschaft ihre Hauptargumente gefunden. Gerade die Zersplitterung der liberalen kapitalistischen Wirtschaft hat im Kriege bewiesen, wie sehr sie unrationell ist. Die nichts weniger als kriegs- begeisterten Sozialisten in der Sank�-Kommission haben auf die Bedeutung dieser Kriegserfahrungen zugunsten einer Rationalisierung des Kohlenbergbaues wiederholt hin- gewiesen. Auch eine Art B e t r i eb s r 3 t e b e w e g u n g hat der Krieg England gebracht. Diese sogenannten Jndustrieräte, etwa unseren Arbeitsgemeinschaften zu vergleichen, sind wirt- schaftsfriedlich gerichtet. Ueberhaupt ist die große Mehrheit der englischen Arbeiterschaft auch jetzt durchaus d e m o- kratifch und evolutionär eingestellt und will von allen gewaltsamen, diktatorischen, bolschewistischen Elementen nichts wissen. Für uns aber von größter Wichtigkeit ist der E i n d r u ck, den diese Kriegsorganisationen und Erlebnisse a u f d i e eng- lischen Arbeiter gemacht haben. Sie sind sich erst ganz ihrer Bedeutung bewußt geworden. Die ungeheuren Anforde- rungen aber, die an ihre Arbeit und Opferwilligkeit gestellt wurden, wie die schweren Eingriffe in ihre Freiheit haben sie als Arbeiter klaffe zusammengeschlossen, haben ihnen allen das Bewußtsein von der Solidarität der Ar- b eiterschaft gegeben. Gleichzeitig haben sie z. B. in den Raten organisawrische Grundlagen für die Betätigung ihres Klassenbewußtseins gelegt. Das aufschlußreiche Buch von Dr. Mendelsohn, einer sun- gen Parteigenossin, umreißt ein Stück lebendiger Zeit- geschichte und weckt den Wunsch nach einer Fortführung seiner Darstellung bis in die unmittelbarste Gegenwart hinein. Was es uns bietet, das ist eine willkommene Gelegenheit, die Jahre kennen zu lernen, aus denen wir vom Leben Englands nichts wissen, damit wir leichter zurückfinden zu den englischen Ge- nassen, die in ihnen selbst bedeutende Wandlungen erlebt haben, bedeutsamere vielleicht, als selbst wir in Deutschland . Denn es sind tiefe innere und organisatorische Wand- lungen dort, auf sozialem und ökonomischem Gebiet, geschehen, während bei uns die Revolution fast nur der staatsrechtliche Ausdruck wurde für Wandlungen, die längst innerlich ge- schehen waren.
Sofortiger Teuerunqsausgleich. Der Reichskanzler hatte am Dienstag nachmittag eine Besprechung mit den Führern der Koalitionsparteien, wobei äußerst wichtige außenpolitische Fragen, aber auch innere, wie die der Steuervorlagen, erörtert wurden. Einig war man darüber, daß für die augenblickliche Teuerung ein Ausgleich durch sofortige Teuerungszuschüsse für die Beamten und Ar- bester geschaffen werden muß.
