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Sowietregierung das Dekret mit der Bestimmung über die Auslandsdclegation bestätigen würde. Erst nach erfolgter Bc- stätigung fand dann auch die dritte Sitzung des Komitees statt. Indessen konnte die Delegation die Reise gar nicht an- treten, da die Sowjetregierung die Ausreise unter allen mög- lichen Vorwänden verhinderte. Ich glaube, daß erst in dieser Zeit der Plan der von nun an entfalteten Tätigkeit der Sowjetregierung gereift war. Wir sehen, daß die Ausführung der Auslandsreise der Delegation unter fadenscheinigen Begründungen nicht zuge- lassen wurde. Das Komitee selbst wurde ebenso überraschend teschlossen, wie seinerzeit zugelassen. Nach innen die alte äktik: Verhaftung des gesamten Komitees, Konstruierung eines konterrevolutionären Komplotts, Erschießung von 61 Männern und Frauen in Petersburg   und das Schwingen des Schwertes über den Häuptern der Initiatoren des Hilfs- komitees, für deren Leben jetzt Nansen und Ador, der Präsident des Internationalen Roten Kreuzes, sich einsetzen. Nach außen wieder die alte Anmaßung. Die Sowjetregierung ist offenbar selbst überrascht durch den Widerhall, den die Hilfe- rufe aus Rußland   gefunden haben. Sie wirkt durch die Dritte Internationale   auf die kommunistischen   Parteien des Auslandes dahin, daß diese unter Ausnutzung der allgemein zum Ausdruck kommenden Sympathien mit den Hungernden verschiedene mit der Hilfsaktion in nur entfemtem Zusammen- hange stehende Forderungen durchsetzen. Inzwischen haben die Amerikaner, hat das Internationale Rot Kreuz das Hilfswerk in Rußland   begonnen. Leider ist das, was bis jetzt getan ist, nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Die Not in Rußland   ist großer, viel größer, als angenommen wird, und die zu befürchtenden Folgen dieser Not sind derart erschreckend, daß alles daran gesetzt werden muß, um das Hilfswerk so viel wie nur irgend- wie möglich zu fördern. Zum Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes für Sowjetrußland ist Fritjof Nansen ernannt worden. Fritjof Nansen hat außerdem einen ähnlichen Auftrag des Völkerbundes erhalten. Gr hat mit der Sowjetregierung ein Abkommen getroffen, das die Organisation der Lebensmittel- Verteilung in den Hungergebieten regelt. Diese Vereinbarung ist, im Gegensatz zu der amerikanischen  , die die Selbständigkeit der Amerikaner verbürgt, so gedacht, daß die Arbeit der Sowjetorgane und der Nansenvertretung kombiniert ist. Die Frage der Hilfsaktion des Auslandes für Sowjet- rußland wurde in der letzten Zeit dadurch verwickelt» daß Nansen mit der Sowjetregierung außerdem übereingekommen war, er würde sich dafür einsetzen, daß die westlichen Regierun- gen Sowjetrußland eine Anleihe von 10 Millionen Pfund Sterling gewähren. Die Sowjetregierung, die in allen Ton» arten die verbrecherischen kapitalistischen   Regierungen be- kämpft, sucht auf Umwegen, durch Nansen, von ihnen ein« Geldunterstützung zu erhalten. Daß Rußland   fremdes Kapital in großem Maße braucht, unterliegt keinem Zweifel. Daß der von der Sowjetregicruug gewählte Weg für die Erlangung einer Geldanleihe zweckmäßig ist, mußte von Anfang an be- zweifelt werden. Liegt der Sowjetregierung daran, das Geld zu erhalten, so muß sie eben mit den Regierungen selbst ver- handeln und eine Vasis dafür schaffen. Es ist sehr traurig, daß die Hilfe für die Hungerleidenden mit der Kreditfrage verquickt wurde. Wenn man sich aber vergegenwärtigt, worum es sich handelt, daß Millionen von Menschen buchstäblich dem Tjj d e in den Wintermonaten geweiht sind, daß Zehntausende vor unseren Augen schon jetzt am Hungertode st erben, so wird es nicht vermessen fein zu konstatieren: Es wäre der Gipfel der Unverant- wortlichkeit, wenn die Ablehnung der Geldanleihe durch den Völkerbund auch nach der anderen Seite hin Konsequenzen ziehen würde, indem die Hilfsaktion in Rußland   im allge- meinen eingeschränkt würde. Ganz Europa   hat das eminen- teste Interesse daran, daß das Möglichste für das russische Volk
