Eine solche Politik heuriger Hosen macht die Partei und der Parteitag wahrhaftig nicht! Wie stehen die Dinge in Wirklichkeit? In der Deutschen Volkspartei gibt es zwei Richtun- s gen, von denen die eine den Demokraten, die andere den f- Deutschnationalen zuneigt. Solange wir sagten, daß wir ! grundsätzlich die Volksparteiler nicht anders behandeln könnten ! als die Deutschnationalen, war der rechte Flügel im Vorteil. Seitdem in Görlitz beschlossen worden ist, daß man jede Partei, also auch die Deutsche Volkspartei , nach ihrem t a t s ä ch- l i ch e n V e r h a l t e n beurteilen und behandeln soll, hat der ! linke Flügel an Stärke gewonnen. Die Leute vom linken Flügel sind aber für eine Koalition mindestens ebensogut wie die Demokraten um Kopsch und die Zentrumsleute um Herold, . mit denen wir ja auch nicht zu unserem Vergnügen koaliert sind, sondern nur deshalb, weil uns die Verhältnisse dazu !.zwingen. Auch die Zsntrumsleute und die Demokraten sind keine Sozialisten, sondern Bürgerliche, Vertreter der kapitalistischen � Gesellschaftsordnung. Noch vor einem Jahr hielten die Un- abhängigen unsere Koalition mit diesen Parteien für„Arbeiter» j verr.at". Jetzt sehen sie ein, daß es gar keine andere Möglichkeit gibt, als diese Koalition, wenn nicht die Republik vor d'e Hunde gehen soll. Kautsky hat in einem Artikel de?„Freiheit", in dem"er auf Grund unvollständiger Jnsormationen den Gör- litzer Beschluß kritisierte, verraten, daß ein Teil der Unab- hängigen sogar schon begonnen hat,, sich mit dem Gedanken eines Eintritts dsreigenen Partei in öle K o a- 1 li t i o n zu befreunden. Wir meinen, sollte eine Koalition auch mit Bolksparteilern zustande kommen, so müßte sie so beschaffen sein, daß auf Grund ihres Verhaltens die Unabhängigen zu ihr genau die» selbe Haltung einnehmen könnten, die sie zur bisherigen Koalition eingenommen haben. O b eins„Verbreiterung" der Koalition zustande kommt, ist noch ganz ungewiß. Nach der Lüdenscheider Rede S t r e s c- manns ist die Sache noch zweifelhafter geworden, als sie schon zuvor war, denn auf Intrigen gegen Wirth l a s s e n w i r n n s nicht ein. Eins Verbreitenmg der Koalition kommt nur dann in Betracht, wenn die bisherige Politik des Kabinetts Wirth dadurch g e st är k t, nicht aber, wenn sie dadurch geschwächt und nach rechts abgedrängt wird. In Preußen haben wir eine Regierung, die sich auf alle bürgerlichen Parteien, einschließlich der Deutschnatio- » nalen, stützt. Daß eine Regierung, in der die Sozialdemokratie " einige wichtige Ressorts besetzt hielte, besser wäre als die, i gegenwärtige, auch wenn ein republikanisch zuverlässiger Volks- l parteiler mit darin säße, ist doch zum mindesten wahrscheinlich. ;■ Gerade um die Reichspolitik des Kabinetts Wirth zu stärken, > ist es notwendig, ihr in Preußen eins Stütze zu schaffen, indem - der deutschnationale Einfluß in Preußen ausgeschaltet wird. Damit glauben wir, kurz die wahren Absichten klar- gestellt zu haben, die der Parteitag mit seinem vielbercdctcn Beschluß verfolgt hat. Vesser wäre es freilich, dies wäre nicht notwendig gewesen, denn es ist sicher kein Vorteil, wenn nian einen Gegner, mit dem man zu verhandeln genötigt' ist, zu tief in seine Karten sehen läßt. Daß eine Koalition mit der Deut- schen Volkspartei auch ihre Bedenken hat und daß man bei Verhandlungen scharf auspassen muß, um nicht hineingelegt zu werden, das hätten unsere Unterhändler auch ohne die Rat- schlage gewußt, die man ihnen in Form einer Kritik an dem Eörlitzer Beschluß mit auf den Weg gegeben hat. Wir haben unsere Entscheidung gefällt und die Deutsche Volkspartei ist gebeten, nun auch die ihre zu fällen. Sie muß Farbe bekennen, sie muß sich entscheiden, ob sie mit den Deutschnationalen gegen die Koalition oder mit der Koalition gegen die Deutschnationalen gehen will, ob sie sich zum Schutz der Republik verpflichten oder mit der Monarchist!- schen Reaktion gemeinsame Sache machen will. Diese Klarstellung unserer politischen Verhältnisie ist von r so großem Wert, daß für sie auch einige Mißverständnisse
