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GolömMlaröen öer?ttSuftr!e. Aus vertraulichen Verhandlungen plaudert die Vossische Zeitung" folgendes aus: Wie wir erfahren, haben gestern in der Reichskanzlei Be- sprechungen zwischen dem Reichskanzler Dr. Wirth und her- vorragenden Vertretern der deutschen Industrie und der B a n k w e l t stattgefunden. Man geht wohl nicht fehl in der An- nähme, daß diese Besprechungen dem Problem gegolten haben, wie dem Reiche für die künftigen Reparationsleistungen Gold und Devisen in ausreichendem Maße beschafft werden können, durch die die Zahlungen zu den festgesetzten Terminen sichergestellt werden. In den Besprechungen, die noch nicht völlig abgeschlossen sind, haben sich die Vertreter der Industrie und der Großbanken bereit erklärt. mit Hilfe ihres Deoiseubefihes und der Inanspruchnahme ihres Aus- landskrediles durch Belastung von Sachwerten dem Reick)« Goldwerte zu verschaffen. Die Reichsregicrung würde dadurch, da sie mehrere Milliarden in Gold auf diesem Wege zur Verfügung bekommen würde, nicht nur in der Lage sein, den nächsten Terminen der Reparationsleistungen ohne Sorge entgegen zu sehen, sondern auch dem durch die Devisen- spekulotion in den letzten Tagen stark gesunkenen Kurs der Mark wieder zu heben. In den fortgesetzten Verhandlungen soll die schwie- rige Frage der Kursfestsetzung einer Lösung zugeführt werden. Es ist selbstverständlich, daß die Beschaffung von mehreren Milliarden Gold durch die Industrie und die Banken auf dem Wege der Be- lastung ihrer Sachwerte nicht ohne Einwirkung bleiben kann auf die Gestaltung der Steueroorlagcn, insbesondere Hinsicht- lich der Erfassung der Goldwerte. In den Steuergesetzen wird auf diese Leistungen der Industrie und der Banken Rücksicht genommen werden müssen..« Im engen Zusammenhange damit steht wohl eine Besprechung der Führer der Sozialdemokratischen Partei beim Reichspräsidenten , die heute vormittag stattgefunden hat. Ohne sich mit derVossifchen Zeitung" in einen Wettlauf der Indiskretionen einzulassen, wird man aussprechen dürfen: Wenn die Industrie- und Vankwelt imstande ist, mehrere Gold- Milliarden zu beschaffen, so ist es Aufgabe des Reiches, die gesetzliche Form zu finden, in der diese Beschaffung er- folgt. Denn natürlich kann es sich nur darum handeln, daß die Herren der Industrie- und Bankwelt ihre gesetzlichen Pflichten als Staatsbürger erfüllen, nicht aber um

saktion, bei der das Reich cheint, die es dann durch

irgendeine Art von freiwilliger Hil als Empfänger von Wohltaten er Verzicht auf feine Steuerrechte allzu teuer bezahlen würde. Der Bericht derVossischen Zeitung" kann die Oeffentlichkeit nur in der Ueberzeugung bekräftigen, daß der sozialdemo- kratische Vorschlag der Erfassung der Goldwerte im Grundge- danken richtig ist und gesetzgeberische Verwirklichung finden muß. Im übrigen bestehen lebhafte Zweifel, ob es den Banken und der Industrie auch bei gutem Willen möglich sein würde, durch eine Art sreiwlllige Äeoisenaufbringung mehrere Gold­milliarden zu beschaffen. Hierfür müßten erst einmal g e s e tz- licheBürgsch asten vorliegen, die zugleich die Frage der Deckung der G o l d d e v i s e n im Inland lösen. Daß diese aber mit den bisher, vorgeschlagenen Steuern nicht möglich ist, wissen Banken und Industrie. Würden sie also ihren Plan zu Ende denken, so kämen sie von selbst zu einer reichsgesetzlichen Erfassung der Sachwerte, die unseren Forderungen entspräche. Wir halten jedenfalls an unserer Forderung weiter grundsätz- lich fest. Vermutungen und Behauptungen". Berlin ,\5. September.