Wels Zur Koalitionsfrage. Genosse Otto Wels versendet durch WTB. folgende Er- harung: „Die TN. verbreitet einen Bericht über eine von mir aus dem Parteitag der Sozialdemokratie für Hessen-Nassau gehaltene Rede. Ist schon die Dar- stellung meiner Ausführungen über Oberschlesien nicht ganz richtig, so legt mir der Bericht betreffend die Heran- ziehung der Volkspartei zur Regierung Worte in den Mund, die ich überhaupt nicht g e- braucht habe. In meiner Rede stellte ich lediglich die Tat- fache fest, daß der Reichskanzler W i r t h den Führern der Koalitionsparteien erklärte, wenn die Industrie in der Be- schasfung von Gold dem Reiche über die steuerlichen Leistun- gen hinaus namhafte Opfer, auch durch Darbietung der Substanz bringe, dann würde er sich angesichts der Notlage des Reiches veranlaßt sehen, an die Koalitions- Parteien zwecks Einbeziehung der Volkspartei in die Koalition heranzutreten. Ich habe auf das Gewicht dieses Arguments aufmerksam gemacht, aber keinen Zweifel gelassen, daß eine Sicherung des Kabinetts durch Verbreiterung der Basis nach links meinen Anschauungen am meisten entspräche. Das geht auch aus der einstimmig angenommenen, von mir empfohlenen Resolution unzweideutig hervor." » Heber die Rede des Genossen Wels liegt uns folgender eigener Bericht vor: Wels sprach äußerst wirkungsvoll, seine Darlegungen fanden die stürmische Zustimmung der Mehrheit des Parteitages. Er sagte: Die innerpolitlsche Situation in Deutschland sei in den Tagen der Schüsse von Griesbach die gleiche gewesen wie vor dem Kapp- Putsch . Die Regierung Kahr habe sicher in eng st er Verbindung mit den deuischnationalen Geheim. organisationen gestanden. Durch die Ermordung Erz- bergern habe sich die Situation zusammengeballt, da sei es not- wendig gewesen, Maßnahmen zu treffen zum Schutze der Republik . Zum andern kam die Frage der Erfassung der Goldwerke. Die Indrütrie erklärte sich auf die Anfrage Wirths bereit, dem Reich G o Id m illi ar d e zur Verfügung zu stellen. Da berief der Reichskanzler 3 Tage vor dem Görlttzer Parteitag die Regierungs- Parteien zu sich und erklärte, daß er dann nicht mehr in der Lage sein würde, die Volkspartei von der Regierung auszuschließen. Wenn wir Deutschland vor dem Ruin retten wollten, wenn da, Kabinett Wirth nicht stürzen sollte, müßte dem Gedanken der Erweiterung der Koalition nähergetreten werden. Wels zeigte, wie die Vertreter der preußischen Regierung im Reicherat bei der Besprechung der A e r» ordnung der Reichsregierung zum Schutze der Republik der Reichsregierung in den Rücken gefallen sind. Das hätte erneut die Notwendigkeit gezeigt, daß wir in die preußische Negierung wieder hineinmüßten. Well schilderte die Situation bei den Regierungsbildungen seit Weimar und besonders treffend die schwankend« Haltung der Demokraten bei der Bil- dung der Regierung Wirth. Unser Ziel ist eine sosialiflische Regierung. Das Ergebnis der letzten Wahlen zwingt uns aber zur Koalitions- Politik. Wir Sozialdemokraten haben die Umbildung der Reichs- rcgierung nicht notwendig. Um aber bei Erfüllung der Staatsnot- wendigkeit nicht mit gebundenen Händen dazustehen, haben Partei. vorstand und«ausschuß die Görlitzer Resolution vorgeschlagen. Die Partei wird nicht Gefahr laufen, rechts abzuschwenken. Wir brauchen Vertrauen gegen Vertrauen, Treue um Treue.(Storker Beifall.) In der Diskussion oertratcn Frankfurter Redner, besonders Marckwald, den bekannten Frankfurter Standpunkt. Fast alle übrigen Redner wandten sich gegen die Frankfurter Auf- f a s f u n g und besonders gegen Ausführungen Marckwalds. An der Haltung der„Franks. Volksstimme" wurde scharfe Kritik ge- übt. Besonders bemerkenswert ist, daß inehrere Genossen, die in Görlitz gegen die Koalitionsrcsolution stimmten, sich gegen da» Borgehen Marckwalds wandten. Sehr versöhnlich und eindrucksvoll sprach Abg. Hoch-Hanau , der ebenfall, in Görlitz bei der Minderheit war. Wir haben aus dem Parteitag unsere Meinung gesagt, jetzt handelt es sich nicht darum, Echulmeisterei zu treiben, sondern zu handeln. Wir waren uns in der Fraktion darin einig, daß wir uns ehrlich auf den Voden des Görlitzer Beschlusses