r Dante und öle Kriegsgewinnler. Durch das ganze Mittelalter geht ein a n t i k a p i t a l i st i s ch« r \ Zug. Zwar bilden schon im 13. Jahrhundert die Florentiner, Genuesen und Lombarden das Bankgeschäft aus— die vielen italienischen Worte, die wir noch heute im Geschäftsverkehr haben, z. B.„Netto",„Brutto",„Tara",„Agio",„Lombard" beweisen es—, und doch gilt, als schon die Neuzeit unmißverständlich Einlaß be? gehrt, in Luthers Tagen noch, das Ausleihen von Kapital auf i Zinsen als höchst verwerflich, auch im„Kaufmann von Venedig " � deutet Shakespeare das an. Da kann es denn nicht wundernehmen, wenn Dante die Geldverlciher in die Hölle hinunterstößt. Sie kommen sogar ganz besonders schlecht weg bei ihm: sie hausen in der unteren Hölle, die , den schwersten Verbrechern vorbehalten ist, im 5. Kreis der Unter- welt in einem stinkenden Pfuhl eingepfercht. Die Bosheit, die durch Gewalt oder Trug zu ihrem Ziel strebt, heißt das fluchwürdige Ver- ' brechen. Gewalttat: Körperverletzung, Totschlag, Brand- stiftung, Raub, sind in Dantes Augen geringere Vergehen als Betrug, denn dieser„tötet das Liebesband, das die Natur geschaffen". Kuppler, Schmeichler, Amtsverkäufer, Fälscher, Bestell)- liehe, Heuchler nebst Dieben gehören in diese zweite Klasie. Die Leute, die Geld auf Zinsen ausleihen, die„W u ch e r e r"(ohne Rücksicht auf die Höhe des Zinsfußes!),„die die Natur, und was sie schenkt, verachten" werden zusammengeworfen mit denen, die pn- natürlichen Lastern frönen, der„S o d o m i t e n"— Cahors in Südfrankreich ist die Stadt, in der sie besonders üppig ins Kraut schießen(es handelt sich um die Lombarden, die in französischen . Handelsstädten das ganze Finanzgeschlift an sich gerissen haben). Am Ende des 11. Gesanges der„Göttlichen Komödie " kommt der Dichter noch einmal ausführlicher auf die Wucherer zurück, die er mit Berufung auf das erste Buch Moses '(das Gebot:„im Schweiße Deines Angesichts sollst Du Dein Brot essen") und auf den Grundpfeiler der kirchlichen Philosophie, der sogen. Scholastik, auf Aristoteles , verurteilt: „Ich bitte, sprach ich, wende die Gedanken Zurück und lehre mich, warum der Wucher Die Güte Gottes, wie Du sagst, verletzet?"— (Die Frage richtet sich an den Führer durch die Unterwelt, den alt- römischen Dichter Birgit.) „Philosophie belehret den, der aufmerkt, So sagt' er drauf, an mehr als einer Stelle. Daß die Natur die Bahnen, die sie einschlägt, Aus Gottes Geist entnimmt und seiner Kunst. Erwägst Du dann das Buch von der Physik, So findest Du nach gar nicht vielen Blättern, Daß Eure K u n st, soweit sie kann, der letzten, So wie der Schüler seinem Meister, nachfolgt Und sozusagen Gottes Enklin ist. Aus diesen beiden, wie die Genesis"(das t. Buch Mose »') „Dir bald im Anfang sagt, soll Unterhalt Die Menschheit nehmen und sich vorwärts helfen.
über den Görlltzer Beschluß mit in Kauf genommen werden müssen. Wie man hört, herrscht in der Deutschen Volkspartei feit jenem Beschluß große Aufregung. Unsererseits besteht ein Grund zu solcher Aufregung nicht!