(WTB.) Unter dem Vorsitz des Reichs- kanzlers haben in letzter Zeit mehrere Aussprachen mit Präsidial- Mitgliedern des Roichsverbcmdes' der deutschen Industrie und mit Vertretern der Banken stattgefunden. Gegenstand war die ernste finanzielle und wirtschaftliche Lag« des Reichs. Von allen Seiten wurde der gute W ille betont, praktisch und mit besonderen Opfern an dem Problem mitzuwirken, dem Reiche die zur Er- füllung seiner Verpflichtungen notwendigen Mittel zu beschassen. Di« Verhandlungen find auf diesem günstigen Boden des Verständ-

nisses imb des Entgegenkommens well fortgeschritten. Um zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen, bedarf es jedoch noch der Fühlungnahm« mit weiteren produktiven Ständen des deutschen Wirtschaftslebens. Die Nachrichten, welche über diese Verhandlun- gen in der Oeffentlichkeit verbreitet wurden, sind im wesentlichen Vermutungen und Behauptungen. Die Besprechungen, die zu den wichtigsten politischen Diskussionen gehören, die je eine Regierung zu führen hatte, und die deswegen die sorgfältigste Wür- digung aller um den Wiederaufbau Deutschlands besorgten Kreise verdienen, werden mit den Vertretern der Bankwell wie auch mit solchen der Landwirtschaft in rascher Folge weitergeführt werden. Nepub!i?an!scher Gruß aus Argentinien . Wir erhielten gestern folgendes Telegramm aus Buenos-Aires: Sozialdemokrat Berlin Im VereinshausVorwärts", Buenos-Aires, verfammelte deutsche Republikaner sichern der deutschen Regierung ihre Unterstützung im Kampfe gegen monarchistische Um- triebe zu. gez. Greifenbcrg. Diese Kundgebung ist uns ein Beweis dafür, daß es auch republikanische Ausländsdeutsche gibt, und nicht nur, wie es die Rechtspresse uns glauben machen will, Anhänger des alten Regimes, denen besonders die neuen Reichsfarben ein Greuel sein sollen. Es ist uns allerdings bekannt, daß zahlreiche ehe- malige deutsche Ofiziere, die ihren Beruf nach der Heeresver- ringerung ausgeben mußten, es vorgezogen haben, auszuwan- dern. Auch wir würden ihrem Schicksal rein menschliche Sym- pathie nicht versagen, wenn sie es mit Würde und wahrer Vaterlandsliebe tragen würden. Aber sie ziehen zumeist vor, das Volk, dessen Röte sie nicht mittragen wollten, durch Pro- pagienmg der schamlosen Dolchstoßlllge im Auslande zu be- schimpfen, sie suchen mit allen Mitteln der alldeutschen Ver- leumdungskunst das eigene Land, feine neue Staatsform, feine neuen Hoheitszeichen verächtlich zu machen und versuchen, Hand in Hand mit ihren bisherigen Gesinnungsgenossen durch lärmende Kundgebungen den Eindruck zu erwecken, als ob das Auslandsdeutschtum sich niemals mit den neuen Zuständen in der Heimat versöhnen