Kunügebungen und Spenden füe Gppau. Die Untersuchung der Unglücksursache. Wie WTB. meldet, hat der Reichsminister des Innern unter Zu- stimniung der bayerischen Negierung den Direktor der Chemisch-Tech- nischen Reichsanstalt Oberregierungsrat Dr. L e n tz e, der ein her- vorragender Fachmann in allen Explosionsfragen ist, nach Oppau entsandt, um an der Aufklärung der Eriinde des Explosionsunglücks mitzuwirken. Inzwischen find teils bei der Reichsregierung, teils bei den ort- lichen Behörden in Oppau und Ludwigshafen eine Reihe weiterer in- und ausländischer Beileidskundgebungen erfolgt. So sprach am Sonnabend der italienische Botschaftsrat dem Ausjenminister das Bei- leid Italiens zu der Katastrophe aus; weiter sprachen der schwe- dische Minister des Aeußern, Graf W r a n g e l, und eine Reihe der in Stockholm akkreditierten Vertreter der Wächte dem deutschen Ge- sandten ihre Teilnahme aus. Die Wiener Kammer für Handel und Industrie schickte an den Deutschen Industrie- und Handelstag ein in warmen Worten gehaltenes Beileidstelegramm. Nach einer Bekanntmachung des Bürgermeisteramtes in Lud- wigshafen betrug gestern die Zahl der noch nicht erkannten Toten 75. Die Zahl der von den Angehörigen als vermißt gemeldeten Personen ist auf M gestiegen. In einer Unterredung mit den Vertretern der badischen und pfälzischen Presse gab der Direktor der badischen Ani- linfabrik, Dr. Julius, die Zahl der Toten mit 310 und die Zahl der Verwundeten mit 325 an: unter den Verwundeten seien neun Todesfälle zu beklagen. Dr. Julius wies darauf hin, daß keine Arbeiterentlassungen eintreten würden, sondern daß die Belegschaft bei den Aufröumungs- und Notstandsarbeiten Verwendung finden würde. Gegenüber Vorwürfen aus den Reihen der Vertreter der Presse über unzureichende Information gab der Direktor der Anilinfabrik zu, daß den Bedürfnissen der Oeffentlichkeit zu wenig Rechnung getragen sei, entschuldigte dies Versäumnis jedoch mit der allgemeinen Erregung in den ersten Stunden und mit der Notwendigkeit, die Toten zu bergen. Bon weittragender Bedeutung bei der Untersuchung der Schuld- frage ist die Aeußerung eines Ueberlebenden, der aussagt, ein Spreng- meister habe gesagt:„Komm mit, wir sprengen jetzt!* Wenige Minuten danach sei die Explosion erfolgt. Ob gesprengt worden sei, lasse sich nicht feststellen. De? Reichshilssausschuß für Oppau macht nochmals darauf auf- merksam, daß sämtliche L i e b e s g a b e w für die Opfer des Oppauer Unglücks auf der Reichseisenbahn frachtfrei befördert werden. Es empfiehlt, sich, die Sendungen im Frachtbrief als Liebes- gabensendung für Oppau kenntlich zu machen. Sendungen find zweckmäßig an den Stadtrat in Ludwigshafen zu richten. Die öffentlichen Sammlungen für die Hinterbliebenen der bei der Oppauer Katastrophe Verunglückten ergaben für Frank- furt bisher mehr als 1200 000 Mk. Die Siemens-Rhein-Elbe- Schuckert-Union stellt für das Oppauer Hilfswerk einen Betrag von 2 Millionen Mark zur Verfügung. Der Bayerische Jndustrlellenverband In München spendete für die Opfer des schweren Unglücks von Oppau den Betrag von 50 000 M. Das SchwedifcheRote Kreuz überwies den Geschädigten von Oppau 100 000 M. Auf Veranlassung des deutschen Gesandten in Stockholm wird unter den Deutschen in Schweden ein, umfangreiche Sammlung zugunsten des Reichshilfsausschusses für Oppau veranstaltet.,. » Im R e ich s t a g ist die folgende, von uns bereits erwähnte Interpellation Müller- Franken und Gen. eingegangen� Ist die Reichsregierung bereit, angesichts des furchtbaren Un- glucks in Oppau sofort Maßnahmen zu treffen, um 1. festzustellen, welche Umstände das Unglück verschuldet haben und was zur Verhinderung derartiger Unfälle geschehen kann, 2. den Geschädigten ohne sede Verzögerung aus öffent- lichen Mitteln zunächst die erste Hilfe zu leisten. Berlin , den 23. September 1921. Müller(Franken) und Fraktion. Die Interpellation wurde vom Reichstagspräsidenten als wei- terer Gegenstand auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gefetzt.