Grgd, Geige und Tanz. Konzertumschau von Kurt Singer  . Einer der größten Orgesspieler nach Vach   war Bruckner  . Besonderes Schicksal und besondere tragische Fügung, daß nicht ein einziges Orgelwerk von ihm erhalten ist. Ihm setzte sich, unter dem starken Einfluß Wagners, aller Orgelklang in Orchesterfarben um. Ihr hört es an dem Riesenpathos der Bässe, der gläubigen Posaunensprache, an dem meisterhaften Bläsersatz, am Wechsel der Register, an der durchdachten Buntheit der instrumentalen Farben. Bruckner   ist der Sinfoniker unserer nächsten Zukunft, nicht Mahler, der aber im historischen Entwicklungsbild eine spezifischere Rolle zu spielen haben wird. Unserer Zerrissenheit steht er näher, in unserer Reife, in unserem menschlichen Sich-gefunden-haben wird Bruckner  selbst über Brahms hinaufsteigen. Daß er 25 Jahre tot ist, gibt dem Dirigenten Hermann Wunsch   nur äußerlich Veranlassung, seine S. Sinfonie aufzuführen. Innerlich fühlt er sich erwärmt, er- regt, mehr selbst, als es der im Werk lebendigen Linie gut tut. Diese vielen effektiven Entladungen und Enthaltungen standen nicht immer an» rechten Platz, und wer die Partitur kennt, mußte über das Zerklüftete des Tempos staunen. Dennoch war der Eindruck stark, und im Scherzo und Adagio zeigte Wunsch sich sogar als ein» prägsamer, führender Musiker, dem die Blüthner  -Leute sich willig anschlössen. Im Hochschulsaal klang vieles allerdings gar zu massiv, brutal: denn der Zuhörer waren verschwindend wenige. Bruckner  ist eben nicht Mode, höchstens einmal«in Bruckner  -Dirigent. Und auch für den bezahlt man keine 30 oder 40 M. An der Orgel, von der Orgel her schuf auch Reger sein Bestes. Hier spricht sein Werk flammend für ihn. Aber der Klang und Geist dieses Wunderinstruments geht nicht in feine Werke über, son- dern nur der Geist de» Arbeitsmaterials, der Schreibart. Die Kälte will nicht weichen und jene schaurige Verehrung der im Herzen Unbefriedigten. Zwar die Stimmungsbilder zu Bötlinschen Vorwürfen sind, au» Mcininger Zeit stammend, klangvoll gezetch- net, prachwoll musikalisch gefärbt, auch stark in der Eingebung. An Farbe, Einfall, Sinnlichkeit und Linie fehlt es aber dem Violin- konzert op. 101, das nur ein Adolf Dusch lernen, spielen und be- geistert feiern kann. Es war eine Meisterleistung, der Bohnke als Dirigent klug und temperamentvoll sekundierte. Bei Busch saßen staunend die besten Geiger Berlins   zu Gast. Ekstase ist nicht lernbar, wohl aber solides Handwerk. Das kann dem noch jungen, weich und unpersönlich geigenden Heß-Schüler Henry Holst nachgesagt werden, daß er ein solides Handwert er- lernt hat. Er steh» am Beginn und legte mit Mendelssohn  (Kon- zert) ein schönes Reifezeugnis ab. Bei der ISjährigen Rosa Pol- n a r i o w ist die Musikalität und die Frische des Spiels noch größer, aber der Ton spitz, ummrfch, grob. In der Kantilene soll er voller und schöner gewesen sein. Edith Weiß-Mann be- gleitete sachlich und zeigte im Vortrag einer frühen Beethovenschen Sonate musikalischen Geschmack und akademisch korrekte Haltung. Im Gedächtnis haftet Claire D u x, die nach Amerika   geht und hoffentlich zur Berliner   Bühne zurückkehrt: im Gedächtnis die aparte, traumhaft im Klang gedämpfte' Musik Artur W o l j f» zu Mm. Macterllnck-Sxiel,. Und bann die Karjawina»
getan wird, soll nicht wirtschaftliche Anarchie und hoffnungs- loser Ruin Sowjetrußland völlig überziehen, was ganz Europa  in Mitleidenschaft ziehen muß. Es ist daher notwendig, daß die Hilfsaktion bis zur größten Entfaltung gebracht wird, u n- geachtet der Erschwernisse, die ihr von feiten der Sowjet- regierung in den Weg gelegt werden. Jeder, der seinen Ein- fluß in dieser Richtung verwenden kann, ist verpflichtet, das Höchstmaß der Anstrengungen zu machen.