würde. Wir könnten eigentlich sroh sein, daß wir wenigstens diese Menschen los sino, wenn sie nicht dazu beitragen würden, neuen Haß gegen Deutschland zu säen. Zur Ehre des Auslandsdeutschtums sei aber darauf hin- gewiesen, daß auch andere Deutsche fern von der Heimat leben, wie es das obige Telegramm erfreulicherweise zeigt. Die Saarländer für die Republik . Saarbrücken , 13. September. (WTB.) In einer Bolksver- sammlunp im städtischen Saalbau sprach gestern vor etwa 5000 Z u- Hörern aller Bevölkerungsschichten der frühere Abge- ordnete der Nationalversammlung Schäfer, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei des Saargebietes. Es wurde eine Entschließung angenommen, in der es heißt: Die am 14. September im Saalbau von Saarbrücken von Tausenden be- suchte Volksversammlung verurteilt aufs schärfste die neuen Versuche der Rechtsparteien in Deutschland , wieder zur Herrschaft zu kommen. Der Schutz der deutschen Republik ist die Loraus- s e tz u n g dafür, daß Deutschland zu einem wahren sozialen Volks- staat ausgebaut werden kann. Bezüglich des Saargebiets besagt die Entschließung: Die Versammlung ist der Aussassung, daß das Saar gebiet einer Katastrophe entgegengeht, wenn nicht an Stelle des heutigen Dualismus in der Währung ein an- derer den Absatz sichernder Zustand eintritt. Alle Verhältnisie drän- gen gebieterisch zur Schaffung des schon so oft geforderten Saar - Parlaments. Die Versammlung verwahrt sich gegen die von dem Regierungskommissar angewandte autokratische Regierungs- Methode und weist die Auffasstmg des Regierungskommissars zurück, als ob die Vorgänge In Deutschland die Saarbcvölkerung nichts an- gingen._ Reichspräsident Eberl hat die drei mittelamerikcmischen Re- publiken Honduras , Guatemala und San Salvador zu ihrem erfolgten Zusammenschluß namens der Deutschen Re- publik telegraphisch beglückwünscht.

hereingefallene Ankläger. Der Untersuchungsausschuß des preußischen Landtages hatte gestern wieder einen interessanten Tag. In der Vormittagssitzung wurden Zeugen des Leunawerkes ver- nommen. Vertreter der Betriebsleitung wie der Arbeiterschaft be- kündeten fast übereinstimmend, die ungeheure Zunahme der M a t e r i a l d i e b stä h l e. Pförtner, welche die Diebe asthalten wollten, wurden überrannt und verprügelt. Als der Betriebs- r a t zum Schutz der Pförtner eintrat, erging es ihm nicht besser. Der Betriebsobinann Daniel führte die ungeheure Zunahme der Diebstähle zurück auf die Agitation der K A P D., die unter Kempin ganz offen denpolitischen" Grundsatz verkündet hat: Es fei die wirksamste Bekämpfung des Kapitalis- m u s,(l) wenn sich jeder nehme, was er kr'.czen könne. Tatsächlich haben die K A P D.