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Nun ist jedenfalls ein schwieriges Hindernis für die Bildung der sogenanntengroßen Koalition" gefallen. Der Block der Mitte von Stresemann   bis Scheidemann   könnte vielleicht jchon in nächster Zeit Tatsache werden. Er würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch geeignet sein, die parlamentarischen Reibungsflächen abzuschleifen und der Regierung eine größere Stetigkeit zu verleihen. Freilich sind zu seiner Bildung Voraussetzungen zu er- füllen, über die noch zu reden sein wird. DieVossische. Zeitung" betont, daßirgendeine groß- zügige Rede" gegen den Koalitionsbeschluß überhaupt nicht gehalten worden sei. Der Gedanke der Verständigung mit der großen Arbeitgeberpartei sei eben zu gesund und zu natürlich, als daß Politiker von einiger Erfahrung und einigem Ueber- blick über die derzeitigen Bedürfnisse des Volksganzen feine Richtigkeit und Wichtigkeit verkennen konnten". Zum Schluß wird betont, und das zeigt die Schwierigkeiten der Koalitnos- bildung: Noch ist die Stellung des Parteitage« zu den Steuerfragen nicht festgelegt, und von ihr hängt natürlich viel für das Zustandekommen der Koalition ab. Aber es ist nicht anzu- nehmen, daß sie der Volkspartei das Zusammenarbeiten unmöglich Machen wird. Die Sozialdemokratie wird natürlich nicht eine Po- litik treiben, bei der die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. In einen etwas anderen Ton sind die in nachfolgendem wtedergegebenen Anschauungen desBerliner Tageblattes" gehalten: Die Deutsche Volkspartei   wird jetzt zu erweisen haben, ob ste stch von wirklich staatsmännischen Gedanken leiten lassen will, oder ob sie rein parteipolitische und parteitaktische Momente über das Gesamtinteresse der Nation stellt, das, dringender als je, cjnc stabile Regierung auf breitester parlamentarischer Grundlage heischt, um endlich zu einer Innen- und Außenpolitik auf lange Sicht zu kommen. Der sozialdemokratische Parteivorstand und die Dele- gierten des Parteitages stnd sich sicherlich nicht im unklaren darüber, daß für sie nun er st die schwierig st e Aufgabe beginnt: die Massen in Stadt und Land aufzuklären und für diese Ausgleichs- Politik auch innerlich zu gewinnen. Das wird harte Ausein- andersetz u ngen geben. Die SPD  . ist ohne Zweifel vor eine schwere Belastungsprobe gestellt. Wenn sie trotzdem den entscheidenden Schritt getan hat, kann ihr diese kluge Zurückstellung der Parteiintercsten vor der vaterländischen For- derung der Stunde nicht hoch genug angerechnet werden. Und nun dieF r e i h e i t": Sie betont, daß sich gegen die sozialdemokratischen Min- destforderungen nichts einwenden lasie. Ihre Durch- f ü h r ii n g f e i n o t w e n d i g. Der Reichskanzler habe sich für ein Programm ähnlicher Art verpflichtet. Nach diesen Fest- stellungen läßt sich dieFreiheit" durch ihre Liebe zu vollen Worten und vertrauten Gedankenbildern dazu verführen, das folgende zu schreiben:Durch taktische Kombinatio- n e n läßt sich in Deutschland   heute die Republik   nicht sichern, derKampsmuhausgekämpftwerden." Wo sollen wir den Kampf nun kämpfen, wenn wir ihn nicht durch tak- tische Kombinationen in die Regierung als dem wichtigsten Mittel dazu, hineintragen? DieFreiheit" schreibt: In der augenblicklichen politischen Situation wäre olles darauf angekommen, den ganzen Druck der Arbeitermassen zur Geltung zu Mingen, um die notwendigen politischen Forderungen durchzusetzen. Die Position war stark, eine Regierung gegen die Einheitsfront der Arbeiterschaft nicht möglich, weil euch das Zentrum einen solchen 'Mmpf, in desien Mittelpunkt die Sicherung der Republik   und die Steuerfragen stünden, nicht wollen