Der Tote öer FSV. Der mysteriöse Todesfall des Oberwachtmeisters Buch- h-ö l z von der„Hundertschaft zur besonderen Verwendung I" hat uns schon mehrfach beschäftigen müssen. Während gewisse polizeiliche Stellen krampfhaft die Fiktion aufrechtzuerhalten suchten,� daß Buchholz Selbstmord begangen habe, ist im „Vorwärts" schon frühzeitig auf Grund bestimmter Jnforma- tionen der Verdacht ausgesprochen wordem daß Vuchholz von dritterHand beseitigt worden ist,«eil er Mitwisser wich-
Die Lahne. Sie war eigentlich noch wie neu, die Fahne. Ms Paul im zweiten Kriegsjahr reklamiert wurde und als„unabkömmlich" zu Hause blieb, hatte man die Fahne angeschafft. Und Paul verdiente gut, es brauchte mit dem Tuch nicht gespart zu werden. Nun stand seit Ausbruch der Revolution die schöne Fahne auf dem Boden und verstaubte. Aber die Zeichen— wer sie zu deuten versteht wie Paul, der weiß— sie mehren sich, sie künden an: bald wird die Zeit wieder kommen, wo wir die Fahne, die schöne Fahne wieder herausstecken! „Ich brauche eine neue Fahnel" sagt Marie. Paul aber liebt die alten Farben der Fahne, er ist nicht für die Republik . Er steigt auf den Boden und holt die Fahne herunter. Wenn man der Fahne bedarf, so soll es nur die alte sein, das ist seine Ueberzeugung. Außerdem sind es über drei Meter Fahnentuch und wenn sie vom Balkon herunterflattert, so wischt sie gerade in die Kaffeetassen von Pauls politischem Gegner auf dem unteren Balkon. „Hier hast du die Fahne!" sagt Paul und ohne die entrüstete Einrede seiner Frau zu beachten, sagt er„adieu!" und geht in sein Bureau. Nachmittags kommt er nach Hause und öffnet die Wohnungstür. Entgeistert steht er und starrt auf die-- zerschnittene Fahne, die aus dem Fußboden liegt. Seine Frau sitzt an der Nähmaschine und näht sich eine neue --„Fahne". Aus seiner Fahne. „Es reicht gerade für die Bluse und den Volant. Den Stoff für den Rock werde ich noch zukaufen müssen. Dafür bekommst du aus dem Roten noch eine schöne Badehose," sagt Marie. Ihm aber erstirbt eine Welt. Friedrich Natteroth.
Luxussleuer uod Oualiläksarbeik. Die Aufhebung der Luxus» steuer für die Verkäufe der Kunstausstellungen, die, wie wir berich» teten, vom 1. Juli ab verfügt worden ist, kommt noch den Kunst- ausstellungen dieses Sommers zustatten. Dennoch schafft sie einen Zustand, der unleidlich' wirkt. Würde sie doch eine Trennung der Begriffe Kunst und Handwerk im Sinne eines ver- alteten Svezialistentums verewigen, während gerade in der Ver- einigung des künstlerischen und des handwerklichen Schaffens der Ausweg aus den jetzigen Schwierigkeiten gesucht wird. Die Reform des Kunstschulunterrichts hat eben gerade den Gesichtspunkt dieser Vereinigung in den verschiedenen Ländern durchzuführen unternommen. Nun aber bleiben nach den geltenden Bestimmungen die Erzeugnisse des Kunsthandwerks der Luxussteuer unterworfen, während die der sogenannten„hohen Kunst" von ihr befreit worden sind., Man hofft in den beteiligten Kreisen, daß die Steuer auch für das Kunsthandwerk bei den Beratungen im September fällt. Sie hat sich als unpraktisch für die Zwecke des Steuerfislus selbst heraus»
tiger Geheimnisse dieser eigenarstgen Hundertschaft war, und weil bestimmte Leute fürchteten, daß Buchholz diese Geheim- nisie oerraten würde, nachdem man ihn— ob mit Recht oder Unrecht, sei dahingestellt— in eine Unterschlagungsaffäre ver- wickelt hatte. Wegen unserer Angaben sind wir von der reaktionären Presse, deren Hintermänner in diesem Fall unschwer zu er- raten sind, heftig angegriffen worden. In allen Tonarten wurde das Motiv abgewandelt:„Buchholz hat unterschlagen und deswegen Selbstmord begangen." Seit einiger Zeit ist es drüben freilich still geworden. Bielleicht hängt das zusammen mit einem Gutachten des bekannten Gerichtssachverständigen Medizinalrat Stürmer vom 3. August 1S21, in dem es, wie uns bestimmt mitgeteilt wird, wörtlich folgendermaßen heißt: Es handelt sich bestimmt um Tötung durch dritte Hand. Der Schuß ist von hinten abgegeben worden aus einer Entfernung von ZO— Zö Zentimeter. Außer diesem Gutachten wird uns noch ein Gutachten des Waffensachverständigen B a r e l l a mitgeteilt, das am Schlüsse sagt: Ich fasse mein Gutachten dahin zusammen, daß der Schuß aus der vorliegenden Mauserpistole 7,65 abgegeben ist, daß bei Abgabe des Schusses die Mündung ca. 30 Zentimeter vom rechten Hinter- Haupt entfernt war. und daß sich Vuchholz diesen Schuß nicht selbst beigebracht haben kann. Aus diesen beiden Gutachten ergibt sich klar, daß die vom „Vorwärts" vertretene Auffassung, daß es sich um einen Mord an Buchholz handelte, vollkommen zutreffend war. Immer notwendiger erscheint eine Untersuchung, die nicht nur die Tat selber, sondern auch ihre letzten Motive klarlegt. Wir hoffen, daß sie in die Hände von Männern ge- legt wird, die ihr gewachsen sind.