- O b l e u t e sich auch g e w« i« g e r t, an der Bekämpfung der Diebstähle mitzuwirken. Am Schluß der Bormittagssitzung erlitt der kommunistische Abgeordnete Kilian eine unerwartete Abfuhr. Als er nämlich den Betriebs- obmann Daniel, der selber Mitglied der VKPD. ge- wesen ist, und seit dem Aufruhr der USP. angehört, darüber be- fragte, ob nicht der Aufstand nur der KAPD -, nicht der KPD. zu- zuschreiben sei, antwortete der Zeuge mit sichtlicher innerer Er- regung: Die KAPD . allein hätte niemals den Ausstand und den Generalstreik im Lcunawerk hervorrufen können. Der B e- triebsrat, aus Mikgliedern der VKPD. zusammengesetzt, habe sich bis zum Schluß dem Generalstreik entgegengesiemmt und diesen als Verbrechen bezeichnet. Wenn dann freilich die Abgesandten der kommunistischen Bezirksleitung plötzlich erscheinen und den General st reit verlangen, dann hänge die Stellung der Betriebsobleute tn der Luft. Die Arbeiter hatten geglaubt, daß ihre politischen Führer(der BKPD.), wenn auch bei ihrer Wahl nicht sorgfältig vorgegangen war, doch das Wohl der Arbeiterschaft bei ihren Parolen im Auge haben würden, leider hätten sie sich darin bitter getäuscht. Die Be- zirksleitung der BKPD. in Halle habe die Arbeiter in Streik und Aufstand hineingejagt gegen den Willen der kommunistischen Ob­leute. Nachdem es freilich losgegangen war, sei dann die Leitung von selber der BKPD. entglitten und auf die KAPD. -Leute vom Schlage Utzelmann-Kempin übergegangen. Der Zeuge selbst ist von diesen mit Erschießung bedroht worden. In der Nachmittagssitzung wurde der Oberpräsident H ö r s i n g weitervernommen. Der in seiner Begleitung erschienene Ober- regierungsrat Freising batte ein umfangreiches Aktenmaterial mitgebracht. Und nun brachen die gegen HSrsing erhobenen An- klagen Punkt für Punkt zusammen. Schon bei dem Thema der roten Armee" zeigte sich die völlige Unzuverlässigkeit der Aussagen des Regierungspräsidenten v. G e r s d o r f f, eines der Kronzeugen der Rechten. Besondere Ueberraschung ergab die Vernehmung des Oberpräsidenten bei dem PunkteVorbereitung der Polizeiaktion". Die Behauptung, daß Hörsing die Aktion unternommen habe, ohne seine vorgesetzte Stelle rechtzeitig zu benachrichtigen und bei ihr I>en nötigen Rückhalt zu suchen, erwies sich als Legende. Tat- sächlich ist aus leicht begreiflichen Gründen der Personenkreis, der eingeweiht war, so eng wie möglich gehalten worden. Die Klagen gegen Hörsing beruhen auf den Angaben untergeordneter Beamter, die sich offenbar gekränkt fühlten, weil man sie nicht mit ins Vertrauen gezogen hat. Der Oberpräsident hat allerdings damit gerechnet, daß die von ihm vorher über den Zweck der Aktion auf- geklärte Bevölkerung sich ruhig verhalten würde. Er wies nebenbei nach, daß der Staatskommissar W e i s rn a n n, der jetzt die vor- herige Aufklärung als schweren Fehler bezeichnet, ihr seiner- zeit zugestimmt hat. Aber es waren auch die Borteijrun- gen getroffen für den Fall, daß eine kommunistische Gegenaktion entstehen würde. Die Leiter der Schutzpolizei im Ministerium des Innern sind nicht, wie die Rechte behauptet, zu spät informiert worden, denn tatsächlich befanden sich bei dem Beginn der Aktion 300 Berliner Schutzpolizisten in Halle und weitere Ab- teilungen waren im Anrollen, Kläglich ging es der Rechten auch in der Angelegenheit derSpitzelzentrale. Nichts bewahr- heitete sich davon, daß Hörsing selbst mit der Spitzelzentrale im Bertehr gestanden und sie an die Reichswehr weiter empfohlen hat. Richtig erwies sich allein, daß der Leiter der Spitzclzentrale, ein Rechtsanwalt S ch a p e r, sich unter grobem Vertrauensmißbrauch an einen Untergebenen Hörsings herangemacht hat. der eben- sowenig wie Hörsing die Beziehungen Schapers zur Spitzel-