Leuna und Mansfeld . -T? Untersuchungsausschuß des Preußischen Landtages über die ivicirzunruhen setzte am Montag die Vernehmung von Zeugen au; dem Leunawerk und dem Mansfelder Bergbau fort. Die Aussage des Angeftelltenbetriebsrats Kneip vom Leuna - werk bot in zwei Punkten besonderes Interesse: Der Zeuge bestätigte, daß der Generalstreik in Leuna unter Mitwirkung der hallcschen Vezirksleilung der VKPv. beschlossen wurde, von der Lemk und Bowitzky herüber- gekommen waren, mährend die kommunistischen Betriebsobleute schärfste Gegner des General streik? waren. Ferner machte dieser Zeuge ziemlich belastende Aussagen über das Verhalten der Schutzpolizei bei der Einnahme von Leuna . Die militari- schon Vorbereitungen Kempins sind dem Zeugen immer mehr als eine Komödie erschienen, Bewaffnung und Organisation waren ganz unzureichend. Als gar noch in der Nacht vor der Einnahme Kcmpin nüt einem Teil der Bewaffneten und den besten Waffen sich aus dem Staube gemacht hatte, sei der Rest so deprimiert gewesen, daß er wohl ohne weiteres das Werk übergeben hätte, wenn irgendwie die Möalichkcit einer Verbindung mit der Schutzpolizei bestanden hätte. Merkwürdigerweise habe sich auch Direktor Oster geweigert, diese Verbindung herzustellen. So sei in der Frühe dos 29. ein ganz überflüssiges Bombardement auf das Werk eröffnet worden, da« die Anlogen aufs äußerste gefährdet und 23 nutzlose Todesopfer erfordert Habs. Zeuge macht überdies bc- stimmt« Angaben, daß mehrere Mann der Besatzung, die er nach der Einnahme noch als lebende Gefangene gesehen hat, nachher bei den Toien gelegen hoben, so ein gewisser Ledcrer und der angebliche„Schwager von Hölz*. Der Anssckmß will diese Fälle weiter nachprüfen. Die nächsten Zeugen sogen über die Mansfelder Verhält- nlsse aus. Zeuge Morgenstern, früher Betnebsratsmitglied bei der Mansfelder Gewerkschaft, gibt ein Bild der W e r k? d i e b- stähle. Das Mitnehmen van Absallholz ist nach dem Zeugen seit Jahrzehnten als eine Art Gewohnheitsrecht eingewurzelt, freilich habe es in der letzten Zeit überhand genommen, doch macht der Zeuge hierfür die überaus schlechte Brennmittelver- l o r g u n g der Arbeiterschaft verantwortlich— Generaldirektor Heinhold der Kuvferfchiefer bauenden Gewerkschaft in Mansfeld nibt zahlenmäßige Unterlagen über die Diebstähle. Die Holzdieb- stähle hätten in fedem Monat mehrere hunderttausend Mark Wert ausgemacht, so daß z. B. im Juni 1920 für 073 000 M. Grubenholz, im Juni 1921, als die Diebstähle aufgehört hatten, nur für 205 000 M. verbraucht wurden. Bei dem Unterschied sprechen noch andere Fctto'en mit, aber der Hauv'unterschied kommt auf da» Aufhören der Diebstähle. Der Zeuqe schildert sehr ausführlich einen Krawall, der im Februar 1921 stattgefunden hat, als die Werks- leitung durck ein Berliner Dekektioinstitut einen Ueberwachunasdienst gegen d:» Diebstähle elnricWm wollte. Der Redakteur Josef Schneider von der V5ePD. habe die Belegschaften mit der unsinnigen Behauptung in den Streik gehetzt, daß der Ueber- wachunasdienst eine gegenrevolutionäre Kampforga- n i s a t i o n sei. Nachher sei unter Zusammenrottung und Gewalt,
