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Nr. 395 38. Jahrgang

Groß- Berlin

Der Massenmörder entdeckt?

Beilage des Vorwärts

Gegen den Geist von Potsdam  ".

Dienstag, 23. August 1921

1921 nicht mehr in Zahlung genommen werden. Dagegen erfolgt Stundung in Höbe des Betrages, der 10 Proz. des Betriebseinfommens entspricht, mindestens aber in Höhe der für 1921 geflebten Steuer­marfen oder des nachgewiesenen Steuerabzuges. Daher ist ber der Zahlung in der Steuertaffe vorzulegen eine Beicheinigung des Arbeit­gebers über die Höhe des Arbeitseinkommens oder die geklebten Steuermarfen( Steuerfarte) bezw. eine Bescheinigung des Arbeit gebers über den Steuerabzug vom 1. April 1921 ab. Erreicht ober übersteigt der hiernach zu stundende Betrag den fälligen Steuer­betrag, fo fann Stundung auch durch rechtzeitige Einsendung des Nachweises über den Lohnabzug an die zuständige Steuerfasse herbei­geführt werden. Erfolgt aber bis 29. August teinerlei Nachweis und teine Zahlung, so wird Zwangsvollstreckung eingeleitet, durch die besondere Kosten entstehen.

Das schulfeindliche Treiben der Regierung in Botsdam, die fich mit allen Mitteln gegen die Anhänger der weltlichen Schule wendet, die es unserem Genoffen Baulsen verbietet, sich auch nur mit Anträgen an die Berliner   Schulen zu richten und der Bereinheit lichung des Berliner   Echulmefens den schroffften Widerstand ent­Das neue Verbrechen an einem Mädchen, das in der vorver- gegenfeßt, hat die vereinigte Elternschaft Neuköllns auf den Blan gangenen Nacht in der Langen Straße 88/89 verübt wurde, versezt gerufen. Sie wendet sich an alle Eltern, die die weltliche Schule die Bevölkerung dort in große Aufregung. Der Verhaftete, Handels- fordern, fich bereitzuhalten zu einer gründlichen Abwehr aller re­mann Karl Großmann  , stand früher schon im Berdacht, die altionären Bestrebungen. Es wird noimendig werden, in eine ener Frieda Schubert ermordet und ihre zerstückelte Zeiche be- gische Kampfaftion einzutreten. Die Regierung in Botsdam, der seitigt zu haben. Jetzt ist der Verdacht von neuem rege geworden. auch Neukölln untersteht, beginnt den reaktionären Kampf gegen unfere meltliche Schulen, besonders aber gegen unfere sozia. Laufende sammelten sich gestern vor dem Hause unlistischen Lehrer, gegen die Einführung der fol. auch vor der Frankfurter   Bache, auf der der Berhaftete zunächst legialen Schulleitung und in brutalfter Form gegen Juwelendiebffaht. Im Sanatorium Woltersdorfer Schleuse ist festgehalten und nerhört wurde. Als Großmann unter scharfer Be- jedes Mitbestimmungsrecht der Eltern. Dem Streben, der Gattin des Inhabers der Kleiberwerte Baer Sohn am Sonn­wachung von Kriminalbeamten von der Wache noch einmal nach die meltlichen Schulen in freie Gemeinschaftsschulen umzuwandeln, abendmittag der gesamte Schmud und bares Gelb aus einem ner­seiner Wohnung und dann im Auto