Die Desprechungen beim Reichskanzler. Die Mitteilungen einer Berliner Zeitung , nach der an den Besprechungen am gestrigen Vormittag beim Reichsmi- nister Rathenau die Unabhängigen und die Deutschnatio- nalen teilgenommen hätten, sind, wie uns von informierter Seite berichtet wird, unzutreffend. Am gestrigen Nachmittag fand zwischen dem Reichskanzler Wirth und dem Vorsitzen- den der Deutschen Bolkspartei. Stresemann, eine Aus- spräche über allgemeine politische Fragen statt. Am Mitt- woch wird der Reichskanzler die erwartete politische Rede im Reichstage halten.
Reparationsberatung. Gestern trafen auf Einladung des Reichskanzlers führende Vertreter der deutschen Landwirtschaft und landivtrtschastlichen Großorgamsationcn in der Reichskanzlei zusammen, nni die Möglichkeit einer Unterstützung der von der Industrie und Banken geplanten Aktion für die Reparationsverpflichtungen zu erörtern. Die Erörterung hatte den Charakter einer Vor- besprechung und wird fortgesetzt werden, nachdem sich die Vertreter der Landwirtschaft mir ihren Organisationen ins Einvernehmen gesetzt haben._ Kanzlerftürzer Stresemann. Die„Germania ", das Berliner Zentrumsorgan, beschäftigt sich nochmals mit der mehr als sonderbaren Haltung S t r-e s e m a nn s feit dem Heidelberger Parteitag der Deut- schen Bolkspartei. Wenn sie auch die Frage ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der erschwerten Verbreiterung der gegenwärtigen Regierungskoalition behandelt ein Gesichtspunkt, der für die Sozialdemokratie nicht allein ausschlaggebend ist—. so verdienen doch ihre neuen Ausführungen beachtet zu werden. Die„Germania " verweist spöttisch auf den Sturm der Rachegeistor, der seit einiger Zeit gegen den Reichskanzler Wirth tobt, und schreibt: Jedenfalls war das, was darauf folgte, eine politische Torheit zu nennen, besonders wenn man den Gipfelpunkt sah, den ein erfindungsreicher Odysseus in der„Täglichen Rundschan" mit seinen Angriffen erklomm. Und in diesen Chor der Rachegeister mischte sich die Stimme Stresemann s, dem man immer noch nachgerühmt hat, er sei ein hervorragender Meister der Taktik. Sollte sein Auftreten ein Zufall sein, dem man weiter keine Be- deuhrng beizumessen brauchte? Nun, wir haben Herrn Stresemann jedenfalls ernst genommen und sahen in ihm, wie wir offen und scharf zum Ausdruck brachten, denjenigen, der durch seinen Angriks die Erweiterung der Regierung in irgendeiner Form zerstören mußte. Darum unsere scharfe Sprache... Gewiß, unsere Abwehr war kräftig und deutlich, und warum sie das nach unserer Auffassung sein mußte, haben wir bereits am Sonnabend an dieser Stelle gesagt. In einer Zeit, da die außenpolitische Lage unseres Vaterlandes so ungewöhnlich ist, wie jetzt, und in der man nicht zuletzt aus diesem Gesichtswinkel heraus zur Erweiterung der Regierungsbasis zu schreiten im Begriffe ist, sollte man einem Politiker, der selbst anläßlich des letzten Kabinettswechfcls schon als Kanzler genannt wurde, einen solchen Borstoß nicht zu- trauen. Man geht in der Annahme nicht fehl, daß Stresemann weniger aus eigener Initiative seine Agitation gegen den Reichskanzler entfaltete, als vielmehr geschoben und gedrängt von den rechtsstehendem, den D e u t s ch n a t i o n a- len zuneigenden Kreisen seiner Partei, die Wert darauf leg- ten, sich selbst nicht allzu sehr zu kompromittieren und einen
Weil nun der Wuch'rer and'rc Bahnen einschlägt, Verachtet er in sich und ihrer Tochter Natur: denn andershin zielt feine Hoffnung."
