b ru ch in Rußland sprach. Wir haben bei der obigen Wiedergabe seiner Ausführungen nur zweimal das Wort .Rußland " durch einige Punkte ersetzt, man kann dafür ohne weiteres das Wort„Deutschland " setzen. Zur Beruhigung der Rechtspresse möchten wir noch mitteilen, daß Ludendorff und Hindenburg nicht etwa Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei sind, nein, es sind ihre Freunde von denen sie bei der Berbreitung der Zusammenbruchslüge, wie wir zeigen, g e» ohrfeigt werden._
öonomi über Paris . Rom . 15. August.<Stcfam.) Vertretern der Presse erklärte Ministerpräsident B o n o m i, die italienische Delegation habe in Paris gefunden, daß die oberschlefische Frage ziemlich verwickelt sei. Sie habe sich immer bemüht, Reibungen zu mildern. Die Zu- sprechung des gesamten Oberschlesiens an einen einzigen Staat sei einstimmig abgelehnt worden. Da aber eine Einigung hinsichtlich der Zuteilung der Gebiete und namentlich des Industriedreiecks nicht möglich gewesen sei, so habe Italien vorgeschlagen, den Völkerbund - rat um ein endgültiges Urteil zu ersuchen. So sei die Gefahr eines Bruches vermieden worden. Italien habe für den Frieden gewirkt, um die Allianz unversehrt zu erhalten. Die Meinung des Völker- bundrats werde sich der Oberste Rat zu eigen machen. Die Alliiertem hätten die auf die Erhaltung des Friedens gerichtete Initiative Italiens gewürdigt. Außenminister della Torretta fügte hinzu, daß die Ent- scheidung sich mit dem Frieden von Versailles in Einklang befinde, daß es sich um einen tatsächlichen Schiedsspruch handle und daß die beiden Parteien Deutschland und Polen angehört werden könnten. Finanzminister Soleri machte Mitteilungen über die Repa- rationsbeschlüsie. Zwar sei den berechtigten Wünschen Italiens nicht völlig Rechnung getragen worden, die Lage Italiens habe sich indessen doch verbessert. Bei der-Unterzeichnung des Echlußproto- kolls hätten alle Minister ihre Unterschrift ohne Vorbehalte gegeben, mit Ausnahme des Vertreters Frankreichs , der erklärt habe, er könne das nur vorbehaltlich der Billigung seiner Regierung. Wie Bonomi und Soleri betonten, bedeutet dieser Vorbehalt keine Auf- Hebung der Vereinbarungen: er erkläre sich vielmehr dadurch, daß die öffentliche Meinung in Frankreich durch die Ergebnisse der Kon- ferenz anscheinend wenig befriedigt sei. Bonomi und Soleri brachten die Hoffnung zum Ausdruck, daß die Frage in freundschaft- licher Weise werde erledigt werden. Schatzminister d e R a v a teilte bezüglich der von Deutschland an Italien zu leistenden Zahlungen in natura mit, Italien wünsche solche Waren und Erzeugnisse, durch die den italienischen eine Konkurrenz nicht erwachsen könne. Er stellte mit Bedauern fest, daß von italienischer privater Seite versucht werde, auch solchen Artikeln Eingang zu verschaffen, die der heimischen Erzeugung Konkurrenz bereiten. Nur Anregungen! Pari». 16. Aug" st.($$.) Die französische Regierung be- trachtet die Konferenz der Finanzminisier nur als eine Kommission von Sachverständigen, die beratende Stimme haben und Anregungen vorschlagen können Die französische Regierung erklärt deshalb, daß die Entscheidungen der Finauzministerkonferenz nk'v anderes als Anregungen bedeuten, mit denen sich der nächste französische Ministerrat zu befassen haben wird. Wie die Entscheidung zustande kam. Paris , 16. August. (EE.) Der Londoner Korrespondent der „Ehicago Tribüne" erfährt aus der autoritativsten Quelle, daß man Mittwoch abend, als Lloyd George darauf drang, daß ganz Ober- schlesien mit wenigen Ausnahmen Deutschland zufallen solle und ankündigte, falls Frankreich dies ablehnte, es die englische Unter- st ü tz u n g verlieren würde, Briand dem italienischen Ministerpräsi- denten sagte:.Lloyd George fordert von mir, zwischen der Entente und Polen zu wählen. Was kann ich tun? Die höheren Interessen Frankreichs treiben mich dazu, die Entente nicht aufzugeben, und so bin ich gezwungen, nachzugeben." Später wurde Millerand durch Loucheur von der Unterwerfung