Ein Philosoph. Di« deutsche « Hmoersttütsprofesscreti wundern stch gern, daß jau sie nicht als die berufenen Führer der Nation anerkennen will. Sind fl« doch die Hüter des Kulturfchatzcs, die Bewahrer der Ideale, die Kenner der Volksseele, und der Volksbedürsnissel— Da ist e» interessant, das Verhältnis so eines Geheimsiegelvewahrers alles Geistigen zu dem Volk nnd dem Volksleben kennen z» lernen. Der Philosoph, Aesthete, Erker.ntnistheoretilor, Professor der Pädagogik, Verfasser von Schriften über Lvlkserzichung, Religion und die Schule Johanne» B o l t e l t beendet feine autobiographische Studie in dem Buch„Die deutsche Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen"(herausgegeben von Dr. Raymund Schmidt), das sehr lehrreich ist, weil die meisten darin vertretenen Philosophen sich unbewußt selbst aburteilen, mit einem Ausblick in die Zukunft und schreibt da wörtlich:„Wer heutigen Tages an die Zukunft der Philosophie denkt, kommt mit feinen Gedanken an einer schweren Gefahr nicht vorüber, die dem gesamten Kulturleben droht: Ich meine die zunehmend« Proletarisierung der Kultur."„Was Herder und Goethe, Schiller und Humboldt, Kant und Fichte, Hegel und Schleiermacher an Bildung und Menschentum erarbeitet haben, gilt vom Ltandpunkde des partetmäßigen Proletariats als Erwerb «goistisch-bürgerlicher Denkweise." Daß es jetzt wirkliche Hochschulen gibt, daß die Volksbühnen jetzt bald nahezu die einzigen Bühnen swd, die Werke von hohem Wert aufführen, das weiß der Aesthete und Pädagoge nicht. Darum schreibt er:„Weit entfernt, daß die Arbeitetführer Ihre Genossen in die veredelnden und tiefen Gedanken der führenden großen Deutschen über sittlich», staatliche und religiöse Fragen einzuführen die Absicht hätten: wird diese Welt vielmehr entweder von den Arbeltern fern- gehalten oder unter parteipolitischer Auslese und Verzerrung an sie herangebracht." Er weiß auch nichts von den sich ewig wieder- holenden Fälschungen'der bisherigen Wissenschaften und wagt darum den Satz:„Selbst vor der Sünde wider den heiligen Geist der Wahr- heiisforschung schreckt man nicht zurück: auch die Wissenschast soll nach sozialistischem Kriterium zurechtgemacht und bewertet werden." Das genügt wohl, um den Herrn Professor zu erkennen. Mit rührender Naivität vernachlässigt dieser Vertreter der Philosophie bei seinen Urteilen dos Grundprinzip jeder wissenschaftlichen Dis- kusston, daß man zuerst die Lehr« des Gegners kennen lernen müsse, sich in ihn hineinzufühlen habe, um dann an dos Geschäft des Wider- legen» zu gehe«. Er wundert sich, daß fein« Schrift„Kunst und Volkserziehung" fast nur in der konservativen und katholischen Presse Zustimmung erweckte, vor; den liberalen Zeitungen und Zeitschriften dagegen totgeschwiegen wurde." Dabei erklärt er, daß er darin un- erdittlich Kulturerscheinungen gebrandmarkt habe, In denen„niedrig« Denkungg weise, Mich« Verkommenheit, herausfordernd« Scham»
zu stellen haben. Wir müssen alles tun, um den Zusammen- bruch Deuffchlands zu verhindern. Eine Koalitionsregierung kann nur möglich fein, unter der Parole Schutz der Republik. Bei der Abstimmung stimmte der Bezirksparteitag nach Ablehnung eines Zusatzantrages Marckwald einmütig folgen- der Entschließung zu: „Der Bezirksparteitag begrüßt die Ausführungen des Refe- renten, die darüber keinen Zweifel lassen, daß die Partei zur Bil- dung neuer Koalitionsregierungen nur bereit ist unter u n b e» dingter Sicherung der Durchführung der in Gör- litz festgelegten Mindestforderungen. Der Parteltaz billigt besonders die Bemühungen des Parteivorstandes, durch Ein- beziehung der USP. in die Koalitionsregierung die Basis derselben nach links zu erweitern." iwimihiiiiw
Ein Heer von Lügen lassen die bürgerlichen Parteien gegen die sozialistische Mehr- heil der Berliner Siadwerwalttmg aufmarschieren. Die bürgerliche Presse, von vielen Lrbeikern, Angestellken. Beamten noch unkerstühl, überbielet sich täglich aus» neue in Beschimpsimgen der Arbeiterschaft, die mau im neuen Berlin rechllos machen möchte. Sorgt dafür, daß die Antwort am 16. Oktober wuchtig ausfällt. Jede Stimme der SPD .