Europäer unöWilde*. Im Jahre 1894 mißglückte eine militärische Expedition gegen die Insel Lombok , die in ihrem westlichen Teil von Baliern bewohnt ist. Der Rest einer Kompagnie wurde von den Bauern gefangen genommen. Man führt die Gefangenen nach dem Palast« des Fürsten ,«ine halbe Stunde Wegs. Neugierig schauen die bewaff- neten Balier, die die Straße füllen, auf die Vorbeischreitenden: kein kränkendes Wort wird gehört, keine Hand beleidigend aufgehoben. Schweigend sieht man ihnen nach, nur ein Wort des Mitleids für dl« Verwundeten spricht man zueinander. Auf dem großen Marktplatz angelangt, müssen die Gefangenen warten, bis der Fürst erscheint. Auf dessen Befehl erhallen sie Erfrischungen, die Offiziere ausgesuchte Früchte, die Soldaten weißen Rete und kühles Wasser. Nach sechs Tagen sendet man sie nach Java zurück. Im Jahre 1S0S marschierten europäische Truppen gegen das kleine Reich Tabanan auf Südbali. Der Fürst versucht mtt dem Kommandeur zu unter­handeln. Als dieses mißglückt, will er nach seinem Palast zurück- kehren. Da nimmt man ihn gefangen und führt ihn vor den Re- gierungskommissar. der viele Jahre auf Bali Gastfreundschaft ge- nassen hatte und nun über sein Los entscheiden soll. Der Fürst bittet um die Gnade, auf Ball weiterleben zu dürfen. Der Kam- missar beschließt, ihn nach Lombok zu verbannen, und sperrt ihn zusammen mtt seinem noch kindlichen Sohn in einen engen, von hohen Mauern umgebenen Raum, um den starke Wachen gestellt werden. Essen und Trinken oergißt man den Gefangenen zu geben, ebenso ein Licht sür die Nacht. Am andern Morgen findet man den alten Fürsten verblutet an einer zerfetzten Halswunde, die er sich mtt einem stumpfen Stückchen Eisen beigebracht hat. Sein Sohn hat sich mtt dem Opium vergiftet, das man vergessen hatte, dem Fürsten abzunehmen." Im Jahre 1910 befand ich mich"(schreibt Dr. Gregor Krause, der Verfasser des vorzüglicherx WerkesInsel Bali ", das jetzt im Folkwang-Berlag, Hagen , erschienen ist, und dem wir dieses Sittenbild entnehmen)in einem Kriegsgefaugenenlager in einer Hauptstadt Europas . In unmittelbarer Nähe brachten Vorortzüge die Schulkinder an freien Tagen nach ihren Spielplätzen draußen. Bei dem erwarteten Anblick der Gefangenen drängten sich die halb- verzerrten Gesichter, auch der Kleinsten, an die Fenster, und unter Leitung ihrer meist weiblichen Lehrer lallten sie Schimpfworte und Drohungen gegen die Unglücklichen, die in Wahnsinn und Hunger sich fortschleppten." Wenn diese Kleinen unter der Leitung dieser Lehrkräfte zu Kulturträgern" der nächsten Generation herangezogen werken, kann man sich ungefähr vorstellen, welche Segnungen sie der Welt, denWilden" wie den europäischen Brüdern, bringen werden. Der ganze ungeheure Ernst der(Erziehung s fragen er­steht hier vor uns und darf uns nie mehr zur Ruh« kommen lassen. Der Geist ist es, der lebendig macht oder Schädelstätten bevölkert. S)aU acht auf ihn im kleinen wie im großen.