Briands unter- richtet. Gemäß dem geheimen Abkommen, das Millerand mit Pil- sudski im letzten Frühjahr abgeschlossen hatte, forderten Loucheur und die I n d u st r i e l l e n von Millerand, nachdrücklich darauf hin- zuweisen, daß Briand sich nicht unterwerfen dürfe. Millerand teilte Briand dies mit und sagte Briand , falls dieser doch nachgäbe, wäre er, Millerand, gezwungen, die Amtsniederlegung Briands zu fordern. Millcrand erklärte, obwohl der französisch -polnische Vertrag noch nicht unterzeichnet sei, könnte er, da er Pilsudski sein Wort gegeben habe, in eine schiefe Lage kommen. Frankreich wolle aber jenen Vertrag erfüllen. Briand informierte Lloyd George am Donnerstag morgen über den Stand der Ding«. Der englische Ministerpräsident war wütend und wollte Paris sofort verlassen, doch bediente man sich dann der Intervention des italienischen Ministerpräsidenten, und so wurde die Situation durch die Berufung auf den Völkerbund gerettet. Paris , 16. August. (WTB.) der Abg. Maillard kündigt in einem Brief an Briand eine Interpellation über den Obersten Rat an. Er sagt, daß bei einer Zuteilung des obcrschlesiichen Industriebezirkes an Deutschland die nationale Sicherheit Frankreichs in un- heilbarer Weise gefährdet werde. Wenn England in unserer Lage wäre. Unter dem Titel„Wenn es England wäre" schreibt G. Desmond in der„Daily Rems":„Gesetzt den Fall, daß England den Krieg verloren hätte, wollen wir uns einmal vergegenwärtigen, wie die oberschlestfche Frage für uns aussähe. Natürlich würden wir I r- l a n d verloren haben, unser Elsaß-tothringen. und ebenso ein sehr reiches ,, Saargebiet" in Wales . Run zu den Opfern im Osten. Setzt man weiter den Fall, daß Süden und Osten bei uns Land- statt See- grenzen wären, so nähme Frankreich die Stelle von Polen ein. Zuerst wird uns Sutherland und Chithneß abgeschnitten, wie Deutschland M e m e l. Niemand weiß, wozu das gut ist, aber das böse England darf es nicht mehr haben. Sondervolksabstimmungen In Schottland , zu dem Zweck veranstaltet, um Frankreich diese Gebiete zuzuschanzen, gehen zu unfern Gunsten aus. Dann kommt der Korridor an die Reih«, den Frankreich für seinen Zugang zu Liverpool haben muß. Dadurch wird uns das meiste von Lincoln. Rotts, Derbyshire , Lancashir« und halb Porkshire genommen. D:r polnische Korridor ist latsächllch mehr als halb so groß wie England, aber wir müssen kleinere Gebiete annebmen, um bei den Verhält- nisten unseres kleineren Landes zu bleiben. Kent ist Oberschlksien. seine Kohlenfelder sind die reichsten in Europa und am besten aus- gestattet mit allen 5)ilfsmitteln für Englands Industrie. Das muß uns also abgeknöpft und Frankreich gegeben werden. Aber wenn wir gehörig protestieren, gelingt es uns, die Gnade einer Volksabstimmung zu erhalten. Nun kommt die Volksabstimmung m Kent. 60 Prozent der ganzen Bevölkerung stimmen dafür, bei Eng- land zu bleiben. Aber irgendein kleines Gebiet— sagen wir die Insel Thanet— wünscht zu Frankreich zu kommen: es ist ein teil- weise industrielles, teilweis« noch unerschlossenes Kohlengebiet. Wirt- schasllich, sagen die Sachverständigen, sind Kent und Thanet unbe- dingt aufeinander angewiesen. Aber gestützt auf das kleine Thanet verlangt Frankreich mindesten» das halbe Gebiet mit
all den von England geschaffenen Kulturwerten. Ein anderer der gegen England Verbündeten, sagen wir Deutschland , ist aber der Ansicht, daß ganz Kent englisch bleiben soll, und so kommt es zu lang- wierigen Verhandlungen._
De valera von Macht zu Macht. Dublin , 16. August. (WTB.) Das irische Parlament wurde heute vormittag unter gewalligen Kundgebungen der dichtgedrängten Bolksmassen eröffnet. Den irische« Führern wurden begeisterte Huldigungen dargebracht. De Valera führte in seiner Rede aus, nur auf der Grundlage der Anerkennung der Republik könne die Regierung mit einer auswärtigen Macht verhandeln.„Wir stehen fest bei diesem Grundsah", so erklärte de Valera,„und sind bereit, für ihn zu sterben, falls es nötig ist."