Ehrendoktor Luöenüorff. An die schlimmste Zeit der politisierenden Professoren er- innert, daß die medizinische Fakultät der Alberws-Universität zu Königsberg in Preußen Ludendorff bei seiner An- Wesenheit in Königsberg , anläßlich der Tannenbergfeicr, die Würde eines Ehrendoktors der Medizin verliehen hat. In dem Ehrendoktordiplom heißt es: „Dem Meister der Feldherrnkunst, dessen überragendes Können Gesundheit und Leben unzähliger deutscher�Krieger vor den feind- lichen Feuerschlünden gerettet: dem Befreier, der mit eiserner Hand unsere ostpreußische Heimaterde reingefegt von plündernden und sengenden russischen Horden: dem Führer, dessen starker Arm den makellosen Ruhm der deusschen Waffen und den Glanz deutscher Kultur getragen hat von den Gestaden des Atlanttschen Ozeans, bis in die Wüsten Arabiens: dem Helden, der das von einer Well beute- lüsterner Feinde umklammerte deutsche Volk mit den scharfen Schlägen feines unbesiegten Schwertes geschützt, bis es, f a l- scheu Worten trauend, seine ungebrochene Wehr und seinen starken Führer fallen ließ: dem deusschen Manne, dessen Bild, au» 1 der Finsternis der Gegenwart hervorleuchtend, uns den Glauben gibt an einen dereinstigen Retter und Rächer unseres Volkes." Die medizinische Fakultät hat übersehen, daß es Luden- dorff selbst gewesen ist, der seinen Rücktritt anbot, als er Deutschland genügend tief ins Elenij geritten hatte. Wievielen Menschen Ludendorff das Leben gerettet hat, das scheint bis- her nur die medizinische Fakultät der Universität Königsberg festgestellt zu haben: sie begnügt sich leider mit der Behaup- tung, ohne die Unterlagen dafür mitzuteilen. Das Volk weiß aber, daß in dem Menschenschlachthaus von 1914— 1918 auf deutscher Seite 1 809 000 Männer geopfert wurden. Obwohl die Möglichkeiten auftauchten, zu einem ehrenvollen Frieden zu kommen, wurde sinnlos weiter Krieg geführt bis zur fürchterlichen Niederlage. Die Deutschland in der Stunde der höchsten Not beispram-gen, werden heute verleumdet: die feige Deutschland den Rücken kehrten, werden Ehrendoktor! Wir können auf unsere Königsberger Medizinprofessoren„stolz" sein. Hoffen wollen wir, daß sie in ihrem Fach etwas besser unterrichtet sind als in der Politik.
