Nr. 458+38. Jahrgang Ausgabe B Nr. 227
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Mittwoch, den 28. September 1921
Poehners Ende.
Der Polizeipräsident Poehner ist heute zurüdge- meit auftun müssen, ehe sie sich entschließt einer Einladung zu treten. Er erklärt, daß die Verhältnisse es nach feiner folgen, d. h. sich auf ein flares pofitives Programm fest. 2leberzeugung noch nicht gestatten, die bewährten Bestimmungen des bayerischen Ausnahmerechtes preiszugeben, zumal für Sie nächsten Monate die schwersten Erschütterungen des wirtfchaftlichen und politischen Lebens bevorstehen. Unter diesen Umständen sei er außerstande, die Verantwortung für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung weiterhin zu übernehmen und habe heute um Enthebung von seinem Amte ge
beten.
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zulegen, damit an dem, was dem allgemeinen Wohl zuliebe gefchehen müßte, nicht hinterher getadelt und gemätelt wird." Troh dem halten die Münchener Neuesten Nachrichten" die Zeit für gefommen, dem drohenden Gespenst einer Koalition zwischen nicht. marristischen und marristischen Parteien" ein Gefecht zu liefern. Der Reichskanzler Wirth wird dem neuen bayerischen Ministerpräsidenten als Schrittmacher des Marxismus " vor Augen gestellt. Zum Schluß fleht das Blatt die Koalition an, doch gegen die Gefahr einer Beteiligung der Marxisten an der Regierung" treu zu In reaktionären Kreisen wird seit einigen Tagen die Frage erörtert, ob mit Aufhebung des Ausnahmezustandes nicht auch die politische Abteilung des Münchener Polizeipräsidiums auf zulösen wäre. Man gibt noch heute den Rechtsbolschewisten Beranlaffung, dafür zu sorgen, gewiffe Aften nicht in unbefugte Hände tommen zu lassen. Man erwägt die Auflösung dieser Institution, weil dann Atten, die unangenehm werden könnten, leichter und unauffälliger an eine Privatorganisation oder Privatperson, die daran interessiert ist, verschoben werden könnten.
Das Miesbacher Tageblatt" ist heute unter Borzenfur fammenzustehen. gestellt worden.
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Wohlfahrtspflege.
Ein Rückblick auf die Görliher Wohlfahrtstagung. Bon Bürgermeister Dr. Caspari( Brandenburg a. d. H.).
Einen verheißungsvollen Auftakt zum diesjährigen Parteitag bildete die Tagung des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt in Görlig. Zum erstenmal trat dieser mit einer eigenen Tagung vor die Deffentlichkeit. Die starke Beschickung der Tagung und das hohe Niveau der Diskussion zeigte, wie notwendig die Zusammenkunft gewesen und wie richtig die verdienstvolle Borsigende des Hauptausfchusses, Genoffin I u ch a cz, gehandelt hat. Die Tagung war von dem Geiste getragen, der heute in den breitesten Kreisen der Partei zutage tritt, vom Geist, beseelt vom Willen zur Tat, vom Willen zur pofitiven Arbeit. 3war machten sich auch leise Untertöne der Ablehnung der Wohlfahrtspflege bemerkbar. Aber sie verschwanden gegenüber dem flar zum Ausdruck fomSozialdemokratie und Regierungsbildung. menden Willen der Delegierten, auch in der Wohlfahrtspflege München , 27. September. ( Eigener Drahtbericht des„ Bormitzuarbeiten und, wenn möglich, die Führung zu erlangen. marts".) Die entscheidende Tagesfrage, die in den Münchener In der Tat fann es sich heute nicht darum handeln, zu Blättern diskutiert wird, ist nicht mehr, ob deutschnationaler Rurs untersuchen, inwieweit die Beschäftigung mit der