Ein„vorwärts�-verbot bei üer Schutzpolizei Wte uns mitgtieitt wird, hat der Schutzpolizei -Hauptmmm Niedermayer, der die dritte Hundertschaft der Polizeiabteilung Tegel-Reinickendorf, Spandau er Weg 88, leitet, der Zeitungsausträgerin des„Vorwärts"«inen Schein zum Betreten der Kaserne verweigert. Deutschmonarchistische Blätter, wie die„Deutsche Tageszeitung", der„Stahlhelm" usw. können dagegen ungehindert in der Kaserne verbreitet werden. An der Tafel, die zur Bekannt- gäbe des Dienstes dient, konnte unlängst ungehindert eine Einladung zum Fronttämpfertag hängen, dessen Besuch der Reichswehr ausdrücklich verboten war. Dem Kassierer des Sozialdemokra- tischen Wahlvereins dagegen soll das Betreten der Kaserne oer- boten worden sein.— Wir halten es für dringend erforderlich, daß hier der Polizeipräsident einmal nach dem Rechten sieht und der politischen Bevormundung seiner Beamtenschaft ent« schieden ein End« macht._ Der Münchener verschworerfumpf. Der Mörder von Gareis entlarvt? Mänchen, II. Oktober.(Eigener Drahtbericht des„Vorwärts".) Die Leitung der bayerischen Sozialdemokratie hat sich das Ziel gesetzt, in den nächsten Tagen unter enger Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden den durch das System Kahr-Roth ge- fchaffenen Verschwörersumpf auszuräumen. Hiervon wird sie sich durch die D r o h u n g e n der„Augsburger Abend- zeitung" nicht abhalten lassen. Mit allen dem bayerischen deutsch - nationalen Klüngel nahestehenden illegalen Verbänden wird ss« den Kampf bis aufs Messer aufnehmen. Die„Münchener Post" stellt in ihrer heutigen Ausgabe den großindostriellen Konzern, welcher die Aiörderzenlrtile finanziert hat. an den Pranger. Sie glaubt, den Mord an Gareis aufgedeckt zu haben und schreibt unter dem Titel„Osthandels-Gesellschaft": „Die Osthandels-Gesellschaft wurde seinerzeit gegründet, an- geblich zu dem Zweck, mit den Oststaaten, namentlich mit Ungarn Handelsbeziehungen anzuknüpfen. Der tatsächliche Zweck ist lediglich die polikische Zusammenarbeit mit Ungarn . An der G. m. b. H. sind beteiligt der bekannte Konimerzienrat Zentz und der Konsul Rücke. Die Leitung ist im Münchener Ring-Hotel, dem bisherigen Sitz der Einwohnerwehr. Zentrale. Der erste Direktor ist der Materialreferent der Landesleitung der Einwohnerwehr, der zweite Direktor ein
losigkeit, anarchische Zuchtlosigkelt zum Ausdruck" gekommen sind, wozu ihm„moderne Literatur und Kunst übergenug Gelegenheit" geboten hätten. Kann man besser die Berufung zur Leitung der Nation er- weisen. M. Eh. Große Uoffsoper:„Siegfried." Die„Große Volksoper" hat unter anderem für die„Neue Welt" eine Reihe von Opernvor- stellungen zu billigen Preisen in Angriff genommen, wovon der „Siegfried" als wohlgelungen bezeichnet werden kann. Diese popu- läre Vorstellung, die trotz eines sehr berechtigten Striches ihre fünf Stunden dauerte, fand ein Publikum, das den letzten Platz besetzt hielt und mit inbrünstiger Art sich in diese schwere Gedanken- und Gefühlswelt oersetzte. Die durch die primitive Bühne bedingte primitive Ausstattung, die Ludwig H ö r t h immerhin zu hohem Ruhme gereicht, war nur in der Szene des Waldwebens und des Wiedererwachens der Brünhilde ziemlich prosaisch und dürftig, sonst aber durchaus genügend. Die sehr gute Darstellung, die Gewalt der genialen Musik half absolut darüber hinweg. Ja, man kann sagen, manches Unzulängliche, wie der„Wurm", der meist doch nur un. freiwilliges Lächeln entlockt, wurde hier zu seinem Vorteil hinter die Bühne verlegt. Gustav Brecher mit seinem ausgewählten, sehr guten Orchester war ein erstklassiger Interpret der herrlichen Partitur, wenngleich die ersten