Das Schicksal der Privilegierten. Vor kurzem ging die Nach- richt durch die Blätter, der ungarische Marschall Arpad von Tamassy, dem man den Beinamen desLöwen von Przemysl" gegeben hat, friste sein Leben als Barbier. Von Deutschösterreich ist es bekannt, daß unter den Bewerbern für freiwerdende Portier- und 5)aus. besorgerstellen sich wiederholt Barone und General« befanden. Den ungarischen Adel hat dos gleiche Schicksal getroffen. Auch seine Mit­glieder, die einst«ine glänzende Rolle am Hofe und in der Gesell- schaft spielten, müssen heute vielfach jeden beliebigen Posten im Geschäftslebcn annehmen. So Ist der Marschall von Koereß Zigarren- Händler geworden. Er hilft sich jetzt durch den Verkauf von Tabak- sabrikaten an Kleinhändler. Der Graf von Klebelsberg ist einfacher berittener Sttaßenpolizist. Viele feiner Standesgenossen sind kleine Angestellte in Bureaus geworden, Schneider und Schreiner , Schank- wirts und selbst Kellner. Glücklicher ist der Graf Apponyi . Er ist unter die Journalisten gegangen. Durch Beziehungen ist es ihm gelungen, mtt einer New Porker Zettung ein gut bezahltes Ab- kommen zu schließen. Zu den Glücklichen gehört auch der Graf von Spezessy: er steht Im Begriff, eine namhafte Schneiderin zu heiraten. Umgekehrt sind es vielfach die Damen des ungarischen Adels, die ihre Zuflucht im Modegewerbe gefunden haben. So hat z. B. die Baronin Banffy , die Tochter des ehemaligen Ministers, ein Hut- gsschäft errichtet... Die Korrespondenz, der wir diese Ein.zelheiten entnehmen, um­flicht sie mtt allerlei sentimentalen Randbemerkungen. Dazu ist aber wenig Anlaß. Es gibt viele Menschen, die unter dem Umsturz des alten Regimes härter zu leiden haben und sich nicht mehr selber helfen können. Es ist ja früher auch vorgekommen, daß Adelige, die aus der Ossizierskarriere Herausslogen. Weinreisend« oder Kellner (überm Teich) wurden. Auch die Erheiratung reicher Frauen ist in dieser Schicht uralte Tendenz. Früher waren es fchlimmstensalls mammongessgnete Töchter Israels heute also Schneiderinnen. Es wird die Zeit kommen schreckliche Vorstellung für Parasiten, wo man nicht mehr sein Auskommen ererbt, erlieiratet, oder durch Spekulation erwirbt. Und die Well wird ruhig wetter existieren. Vollständiger Ohrmuschclersah. Für eine der schwersten chirur- gisch-plastischen Aufgaben galt es bisher, eine gänzlich fehlende Ohr- muschel zu ersetzen, und es war dabei niemals ein befriedigendes Re- fultat erzielt worden. Die Schwierigkeit ist daraus zu erklären, daß einmal die Muschel sehr kompliziert gebaut ist, sodann eine Blut- gefäßoerbinduna für das neue Ohr verhältnismäßig eingeschränkt ist und endlich, daß man das Ohr ganz im Freien ausbauen muß. So schwierig der vollständige Ersatz einer Ohrmuschel ist, so Verhältnis- mäßig leicht ist die Herstellung eines Teiles. Nunmehr hat aber der Beirat für plastisch« Chirurgie beim Berliner Hauptversorgungsamt Dr. Esser ein ziemlich einfaches Verfahren gefunden, um dos schwie- rige Problem des Ersatzes der ganzen Ohrmuschel zu lösen. Die Operation, die er in derMünchener Meoizinischen Wochenschrift" mitteilt, beruht darauf, daß zunächst ein genau dem gesunden Ohr entsprechendes Modell aus Rippenknorpel geschnitten wird. Dieses Knorpelmodell wird dann mittels eines Schnittes an der Haargrenze hinter dem äußeren Gehörgang unter die Haut geschoben und die Wunde geschlossen. Ist dann nach 1 Z Monaten der Knorpel an- standslos eingeheilt, so wird hinter demselben eine sogenannte Epitheleinlage" gemacht. Danach wird ein Abdruck genommen, der etwa 23 Millimeter oick ist und der Schädelform genau entspricht.