Wohlfahrtsoder Kurs der Mitte, sondern ob Zusammenarbetten zwischen pflege sich mit sozialistischen Gedankengängen in Einflang Bürgertum und Arbeiterschaft im Sinne der bevorbringen läßt. Nicht darum geht es, zu untersuchen, ob wir mun stehenden Regierungsbildungen im Reich und in Preußen. Die im Klassenstaat Wohlfahrtspflege als ein notwendiges llebel bayerische Sozialdemokratie hat sich bis zur Stunde Die Sozialdemokratische Fraktion des bayerischen treiben müssen und ob in der sozialistischen Gesellschaft die in diesen Fragen völlig zurückhaltend verhalten und in Landtages stellt heute nachmittag an die Regierung folgende An- Wohlfahrtspflege sich erübrigen wird. Nein, heute geht es ihrem Organ, der Münchener Bost", wird heute erklärt:„ Die fragen: 1. Ist die Staatsregierung bereit und in der Lage, auch den darum, zu zeigen, daß wir gewillt und in der Lage find, auch Sozialdemokratie hat nicht den Ehrgeiz, sich als ge- Bersuch zu verhindern, daß Akten des Polizeipräsidiums in auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege tätig einzugreifen, daß duldeter Gaft an den Ministertisch zu sehen. Ihre Stunde den Besitz von Privatorganisationen oder Personen wir des Bertrauens der Massen, die uns als Abgeordnete, Betommt. Sie wird feinen Finger rühren, um die Tür tommen? 2. Welche Maßnahmen sind getroffen, um eine Atten- amte und Funktionäre an verantwortliche Stellen gesetzt schüchtern aufzuklinken. Man wird ihr die Tür sperrangel- schiebung zu verhindern?
Genf , 27. Septembrer.( WEB.) In zweistündiger Beratung Condon, 28. September. ( TB.) Nanfen hat Tschitscherin brachte die 6. Stommission des Völkerbundes den Beweis, daß das telegraphisch um Mitteilung ersucht, ob die Nachricht, daß 14 mitgeplante Hilfsmert für Rußland seitens des Bölkerbundes so gut glieder des allruffischen Hilfskomitees zum Tode verurteilt worden wie gescheitert ist. Zwar sollen die Beratungen morgen fortgefent feien, den Tatsachen entspreche. Eine Antwort auf dieses Telegramm werden, um noch verschiedene Vorschläge zugunsten Rußlands zu ist bisher noch nicht eingegangen. prüfen, aber so viel steht feft: die Mächte haben endgültig die von Nanjen jo dringend geforderte Hilfe für Rußland abgelehnt. Der Bericht der Unterkommission für die Rußlandhilfe, den der fchweizerische Delegierte Motta erstattete, läßt feinen Zweifel mehr Wien , 28. September. Elgener Drahtbericht des„ Vorwärts".) darüber bestehen, daß damit auch eine wirksame Bölferbundsaktion Wegen der weslungarischen Frage und wegen der Verzögerung der unmöglich geworden ist. Begründet wird die Weigerung damit, daß Erledigung der Gefehentwürfe über die Anglo- und die Länderbank Rußland noch über beträchtliche Gefbmittel verfügt. Die Kommiffion dürfte die Regierung Schober zurüdtreten. muß fich angesichts der Beigerung der Mächte an die privaten Hilfsorganisationen wenden und sich mit der Hoffnung begnügen, daß die bevorstehende Brüffeler Konferenz, an der auch die Bereinigten Staaten und Deutschland teilnehmen, eine Lösung finden werde. Immerhin glaubt sie, durch Liquidierung der Kriegsvorräte Naturalfieferungen an Rußland zu ermöglichen.
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hilfe verweigert wird, und protestierte gegen den
haben, würdig sind. Die hinter uns stehenden Massen verlan gen von uns Taten, und diese Taten müssen wir auch vollbringen auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege.