35 M llionen tzungernüe. London , 16. August.(Reuter.) Im Unterhause hat Harms- worth den Bericht des ofsiziellen britischen Vertreters über den Umfang der Hungersnot in Rußland mitgeteilt. Dieser schätzt, daß für ungefähr ZS Millionen Menschen Hilfe nötig ist. Lloyd George sagte, daß die britische Abordnung für das Internationale hilfs- Komitee des Obersten Rates in Kürze ernannt werden würde. Riga , 16. August.<OE) Nach den letzten Veröffent- l i ch u n g e n des Volkskommissariats für Gesundheitswesen sind bis zum 2. August, soweit Nachrichten vorlieaen, auf dem Gesamt- gebiete der Sowjetrepublik 71 874 Eholerasälle registriert worden. Nach wie vor sind das hungernde Wolgagebiet und die Gouverne- ments Kursk und Woronesh der Herd der Erkrankungen. Neu- registriert sind Cholerafälle in W o l o g o a und in den Städten W e st s i b i r i e n s. In Rcstow am Don und in Samara ist die Zahl der Erkrankungen zurückgegangen. Wie der„Ostexprcß" meldet, sind der stellvertretende Vor- sitzende des russischen Arbe'ts- und Verteidigungsrates R y k o s f, der die Zentralwirtschaftsbehörde leitet, und der stellvertretende Volkskommissar für Außenhandel Lesohawa in Berlin einze- troffen. » Republik Jünfkirchen. Wir haben schon mitgeteilt, daß die Arbeiter des unter süd- slawischer Kriegsbesatzung doch autonomen Fünfkirchen(madjarisch Pees, slawisch Baranya ), das jetzt an Ungarn zurückfällt, von schwe- rer Besorgnis vor dem horthy -Regimc beherrscht sind. Südslawicn würde Fünfkirchen wohl auch gern« behalten, schon wegen seiner Kohle, mit der es die Bahnen des Königreiches S. h. S. betreibt. Es ist nun eine demokratische Republik Fünfkirckzen feierlich prokla- miert worden, die sich der Einoerleibung in h o r t h y- Ungarn— nicht in ein freies Ungarn — mit aller Kraft und gewiß mit aller südslawischen Förderung widersetzen will. Karolyi soll aus seinem dalmatinischen Exil nach Fünfkirchen berufen worden sein, dessen Bürgermeister Bela Linder Karolyis Kriegsministcr gewesen ist. Der Leiter der interalliierten Uebergabekommission, ein englischer Oberst. versichert zwar die Arbeiter, daß sie nichts zu befürchten hätten, aber soeben hat im ungarischen Parlament die Regierung jede Milde- rung der horthyschen Verknechtung der Bergarbeiter abgelehnt. So sehr man alle Sympathie mit den Fünskirchnern haben muß, so fraglich ist doch der Ausgang ihres Beginnens. Das formale „Recht" des Diktats von Trianon ist nicht für sie— gegen sie aber die von der Entente wohlwollend geduldete übermäßige heeresmccht horthys. Rückt sie erst nach Kampf m Fünfkirchen ein— dann dreifach wehe der Stadt... Will das die E n t e n t e? Will es der Völkerbund? Gegen die im gleichen Gesetz vorgeschriebene Abtretung Deutsch . Westungarns an Deutschösterreich sträubt sich Ungarn in illoyalster Weise. Es sucht abzuhandeln, was ihm beliebt, und da Wien na- türlich das Diktat nicht ändern kann und überdies auf dieses agra- rische und zudem deutsche Gebiet angewiesen ist, also auf die unga - rischen Wünsche nicht eingeht, droht Budapest .