nach dem Polizeipräsidium ge- versucht sie dadurch den Garaus zu machen, daß fie den Lehrern, schlossenen Behältnis entwendet worden. Dem Bieberbringer der bracht wurde, kam die Erregung in leidenschaftlichen Ausdrücken die mit uns gehen wollen, androht, ihnen ihre garantierten Rechte Juwelen, die aus einem großen vierfarätigen als Tropfen gefaßten zu entziehen, ihnen von Staats wegen Brillanten, einer mit Brillanten und einer Berle besetzten Madel zutage. feine Gebältet Ringen Ueber das neue Verbrechen erfahren wir noch folgende Einzel- revisionen will man die sozialistischen   Behrer unmöglich machen, fie 10000 m.( ehntausend Marf) zugesichert. Wenn der Dich heiten: Großmann, der früher von Beruf Schlächter war, lebte aufs Straßenpflaster merfen oder sie wieder unter die alte sich dazu aufraffen will, die Schmudgegenstände wiederzubringen, feit Longer Zeit als Handelsmann und wohnte für sich allein im Knute zwingen Eltern, laßt Euch Euer Mitbestimmungso erhält er ebenfalls die ausgelobte Belohnung, ohne daß er eine vierten Stod des Quergebäudes auf dem Grundstüc Lange Str. 83 recht nicht länger vorenthalten, stellt Euch mit Euren Kindern Anzeige zu befürchten hat. Mit Wahrscheinlichkeit ist anzuneh in größerem Raume, der zugleich Küche, Wohn- und Schlafftube ſchüßend vor Eure Schulen, vor Eure freiheitlichen Lehrer, in fampf men, daß der Diebstahl durch eine Berfon ausgeführt oder neronlozt war. Hanbel trieb er mit Galanteriemaren, die er in Fabriten und bereiter Einheitsfront gegen die Schulreaktion. ist, die mit den Räumlichkeiten und Gepflogenheiten der Patientin cuch in Geschäften abfeßte. Bei den Hausgenossen erregte der Alte genau vertraut mar. oft Aergernis. Sehr häufig nahm er Mädchen von der Straße mit in feine Behausung. Dort tam es wiederholt zu lärmenden Auf­tritten. In der vorgestrigen Nacht fah ein Hausbewohner, daß Groß mann wieder mit einer Begleiterin hinaufging. Er torfelte, als menn er angetrunken sei. Als man dann später das Schreien und Bimmern hörte, wurde die Polizei benachrichtigt. Die Beamten fanden feinen Einlaß. Die Aufforderung, zu öffnen, beantwortete er mit dem Bemerken, er werde nicht öffnen, es sei jest dunkel, fie möchten morgen wiederkommen. Daraufhin brachen die Beamten mit Gewalt ein und es bot sich ihnen ein schau riger Anblid. Großmann stand ganz nacht da, an der einen Rörperseite mit Blut befudelt. Auf dem Bett lag, ebenfalls nadt, die zunächst noch unbekannte Tote, die später als die Schneiderin Emma Boregte aus der Pappefallee 77 festgestellt wurde. Sie mar an den Händen und Füßen gefesselt und hatte einen schmuzigen Lappen als Knebel im Munde. Auch sie war mit Blut besudelt und lag auf dem Rücken. Neben der Bettstatt lag eine hölzerne Fleischteule und hölzernes Küchengerät. Großmann wurde verhaftet und nach der Wache gebracht, die Leiche vorläufig in feiner Behausung belassen.