könnte. Der Beschluß von Gör- Ich bedeutet die Schwächung dieser Position. Es muß ausgesprochen werden, daß die Auffassung der Freiheit" manches für sich hätte, wenn sie für die USP. selbst zuträfe. Hier liegt der Bruchpunkt aller Argumentativ- nen derFreiheit". Sie ist mit uns der Meinung darin, daß reden allein nicht hilft, es muß gekämpft werden. Aber wie das geschehen soll, wenn siefelbstsichntcht in die Linksfront eingliedert, das sagt sie uns nicht. Cm wiffensthastliches Nlonflerprojekt. Auf der Versammlung englischer Bibliothekare, die kürzlich in Manchester   stattgefunden hat, wurde auch über das I n t e r n a t i o- nake Bibliographische Institut, das 189S in Brüssel  begründet wurde, Bericht erstattet. Nach den Darlegungen des Red- ners hat sich das Unternehmen ein gewaltiges Ziel gesteckt, nämlich die Gründung einer internationalen Universität. Zu den Vorarbeiten, die diesem Endziel entgegenführen sollen, gehören die Anlage einer internationalen Bibliographie, einer internatlo- nalen Enzyklopädie und einer internationalen Bibliothek. Die erste besteht aus einem großen Personen- und Sachkatalog in Kartotheksorm, dessen Anlage auf dem System von Meloie Dewey -beruht. Er ist in einem 24 Meter langen Raum untergebracht, der vier Reihen von Regalen zur Aufnahme der Kartotheken enchält. Zwei von den Regalreihen enthalten den Personen-, die beiden an- -deren den Sachkatalog. Im ganzen handelt es sich dabei um zwölf Millionen Karten. Die Begründer des Unternehmens woll- ten, daß der Katalog alle Bücher und Schriftwerke aus allen Zeiten umfasse: aber sie sind noch weit von ihrem Ziel entfernt: denn die Zahl der Bücher, die bis zu der Periode gewallt- gsr Entwicklung, die das Buchwesen in der letzten Hälfte des '19. Jahrhunderts genommen hat, erschienen sind, beträgt nicht weni- ger ols vierzig Millionen! Der Grundgedanke der internationalen® n z y k l o p 3 d i e war der, ein großes Repertorium des gegenwärtigen menschlichen Wissens zu schaffen, das immer auf dem Stand seiner jeweili- gen Entwicklung zu halten wäre. Es handelt sich also um eine große Sammlung von sorgfältig registrierten wissenschaftlichen Nachrichten in Zeitungsausschnitten, Broschüren, Zeitungsauffätzen und dergleichen, deren Zusammenstellung nirgend hinter dem Fort- schreiten der Wissenschaft zurückbleiben darf. Dadurch soll der Nach- teil der Enzyklopädien in Buchform vermieden werden, die meist schon am Tage ihres Erscheinens in vielen Punkten veraltet find. Als dritte große Unternehmung schließt sich die internationale Bibliothek an. 5)ier sahen die Gründer allerdings von vorn- herein die Unmöglichkeit ein, wirkliche Vollständigkeit zu erreichen, und sie begnügten sich daher, die Buchproduktion aller Länder wäh- rcnd des 20. Jahrhunderts in ihren charakteristischsten Vertretern zu sammeln. Dabei soll zugleich auf eine internationale Uebercinstim- mung in den Methoden der Katalogisierung und der Buch- g e st a l t u n g hingewirkt werden. Vor allem das bibliographische Institut ist als die Keimzelle der geplantenW e l t u n i o e r s i t ä t" gedacht. Bis jetzt find zu deren Verwirklichung allerdings nur wenige Schritte getan worden: es haben nur Sommerkurse stattgefunden, die im vergangenen Jahre nicht mehr als 200, in diesem Jahre 400 Studenten angezogen haben. In der Diskussion wurde das Verdienstlich» dieser Unternehmun- . gen anerkannt und vor allem rühmend hervorgehoben, daß die Re- gierung eines so kleinen Staates wie Belgien   für ein solche» Institut außerordentliche Opfer gebracht habe und nur durch ihre Subventio» Unsere Dritter Verhaudlungskag, Vormiktagssihung. (Eigener T�rahtbericht des.Vorwärts".) Görlitz  , 21. September 