Damit soll nicht gefagt sein, daß wir auf den schlüpfrigen Weg der bürgerlichen Wohltätigkeit geraten. Für uns ist die Wohlfahrtspflege nicht nur der Schutz der minderbemittelten Bevölkerung. Für uns ist wohlfahrtspflegedie Summe aller derjenigen Bestrebungen, die das Gedeihen der Allgemeinheit durch fürforgerische Maßnahmen fördern. Der Wohlfahrtspflege ist die Blanmäßigkeit der Arbeit, die starke Be tonung des vorbeugenden Moments eigen. Sie wirkt nicht sporadisch, sie gibt nicht hier und da, sondern sie bereitet planfie gibt nicht dem einzelnen Individuum, sondern der Gesamtmäßig den Boden zur Erstarfung aller Glieder der Gesellschaft, heit, auch wenn ihre Hilfe dem Individuum zuteil wird. Sie arbeitet, wenn nötig, auch mit 3wang. Wir werden im Intereffe der Gesellschaft nicht umhin tönnen, scharfe Zwangsmaß nahmen zu finden zum Schuhe gegen die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten, und wird werden auch nicht ohne Zwang austommen bei der Tuberkulosenfürsorge und auf manchem anderen Gebiete der Wohlfahrtspflege. Vor allem verlangen wir aber, daß die Grundlagen der Wohlfahrtspflege gefeßlich gesichert werden. Dadurch nicht zuletzt unterscheiden wir uns von den bürgerlichen Vertretern der Wohlfahrtspflege. Die heutigen Rechtsgrundlagen der Wohlfahrtspflege find lückenhaft, mangelhaft und zersplittert. Abgesehen von den fozialpolitischen Gefeßen, der Sozialversicherung, den Bestimmungen zum Schuße der Koalitionsfreiheit, dem Betriebsrätegefeß und der Verordnung über den Achtstundentag usw., haben wir u. a. das Unterstützungswohnsizgesetz mit seinen Ausführungsgesetzen, Grundlagen des heutigen Armenwesens, das Freizügigkeitsgefeß, das Militärversorgungsgeich, die Verordnungen über Erwerbslosenfürsorge, das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, das Krüppelfürsorgegesetz u. bgl. m., wozu sich noch die Gefeßentwürfe für ein JugendFrieden mit Deutschböhmen? wohlfahrtsgefeß und ein Jugendgerichtsgefeh gesellen. Die Deffentlichkeit ist fürzlich bekannt geworden mit dem Entwurf Prag , 27. September. ( WTB.)„ Narodni Polififa" schreibt: eines Berwahrungsgefeges, es sind ihr unterbreitet worden die ist kein Geheimnis, daß der neue Ministerpräsident( Benefch) Entwürfe von Gefeßen zur Verhütung und Bekämpfung der nun ernstlich den Versuch unternehmen wird, das Verhältnis der Geschlechtskrankheiten und der Regelung der Prostitution. Minderheiten, besonders das Verhältnis der Deutschen zur So dürfen wir nicht weiter arbeiten. An den verschiedentschechoslowatischen Republif zu regeln. Man darf als gewiß an- ften Stellen im Reiche und in den einzelnen Staaten werden nehmen, daß zwischen den Deutschen und der Regierung neue Be- Gefeßentwürfe auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege vorziehungen angefnüpft werden, die vielleicht dem deutschen parla- bereitet. Die sozialpolitischen Gesetze kommen im wesentlichen mentarischen Verbande die Rückkehr in die Nationalversammlung aus dem Reichsarbeitsministerium, das Jugendgerichtsgesetz ermöglichen dürften. Voraussichtlich werden diese Verhandlungen aus dem Reichsjustizministerium, der Jugendwohlfahrtsgesetzdemnächst beginnen. entwurf aus dem Reichsministerium des Innern, wo u. a. auch
Die Rechtsausgleichung. Wien , 28. September. ( Korr.- Bureau.) Die Verhandlungen wegen der gegenseitigen Anerkennung der Reisezeugnisse der deutschösterreichischen Mittelschulen und der deutschen höheren LehrIn ergreifenden Worten beklagte Nanjen, da die Stredit aftalten find zum Abschluß gelangt. Es ergehen gleichzeitig in daß Deutschösterreich und Deutschland Berfügungen, welche den Absolventen der österreichischen Mittelschulen die Hochschulen Deutsch lands , jenen der höheren Lehranstalten Deutschlands die österrei chischen Hochschulen eröffnen und für die Studierenden dieser beiden Länder die lange angestrebte volle Freizügigkeit im Besuche der Hochschulen des deutschen Sprachgebiets zur Tatsache machen. Die Verhandlungen über eine möglichst weitgehende gegenseitige Anerkennung der Hochschulstudien werden zwischen Deutschland und Deutschösterreich fortgesetzt.
ungeheuren Lügenfeldzug,
den eine Lügenzentrale mit politischem Ziel gegen die Hilfsaktion organisiert habe. Die Tatsache, daß 20 Millionen Menschen vom Tode bedroht feien, fei jo furchtbar, daß er unmöglich glauben könne, Europa werde mit verschränkten Armen zuschauen.