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Süden:

Der Baurat und die Bodenspekulation. Der Lebenstundeunterricht für unsere Jugendweihen findet wie folgt politik getrieben, d. h. feine Wohnungspolitik zugunsten der 211- finenstraße 4 v. I. Lichtenberg  : Mittwoch 4 bis 6 Uhr, Jahn­Man schreibt uns: Seit Jahrzehnten hat Berlin   feine Wohnungs- ftatt: Charlottenburg  , Freitags 4-6 1hr, Jugendheim, Ro­gemeinheit. Denn wenn man der geräuschvollen Geburtstags- Realgymnasium, Marktstraße 1/3. Often: Mittwoch, 4 bis 6 Uhr, reflame des Kommerzienrats Haberland in den bürgerlichen Blättern Straßmannstr. 6. Meu tölln- Nord: Dienstag, 4-6 Uhr, Rütli glauben soll, dann ja dann gab es doch eine Bodenpolitit, aber ftraße 41/42. Neukölln- Süd: Mittwoch, 4-6 Uhr, Knesebec­eine der Terrainspetulanten. Der bisher allmächtige Bertraße 21. torden Wedding: Dienstags, 4-6 Uhr, Blan liner Baupapst war Ludwig Hoffmann  . Raum etwas ist in Berlin   tagenstraße 15. Morden Norbring: Dienstag, 4-6 Uhr, ohne seinen Willen auf dem Gebiet des Wohnungswesens geschehen. Sonnenberger Str. 20. Norden Prenzlauer Berg  : Gelbst bürgerliche Blätter wie das Berliner Tageblatt" haben nun Donnerstag, 4-6 Uhr, Senefelder Straße 6. aber geäußert, baß er, zweifellos ein großer Künstler, von den fpe- Südwesten, Südosten: Dienstag, 3-5 Uhr, Donnerstag ziellen Wohnungs- und Siedlungsaufgaben doch wohl zu wenig 23 bis 5 Uhr, Jugendheim, Binbenstr. 3, 2. Hof, 3. verstände, um ein geeigneter Beurteiler zu sein, und sie sind seinerzeit Anmeldungen zur Jugendweihe.   fönnen noch schriftlich beim dafür eingetreten, daß er dieses Dezernat nicht erhielt. Das genügt Jugendfefretariat, S. 68, Lindenstr. 3, 2. Hof, 3 Tr., aber wohl immer noch nicht, um endlich einen neuen Geist in unter Beifügung des Einschreibegeldes von 2 M. erfolgen. die Berliner   Wohnungspolitik hineinzutragen. Bei der Deputa­tionswahl für den Bosten des Generaldirektors des Wohnungs- und Siedlungsmejens hat dieser Mann feine Stimme denjenigen Randidaten gegeben, die ohne ein bestimm­tes Programm den bürgerlichen Parteien am genehmsten maren. Wer sind die Bertreter der bürgerlichen Parteien? Herr Dr. Stei- 80. M. niger, Direttor des 3medverbandes Groß- Berlin feligen Angeden­tens, jetzt Präsident des Schugverbandes für deutschen   Grund 86. besig, und die Bartcifreunde des Herrn& adendorff, des Hausbefizer- Ludendorff". Hinter den Kulissen hat der Geheime Baurat aber eifrig gegen ben nom Vertrauen der gesamten Gewerkschaften der Hand- und Kopfarbeiter getragenen Ran­didaten agitiert, in dem er und seine Freunde von der Badenspeku lation allerdings einen Gegner ihrer Bestrebungen wittern. Daß auch das Ministerium des Herm Stegermald bei diesem Konzert nicht fehlen darf, ist selbstverständlich.

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Groß- Berliner Parteinachrichten.

Heute, Dienstag, den 23. Auguft:

the gung des abteilungsvorstandes mit ben Bezirksführern

Uhr Funktionärßigung bei Echult, Mariendorfer Str. 5. St. bei Grunan, Etahlheimerftr. 30.

t. Marienberf. 8 Uhr bei Obft, Schilten, Ede Ränigstraße, zusammen­funft der Mitglieber bes 5. Bezirks( Bezirksführer Baubach), Um pluft­liches und vollzähliges Erscheinen ersucht der Abteilungsportaab. 3m felben Sotal um 6% hr erweiterte Borstandssigung. Gämtliche Funktionäre und Rreisnertreter müssen erscheinen.

st. Lichtenberg. 7% Uhr Funktionärsigung der Funktionäre und Betriebs­

Dertrauensleute bei Schlenttich, Simplonstr. 42, wichtige Besprechung. Er feinen aller notwendig.

In dem Wohn-, Schlaf- und Küchenraum, der nor Schmutz und Ungeziefer starrt, fand man unter der Bettstatt in einer Schüssel mit Waffer ein Unterrodhemb mit Blutspuren, in einer Ede ver schiedene Frauenstiefel und einen Muff. Man nimmt an, daß alle Diese Dinge mit früheren unaufgetlärten Verbrechen im Zusammenhange stehen. Das Kleidungsstück hat Groß­mann wahrscheinlich auswaschen wollen, um es noch zu Geld zu machen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er auch schon früher Kleidungsstücke vertauft hatte. Daß Großmann als früherer Schlächter imftande war, Leichen zu zerstüdeln, bebarf feiner Er­mähnung. Die Lagerstatt in seinem Bimmer weist starte Blut burchtränkungen von dem neuen Berbrechen auf. Es finden Bas sagen unfere Genossen im Magiftrat dazu? Wir erwarten fich aber auch Spuren, die älter find und sehr wohl von früheren mit Bestimmtheit, daß der Magistrat in seiner überwiegenden Berbrechen herrühren können. Deshalb wird alles das von einem Majorität die Energie und das Gemiffen aufbringt, von allen diesen 5. Kreis Fridrihshagen. 7 Uhr öffentliche Elternverfammlung in der 219. Ge­Chemiter unterfucht werden. Bei der Bernehmung des G. haben beimlichen Bestrebungen abzurüden, bas Bertrauen zu rechtfertigen, meindeule, Glogauer Str. 16/17. Referent Genoffe Fr. Frig Rorfen: Die Baulfenschen Schulreformpläne". sich widersprüche ergeben, die den Berdacht, daß er der gemelches ihm doch auch in naher und ferner Zukunft die Berliner   s. art. 8 Uhr Mitgliederversammlung. Borher, um 7 Uhr, Funktionörkonfera suchte Massenmörder ist, nur noch verstärken. Arbeiterschaft entgegenbringen foll und ihren fachlich unanfechtbaren Borschlägen zu entsprechen.