1921. Vorsitzender Taubadel eröffnet die Verhandlungen um 9 Uhr. Das Wort zum Bericht über die Finanzlage und Steuerfrage erhält Wilhelm keil  : Mein Thema ist weder kurzweilig noch begeisternd, aber unabweis» bar angesichts des furchtbaren Ernst es der Frage und ihrer großen Bedeutung für das Wirtschaftsleben und die Lebensinteressen der Arbeiterklasse. Die Lage ist trostlos und ein Weg zur Gesundung ist kaum zu finden. Die sichtbare Reichsschuld betrug am 31. März 1921 nicht weniger als 304 Ml- llarden Alark, davon 86 Milliarden fundierte, 210 Milliarden schwebende und 8 Milliarden innere Schuld. Hinzukommen die unsichtbaren Schulden, die Verpflichtungen gegenüber den Auslandsdeutschen, die auf 130 Milliarden geschätzt werden und die Wiedcrgutmachungsschuld. Dazu die Schulden der Länder bis 7 Milliarden, der Kreise, Gemeinden und Provinz«! mit 30 Milliarden und dazu endlich 25 Milliarden Eisenbahizschulden. Glücklicherweise sind diese Schulden Papiermilliarden gewor­den. Den Wert des deutschen   Voiksvermögcns auch in Papier umzu- rechncm ist schon wegen der Schwankung der Papierware unmöz- lich. Berücksichtigt man die schwere Einbuße Deutschlands   und die Entwertung auch des Golddollars und der Goldmark, so wird das öffentliche und private Vermögen Deutschlands   sich etwa wie vor dem Krieg« auf etwa 350 Milliarden belaufen. Der schwache Trost, der in dieser Feststellung liegt, wird noch weiter abgeschwächt durch den Anblick des laufenden Etatjahres. Der ordentliche Aus- gabenbedarf für 1921 beträgt rund 60 Milliarden, der außerordent- liche Bedarf des Lebensmittclzuschusses, Wohnungsbauzuschusses und des Zuschusses für Eisenbahn   und Post rund 60 Milliarden. In dieser Summe ist ein Teil der zur Durchführung des Friedensver- träges notwendigen Gelder enthalten, aber die Gesamwerpflichtung an di« Entente beträgt unter Berücksichtigung des jetzigen Kurs- stände? mindestens 60 Mlliacden Papiermark im IZahre und ein­schließlich der Kosten für die Besatzungsarmee und die Kon- trollkommission bleibt die Kontributionslast nicht unter 70 Milliarden. Einem Gesamtbedarf für das Jahr 1921 von 158 Milliarden die Summe steigt bei jedem weiteren Valuta st urz und fällt bei jeder Besserung der Valuta stehen nur 55 Mil­liarden Einnahmen gegenüber, davon 47 Milliarden ordentliche Einnahmen, 4,2 Milliarden neu zu beschließende Steuern ge- meint ist die Zuckersteuer, di« vorweggenommen werden sollte-- und 8 Milliarden Reichsnotopfer. Der tatsächliche Ertrag der Steuern dürfte höher sein als der geschätzte, aber auf der anderen Seite verschärft die Annäherung an die Weltmarktpreise die Teuerung und zieht erhöht« Ausgaben für Gehälter und Löhne nach sich. Unter uns brauchte es keines Wortes, wie wir in dieses Elend hineingekommen sind: aber gegenüber den demagogischen Geschichts- fälscheün, die immer wieder aufs neu« behaupten, daß Revo- lution und demokratische Republik   die Finanzen zer- rücket haben, kann nicht oft genug festgestellt werden, daß der fluchwürdige Krieg, die Sriegsniederlage und die gewisienlose .Tinanzpolilik eben jener überführten aber leugnenden Verbrecher das Finanzelend h erbet geführt hat. Herr Helfferich hat während des Krieges durch jchwindelhafte Etatsmanöver ordent- liche Ausgaben auf den Anleiheetat geschoben und Einnahmebeträge bis zum Zehnfachen des wirklichen Steuere� träges in den Etat hin- eiugcschwindelt. Dann hat er die Frechheit gehabt, England zu höhnen, das alle ordentlichen Verwaltungsausgaben durch wirk- lich« Einnahmen deckte und darüber hinaus noch 12,5 Pcoz. der eigentlichen Kriegsausgaben sofort hereinholte. Dem» gegenüber hat Helfferich nur die groß« Pampmas chine w Gang gefetzt und