Die preußisthe Regierongsfrage. Die sozialdemokratische Fraktion des Preu- {zischen Landtages nahm am Dienstag den Bericht über die interfraktionellen Besprechungen beim Ministerpräsidenten Stegerwald entgegen. Es zeigte sich, daß über Zeitpunkt und Art der RegierungsumbillZung, namentlich auch über die Frage der Hinzuziehung der Unabhängigen zwischen der So- zialdemokratischen Partei und den bürgerlichen Parteien mancherlei Meinungsunterschiede bestehen, ebenso über die Frage des Regierungsprogramms. Wie weit diese Differen- zen sich werden überbrücken lassen, ist noch keinesfalls voraus- zusagen. Die Beschlußfassung der Fraktion wurde auf den Mittwoch vertagt. Vom Zentrum wird übrigens verlangt, bevor es in weitere Verhandlungen eintreten will, daß eine alle Differenz beseitigt werde, die entstanden ist, als der sozialdemokratische Fraktions- redner im Mai d. I. das Kabinett Stegerwald einKabinett des Wortbruchs" nannte. Diese Bezeichnung ist darauf zurück- zuführen, daß in den interfraktionellen Besprechungen, die der Bildung des Kabinetts Stegerwald vorangingen, nach der übereinstimmenden Auffassung der sozialdemokratischen Unterhändler das Zentrum für gewisse Eventualitäten den Rücktritt Stegerwalds versprochen hatte, während von Zen- trumsseite die Eingehung einer solchen Bindung bestritten wurde. Die sozialdemokratische Fraktion erkennt nicht an, daß diese Angelegenheit mit der Frage der jetzigen Regierungs- bildung etwas zu tun hat, ist aber bereit, an der Beilegung dieser Differenz soweit mitzuwirken, als sich dies mit ihrer sachlichen Auffassung der damaligen Ereignisse ver- einbaren läßt. Ob es gelingt, den Streitfall auf eine ent- sprechende Formel zu bringen, muß vorläufig abgewartet werden.
Die fteuerscheusn ffohenzollern. Wie die PPN. hören, hat die sozialdemokratische Fraktion de» Preußischen Landtages   eine Interpellation eingebracht, in der die Regierung angefragt wird, ob ihr bekannt fei, daß die Hohen» zollern trotz der Aufhebung ihrer Steuerfreiheit in den Zahren 191?. 1920 und 1921 keine Steuern bezahlt haben. An das preußische Finanzministerium wird die Frage gerichtet, was diese Behörde, die für die Aufsicht über die Verwaltung dz beschlagnahmten Hohen- zollernvermögens verantwortlich ist, getan hat, um den Ein- gang der geschuldeten Steuerbeträge sicherzustellen. An das preußische Kultusministerium ist eine klein« Anfrage gerichtet, was es dagegen zu tun gedenke, daß Schüler und Lehrer des Gymnasiums in Reu-Stettin auf ihren Ausslügen mehrfach ein Lied mit dem Refraw gesungen haben:.Mir brauchen kein« Iudenrepublikl" Der fterbenüe Untersüchungsausstbuß. Der Untersuchungsausschuß des preußischen Landtages über Ursach«, Umfang und Folgen der März, unruhen trat am Dienstag abend zu einer Sitzung zusammen, um über dl« Fortführung seiner Arbeiten zu entscheiden. In der Aussprache zeigte sich, daß das Interesse fast sämtlicher Parteien an der Fortführung der Untersuchungen in der bisherigen Art äußer st gering war. Rur   die Kommunisten beantragten, über eine Anzahl angeblicher Erschießungen durch die Schutzpolizei aus- führlichen Beweis zu erheben. Nachdem ein Zentrumsantrag, wo­nach der Ausschuß seine Arbeiten für beendet erklären sollte, zurückgezogen war, stellten merkwürdigerweise die Deutsch  - nationalen den weitgehendsten Antrag, mit den Zcugenver-