androhung von der Werksleituna die Bezahlung der Streiktage erpreßt worden. Der Zeuge hält Viesen Februarkrawall für eine Art Generalprobe zu dem späteren Putsch. Der Zeuge gibt zu, daß die Löhne im Mansfelder Bergbau niedriger sind als In der übrigen umliegenden Industrie. Er führt dies auf besonders ungünstige Verhältnisse des Mansfelder Bergbaues zurück. Bei der Polizeiaktion am 13. März hat es der Zeuge für einen schweren Fehler achalten, daß die Schutzpolizei sieh lange Zeit gegen- über den Zlnariffen passiv verhalten habe. Dadurch sei den Auf- rührern der Kamm geschwollen. Auf die ausdrückliche Frage des Borsitzenden, oh er bei der Belegung von Eisleben mit Schutzpolizei den Ausbruch eines Aufstandes erwartet habe, erwidert der Zeuge, daß er von der Absicht der Polizeiaktion mehrere Wochen vorher gewußt habe, aber er sei bestimmt der Ansicht gewesen, daß es vollkommen ruhig bleiben würde.— Diese Auslage ist der Rechten sehr peinlich, die Hörsing einen schweren Vorwurf daraus macht, daß er den Zlufstand nicht vorhergesehen habe. Der Abgeordnete H e i d e n r e i ch sucht durch Zwischenfragen den Zeugen zu erschüttern, aber der Zeuge bleibt dabei, daß auch er fest ge- glaubt habe, beim Einrücken einer stärkeren Polizeimacht würde die Bevölkerung ruhig bleiben. Einigermaßen unerwartet für die Rechte ist auch die Antwort, die der Zeuge auf die Frage aibt, ob denn die vor dem Krieg als kaisertreu bekannte Mansfelder Arbeitcrschoft aus sich herai's oder unter dem Einfluß fremder Cle- mente so radikal geworden sei. Der Zeuqe erwidert darauf mit aller Offenheit, daß nach seiner Ansicht das frühere Softem der Möns- selber Wcrksleitung nicht in die neue Zeit hineingepaßt habe. Man habe die Arbeiter bevormundet und eine kleinliche Soziglistenriecherci getrieben, die einem heute ganz unverständlich erscheine. Der Zeuge ist. ehe er nach Mansfeld kam, in Westfalen tötig gewesen und hat dort den Wert einer gewerkschaftlich erzogenen Arbeiterschaft kennen gelernt. In Mansfeld sei nach der Revolution das Pendel nach der anderen Seite ausgeschlagen: War vordem die Arbeiterschaft ultra- rechts, so war sie setzt ultraradikal! Die Zeugenvernehmungen werden am Dienstag vormittag, 10 Uhr, fortgesetzt._ Ein Nachspiel zum Marlohprozeß. Wegen Beihilfe zur unerlaubten Entfernung vom Heere stan- den der frühere Leutnant H o f f m a n n, jetzige Dr. rer. pol., und der frühere Leutnant W e h m e y e r, jetziger stud. med., gestern vor dem Schöffengericht Verlin-Mitte unter Vorsitz des Geh.-Rats Prost. Alz der Oberleutnant M n r l o h sich, wie bekannt, auf dringendes Zknraten des Predigers R u m p und des Hauptmanns Kessel zur Flucht entschlossen hatte, verschaffte ihm der erste 2ln- geklagte zugegebenermaßen Geld, besorgte ihm die Eisenbahnfahr- karte' und begleitete ihn zur Bahn. Wehmeyer besorgte ihm einen falschen Roske-Ausweis und dazugehörigen Kriegs-Ranglisten-Aus- zug. Beide Angeklagten gaben den Tatbestand z u. Hostmann erklärte, zur Vermeidung etwaiger Unruhen sei man in Kreisen seiner Vorgesetzten der Meinung gewesen, daß ein Marloh-Prszeß zu jener Zeit nicht stattfinden dürfe.— Der Amtsanwalt beantragte gegen die Angeklagten je 3 Monate Festungshaft. Rechts- än'walt Dr. Alsberg forderte Freisprechung. Das Schöffengericht folgte seinen Ausführungen und sprach beide Angeklagten frei.