stentälln. Uhr Eltern ber 31. b 32. Gemeindeschule( Weltliche Schule, Mittlistraße). 7 Uhr in ber Wala des Raiser Friedrich- Realgymnasiums, Raiser- Friedrich- Str. 210, Elternnersammlung. Tagesordnung: Unfere Schule in Gefahr". Die Elternbeiräte milffen eine Stunde vorher dasein. Morgen, Mittwoch, den 24. August:

rnnz. Beide Beranstaltungen finden in den Räumen ber Juristischen  . Sprechstunde, Lindenstr. 3, statt. 4. Abt. 7 Uhr im Rationalhof, Bülowftr. 37. Berichte und Bortrag.( Dr. Sartstein.)

Abt. 71 Uhr Sahlabend: Gruppen 1-4 bei Gievers, Bange Str. 22; bie

Für die weitere Aufklärung ist es sehr wichtig, daß sich bei der Kriminalpolizei alle die melben, die mit Großmann bei seinen Zur Beachtung für Einkommensteuerzahler! Handelsgeschäften in Fabriten, Geschäften oder sonstwie in Be 6. Abt. 7 Uhr Sahlabenb in ben bekannten Sokalen. rührung gekommen sind. Nur dann läßt sich auch feststellen, ob er Für das Gebiet der neuen Stadtgemeinde Berlin   macht der 7. bt. Der Zahlabend findet in ben bekannten Zotalen statt, und muß dazu pon ben Bezirksführern eingeladen werben. schon Kleidungsstücke oder andere Sachen von etwaigen früheren Magistrat nochmals darauf aufmerksam, daß die Hauptsteuer- 8. Ant. Der Bahlabend findet in den bekannten Rokalen statt, Opfern verkauft hat. Seinem Namen nach wird der alte Händler verwaltung die Mahnung wegen der ersten beiden Viertel- 10. bt. Die Zahlabenbe fallen aus. Beteiligung an der öffentlichen Eltern­versammlung in der Glogauer Straße. wohl an den wenigsten Etellen bekannt gewesen sein. Es handelt jahresbeträge der für das Steuerjabr 1921 bor­fich um einen 1,65 Meter großen, schmächtigen, ziemlich bageren läufig zu zahlenden Reichseintommensteuer am 11. bt. 7% Uhr bei Peister, Cuvenstr. 11, Mitgliederversammlung. Stellung­nahme zur Stadtverordnetenwahl. Die 13. b. Mann mit nochigem Gesicht. Er hat einen fleinen, ungepflegten 21. und 22. August durch Säulenanschlag veröffentlicht hat. 7 Uhr im Alexandriner", Alegandrinenftr. 37, gemeinsamer Zahl Schnurrbart und ging meistens schlecht rasiert und ohne Kragen. Mahnung betrifft Bersonen, die schon für 1920 laut Anforderungs- 16. abend sämtlicher Bezirke. Ein besonderes Kennzeichen sind einzelne Narben oben auf der schreiben oder Beranlagungsbescheid vorläufige Einkommensteuer zu Stirn und dem bis hoch hinauf enthaarten Ropfe. Alle Meldungen zahlen hatten. Diefe ist nach Erlaß des Reichsfinanzministers vom 19. nehmen die Kriminalkommissare Dr. Riemann und Berneburg im 12. April auch für 1921 vorläufig weiterzuzahlen. Wer die Mahnung 23. Zimmer 35 des Polizeipräsidiums entgegen. Die Nachforschungen nicht beachtet und die fälligen beiden Bierteljahresbeträge bis in der Gegend des Schlesischen Bahnhofes durch zahlreiche Striminal- fpätestens 29. August an feine zuständige Steuer­beamte bauern fort. Großmann stammt aus Neuruppin   und ist faffe zu gablen unterläßt, fegt sich der 3 wangsbeitreibung 27. megen Beleidigung, Körperverlegung und Sittlichkeitsverbrechens aus. Nach Erlag des Reichsfinanzministers vom 7. Juni dürfen norbestraft. wegen der Neuregelung durch bas neue Lohngefeß Steuermarten für hinauf und gab Prokop, der ihm etwas sagen wollte, das Zeichen, sich zu entfernen.