Der Wiederaufbau der Buchkunst. F. H. Ehmcke, der Mün- chener Buchkünstlcr, der auch die Feder gewandt zu führen weiß, hat ein Buch geschrieben, das„drei Jahzehnte deutsche Buchkunst 1890— 1920" behandelt. Das im Berliner Cuphorion-Bcrlage er- scheinende Werk mustert die Arbeit unserer Buchkunst mit dem Blicke dessen, der an dieser Arbeit an hervorragender Stelle mittat. Und er stellt am Ende Richtlinien auf, wie sich nach dem Kriege, der auch hier vieles Gute zerstörte und vieles Schlechte groß werden ließ, der Wiederaufbau des Buchgewerbes zu vollziehen hätte. Man könnte etwa sagen, daß jedenfalls für Werke der neuen Literatur, als Schriften möglichst nur die besten neu entstandenen und für Reuausgaben älterer Dichtung auch die alten zur Anwendung kcm- men sollten, die sich als modernem Empfinden noch oerwandt be- währt haben. Gerade die neue Literatur, mit ihrem oft unruhigen Zeilenbild, bedarf einer äußerst zurückhaltenden, sachlich strengen Gestaltung des Typographischen. Wie von den Inkunabeln, den rein schriftschöpferischen ersten Werken des Buchdrucks aus das Buch sich zur höchsten Blüte entwickelte, so muß auch heute wieder der Grund für alles Gelingen hier an der Quelle gesucht werden. Eine systematische Schulung der Setzer, eine ebensolche Schriftaus- bildung der Buchkünstter, ja des aufnehmenden Publikums müßte statthaben, also eine Schrifterziehung, von der Volksschule anfangend, einsetzen. Es sollten vor allem die Schulbücher ein anosres Gesicht erhalten, was durchaus möglich wäre, wenn ihre Auflagen nicht so häufiger Veränderung unterlägen. Vom Jllu- st r a t o r wiederum darf man verlangen, daß er den nun einmal durch die typographische Form des Buches abgesteckten Grenzen Rechnung trägt, daß er seine Bilder in Beziehung zum Textbild bringt, dag jene nicht den Rahmen des Satzjpiegcls sprengen, andererseits- nicht zu leicht, zu dürftig einem kräftigen Typenbitd gegenüber erscheinen. Text und Bilder sollen möglichst aus dem gleichen Papier gedruckt werden, damit diese nicht auf einem anhcren Stoffe als Fremdkörper im Buche erscheinen. Abgesehen von diesen technischeft Fragen möchte man wünschen, daß illustrierte Bücher weniger auf Bs.legers Befehl, vielmehr aus der Liebe des Künstlers selbst für den dichterischen Vorwurf entstünden. Ueberau muß sich die Einsicht durchringen, daß der Künstler nur Diener am Buche ist, daß seine Arbeit nicht die eitle Betonung seiner selbst oder die tendenziöse Derkündigung irgendwelcher Formideen bezwecke. Morgenfeier im Staatstbeater. Aus Anlaß de? Rheinischen Kulturwoche und auf Anregung des Rheinischen Ver» kehrsverbandes veranstaltete das Sckmuspislhaus eine Morgen- feier, die„Der R h e i n" betitelt war. Julius von Scheidt eröffnete mit Rhsinliedeni und gab den Auftakt zu Herbert Eulenbergs Bortrag, der den Mittelpunkt der Feier bildete. Der rheinische Dichter las mit singen- der Rhetorik ein Essai„Diesen Hcrbstkranz dem Rheinstrom", in dem er in seiner bekannten pretiilien Art ein Stimmungsbild vom allen Vater Arndt und feinen: katholischen Geqsnpart Gömes entwarf: mehr Plauderet a la Schottenbilder als Rede, die man an dieser Stelle pastender gefunden hätte. Paul H e n ck c l s und Thea Grodtzynsky. die eben Eulenberg im Steglitzer Schloßpark-