Mißglückter Aufkauf einer Zeitung. Ein Versuch, die„Königsberger Hartungsche Zeitung* aufzu- kaufen, ist erfolgreich abgewehrt. Ein Konsortium übernahm so viele Aktien, daß die„Königsberger Hartungsche Zeitung* für die bisher eingehaltene politische demokratische Richtung gerettet wurde. Ein Herr Gustav R e d o w i tz aus Berlin halte den Versuch unter- nommen, einen großen Teil der Aktien aufzukaufen, um anscheinend seinen Einfluß dann in reaktionärem Sinne geltend zu machen. Herr Nedowitz ist aber in der Minderheit geblieben.
Unrichtige Veröffentlichung? München , 26. September. (WTB.) A-vtlich wird mitgeteilt: Dos Ergebnis der zwischen der bayerischen Staatsregie- rung und der Reichsregierung gcpflogentn Verhandlungen über den Erlaß der Reichsregierung vom 29. August und über die Aufhebung des Ausnahmezustandes in Bayern wird am Dienstag nachmittag Gegenstand von Beratungen im Berfassungsausschuß des Landtages sein. Um der verfassungsmäßigen Entscheidung des Land- tage? nicht vorzugreifen, wurde bisher von einer Veröffentlichung des Wortlautes der Abmachungen Abstand genommen. Bedauer- licherwcise ist durch Indiskretion eine unrichtige Berösfent- l i ch n n g der Abmachungen erfolgt und der Eindruck erweckt wor- den, als ob nach den jetzt getroffenen Bereinbarungen der Reichs- minister des Innern selbständig Verfügungen er- lassen könne und der Landesbehörde lediglich das Recht der Beschwerde an den Reichsratsausschuß zustehe. Das ist falsch. Es ist im Gegenteil tatsächlich vereinbart worden, daß die Landcszentralbehörde allein das Recht zum Erlaß von Verboten hat. Dem Reichsminister des Innern ist ledig- lich das Recht eingeräumt, an die Londeszentralhehörde ein Er. suchen um Erlaß von Verboten und Beschlagnahmen zu richten. Wenn die Landcszentralbehörde glaubt, solchen Ersuchen nicht Folge leisten zu können, tritt eine schiedsrichterliche Entschei- dung der föderativen Instanz ein. Man treibt hier, wie uns scheinen will, einen Streit um Worte, die man im Süden etwas anders fetzt als im Norden, um gewisse Empfindlichkeiten zu schonen. Der Kern- punkt der Sache ist, datz bei Meinungsverschiedenheit zwischen Reichsregierung und Landesregierung der R e i ch s r a t s- ausfchutz entscheidet. Wer von den beiden den Reichs- ratsausschutz anruft, ist eine zwar nicht ganz gleichgültige, aber doch nicht ousschlaggebende Frage.
Der ansprnchs!sse General. Eiu Trost für die Bewohner Nordfrankreichs. Aus Hessen wird uns geschrieben: Der Oberbefehlshaber der französischen Rheinarmee, General Degoutte , wird auch In diesem Jahre wieder das Schloß W a l d h a u s e n bei Mainz als Spätsommerrestdenz beziehen. General Degoutte hat bekanntlich seine ständige Wohnung im ehemaligen grohherzoglichen Palais in Mainz , wo ihm selbstverständlich Räume in mehr als ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Im vorigen Jahre mutzte das Palais noch seinen Wünschen instandgesetzt werden und man erzählt sich, daß die Kosten hierfür 1% Millionen betragen hätten. Jetzt muß der Fußboden im Schlafzimmer des Herrn Generals erneuert werden: das gibt den Grund für den Bezug der Spätsommerrestdenz Schloß Waldhausen abl Was mag das Deutsche Reich wohl wieder für die Herrichtung dieser Sommerfrische aufwenden müssen? Nach dem Umfang der im vorigen Jahre im Waldhausenschcn Schloß vorgenommenen Arbeiten zu urteilen, müssen damals sicher mehrere hunderttausend Mark von der deutschen Regierung ausgegeben worden sein. Ob wohl die französischen Generale in Frankreich auch Schlösser als Sommer- Wohnungen von ihrer Regierung zugewiesen erhallen?