angekündigt, er werde den Gegnern beim Friedensschluß die Rechnung präsentieren und sie das Bleigewicht der Milliarden" durch di« Jahrzehnte nachschleppen lasten. Nicht nur durch den falschen U-Boot-Trumpf, der nicht stach, sondern auch durch diese verlogene Finanzpolitik, die«» den Bs- sitzenden leicht machte, den Krieg wahnsinnig zu verlängern, hat Helfferich es den Feinden ermöglicht, da» Bleigewicht der nen sein Bestehen ermögliche. Auf der anderen Seite wurde aber auch vor einem Spielen mit dem Gedanken der Jnternatlonaütät gewarnt, indem darauf hingewiesen wurde, daß solche Unternehmun. gen, wenn sie nicht an einem der großen Mittelpunkte der Welt und mit unerschöpflichen Mitteln In Angriff genommen würden, not- wendig dazu verurteilt seien, Stückwerk zu bleiben. Zlddlsches Theater. Die jiddische Bühne in der Kommandanten- straße nennt sich zwarJüdisches Künstlertheater", sie hat aber wenig mit russstcher oder deutscher Stil- kunst zu tun. Die Schauspieler geben ein Stück Lebendigkeit, das aus echter Komödiantenart kommt. Effekt ist alles, Nührseligkeit oder Schauer. Die Schatzkammer und auch die Rumpelkammer des Naturalismus werden ausgeräumt. N e w e j l e" heißt dos jüngste Stück, das von der Sünde handelt, die Väter gegen Söhne und Söhne dann mörderisch gegen die Bäter begehen. Der Dater war reich, aber ein Trinker und Spitzbube. Er verjagt das erste Eheweib, das lieb und sauber ist, um eine dicke Schlampe zu nehmen. So werden die beiden Kinder geboren. Das zarte Töchterlein geht zur feinen Mutter. Der Junge muß beim versoffenen Vater bleiben. Es wird aus ihm ein Abdecker, der dreckig aussieht und einen Aasdunst um sich verbreitet. Aber er liebt das lockere, üppige Stiefschwesterchen, ein rundliches Luder, das zu einem feschen Schlächtergesellen allein Neigung zeigt. Der Abdecker heißt Mendt. Die rechte Mutter die Stiefmutter, die rechte Schwester die leichtsinnige Stiefschwester gar, keiner oersteht ihn. Statt selber einen Strick zu nehmen, erwürgt der Berzwcifelte den sternhagel- oollbesoffenen Vater, den Pierdedieb. Malerisch, national merk­würdig sind die Schauspieler. Alexander A s r o trägt die tiefen Leidenszüge eines jüdischen Jünglings. Ehaim S ch n e i u r, Frieda B l u m e n t h a l, Reist B i e r b a u m, Herz G r o ß b a r t und Anna Schermann stützen die jiddische Volksbühne, die das große ostjüdische Leid vor die Augen zersprengter Landsleute und mit- fühlender Neugieriger bringt. M. H. Ein Brief Bode». Der Leiter der Berliner   Muscumsbauten, Ludwig Hoffmann  , sendet den Scherl- und Moste-Blättern (die Adresse desBorwärts" scheint dem Herrn Geheimrat nicht be- kannt zu sein) eine umfangreiche Erklärung zu den Angriffen Scheff- lers. Sie bringt im wesentlichen nichts Neues, enthält aber folgen- den Brief, den Schefflers Gewährsmann, der frühere General- direktor und Vorsitzende der Baukommission, Wilhelm Bode am 26. Juni 1912 an Hoffmann gerichtet hat: Derehrtester Herr Geheimrat! Heute sah ich die neue Fastaden- probe zuerst enthüllt, die Leute sagten mir, daß sie erst gestern mit dem Abrüsten fertig geworden seien Ich glaube, das ist das Ei des Kolumbus! Gewiß hätte Messel   selbst auch diese klassische Durch» bildung des Gesimses schließlich angewandt. Ich glaube nicht, daß die mächtige Wirkung de» Ganzen irgendwie dadurch beeinträchtigt wird, im Gegenteil« sie wird dadurch gehobenl" Bode» Stellung im BerlinerMuseumskrieg" wird durch diesen Brief noch problematischer und e, erscheint dringend notwendig, daß tt jetzt selber das Wort«greift und unumwunden Farbe bekennt. rj? Milliarden uns anzuh Sngen. Nach der grauenvollen Niederlage trat die Folge des verbrecherischen Leicht- s i n