Bundesrat Motta, der ebenfalls startes Mitgefühl für Ruß land ausdrückte, wies darauf hin, daß es sich leider um eine Kompetenzfrage
handle! Die Kommission fönne sich nicht an den von Nansen mit der Sowjetregierung abgeschlossenen Vertrag halten, weil Nanfen als Beauftragter der Internationalen Ronferenz, nicht aber als Be auftragter des Bölterbundes gehandelt habe. Auch müsse er feststellen, daß, wenn in Rußland eine Regierung wäre, die das Ber - Es frauen der übrigen Welt befäße, die Hilfsaktion mit gewaltigen Kräften eingefeßt hätte.
Lord Robert Cecil forderte, daß die Regierungen jetzt offen aussprechen, daß fie nicht in der Lage find, Kredite zu gewähren, bamit der Bölkerbund frei von Berantwortung sei. Er wünschte, daß, falls die Finanglage fich ändere, der Bölferbundsrat, dem Ranjen als Oberkommissar noch beigegeben wird, zur Fortführung der Organisation ermächtigt wird. Auf jeden Fall müsse in der Refos lution die Anspielung auf die russischen Geldmittel gestrichen werden, weil sie eine politische Spize habe. Er billigte endlich das Abkommen Nanfens mit Sowjetrußland.
Nansen, ber nochmals gegen den Lügenfeldzug protestierte, wies auf die erschütterade Tatsache hin, daß die Not in Rußland täg lich steigt, während die Regierungen in Europa
eine Konferenz nach der anderen
Nur die Gewährung voller Autonomie im Rahmen des Staates die Gesundheitsfragen bearbeitet werden. Andererseits haben kann die Deutschen in der Tschechoslowakei befriedigen und zu guten wir in einzelnen Ländern, in Sachsen , in Lippe, in Oldenburg Bürgern machen, nur dies aber auch die Einlösung der feierlichen usw. Wohlfahrtsgefeße", wenn auch anerkannt werden muß, Ankündigung sein, daß dieser Staat eine neue Schweiz sein wolle. daß ihr Titel mehr sagt als ihr Inhalt; sie sind vornehmlich Gesetze auf dem Gebiete der Gesundheitsfürsorge. Seit Jahren trägt man sich mit der Reform des Armenwesens. Sie ist ebenso notwendig wie die Schaffung eines Reichswohlfahrtsgejeges, in dem das Armenwefen mit zu behandeln ist.
einsetzen, die nichts Positives erzielen und nur die foftbare Zeit vergeuden. Der englische Bertreter Fisher gab hierauf die ErHärung ab, daß die Regierungen tatsächlich offiziellen Strebit nicht ist gestern von der deutschen Polizei ersucht worden, festzustellen, ob Kopenhagen , 28. September. ( WTB.) Die Kopenhagener Polizei gewähren wollen. Obgleich England davon überzeugt sei, daß sich die Mörder Erzbergers, der Kaufmann Schulz und der Student bie Sowjetregierung aus eigenen Mitteln bie notwendigen Lebensmittel Baufen fönne, fei er mit der Streichung der Anspielung auf Lilleffen, in Dänemark aufhalten. Dem Blatte„ Koebenhavn " zu bie russischen Geldmittel einverstanden. Auf Fishers Antrag wurden folge erhielten Verwandte des einen Mörders einen mit dem bie weiteren Berhandlungen auf Mittwoch vertagt Ropenhagener Poststempel versehenen Brief der Mörder,
hoben worden, einen organisatorischen Aufbau der WohlfahrtsIm Zusammenhang damit ist in Görlig die Forderung erpflege zu schaffen. Man baue das Reichsarbeitsministerium zu einem Reichswohlfahrtsministerium aus, schaffe Landesmohlfahrtsämter und als untere Instanz Wohlfahrtsämter bei