Churchills Iri'edensrevisto'n. London , 26. September. (WTB.) Im weiteren Verlauf feiner Rede in Dundee erklärte Minister Churchill noch, England sei gezwungen, seine Flotte aufrechtzuerhalten, und es könnte auch auf das Mindestmaß militärischer Streitkräfte nicht verzichten, das not- wendig sei, um dfle Ordnung in den britischen Dominions auirechtzu- erhalten. Wenn man den Schwierigkeiten der Nachkriegsperiode be» gegnen wolle, so müsse ein friedliches Zusammenwirken zwischen den führenden Nationen bestehen. Es gebe zwei große Gruppen von Nationen, von denen jede notwendig sei für das Wiederaufleben und die Sicherheit der Welt. Erstens sei notwendig das Zusammenwirken Englands, Frankreichs und Deutschlands , um die Wohlfahrt Europas wieder aufzubauen. Weiter sei not- wendig das Zusammenarbeiten der Vereinigten Staaten , Groß- britanniens und Japans , um neue Wettbewerbe in den Rüstungen zur See zu verhindern und um den Frieden de? Stillen Ozeans zu sichern. ChurchM sagte, Großbritannien habe eine äußerst wichtig« Rolle bei dem Zustandekommen dieser einträchtigen Kombinationen zu spielen. England müsse jedoch in unbedingter Ehrlichkeil und Billigkeit gegen alle handeln. Das Zusammenwirken zwischen Enzland, Frank- reich und Deutschland würde niemals zustande kommen, wenn Eng- land mit Deutschland auf Kosten Frankreichs Freundschaft halte. Im Gegenteil, nur dadurch, daß England Frankreich fühlbar mache, daß es immer noch sein Freund sei und ein Freund in der Not, werde England die stetigen Beziehungen für das Vertrauen in Frankreich und Europa schaffen, die es in die Lage setzen würden, die zwischen Deutschland und Frankreich bestehende Spannung zu mildern imd die einträchtige gemeinsame Aktion dieser drei Mächte zu fördern, von denen nicht eine einzige ausgelassen werden dürfe, wenn Europa seinen früheren lReichtum und seinen früheren Ruhm wieder- gewinnen wolle. In gleicher Weise könne England keine friedliche Zukunft im Stillen Ozean sichern oder seinen Rüstungen zur See Einhalt gebieten, wenn es seine wohlerprobte Freundschaft mit Japan beiseite werfe. Es müsse ein größeres Einvernehmen zwischen den drei Seemächten des Stillen Ozeans zustande gebracht werden auf der Grundlage gemeinsamer Interessen und gegenseitigen Vertrauens. Churchill erklärte schließlich, er setze große Hoffnungen auf die Washingtoner Konferenz. Die Konferenz bedeute ein wirksames Eintreten der Vereinigten Staaten in die Verantwortlichkeiten und Schwierigkeiten der Wcltpolitik. Französische Stimmen. Paris , 26. September. (WTB.) Nach dem„Temps* erklärte Kammerpräsident Raoul P e r e t in einer Rede in Poitier », es handle sich für Frankreich als Sieger darum, nicht B e d i e n st e t e r des Friedens zu sein. Wenn Frankreich , wie Deutschland ihm vor- werfe, unannehmbare Forderungen gestellt habe, verlange Frank- reich von ihm, daß es sich um 50 llahre zurückversetze und die Bru- talitäten von damals(!) mit der franzöflschen Langmut von heute(!) vergleiche. Frankreich sei an der Grenze seiner Kon» Zessionen angelangt. Im Generalrat des Pas de Calais sprach Senator Ionnart, der französische Botschafter beim Vatikan , der wiederum zum Vor- sitzenden gewühlt wurde. Er sagte u. a., n>an hätte erwarten dürfen, daß die fortbestehende Einigkeit der Alliierten Deutschland die stritte Ausführung seiner Verpflichtungen aufzwingen würde. Was zeige sich aber? Die Mäßigung Frankreichs fei nicht nach Wunsch von seinen Alliierten anerkannt, und wie seien von den Deutschen alle Schwächen ausgebeutet worden. Die militärische Entwaffnung Deutschlands , die seit vielen Monaten hätte vollendet sein sollen, sei es nicht: die Aburteilung der Kricgsbeschuldigten habe Bcranlassung zu einer Iuslizparodie gegeben. Senator Ionnart sprach auch vom Bankerott des Obersten Rates im Hin- blick auf Oberschlesien . Er beklagte, daß Frankreich von der ersten Reparationszahlung noch keinen Nutzen gezogen habe und betonte, daß der Friedensvertrag von Versailles über alle Ver- mögensstücke und Einnahmequellen des Deutschen Reiches zur Rege- lung der Reparationspflichten eine Priorität ersten Ranges geschaffen habe. Werde, fragte der Redner, auch diese Garantie zugunsten der Geschädigten aufgegeben werden? Französischer Protest. Wie die Telegraphen-Union erfährt, wird die dem deutschen Außenminister von der französischen Regierung übersandte Protest- note gegen den Boykott französischer Waren in Deutschland heute im Laufe des Tages veröffentlicht werden.