gestellt, als steucrtechnisch undurchführbar, und überdies wird sie nach allem, was man hört, in der Praxis sehr stark umgangen. Es ist zu hoffen, daß sich der R e i ch s k u n st w a r t Dr. R e d s l o b der Frage annimmt, besonders deshalb, weil gerade aus seinen viel- fachen Schritten die Künstlerschaft den Fortfall der Luxussteuer für Ausstellungen mit zu danken hat. ver Reichsausschuß für Arbeitswissenschaft hat bekanntlich die Aufgabe, mit Hilfe moderner wissenschaftlicher Methoden die per- sönliche Beanlagung für bestimmte Tätigkeiten zu prüfen und es so dem Einzelnen zu ermöglichen, den für ihn passenden Beruf zu ergreifen und innerhalb des Berufs die geeignete Spezialarbeit zu finden. Obwohl der Reichsausschuß, der aus hervorragenden Gelehrten zusammengesetzt ist, bereits vor Jahresfrist vom Reichsarbeitsministe. rium begründet wurde, hat er bisher nicht in Tätigkeit treten können, weil das Finanzministerium die nötigen Mittel nicht zur Verfügung stellte. Angesichts der Tatsache, daß die Arbeitswiflenschaft in Amerika bereits die gesamte Industrie umgestaltet hat, wäre es wohl an der Zeit, daß auch bei uns die Sache endlich in Fluß gebracht würde. „Theorie und Praxis der Arbeitsschule" ist das Thema, das die vom Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht für den 5. bis 10. September nach Köln einberufene PädagogischeHerbst- wache behandeln wird. Es sollen Vorträge und Diskussionen statt- inden und für die freien Nachmittage sind Lehrproben mit an- chlicßendcr Besprechung vorgesehen. Nähere Auskünfte«rteill das Städtische Schulamt in Köln , Agrippastraße 10. Veröffentlichungen de» Relchsarchivs. Von der aktenmäßigen Darstellung des Weltkriegs, deren Herausgabe, eine Behandlung der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Geschichte des Krieges 1914/18 sowie der kulturellen und sozialen Entwicklung während dieser Zeit in Deutschland , auf 10 Bände berechnet ist, soll der erste Band schon im Herbst erscheinen. Das Reichsarchiv bereiter außerdem die Herausgabe einer Zwei- Monatsschrift sowie einer wissenschaftlichen Schriftenreihe vor. Die Zeitschrift„Zeitgeschichtliches Archiv' betitelh wird vom 1. Januar ab erscheinen. Die Revolution der russischen Vühne. So wie die Sowjet- regierunq versuchte, eine völlige Umwälzung des Staatswesens durch- zuführen, hat man auch auf der russischen Bühne eine grundstürzende Revolution entfesselt. Der Lenin des Theaters heißt Kerschenzew, und von seiner Tat erzählt Iwan Faludi in der„Freisn Deutschen Bühne". Kerschenzew erstrebt eine Verdrängung des berufsmäßigen Künstlertums. Jede Scheidswand zwischen Bühne und Zuschauerraum niederzureißen, aus dem Zuschauer Sck?auspiel«r zu machen, vom Dilettantismus des Arbeiters zu einer allgemeinen Volkskunst zu ge- langen, ist sein Ideal. Er sucht lebendige gefühlsmäßig« Beziehungen zwischen Schauspieler und Publikum, zwischen dem Geist des Stückes und seiner Ausführung. Das proletarische Theater— so sagt Kersch en�w— bedarf nicht der Illusionen und des geheimnisvollen Wirkens hinter den Kulissen. Jeder Theaterbesucher toll jede Phase seiner Arbeit, von der ersten Probe bis zur ersten Vorstellung, sehen können. Der russische Theater-Lenin sagt sich auch von allen Stil- Mitteln der Bühne im 20. Jahrhundert, von dem Kultu « des Vor-