Dieses Modell wird mit einer dünnen Haut umgeben und in die Wunde geschoben. Nach 8 14 Tagen wird das Modell entfernt, und die Haut ist dann ausnahmslos ganz glatt angehellt. Auf diese Weise wird erreicht, daß das vom Schädel freikommende Knorpelstück beiderseits mit Haut bedeckt ist. Wenn außerdem das Ohrläppchen fehlt, muß dieses dann nachher aus der Halshaut entnommen und geformt werden. Auf diese Weise ist es Esser gelungen, eine voll- kommen mit Läppchen abgeschlossene Ohrmuschel naturgetreu zu er- setzen. Die Erforschung von Rowaja Semlja. Nach zweimonatigem Aufenthalt auf der im nördlichen Eismeer vor der siibirischen Küste gelegenen Doppelinsel Nowaja Semlja ist die norwegische Expedi- tion, an deren Spitze Professor Holtedahl stand, wieber zurückge- kehrt. Mit reichen wissenschaftlichen Ergebnissen verschiedener Art hat die Expedition wesentliche Erkenntnisse des geologischen Ausbaue der Insel und der sie durchziehenden Bergkette mitgebracht. Man hat Spuren von Pflanzenwuchs und Süßwasserfischen aus dem jüngeren Devon assunden, die beweisen, daß dos große nordatlan- tische Festland sich damals östlich bis Nowaja Semlja erstreckt hat. An nicht weniger als 12 Punkten konnte festgestellt werden, daß der Meeresspiegel nach der Eiszeit weit höher reichte als heute. Noch in 293 Meter über dem Meere wurden Seemuscheln gefunden. Die Expedition hat außerdem reiches Material zur Erforschung des Tier. lebens der Vorzeit, darunter Spuren bisher unbekannter Vogelartcn und Süßwasserfische gesammelt. 25 Iahre Verlag. Einer der ersten deutschen Verleger, Eugen Diederichs in Jena , kann in diesen Tagen auf eine 25jährige Tätigkeit zurückblicken: am 14. September 1890 gründete er in Florenz den Verlag, der von seinein Geburtsort den Löwen des Donatello im Wappen führt, als Symbol des mit der Renaissance einsetzenden Individualismus. Zuerst der Vertreter des Kunstwart- kreiscs und der Friedrichshagener idealistischen Reuromantiker, hat Diederichs immer mehr die religiöse Kultur in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt. Ein Mmanach, den Diederichs jetzt unter dem TitelWille und Gestaltung" aus Anlaß seines Jubiläums herausgibt, ist ein schönes Gesamtbild seiner Arbeit. Kunttchronik. Die K un st l ch u l c des W e st e n S, Kantlir. ISti, veranstaltet vom 14. bis 24. Septkmber eine Mal- und Zelchenarbeiten- Autstellung(freie Äesichtiqung von 11 5t. Di- Kunsthandlung Fritz G u r l i t t, Potsdamer Str. 113, eröffnet am Sonnabend die erste Ber - liner Ausstellung derFreien Bewegung'. Die Grosse Bolkdover Berlin veranstaltet neben den Opernvor- stellungen auch in diesem Winter wieder eine Reihe erster Konzerte und zwar fünf Abonnementskonzerle mit dem Philharmonischen Orchester unter Gustav Brecher . Zur Aufführung gelangen Mahlert III., Beethovens VIII. und IX. Sinfonie, Berlioz' Ldantastigus, R. Strauß ' Alpcnsinfonie und die Uraufführung der drei neuen Hymnen. Die Tonntagd-Konzerte des Blüthner.Lr<t,eftcrS beginnen am tS. September, 7'/, Uhr, tm Blüthner-Saal. Dirigent: Kamills Hildebrand. Nrtiftengogen und ihr Nrklamcw'ert. Sdlvcster Schäfter ist für den Berliner Ufa -Balaft mtt einer MonatSgage von 450 000 M. verpflichtet. Das ist die böchste Gage, die jemals an einem deutschen Varietö gezahlt wurde, Schäffer füllt dafür allerdings auch ein ganzes Abendprogramm auS. Die zweithöchste Gage kommt auf eine ehemalige Nackttänzerin, die für sich und ihre Truppe 100 000 M. im Monat erhält. Die dritthöchste Gage find die 90000 M., die Otto Neutter für Moiialsengagelnents erhalt. Wenn's nicht stimmt, ist'S doch eine hübsche Reklame t