MentaS auf Msudski. Ostgastzien ist von Polen militärisch besetzt, ihm aber nicht zu- gesprochen. Trotzdem hatte der Staatspräsident P i l s u d s t i die Taktlosigkeit, dort offiziell eine Messe zu eröffnen. Als er sich vom Festessen ins Theater begeben wollte, schoß ein junger Ukrainer, F e d a k, der Sohn eines Lembcrger Rechtsanwalts, auf das Auto, verletzte aber nur den Statthalter Grabowski, den er auch gemeint haben will. Jedak ist verhaftet. Die Zasciften. Innsbruck , 26. September. (WTB.) Wie die Blätter au» Wer an melden, drangen am 22. September sechs Fasciften unter der Führung des Sekretärs des Meraner Kampfbundes in die Re» daktion der„Südtiroler Landeszeitung" ein und drohten dem an- wesenden Redakteur u. a., das Redaktionsgcbäude in die Luft zu sprengen, weil in der„Südtirolcr Landeszeitung* in fascistenfeind- lichem Sinne geschrieben würde. Ein sozialistischer Deputierte? niedergeschossen. Bari , 26. September. Nach einer Rede des Abg. D i v a g n o aus Anlaß einer Festlichkeit des sozialistischen Kasinos feuerte eine Person drei Revolverschüsse auf den Redner ab. Der Abgeordnete wurde schwer verwundet. Ein junger Wann wurde als mutmaß- licher Täter verhaftet. Das Sowjekland muß kleiner sein! Dem OlnmiSlSimiß von Kurt Geyer und Berubnrd Diiwell auS der KPD. -Frakiion im ReickStag ist jetzt der Aiismit von Adolf Hoffmann und Ernst'Daumcg gefolgt. Hoffmaim holte auf dem Jenaer Parteitag die Erllärung der gcniäßigtcn Leviten unterzeichnet und Däumig war wegen Krankheit abwesend. Levi aber reibt sich die Hände. Eine neue Kokarde für die Reichswehr . Das Reichswehrmini- sterium plant die Einführung einer neuen Kokache für die Reichs- wehr, die wie die alte beschaffen sein soll, aber die neuen Reichs- färben fchwarzrotgold erhalten wird. Die Kokarde soll zwischen dem Eichenlaub auf dein unteren Mützenbesatz getragen werden. Mit der Sabotage der Republik durch reaktionäre Beamte, Offiziere und Richter beschäftigt sich eine Interpellation, die die u n a b- hängige Fraktion im Reichstag eingebracht hat. In der Interpellation wird ausgeführt, daß die verfassungsmäßig� Führung der Rcichsgeschüfte fortgesetzt durchkreuzt und die Republik in ihrem Bestände bedroht wird, nicht nur durch das gesetzwidrige Treiben der reaktionäre!, Despcrotpolitiker. sondern auch durch Begünstigun- gen und Mithilfe ehemaliger und jetziger amtlicher Kreise. Di» Reichsregierung wird gefragt, welche Maßnahmen sie dagegen zu ergreifen gedenkt. �,