anderen für diese unangenehme Aufgabe vorschoben. Die Sozialdemokratie hat bereits zu wiederholten Malen erklärt, daß sie n i ch t d a r a n d e n k t, aus welchen Gründen immer sich an der mit verdächtigem Eifer entwickelten Kauz- lerstürzerei zu beteiligen, und so wird Herr Stresemann be- trübt einsehen müssen, daß er sich in peinlichster Weise i s o- l i e r t hat.__ Katzenjammer und Mlitarrummel. Neue Enthüllungen unseres Parteiblattes. München , 26. September. (Eigener Drahtbericht des„Vor- wörts".) Die gegenwärtige politische Lage in Bayern ist gekenn- zeichnet durch den Kleinmut und die Bedrücktheit der bürgerlichen Presse als Folge der Brandmarkung des alten bayerischen Kurses durch die Veröffentlichung� der Geheimbundstatuten. Den„Münche- ner Neuesten Nachrichten". folgend, murren die reaktionären Blätter über den Schritt des badischen Staatspräsidenten und das Eingrei- fen norddeutscher Beamter in weiterer Verfolgung der Wetßmann- schen Enthüllungen. So schreibt die„Münchener Zeitung": Eine Reihe von Agenten des Reichsmini st erlums des Innern ist eingetroffen, um das Material des preußischen Staatskommissars zu ergänzen. Es scheint jetzt im Reich allent- halben Leute zu geben, die glauben, völlig ungeniert auf unseren bayerischen Köpfen herumtrampeln zu können. Man mag sich vorsehen, denn es könnte leicht sein, daß einmal auch sogar die Bayerische Bolkspartei nicht mchr in der Lage sei, die wahre Volks Meinung in Bayern niederzuhalten." Das„Miesbacher Tageblatt" erscheint wieder als„Nachrichten- blatt" und kündigt das Wiedererscheinen des„Miesbacher Anzeigers" mit den Worten an:„Am 1. Oktober erscheint wieder der„Miesbach e Anzeiger" in alter Frische". Am gestrigen Sonntag war München wieder der Schauplatz- großer militärischer Festlichkeiten. Feldmarschall Prinz Leopold und Kronprinz R u p p r e ch t zeigten sich wieder einmal in alter Pracht in den Straßen Münchens . Bei dem Festakt vor dem Armee- Museum ertönten Kavalleriesignale, als der letzte Inhaber des Re- giments Generalfeldmarschall Prinz Leopold vor die Ausstellung trat und zu den Angehörigen des Regiments sprach. Die„Augs- burger Abendzeitung" meldet von„begeisterten Huldigungen" des Publikums bei der An- und Abfahrt der Fürstlichkeiten. Ueber politische Geheimorganisationen bringt die„Münchener Post" neues Material. Sie erinnert daran, daß sie bereits im Februar die Sahungen des Freikorps Oberland bekanntgegeben habe, von der gewisse militärische Gepflogenheiten geschickt übernommen worden seien, z. B. der Fahneneid, eine Art Verpflichtungsschein, Mobilmachungsbefehl und die Schaffung eines Femgerichtes. Ferner teilt die„Münchener Post" mit, daß der Polizsidirektion über diese Angelegenheit damals weitere sachdienliche Mitteilunzen gemacht worden seien, vor allem über die Tätigkeit dieses Geheimbundes in Nordbayern. Es war der Polizei mitgeteilt worden, daß sich der Führer dieser Organisation als politisches Ziel die Restaurierung des Hohenzollern - schen Kaisertums mit militärischen Mitteln gesteckt habe. Fer- ner sei der Polizei bekannt gewesen, daß selbst de? Führer der baye- rischen Einwohnerwehr Kanzler von diesen Bestrebungen a b g e- rückt sei und davor habe warnen lassen. Bei der Münchener Pollzeidirektion aber hatte man weiterhin Kenntnis von der engen Verbindung der„Nationalsozialisten" mit diesem Geheim- bund. Unser Parteiblatt schließt diese Ausführungen mit den War- ten: Hätten die Erzberger-Mörder und ihre Kumpane ihre verbrecherischen Pläne in München schmieden können, wenn die P o- lizeidirekkion energisch und rücksichtslos damals diesen Dingen nachgegangen wäre? Hätten die Erzberger-Mörder imd die Mörder an G a r e i s nicht an der Ausübung ihrer Tat gehindert wer- den können, wenn man in der Ordnungszelle rechtzeitig dort hin- eingegriffen hätte, wo diese Pläne geschmiedet wurden? Erst wenn die Münchener Prlizeidirektion bewiesen hat, daß sie stets alles getan hat, um die Fäden der bestehenden Oeheimorganisationen in die Hand zu bekommen, erst wenn dieser Beweis einwandfrei ge- lungen ist, wird man sagen können, daß sie keinerlei Mkfchuld trifft an den Ermordungen von Gareis und Erzberger.