n s zutage. Jetzt erst konnten die Einnahmequellen erschlosten werden, die man längst hätte erschließen müssen, damit sie sofort bei Kriegsende reichlich flosten. Helfferich hat dann seinen ganzen Haß aus den Mann konzentriert, der seine verderblichen Versäum- nisse nach Möglichkeit zut zu machen suchte. Ausgerechnet der haupksckjuldlge Helfferich wurde der Hetzhund, der den Banditen von Gries- dach das Wild vor die Brownings getrieben hat. (Sehr wahr!) Würde noch ein Funken menschlichen Gewissens in der Brust dieses Menschen wach sein, dann würde er sich hüten, jemals wieder den Boden der deutschen   Volksoer� tretung zu betreten.(Lebhafte Zustimmung.) Die kaum geschaffenenErzbergersteuern" haben die bürgerlichen Parteien alsbald a b g e b a n t und unterhöhlt. Man hat ste berechnet auf 100 Proz. Kriegsvermögenszuwachssteuer, 25 Proz. Reichs- notcpfer, 60 Proz. Einkommensteuer und 70 Proz. Erbichastsstcuer, aber man hat o e rs ch wi e g e n, daß diese Höchstsätze nur s e l t en und nur für Vermögens teile erreicht werden. Die englische Erbschaftssteuer war vor dem Kriege zehnmaljo hoch als die deutsche und wurde bei Krieasbeginn sofort erhöht. Bei uns brachte erst 1920 die Hälste des Ertrages der englischen Erbschastssteucr. Außerdem wird die deutsche Erbschaftssteuer in einer Weiss erhoben. daß gewaltige Rückstände entstehen. Bis 1935 wird die Erbschaftssteuer nur in Bruchteilen erhoben. Das Betriebs- vermögen ist bei allen Besitzsteuern weitgehend geschont._db* schreibungsmoglichteiten sind in w e i t e st e m Ums an g e gewahrt. Die Reichsanleihe wird zum Nennwert von den Zeichnern ange- nommen. Selbst das einkommensteuerscheue Frankreich   bleibt n u r wenig hinter unseren Besitzsteuersätzcn zurück, aber di» bürgerliche Presse heulte über dieZermalmimg des großen Bchtzes durch die Erzbergersteuer", von der die Lurusbäder. die Rennplätze, die HetrschafishSufet und die Rinergiiker nichts zu erzählen wisten.(Vielfaches Sehr richtig!) Wohl aber zeigen die b l e i ch w a n g i g e n Arbeiterkinder, die sorgen- vollen proletarischen Hausmütter, die abgeristenen Kleider der Ar- bciter, die erbärmliche Ausstattung ihrer Wohnungen die Folge de- Teuerung und die tiefe Herabsetzung der Lebenshaltung bei denen, deren Einkommen ehrlich sestgestellt und von der Steuer«faßt wird. (Sehr wahrl)...., Gibt es überhaupt noch einen Weg der Gesundung? Oder sollen wir uns willenlos auf die Bahn Oesterreichs  , Polens   und Sowjetrußlands treiben losten? Unjere Last ist grauenvoll. Möglich, daß sich schon 1922, wie Keynes   amiiwmt, unsere Un- f S h i g k e I t zu ihrer Tragung herausstellt. Jedenfalls musten wir ehrlich versuchen zu leisten, was in unseren Kräften s.eht. Nur so können wir auf eine Minderung unserer Lasten holen,-ttt mit Helfferich cs ablehnt, Wege zur Erfüllung zu zeigen, der seht die Politik der Provokationen fort und bewirkt, daß die siegestollen Militaristen dem deutschen   Volke dieDan menschrauben noch fester ziehen. Auch wenn die Lasten wesentlich gemildert werden, was wir hoffen und erstreben, kommen wir um die Schaffung großer Einnahmen des Reiches nicht herum. Sonst erliegen wir der Notenflut, die schlimmer wirkt als die s ch l i m m st e U m s o tz st e u e r und der M a r k st u r z, der gleichfalls wie eine riesig« Verbranchssleuer wirkt. Die Sanierung kann nicht durch Steuern der bisherigen Art er- reicht werden, auch nicht durch die Steuerpläne des Reichssinanzmmi- steriums. Die Papiergeldempfänger sind schon zu schwer belostet, die Besitz« der realen Berte unerhört begünstigk. wie die phantastischen Verkaufspreise der landwirtschaftlichen Güter zeigen. Die einseittge Steuergesetzgebung vermehrt die