Generalstreik in Konstantinopel . Paris . 16. August.(EE.) Der Konstantinopeler Korrespondent der„Chicago Tribüne" meldet, daß der Generalstreik ausgebrochen sei. Die alliierten Vertreter führen die Agitation auf bolschewistische Propaganda zurück. Demonstrationen bewegten sich mit roten Fah- nen lMrch die Straßen. Im Arsenal unterdrückten türkische Truppen einen Aufruhr. Die Arbeiter erklären, der Streit habe keinen politischen Hintergrund. Die hohe Pforte ist der Ansicht, daß die Streitagitation auf griechischen Einfluß zurückzuführen sei, Unruhen in Konstantinopel hervorzurufen.— Der türkische Oberkommandant der Ostfront, Kiazim Karabekir, ist in Angara eingetroffen. Die ganze türkische Armee mit. Ausnahme zweier Divisionen ist auf dem (Rück-)Wege nach Erzerum. Neue Schiffsladungen mit Kriegs- Material sind in Samsun eingetroffen, ebenso 12 Flugzeuge. Eine persische Mission mit dem Unterrichtsminister Mumtazudevlet ist auf dem Wege nach Angora, um eine Freundschaftsvertrag zwischen Teheran und Angora abzuschließen. Djelol Dey, der Ober- kömmissar für wirtschaftliche Angelegenheiten der kemalitischen Re- gierung, befindet sich auf dem Wege nach Moskau , um einen Handelsvertrag mit Sowjetrußland abzuschließen. London , 16. August.(TU.) Lloyd George hat gestern im Unter- hause erklärt, daß die Regierung keine Kontrolle über die Kriegs- munitions-Sendungen nach Griechenland oder der Türkei übt.
Der Serbenköntg Peter ist gestorben. Nach jahrzehntelangem Genfer Cafehausleben als Verbannter und Verschwörer gegen die Konkurrenzfamili« Obrenowitsch hatte die Ermordung Alexan- ders II. und seiner Frau den Karageorgiewitsch auf den Thron gebracht. Ihm folgt sein zweiter Sohn Alexander, da sich der ältere Georg durch seine tollen Streiche längst unmöglich gemacht hatte. WTB. stellt gegenüber dem„Temps" fest, daß ei über die Beratungen de« Obersten Rate« all' das berichtet hat. wa« e« nach dem„TempS" unterdrückt haben soll. Im Danziger Volkstag ergab sich am Dienstag bei dem sozial- demokratischen Antrag, dem Senat das Vertrauen zu entziehen, infolge Abwesenheit der Rechten die Beschluhunfähigkeit. Uebcr den kommunistischen Antrag auf Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Polizeisenator Schümmer wegen Verletzung seiner Amts- pflichten wird am Dienstag nächster Woche beraten und dann auch die Abstimmung über das Mißtrauensvotum wiederholt werden. Amerikanischer Hilfsdienst für England. Zwei Deutsche in Chicago , Georg Paul Böhm und Albert P. Wehde, die zu je drei Jahren Gefängnis verurteilt worden find, weil sie angeblich den Versuch gemacht haben, im Jahre 1S17 in Indien eine Revolu- tion in die Wege zu leiten, sind nach Leaoenworth gebracht worden, um ihre Strafe abzubüßen. Robelt Die britische Parlamentskommission für die Kon- trolle der Regierungsrcchnungen stellt in ihrem Bericht fest, daß die Negierung aus dem öffentlichen Besitz bedeutende Geschenke vcr» teilt hat, darunter sechs Schiffe mit Bewaffnung und Vorräten, sowie Flugzeuge an Australien und Kanada , und 13 außer Dienst gestellte Schiffe an die Alliierten. Der Bericht bemerkt, daß es ihm als ein e r n st e r Fall erscheine, daß Schiffe der britischen Marin« ohne Zustimmung des Parlaments verschenkt würden.