Woher kam öer Zusammenbruch? Zwei Kronzeugen. In den jüngst vergangenen acht Tagen hat die reaktionäre hauptstädtische Presse ihre alten agitatorischen Lügen neu auf- gebügelt verbreitet. Auf unsere Festnagelungen hat man aber peinlich geschwiegen. Die„Kreuzzeitung " z. B. hat ob unserer Feststellungen aus ihrem eigenen Blatt geradezu ihr Mund- werk verloren. Haben wir doch der„Kreuzzeitung " aus ver- schiedenen Artikeln der—„K r e u z z e i t u n g" nachgewiesen, daß sie seinerzeit Ludendorffs sinnloser militärischer �uhrung die Schuld am Zusammenbruch des deutschen Kaiserstaates zu- geschoben hat! Jetzt behauptet sie, die Republik sei„mit Hilfe des Feindbundes gegründet". In ihrer gestrigen Abend aus- gäbe ist es wieder die„Deutsche Tageszeitung", die ihre all- tägliche Agitationswalze ableiert: Steuern auf den Beptz sind eine Gemeinheit, daß sie gefordert werden, hat seinen Grund in der Annahme des Ultimatums, das Ultimatum ist aus dem V e r s a i l l e r V e r t r a g erwachsen, dieser ent- stand durch den Zusammenbruch, und der wurde durch den„Dolchstoß /von hinten" verursacht. Die Wahrheit ist. daß der Zusammenbruch durch die ver- brecherisch beschränkte militärische Führung des alten Deutsch- land erzeugt wurde, zu der dann Wirklichkeit gewordenen ent- setzlichen Größe konnte er nur d a d u r ch auswachsen, daß die reaktionären Parteien die Borniertheit des alten Systems be- sinnungslos unterstützten und jede Mahnung zur Ver- nunft wütend bekämpften. Heute wollen wir nur zwei beachtenswerte Zeugen für die Richtigkeit unserer Anschauung zu Worte kommen lassen. Der eine schrieb im Jahre 1919: „Das Nachlassen der Stimmung im deutschen Volke hing sehr wesenllich mit der Ernährung zusammen Der Körper bekam in seiner täglichen Zuführung, namenilich an Eiweiß und Fetten nicht das, was zur Erhaltung der leiblichen und geistigen Kräfte not- wendig ist. Es war in weiten Kreisen ein gewisser Verfall der körperlichen und seelischen Wider- st and skr oft eingetreten... Ich tat das erstemal im Sommer 1917 einen tiefen Einblick in diese Verhältnisse und war er- schrocken: hier war ein ungeheures Schwächemoment. � Diese Erscheinung lag im Wesen der menschlichen Natur begründet. Sie konnte durch starten vaterländischen Willen ausgeglichen werden, war aber endgültig nur durch eine bessere Nah» rungszuführung zu beseitigen." Der Mann hatte durchaus recht wenn er glaubte, daß man mit„vaterländischem Willen" allein den Krieg nicht ge- winnen könne, sondern daß man dazu eine bessere Rahnings- Versorgung brauche als sie die damalige alte Regierung-zu leisten in der Lage war. Wir wollen den Ramen unseres Gewährsmannes nicht verschweigen. Es ist— Luden- dorff, der das oben zitierte in seinen..Erinnerungen" schreibt. Unser zweiter Zeuge meinte einmal: „Die Revolutton... ist k e i n Glücksfall gewesen... Mit dem modernen Krieg hat es eine eigene Bewoodtnis Früher ging der Krieg dadurch zu Ende, daß die feindlichen Armeen besiegt wurden; jetzt endet der Krieg mit der Besiegung des feindlichen Volkes. Das haben wir alle vor diesem Krieg nicht gewußt und haben es erst lernen müssen. Entscheidungsschlachten wie in frühe- ren Feldzügen gibt es nicht mehr, oder vielmehr, sie enssch-üden. wie die Schlacht bei Tannenberg bewiesen hat, nicht unmittelbar, sondern mittelbar. Die militärischen Niederlagen ers-chüt- tern das Vertrauen des Volkes zu feiner Regie- r u n g. Die Opposition verstärkt sich, gewinnt Macht. Die Regie- rung stürzt und wenn... das ganze System morsch und reif für den Verfall ist, so kommt es zu dem allge- meinen Zusammenbruch." Klarer als in diesen Sätzen kann man die Entstehung des Vertrages von Versailles nicht aussprechen. Und wer ver- mochte es, seine Gedanken über den Zusammenbruch so klar zu formulieren? Es war— Hindenburg ! Er führte es am 2. Dezember 1917 aus, als er über den Zusammen-