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Die Rächer.

Roman von Hermann Wagner.

Der Gedante hatte sich in sein Bewußtsein eingeschlichen, wie ein Dieb nachts in ein Zimmer einschleicht: lautlos, ge­duckt, bereit, fofort bei dem geringsten Geräusch zu entweichen. Er wurde zornig und trieb ihn hinaus. Fort mit dir, schrie er, fort, fort!

Doch der Gedante tam wieder. Er war ebenso behende und flint, wie er scheu war, schwang sich in irgend ein Gebält des Gehirns hinauf und grinste ihn von dieser sicheren Stelle herab an: höhnisch und doch zugleich lockend, und sagte: Bas immer geschehen mag, du trifft auch sie! Irgendwie triffst du sie, die dich verraten hat! Und ganz fallen tann fie dich auch nicht laffen, wenn sie es erfährt, denn sie ist zu eng, zu tompromittierend mit dir verbunden! Mut, du Tor! Bist du ein Schwächling? Wo ist deine Stärke?

Eine füße Schwäche übertam ihn, so daß er sich zurück lehnen mußte, um Atem zu schöpfen.

Er zog den Atem tief ein, oh, wie wohl das tat! Nein, es fonnte mit ihm noch nicht vorbei sein. War ihm nicht schon so viel gelungen? Er müßte sich nur diesmal zu­fammennehmen, alle Kräfte anspannen, Uebermenschliches leiften!

Und er stürzte in sein Zimmer

Die Dämmerung schidte sich eben an, in Finsternis über zugehen. Reisner trat eilig an feinen Schreibtisch, um dort bas elektrische Licht einzuschalten.

Da hörte er ein Geräusch und stuzte. Ist jemand hier?" fragte er.

Dort, mo die Chaiselongue stand, richtete sich eine Gestalt auf, langsam und schweigend. Reisner erfannte nur die dunt len Umriffe eines Mannes. Noch immer zögerte er, Licht zu machen. Ist jemand hier?" fragte er noch einmal. Ja," sagte eine Stimme.

Reisner zog die Hand, die nach dem Schalter gegriffen hatte, wieder zurück. Wo hatte er doch diefe Stimme schon gehört? Er wurde mit einem Mal unruhig, eine wilde Ber­zweiflung bohrte sich in ihn ein, dieselbe, die ihn während der Heimfahrt gewürgt hatte, nur dumpfer, unbestimmter, angst­voller. Wer ist da?" fragte er gepreßten Tones. " Hermann Reisner, ich!"

Ber?" fragte Reisner und hielt sich am Schreibtisch trampfhaft feft.

Dein Freund, Hermann Reisner, dein alter Freund, kennst du ihn nicht mehr?"

übrigen Gruppen bei Schudert, Rüdersdorfer Str. 3.

Abt. 7% Uhr Mitgliederversammlung bei Schulze, Samariterſtr. 38. Re­t. 7% Uhr Sahlabenbe bei Gott, Barbeleben, Ede Rniprodeftraße; hei

ferent Genoffe Hermann: Rommunalpolitik". Disfuffion. Gölzel, Colhentus-, Ede Thorner Straße und bei Auberger, Friedeberger Straße 1, am Arnswalder Plag. Stellungnahme zur Stadtverordnetenmahl." t. 7 Uhr Bahlabend in folgenden Botalen: Besirte 486, 502 und 503 bei Glaistiersfl, Schwebter Str. 56; Bezirle 494, 405 unb 487 bei Matschot. Raftanienallee, Gde Schmebter Straße; Bezirke 491, 432 und 493 bei Pia fchinsti, Bateranenstr. 18; Bezirke 496 bis 500 und 505 bei Dobrohlaw,

,, Sagen Sie nichts, Hermann Reisner?" fragte die Stimme.