theatcr zu einem schönen Theaterstege verholfen haben, lasen mit Können und Delikatesse Brentano , Heine, Simrock; Margarete Schön aus„Goethes Briefwechsel mit einem Kinde" Briefe von Bettina über dcn Rhein. Karl de Bogt sang zur Laute rheinische Volkslieder. Zum Schlüsse entpuppte sich der tragische Paul H e n ck e l s als ein ungewöhnlich begabter Humorist, indem cr rheinische Schnurren und Anekdoten zum Besten gab. Die Liebens- Würdigkeit der Verwaltung, der man für diese exponier ß Stelle nur etwas mehr Schwere' und Bedeutung gewünscht hätte, traf den Ge- schmack der Besucher, die mit reichem Beifall dankten. O. E.H. Malaria im Grunewald. Eine Berliner Zeitung bringt die Mit- teilung, daß an Erunewaldbitmohnern Malaria festgestellt worden sei. Schuld daran sollen die„Miasmen" haben, die in der Umgebung bss Hubertusfees„zum Himmel" steigen und die„ihren Ursprung der schlechten Zlusbagoerung verdanken". Die Redaktion einer großen Zeitung sollte besser unterrichtet sein! Es sind nicht„Miasmen", wie man Anno Tobak annahm, sondern die Stiche einer gewissen Mückenart(Anopheles), die gewisse überaus winzige Lebewesen— die Erreger dcr Malaria— auf den gestochenen Menschen übertragen können. In dessen Blutbalm vermehren sie sich dann in gefahr- drohender Weise. Fälle von Malaria sind schon wiederholt bei uns, z. B. in der Gegend von Potsdam , beobachtet worden. Es heißt weiter in der betreffenden Notiz:„Viele Berliner kommen täglich in den Grunewald . Die Gefahr einer Epidemie gibt auch ihnen zu denken" Das ist dummes Zeug, denn die Anopheles-Mücken treten auch anderwärts auf, wo Wasserlöcher das Gedeihen ihrer Brut be- fördern, an eine Malaria-E p i d e m i e ist. aber bei uns gar nicht zu denken. Wdhl aber sollte der Vorfall erneut Anlaß zu einer scharfen Bekämpfung der Miickenplage überhaupt Anlaß geben! Sümpfluft kann man einatmen, bis einem übel davon wird— aber Malaria bekommt man davon nichtl Die Gartcnsladtbewegung macht jetzt in den verschiedenen Teilen des britischen Weltreiches große Fortschritte. In Kanada , Australien , Neuseeland und Indien sind bereits Garten- ftädte in der Entwicklung, uud jetzt soll auch in Südafrika die erste Gartenstadt begründet werden. Der Architekt Litchficld, der in England einige der wichtigsten Gartenstädte angelegt hat» ist nach dem Kapland berufen, um eine Gartenstadt in der Nähe von Kap- st a d t anzulegen, für die die l'nion-Regierung 6000 Acres herge- geben hat. Mit der Anlage der Wege in der waldigen Landschaft ist bereits begonnen.
Kirrbrnkoncerte, Die niWste Abendnwllk in der Kniier-Wilbekm- Gedtichtniskirche ver»nsi>ll!et r i d e i 1 in« u n am? orrncrMag, den'29.. abelid; 8 Uhr, unter Mitwirlung dcr Aelellschajt zur Pflege alter Musik(Dir. l«. Len�ewöki) uud Jvbauna Beinend(Vrproai.— Im Dom veranstoliet Pros. Walter irischer ebeujalls am DouuerStaq, abend» 8 Nl>r. ein Orgelkonzert, bei welchem Frau Jcanne Kölsier tSovran) und Frl. Mauja Barka»(W) mltivirken. Cinttilt frei gegen Entnahm« eine» Programms. lliitrrrichidknrse in der nngnrischen und polnischen Sprache sind von der Humboldt- H v ch! ch n I e neben den bisherigen in Englisch , Französisch, Italienisch. Spanisch. Nusiisch. Dünisch-Rorwegisch und Schwedisch ausgenommen worden. VorlesungSveizeichnisse und Hörertarlen in Puch - bandlungen. Theaterkassen. In lämtlichen Sprachen sind Kurls für sm. sänger und Borgeichrltlene vorgesehen. Im Nahmen der Ilafsischen Sprachen ist auch ein neuer Kursus Latein im deutschen Sprachgebrauch (Studienrat O. Wöstmann) eingerichtet worden.