Szenen auch bei ihm nach verdecktem Orchester schrien. Oskar Bolz ist einer der vortrefflichsten Siegfrieds, die wir je besessen haben, mag ihn auch der eine oder andere an Stimm- Mitteln überragen. Nächst ihm kommt Ottilie Metzger -Latter- mann als Erda , eine Sängerin, die vielleicht in der Gesangskultur nicht die allerhöchste Stufe erklommen hat, aber einen wunderbaren Reiz der Stimme ausströmt und alles Gesungene vollinhaltlich er- faßt. Waldemar Henke war ein ausgezeichneter Mime, dem sich Eduard Kandl als Alberich beigesellte, der Fafner von Wolfgang Schwindt höchst eindrucksvoll. Melanie Kurth ist natürlich immer die Hochdramatische, die in der Partie der Brünhilde weniger das Lyrische als die großen Höhepunkte Im Auge hat und dann auch restlos beherrscht. Die Stimme des Waldvogels(Lotte B a l d a m u s) ist zwar taufrisch, muß aber noch ihre Flattrigkeit verlieren, die der Natürlichkeit des Tones Eintrag tut. Franz Reistnger war ein tüchtiger Wotan. h. rn. Der Mssonschaftler hinter der Theke. Ein kleiner Kaufmann in einem Dorf und zugleich ein berühmter Geolog« und Pröhistoriker ist Benjamin H a'r r i s o n gewesen, der dieser Tage Im Alter von Sä Jahren zu Ightham(England) starb. Er erbte die kleine Kolonialwarenhandlung, die er sein ganzes Leben lang betrieben hat, und widmete sich in Mußestunden der Sammlung und Untersuchung von Feuersteinen und Fossilien, die er in den Kalkhügeln von Kent fand. Seine Sammlung von Feuersteinwertzeugen umfaßte schließ- lich 6000 Stück, und der berühmte englische Geologe Avebury hat behauptet, daß Harrisons Sammlung die ältesten aller Feuerstein- Werkzeuge, die wenigstens 200 000 Jahre zurückreichen, enthalte. Sein Name wurde allmählich so berühmt, daß Geologen aus aller Welt zu ihm kamen, um ihn zu fragen.
Major, der ftüher längere Zeit in Ungarn tätig war. Eine Fi!ia5- direktion der Osthandels-Gesellschaft befindet sich in Budapest . Vir erlauben uns die Ansraze, ob es richtig ist. daß Lenk- nant Schweikhardt, der als Töter des politischen Mordes im Forstenrieder Park festgestellt ist und außerdem hinreichend ver- dächtig erscheint, an dem Mord des Abgeordneten Gareis be- leiligl gewesen zu sein, von der Osthandcls-Gesellschast im Aus- land beschäftigt wird." Ueber die Ziele der Mobilmachung der Orka in Tirol schreibt die.Münchener Post":„Durch die Lostrennung Tirols von Deutschösterreich soll dos Borgehen gegen die Volkswehr und deren Entwaffnung ermöglicht werden. Gleichzeitig sollen dadurch die bayerischen Sozialisten aufgereizt werden, zur Unterstützung ihrer Genossen in Tirol einzuschreiten. Dadurch könnte dann der längst ersehnte Linksputsch v o r g e- täuscht werden, den die Leitung der Orka zur Erreichung ihres Zieles für unbedingt nötig hält, und zugleich wäre dann Gelegen- heit gegeben, den Ausnahmezustand in Bayern aufrecht- zuerhalten." Bayern — Tirol. Innsbruck , 11. Oktober. (Gig. Drahtbericht des„Borwärks"-) Die Lage in Tirol ist noch immer außerordentlich ge- spannt. Verschärft wurde ste durch eine in Form eines Trauer- tages für Südtirol veranstaltete Demonstration des reaktionären „Andreas-Hofer-Bundes", bei der ein Universitätsprofessor und verschiedene andere Vertreter des Bundes aufreizende Reden hielten. Zu der Nachricht, daß Tirol Anschluß an das Reich gesucht habe, bemerken die reaktionären„Jnnsbrucker Nachrichten", es habe sich nur um eine Abordnung gehandelt, welche wegen Belieferung mit Kartoffeln verhandelt hätte. Die Volks- und Bürger- schullehrer von Innsbruck und Umgegend werden Donnerstag ftüh in den Streik treten. Ihnen folgen in den nächsten Tagen die Lehrer von ganz Südtirol .