Es ist ein böser Tag, dachte Reisner matt, er will mich fressen. Er sperrt den Rachen auf und will mich verschlingen. Gibt es eine Rettung? Nein. Was kann ich noch tun? Bas zu tun bleibt mir noch übrig?

Da rührte sich mieder jener Gedanke, der sich in dem obersten Gebält feines Gehirns versteckt hatte, mederte leise und sagte: Wieso? Tu einen Federstrich und du hast wieder Geld und Bewegungsfreiheit und bist mächtig! Du hast die Schlinge um den Hals liegen und fannst sie noch zerschneiden! Du hast teine Wahl! Bist du verrückt? Was zögerst du noch? Aber es geht schlimm aus, antwortete Reisner, ich weiß es, daß es schlimm ausgeht

Mag es! Du hast teine Wahl! Wenn man im Sterben liegt, mißt man die Zukunft nicht nach Jahren, nicht nach Monaten, nicht nach Bochen, nur nach Tagen, nach Stun­den, nach Minuten! Jede Minute, die du gewinnst, darfst du leben! Und bleibt dir, du Dummtopf, nicht auch noch die Flucht?

Gott  , dachte Reisner, das ist doch gar nicht mein eigener Gedanke, der da zu mir spricht,- es ist jener Alte, jener -Alte aus Hamburg   und Meran  , der sicher schon längst tot ist und der mich mit seiner Bosheit noch über das Grab hinaus verfolgt!

Die Stimme flang scharf, burchdringend und doch falt, fo, als täme sie von einem Toten.

Ach, er fühlte mieber bie alte Rraft in seinen Gliedern. sie durchströmte ihn, pochte gierig burch sein Blut, machte ihn Gehe ich Gespenster? dachte Reisner und zerrte an feinem so leicht, daß er vermeinte, fchweben zu können, sich in die Höhe Hembfragen. So nennen Sie doch Ihren Namen," sagte er zu heben, hoch empor, über alle Belt.. Stockend.

Ja, es würde gelingen. Nur menige Wochen waren nötig. Dann trat er vor sie hin und sagte: So. Dies habe ich getan, dies zu tun, zwangst du mich. Es ist gelungen. Hier ist der Erfolg. Nimm zurüd, was dir gehört, laß uns in Frieden scheiben!

Er hatte ein so maßloses Verlangen nach Frieden, nach Frieden mit ihr, mit seiner Frau, mit allen feinen Feinden, mit der ganzen Welt!

-

Und allen denen, die Ursache hatten, ihn zu hassen, wollte er zeigen, wie sehr sie ihn bertannt hatten. Gutes wollte er ihnen tun. Co viel Gutes! Allen!-

Der Wagen hielt, und der Chauffeur öffnete ihm die Tür. Reisner sprang ab, leicht, froh, lächelnd. Er eilte das Haus

Meinen Namen? Baffen Sie auf, Hermann Reisner, paffen Sie gut auf! Ich bin-

er?

Herbert Behrens!"

Das war fein Schred, der Reisner packte, das war eine Lähmung. Er mollte reben, aber die Stimme versagte ihm, und so machte er nur seltsame Bewegungen mit dem Munde. Und die Beine zitterten ihm, er war so entseglich müde.

Bo mar doch ein Stuhl? Da... Er packte ihn und wäre beinah über ihn gefallen. Endlich sah er. Er fühlte den Schmeiß, der ihm aus allen Boren des Körpers brach. So, Das mar also die Stunde, da dieser ferne Gläubiger fam, um mit ihm zu reden!..

-

Hermann Reisner, wer hilft dir?" fragte laut und falt die andere Stimme.

Niemand, dachte Reisner, wenn ich mir nicht selbst helse, und das tue ich, ja, das tue ich jetzt!

Laut aber fragte er: Was wollen Sie non mir?" Ich will einem Begräbnis zuschauen," antwortete Beh­rens, Ihrem Begräbnis, Hermann Reisner, denn ich bin eigens hierher gefommen, um Sie zu beftatten!"

,, Sie fommen zu früh," sagte Reisner, ich bin noch nicht tot."

,, Alber Sie tegen im Sterben."

Reisner lachte und fein Lachen war schattenhaft und frant. Man hat schon manchen totgesagt, und

helfen?"

-

er ist dennoch gestorben!... Wer soll Ihnen Reisner schmieg.

( Forts. folgt.)