Gin alter 3rreöentist. Der Name des nun im Alter von achtzig Jahren in Walhall ein- gegangenen Georg v. Schönerer war im alten Oesterreich ein Panier. Einer vom Schlage jener Unversöhnlichen wie der Franzose Deroulede und mancher greise Welfe, unversöhnlich die Weltgeschichre verneinend, freilich als reicher Schloßherr in der Lage, es ohne per- fönliches Existenzwagnis zu tun. Dieser unbedingte Irredentist, der den hinauswurs Oesterreichs aus dem Deutschen Bunde-nie ver» winden konnte, schwor wiederum auf Bismarck , den hinaus- schmeißer. Und dem gab er auch wieder recht, denn wieder- anschließen an Deutschland wollte er nur das slawenfreie Deutsch- österreich. So erhob der körperlich gewaltige Mann einst die flatternbe Fahne und die dröhnende Stimme gegen die Deutschlibcralen, die sich mit den gegebenen Tatsachen abfanden und Oesterreich zum deutschen Staate machen wollten. Die Selbstlosigkeit dieser Liberalen ging aber doch nicht so weit, daß sie nicht Gegendienste für ihre Kapitalinter- essen genommen hätten, und so erhielt das rein alldeutsche Pro- gramm Schönerers neben dem antisemitischen Einschlag, der der „Verjudung" der Liberalen galt, auch jenen Tropfen sozialen Oe'.s, der Schönerer für das allgemeine Wahlrecht eintreten ließ und ihm die Anhängerschaft der jungen deutschdemokratischen Akademiker Lueger und Perner st orfer oerschaffte. Aber Schönerer war ein Selbstherrscher, und da er nicht nur„Los von Iuda", soydcrn auch „Los von Rom " befahl, gab es bald Trennung von allen rot oder schwärzlich-sozial Gesinnten. Neben jenen„Unverfälschten Deutschen Worten", deren jede Nummer mehrmals wegen Hochverrat konfisziert wurde, und in der man trotzdem, behaglich schmunzelnd, die Vriefkastennotizen über„Franz Joseph Schrat- tinger" genoß(weil die Schauspielerin Schratt des Kaisers wahre Lebensgefährtin war), entstanden des Dissidenten Pcrnerstorscr „Deutsche Worte", in der ein gewisser„Tischler" Arbeiter- fragen besprach: es war der Schulkamerad Dr. Viktor Adler. Inzwischen hotte Schönerer seinen Adel und sein Mandat ver- loren und etliche Monate gebrummt, weil er die Todesnachricht und die Würdigung des alten Wilhelm im„Tagblatt" durch einen blutigen Sturmangriff auf die Redakteure gerächt. Der große Kämpf gegen Badenis Sprachenverordnung sah ihn wieder im Parlament, und eine ganze Obstruktionssitzung ging drauf, als Schönerer auf das tschechische„anc>!"(ja) und„ne!" sein „Ob.'YesI" setzte, das der Präsident nicht als landesübliche Sprache anerkennen wollte. Bitteren Schmerz erlitt das Führerherz, als es Iung-Siegfried, Karl Hermann Wolf und feine Mahnen, sozusagen die ganze Partei bis auf die Paladine, strafweise„entdeutschen" mußte. Und als Schönerer 1906 gar mit den polnischen Junkern und den deutschen Bourgeois vereint gegen das gleiche Wahlrecht kämpfte, gab es kein Mandat mehr für ihn. Jetzt ist der unverfälschte Irredentist dahin. Unverfälscht? O„völkische Schmach", da der alte Börsenjude Alexander Scharf in seinem Montagsblatt der Gotrin Abstammung in monatelangen Fortsetzungen auf den guten alten Schmul Leeb Kohn zurückführte. Der Irrcdentist mußte sterben— in einer Zeit, wo die deutsche Irredenta eine weit stärkere Förderung erfahren hat, als sie der breitschulterige, stiernackige Bierbauch jemals erträumt hat. r. b.