Teue- rung, zwingt zu neuen Lohnforderungen,«höht den Einnahme- bedarf d« öffentlichen Kerpersthaften, vermehrt dadurch die Lffent- liche Schuld und den Notenumlauf. Sie entwertet immer weiter die Mark und gibt damit den Antrieb zu neuer Tcue- rung. Wenn wir ernsthaft die Rettung wollen, dürfen wir diese Skeu«poti!ik nicht fortsetzen. Natürlich werden wir auch indirekte Steuern ichaffen mästen, nicht bloß wegen d« Koalitton. sondern auch wegen der Riesengröße d e r A u f g a b e n an stch. Ab« leider hat die Reichsfinanzocrwal- tung versäumt, rechtzeitig Vorschläge zur erhöhten Besitzbesteue- Der Schulaufsah einst und jehi. Die Veröffentlichung des Schüleraufsatzes:Der Ring des Polykrates" gibt einem Leser Anlaß zu mancherlei Betrachtungen. Er findet die Art, wie der Untertertian« den Ecacnstand dramatisch darstellt und dabei den wirksamsten Moment erfaßt, höchst originell. Besonders erfreulich aber erscheint es ihm, daß der freimütige Schüler einen so Vorurteil-- losen Lehrer gefunden hat, der mit psychologischem Berständnis darauf einging und die Oesfentlichkett an seinem eigenen Gefallen teilnehmen ließ. Wie ganz anders war es früh«! Der Einsend««zählt aus seiner Schulzeit:Auch ich hatte einen Aufsatz üb«Die Bürg- schast" zu schreiben. Die sittliche Tat der Freundestreue hatte den tiefsten Eindruck auf mich gemacht. Ich schrieb eine Szene, in der das Ideal der Treue, aufs empfindlichste angetastet, stch herrlich be- währt. Der Tyrann erscheint im Kerker des bürgenden Freundes, verhöhnt den Glaubensstarken, der nicht wankend werden will, trotz- demStunde an Stunde entrinnet". Ich schrieb diesen Dialog, dieses Ringen des Gefesselten. Verzweifelten mit dem Freien, Ee- walttätigen. Alle meine Liebe für den Freund, all meinen Haß gegen den Bösewicht, den Quäl« und Unterdrücker, legte ich in diese Szene. Und ich gab sie ab, anstatt des Auflatzes getrost und ahnungslos. Aber was geschah? Noch heut« befällt mich die Scham, wenn ich mir's zurückrufe. Eine Demütigung, ja Verhöhnung bereitste mir der deutsche Lehr«, so roh, verständnislos und grausam, wie sie nur je jene? Tyrann dem Gefangenen bereitete. Bis zum Schluß der Besprechungen hatte der Lehr« meinen Aufsatz aufgespart, nun las er meine Szene, langsam, Wort für Wort, den johlenden Mit- schlllern vor. Ich saß da, stumm, verzweifelt. Ich hatte das Emp- finden unverdienter Kränkung durch einen Menschen, der mich nicht verstehen wollte od« konnte, da er«in unkünstlnischer, nüchtern« Philister war. Bis heute, fast ein Menschenleben, schmerzte die Kränkung, die einst dem Knaben geschah. Ab« von dem Tage ab, wo mirDer Ring des Polykrates" die freudige Gewißheit gab: sieh, die heutige Jugend hat es best« ols einstens wir ist sie nicht nur vergessen, sondern auch vergeben." Die stärkste Stromleitung d« Bell. Ein Rekord Ist von den Ingenieuren der Elektrizitätsgesellschast in Pittsfield  , Mastachusetts, aufgestellt worden, indem sie einen elektrischen Strom von einer Million Volt übermittelten. Durch diese Leistung, die als Höhepunkt einer mehr als 30jährigen Derjuchsarbeit geschildert wird, wird es möglich fein, elektrische Kraft üb« eine Entfernung von 1000 englischen Meilen hin zu leiten. Die Uebermittlung eines solchen Stromes von einer Million Volt soll eine große praktische Bedeutung haben: doch wird man Ströme von ein« so ungeheuren Kraft sehr hoch über dem Erd- boden hinführen müsten, um Unglücksfälle zu o«hindern, denn eine Person, die näh  « als 15 Fuß in den Bereich des Stromes kommt. wird d« Gefahr der lötung ausgesetzt. Sinmedizinisches Lesezimmer« für Slerzte eröffnet am l. Ottober die vuchhandlunq Paul Banman», Chariotteuburg, WilmerS- dorjer Str. 96-97.