Aus den Hausinstrumenten ist das köstlichste von dem wir sprachen, bisher ausgeschlossen gewesen. Die Welte-Philhar- monieorgel, von Steinway   gebaut und vorgeführt, arbeitet dem entgegen. Wie bei dem Pianola läuft eine mit Punkten und Strichen durchsetzte Papierrolle von selber ab und gibt uns ein getreues Bild der Art, wi« die großen Organisten ihre und fremde Werke gespielt haben. Technisch ist das Werk, das mit der Hand gespielt werden ka>m, beim mechanischen Spiel aber nicht einmal eine Tastenbewegung erkennen läßt, meisterhaft, der Klang edel und weich, die überwältigend starken Töne der Kirchen- orgeln scheinen zu fehlen. Wo gute Organisten sind, braucht man die Mechanik nicht: für kleine Städte und Kirchen, für den- privaten Krösus   kann es zum würdigen Fest oder zum Sport werden. Wir hörten ernste Stücke, die von Reger, Lemare. Eddy gespielt waren und leider auch Orchesterwcisen, die banal wirken, weil sie dem Geist der Orgel widersprechen. Gibt es einen Gegensatz zwischen heiliger und profaner Kunst? Der Mensch und seine Mittel erheben da» Profane zum Kult und ziehen das Erhabene in den Staub. Der Künstler bestimmt Gren» zen, Ausmaße, Unbegrenzheiten feiner Wirkungen. Er schaltet sich zwischen Werk und Hörer despotisch ein. Und wenn die K a r s a» w i n a tanzt, so ist die beste und die unfertigste Musik Minuten» lang gefesselt von der letzten rhythmischen, ausbalancierten, schwe» benden Zierlichkeit dieses Körpers. Oft war es, als werde zu den leuchtenden Augen und der freundlichen Mimik, zu dem heroischen Wurf ihrer Hände, der tremolierenden Hingebung ihres Rumpfes Musik interpretiert. Die Musik schien von zweiter Hand, und am Anfang war der Tanz. So einprägsam sind ihre Schritte, so musitalisch ihr Rubato, das Erescendieren im Lauf, das Presto der Pirouette, das Andante im Flügelschlag zarter Arme. Gewiß, dos ist alte Kunst, zu tanzen. Aber schöner und erlebter, expresstonisti» scher bewegt sich kaum eine der vielen, die Musik tanzen. Das Pro- sane ist heilig geworden, aus Bewegung löst sich Klang, Mozart  und Chopin   klingen nicht mehr aus den Tasten des Flügels und den Saiten der Streicher, sondern aus der Welt, aus dem Herz. schlag, aus dem Sprung, dem Takt und der Grazie der Karsawina. Ein Tanzphäncmen. ein Musikgenie, ein Mensch und ein Weib.
Sommerfaden.Fliegenden Sommer" nennt man sie auch, die feinen, glänzenden Fäden, die sich wie Silbernetze über die Wiesen legen oder wie hauchzarte Gespinste durch die Luft fliegen: allein wenn sie fliegen, ist der Sommer vorbei und der Herbst längst ins Land gezogen. Es gibt zwar ouch einen..fliegenden Sommer" im ersten Frühjahr, aber die Fäden fliegen um diese Zeit gewöhnlich so spärlich, dag man sie kaum wahrnimmt. In alter Zeit konnte man sich die Herkunft der Sommerfäden nicht erklären. Daher kommt es auch, daß man Ihnen Namen gab, die mit ihrer Entstehung nichts zu tun haben, daß man sie Marien. seide oder Marknfäden nannte oder Altweibersommer, Frauen- sommer, Sommerflug, Groswebe und Herbstjäden und jn England Gottes Schleppe". So glaubte man, Elfen hätten die Fäden ge- spannen und über die Erde gebreitet, denen die Göttinnen Frigga und Haida die Kunst de, Spinnens gezeigt haben sollten. Bleich- wohl war es nicht schwer, festzustellen, woher die Fäden stammen,
! nehmungen gänzlich aufzuhören. Da sie und die Dolks- parteiler als die geistigen Väter des Unterfuchungsausschusies an- zusehen sind, erregte der Antrag einige Verwunderung. Von sozial- demokratischer Seite wurde der Zusatzantrag gestellt, die von den Kommunisten vorgebrachten Erschießungsfälle bei sonstiger Schließung der Zeugenvernehmungen gleichwohl noch zu untersuchen. Diejer > Zusatzantrag wurde angenommen, der Gesamtantrag jedoch alsdann abgelehnt. Dagegen fand ein Antrag der Unabhängigen An» nähme, wonach der Ausschuß in die Untersuchung der Er» schießungsfälle eintritt, im übrigen aber die Beweis» aufnähme einstweilen aussetzt. Der Dorsttzend« gab be» könnt, daß die Zeugenvernehmungen zu den Erschichungssällen in tcr n 5 ch st en sitzungsfreien Periode des Plenums vorg«- nommen werden sollen. Nach der allgemeinen Stimmung der Aus- fchußmitglieder zu urteilen, dürsten diese Zeugenvernehmungen die letzten sein. Wie der Untersuchungsausschuß zur Feststellung seines i Ergebnisses gelangen wird, steht bei den vielen widersprechenden Strömungen in ihm sehr dahin.