�rbeiterfreiheit im befetzten Gebiet. Koblenz , 15. August. Wie der„Bonner Generalanzeiger" mel- det, hat das englische Kriegsgericht in Köln cinen Buchdrucker der - Firma Bachem, den die englische Militärzeitung„Eologne-Post" zum Annoncensetzen aufgefordert hatte, der aber wegen des Streik- beschlusfes nicht zur Arbeit erschienen war, zu 10 Tagen Gefängnis verurteilt. Das Kriegsgericht nahm Ungehorsam gegen eine eng- tische Behörde an, und der Vorsitzende drohte für weitere ähnliche Fälle mit der Verhängung weit schärferer Strafen. Unterdrückung der Versammlungsfreiheit im Nheinlanis., Die Rheinlandkommission hat dem Reichskommissar für die be- setzten rheinischen Gebiete davon Mitteilung gemacht, daß für die Zeit eines Monats und mit Wirkung vom 9. Äuaust 1921 den Dele- gierten der Rhcinlandkommission in den Kreisen Krefeld , Mlirs, Neuß und M.-Gladbach die durch Verordnung ded internationalen Rheinlandabkommens vorgesehene besondere Vollmacht übertragen worden ist, d. h. das Recht, alle Zusammenkünfte und Dersamm- lungen zu untersagen, die die Sicherheit der Besatzungstruppen ge- fährdcn könnten, und im Notfall« den Aufenthalt während der Nachtzeit auf den Straßen zu verbieten. Gderfchlesten H-— Memelflebiet. Die Ernennung des sich zur großlitauischen Partei rechnenden Regierungsrates Stcpputat zum Präsidenten des Landesdirektoriums des Memelgebietes hat scharfe Proteste hervorgerufen. Eine Protest- Versammlung des Deutsch -Litauischen Heimatbundes wurde von dem Oberkommissar oerboten und der Versammlungssaal polizeilich abgesperrt. Wenn gegen den Willen von mindestens 90 Prozent der Bevölkerung die Ernennung Stepputats erfolgte, so bewies dies, daß auch die Entscheidung über das Mcmelgebiet ohne jede Befragung der Bevölkerung in rein st er Willkür erfolgen wird. Reichlich verfrüht scheint aber der Jubel der großlitauischen Kreise, als wenn es nunmehr feststände, daß auch Frankreich mit der Einverleibung des Memelgebietes in den litauischen Staat einverstanden wäre. Es deutet nach der„Känigsberger Härtung- schen Zeitung" alles darauf hin, daß Frankreich auch das Memel- gebiet Polen zuschlagen will. Noch vor wenigen Monaten gab es keinen Bewohner polnischer Nationalität im Memelgebiet. Plötz- lich errichtet Polen w Memel ein B e r u f s k o n s u l a t. Zwar ver- sicherte der polnische Berufskonsul bei seinem Dienstantritt, Polen dächte gar nicht daran, Ansprüche auf das Memelgebiet zu erheben. Aber mit diesem Tag« setzte trotzdem eine„friedliche" Eroberung des Gebietes ein. 5?leizelei. Eine Abordnung der Memeler Stadtverordnetenversammlung, die dem französischen Obcrtommissar die Entschließung über die Autonomie des Memelgebietes überreichen wollte, ist von diesem nicht empfangen worden. Als Begründung wurde der Zlbordnung erklärt, daß der Oberkommissar bereits durch die Presse von der Ab« ficht der Abordnung unterrichtet sei, und daß er deshalb den Emp- fang der Abordnung ablehne. Die Stadtverordnetenoersamm- lung gab darauf ihr Einverständnis mit folgender Erklärung des Stadtoerordnetenoorstchers ab:„Wir bedauern, daß die Vertretung' der größten Gemeinde des Memelgebietes. nachdem ihr der Empfang zugesagt worden und nachdem sie erschienen war, nicht emp. fangen wurde. Wir sprechen unser allergrößtes Befremden dar- über aus." Man oergleiche damit das Verhalten britischer oder italienischer Völkerbund beauftragter!__ Spanischer Erfolg gegen die Mauren . General Berenguer tele- graphiert, daß mit Unterstützung durch Artillerie eine starte Stellung in Maran erobert wurde. Nach einem blutigen Handgemenge haben die Mauren zahlreiche Tote und Gefangene auf dem Schlachtfelde zurückgelassen. Wenn Poehner kommt... Wie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, wurde anläßlich des Besuchs des Münchener Polizei- direktors P o e h n e r in der bayerischen Straffestung Niederfchönen- feld das Bild des ehemaligen Bayernkönigs Ludwig mit schwarz- weiß-roten Fahnen geschmückt. Recht so: Ehre, wem Ehre gebühret!