Hanges und der Leinewand, los: Das Theater soll das Volk erziehen, belehren, es nicht durch bunte Scheinkünste unterhalten. Ein Prolog gewährt Einblick in den Geist des Werkes und macht das Volk für das Schön« und Reue empfänglich. Die vorhandenen Bühnenwerke sind natürlich für dies« Zwecke nicht geeignet. Kerschenzew springt daher mit den vorhandenen Stücken sehr ungeniert um: er bearbeitet sie, ja, er verfälscht sie. Wenn es sich um ein neues Stück handelt, das mit gemeinschaftlichen Mitteln einer Gruppe des„Theater- und Literatur-Zirkels" geschaffen ist. dann kann nur der Grundriß des Stückes festgestellt werden. Die Ausarbeitung der Einzelheiten ist Pflicht aller Darsteller, und selbst am Tage der Vorstellung kann noch eine Aenderung vorgenommen werden. So kehrt also die russische Bühne in gewisser Hinsicht zu der Form der alten Stegreifkomödie zurück, in der dem einzelnen Schauspieler sehr viel Freiheit ge- lassen war. Teure vilder. Des holländischen Meisters Vermeer Bild „Straße von Delft " ist vom Louvre, dem es angeboten war, zurück- gegeben worden. Der dafür geforderte Preis von 700 000 Gulden war den Franzosen zu hoch. Run hat das Bild ein Holländer an- gekauft, der es seiner Regierung zum Geschenk machen will. Das Louvre hat statt dessen das große Gemälde von Delacroix „Sar- danapalus" zum Preis von 800 000 Frank erworben. Rückgabe der Venus von Milo ? Ein Witzbold schreibt uns: In den Museen des Louvre in Paris herrscht große Aufregung, denn das Verlangen der Hildesheimer , die den bei Hildes- heim gefundenen Silberlchatz aus Berlin zurück haben wollen, findet Nachahmung. Eine Abordnung der Insel M i l o ist in Paris eingetroffen und hat die Rückgabe der B e n u s verlangt. Alls Fremden, die auf die Insel kämen, stagten nach der Venus, und es wäre ein unerträglicher Zustand, sie immer auf Paris verweisen zu müssen. Auf den Einwand, die Venus würde aus der Insel doch ganz vereinzelt sein, wurde geantwortet, man hätte dort auch sonst sehr viele schöne Mädchen. Sobald diese Vorgänge in Paris ruchbar geworden, trat im Louvre eine Deputation von Versailles an, um auf dem gleich mitgebrachten Wagen die„Artemis von Versailles" abzuhrlen. Auf die Gegenrede, die Artemis sei doch in Versailles weder gemacht noch gefunden, antworteten sie, man könne die Göttin in der Einsamkeit des Schlosses besser studieren als in dem Trubel der Großstadt Paris . Auch dieser Vor- gang blieb nicht ohne Folgen. Die Besitzer aller Restaurants, Cafes, Aussichtspunkt-Wirtschaften usw., die den Namen„Beive- dere" trogen, haben sich zu einem Zweckverband zusommengetan, unter der Devise, der Apoll von Velvedcre stehe ihnen zu. Auf den zu erwartenden Einwand, daß man die Figur doch nicht zerteilen könne und ein Gipsabguß dieselben Dienste leiste, soll erwidert werden, daß gerade eine so zerstückelte Figur sehr geeignet sei, um Doktorarbeiten darüber zu schreiben. Die Studenten hielten sich so wie so schon viel in den Belvederes aus und könnten dann gleich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Die Ver- Handlungen schweben noch._ Arbeiter-Kunst-AuSitellung. Ernst Friedrich spricht Donnerstag, den 18., abends 8 Uhr, w der Petersburger Straße 89, Hauptmann»„Weber". Zugleich findet eine Ausstellung de» Blätter ,W»b«rausftand' vonKätrKollwitz statt.