Gemeinwirtschastliche Wohnungspolitik. Im Reichstagsausjchuß für Wohnungswesen berichtete zunächst Abg. Silberschmidt(Soz.)�über das Ergeb- nis der Verhandlungen des Unterausschusses und über die Anträge, die im Unterausschuß zur Annahme gelangt und noch zu erledigen sind. Abg. Bahr(Dem.) äußerte in der darauf folgenden Einzel- bcratung Bedenken hinsichtlich der in der Borlage festgelegten Richt­linien. Abg. K u h n t(U. Eoz.) richtete sich gegen Bereitstellung von Mitteln für privaten Wohnungsbau und wollte die gesamten, von der Allgemeinheit aufgebrachten Mittel gemeinwirtschaftlich tätigen Baugenossenschaften überwiesen wissen. Ministerialrat Dr. Glaß(Reichsarbeitsministerium) erklärte da? Einverständnis seines Ministeriums, daß die Mittel zum Wohnungsbau aus der Wohnungswirtschaft selbst aufgebracht werden. Er legte sodann die Gründe dar, die gegen Schaffung eines Reichs- kommissariats sprechen. Der Vertreter des Reichsfinanzmini- steriums wandte sich gegen Schaffung von Steuern zu Sonder- zwecken, da der BeamtenaWarat ohnehin unübersichllich ist und nicht noch mehr anschwellen darf. In der Abstimmung wurden die Richllinien zu einem verstärkten Wohnungsbauprogramm für 1922 und 1923 in wesentlichen Teilen angenommen. Abgelehnt wurde die Bestimmung, daß für die Durchführung de? Wohnungs- bauprogramms ein dem Reichswirtscheftsministerium anzugliedern- des Reichskommissariat für Wohnungs- und Siedlungswesen, mit einem Reichstommissar an der Spitze, begründet werden soll. Eine wesentllche Aenderung der Vorläge trat ferner darin ein, daß nicht, wie in der Borlage vorgesehen, neben der gemeinschaftlichen ver- wendung der Mittel zu 25 v. H. eine prioatwirtfchaftliche Verwend­barkeit vorgesehen wird. Es wurde beschlossen, daß ohne Einschrän- kung die von der Allgemeinheit aufgebrachten Baumittel gemein- wirtschaftlich tätigen Baugenossenschaften. Siedlungsgenossen- fchaften und Gemeinden zuzuführen sind. Ferner wurden auf An- trag Behrens(Dnat.) eine Reihe von Bestimmungen angenommen, die der Belebung der Bautätigkeit dienen sollen. Abgelehnt wurde jedoch mit 13 gegen 13 Stimmen die hierbei erhoben« For- derung, alle ohne Zuschüsse mit öffentlichen Mitteln neugebauten und solche Wohnungen, die in Räumen, welche bisher nicht diesem Zwecke dienten, hergestellt sind, von jedem Zugriff der Wohnungs- ämter auszuschließen. Ebenso auch der Anspruch auf weitherzigere Fassung der Bestimmungen über die Gewährung von Baukosten- Zuschüssen, insofern, daß auch mit Wohnungsneubauten verbundenen wirtschaftlichen Zwecken dienende Räume billiger gebaut werden können.
ver abgewiesene DhV. Dom Thüringischen Ministe- rium de» Innern wird uns mitgeteilt: In einer noch am Sonn­abendabend nach der Plenarsitzung des Reichstage» stattgehabten Sitzung des Reichsratsausschusse», der über die gegen die Ausführung der Ausnahmeverordnung des Herrn Reichspräsidenten  einlaufenden Beschwerden zu entscheiden hat, wurde das vom Thü- ringischen Minister des Innern seinerzeit ergangene, von dem deutsch  - volksparteilichen Abgeordneten Thiel im Reichstage scharf angc- griffen« Verbot eines Gaujugendtages des Deutsch  - nationalen Handkungsgehilfenverbandes, der am 8. und 4. September in Weimar   stattfinden sollte, als b e r e ch t i g t anerkannt. Die gegen da» Verbot gerichtete, mit einer Schadenersatzforderung verbundene Beschwerde des D««tschnationalen Handlungsgehilfenver­bandes wurde abgewiesen. Ein Erhokungsurlaob des Reichskanzlers. ReichSkonzler Dr Wirth hat einen etwa achttägigen Erholungsurlaub angetreten
und heute weiß längst jeder, daß die Sommerfäden Spinnengewebe sind: nur, welchem Zweck sie dienen, Ist wohl den wenigsten bekannt. Die feinen Gespinste, die Fäden und Flocken, die wir als Marien- seid« kennen, stammen also von Spinnen her, aber von keiner der ge- schickten Webespinnen, wie es die Kreuzspinne ist, sondern von Spinnen, die sozusagen keine feste Wohnung haben, von umher- schweifenden Spinnen, und unter ihnen hauptfächlich von der Krabbenspinne, einer kleinen, eigentümlich aussehenden Spinnenart. Di« kleine Krabbenspinne erinnert nämlich durch ihr« stark verlänger- ten.beiden Borderoeinpaare und ihren rundlichen Leib wirklich an die großen Strandkrabben, jene schwanzlosen Krebse, die man, namentlich an den südlichen Meeren, so häufig antrifft. Dazu kommt, daß die Krabbenspinne nicht nur nach vorwärts, sondern auch seit- wärts laufen kann, was sehr drollig aussieht. Der Grund, weshalb die Krabbenlpinnen allherbstlich die Sommerfäden weben, ist ihre Wanderlust. Denn die Fäden dienen ihnen als Hilfsmittel zur Fortbewegung, zum Fliegen durch die Luft. Dieser Flug erfolgt in der Weise, daß die Spinne an irgend- eine freie Stelle hinaufklettert, hier einen Faden festheftet und nun eine Menge von Fäden   oft bis zu einigen Metern Läng  «-- spinnt, die sie an ihren Beinen befestigt. Hierauf löst sie dos festsitzende Ende des Fadens ab und läßt sich nun vom Wind in die Lüfte tragen. Je nach der Windstärke kann sie mit diesen Fäden oft sehr weite Reisen zurücklegen, gelegentlich auch sehr hoch kommen: man fand solche fliegenden Spinnen sogar auf der Spitze der Peterstirche in Rom.  , Die Flüge der Krabbenspinnen sind übrigens keineswegs V«r- gnügungsreisen: sie«folgen vielmehr meist deshalb, weil die Spinn  - an dem bisherigen Standort schon so zahlreich geworden ist. daß die Nahrungsbedingungen sich verschlechtern, weiter, um die Art so weit als möglich zu oerbreiten, und endlich auch einen passenden Ort zum Ueberwintsrn zu finden. Im Frühling machen dann viel« von den Tieren auf der Suche nach einem Sommeraufenthalt wiederum eine Luftreise, und diese Fäden nennen wir denMädchensommer. Tankalus in Finnland  . Zwischen Frankreich   und Finnland   ist nach verschiedenen, durch das finnische Alkoholoerbot verursachien Schwierigkeiten nunmehr ein Handelsvertrag zustande gekommen. Finnland   verpflichtet sich danach, in Frankreich   allen Alkohol zu kaufen, den die Rüchtcrnheitsabteilung des finnischen   Sozial- Ministeriums braucht. Aber nun kommt die Grausamreit, oas finnische Sozialministe» ium hat sich verpflichten müssen, ein l.ager zu errichten, in dem französische   Produzenten und Kaufleut« dauerno Proben öon Wein und Spirituosen aus st eilen Das wird eine lustige Ausstelluno im Derbotslandel Hier dürfen sich dieTrockengelegten" unter Tantalusqualen ansehen, vne die bauchigen B-nediktincrflaschen aussehen, ou» denen sich eme frühere finnische Generation Jnsviration holte; hier bekommen ne richtigen Kognak zu sehen, nicht den gesörbten Fusel, den man im Schleichhandel kauft Koanak mit vielen Sternen und lockenden Jahreszahlen. Und der Wirt dieser Ausstellung scheußlicher Gifte soll die Nüchternheitsabteilung des Sozialministeriums fein! Pie Galerie(Soldschmidt-Wallerfteia, Schöneverger Ufer.SSs. eröffnet am 5. ONsber eine Sonderausstellung son Aquarellen. ftetchniMgen  und«raphtk von Otkar Kotolch la, dt»dieLettvonl907dl»lV-21 umsaffen