Das Tuch öer Schutzpolizei. Aus Köln wird uns berichtet: Testern begann vor der dritten Strafkammer in Köln ein Prozeh, der in weitesten Kreisen Auf- sehen erregen dürfte. Er betrifft die Ausstattung der preußischen Sicherheitspolizei mit Kleidungsstücken. Die B e s ch a s f u n g s- stelle des Ministeriums des Innern hatte, da in Deutschland das notwendige Tuch nicht zu beschaffen war, 750 000 Meter engl«- s ch e s Militärtuch in zwei Lieferungen durch Vermitllung einer m Köln ansässigen englischen Firma zum Preise von 250 bzw. 210 M. das Meter bezogen. Die deutsche Tuchindustrie suhl:« sich umgangen und erreichte durch Anfrage im Reichstage, in den Landesoersammlungen und durch Pressemeldungen die Unter- s u ch u n g der Angelegenheit. Diese Untersuchung fordert« im Verein mtt einem Steuerocrfahren außerordentlich hohe Zwischengewinne einer großen Anzahl von Personen mtt Firmen, die beim Zu» standekommen des Geschäfts mitgewirkt hatten, zutage. Der Staats-/ anwalt schritt gegen 17 Personen wegen Preiswucher, Provistons- wucher und Kettenhandel ein. Die Gewinne einer einzigen Gruppe der Beteiligten wurden aus 45 Millionen M. berechnet. Dazu kommt für ein Mitglied dieser Gruppe noch eine P r o o i- sion von 1(4 Millionen Mark. Der Gewinn des bcteilm- ten Berliner Banthauses, dessen Inhaber verstorben ist, wird auf 12 Millionen Mark geschäht, während die von einem An- geklagten geleitete Aktiengesellschaft für Handel und Berkehr etwa Wi Millionen Mark Gewinn erzielte. Die Erben des Bankiers wergen wegen Rückgabe des Gewinns in Anspruch genom- wen. Die Gewinne der übrigen Beteiligten machen zusammen etwa 4 Millionen Mark aus. Ein wesentlicher Teil diesex Summe ist V a l u t a g e w i n n. der den Zwischenhändlern zugute kommen konnte, well das Ministerium in deutschem Gelde kaufte, wäh- read der englische Lieferant in englischem Gelde verkaufte. Bei der zweiten Lieferung hat ein Zwischenhändler feine Rechte an das Ministerium abgegeben, wodurch dieses 40 Millionen Mark ersparen konnte. Der nach dem Gesetz als übermäßig bezeichnete Gewinn be- trägt 13 Millionen Mark, worin die Einnahmen des Berliner Bank- Hauses noch nicht einbegriffen sind. Die Anklage lautet bei ein- zelnen Beteiligten auch noch auf Kapitalflucht. Für die Bcr - Handlung sind zwei Wochen vorgesehen. Unter den Zeugen er- schienen u. a. der ehemalige Staatsminister Severing, Staats« fekretär Freund und hohe Ministerialb eamte._
Wo lag Atlantis ? Das platonische Märchenland Atlantis , dem zweifellos uralt« Borstellungen von einem früher vorhandenen Erd- teil zugrunde liegen, hat die Wissenschaft viel beschäftigt. In neuester Zeit neigt man immer mehr zu der Ansicht, daß dieses Festland „Atlantis " sich während der Silurzeit, der Zweitältesten Schicht des geologischen Altertums, im nördlichsten Teile des Atlantischen Ozeans befand. Wie in- den„Naturwissenschaften" ausgeführt wird, wird diese Anschauung bestätigt durch die Forschungen des dänischen Geo- logen Lauge Koch , der auf der zweiten Thule-Expedilion die nördlichsten Teile Grönland « genau studiert hat. Seine Beobachtungen bestätigen die Annahm«, daß das Cmportauchen dieses Atlanlis-Kon- tinentes die Auffaltung de; kaledonifchen Gebirges in den Britischen Inseln und Norwegens zur Folge hatte. Dafür sprechen gemein- sam« Züge in dem Gebirgsbau von Nordwesteuropa mtt dem der Bäreninsel, Spitzbergens . Nordgrönlands und des benachbarten arktischen Amerika . Koch stellt nun fest, daß Reste jene» Kaledonifchen Gebirges auch an der Nordküste Grönlands und der Ostbüste des west- lich vorgelagerten Grinnellandes vorhanden sind. Demnach stellte das Kaledonische Gebirge eine gewaltige Gebirgskette dar, die sich in vor- geschichtlicher Zeit in großem Bogen um den Nordatlantischen Ozean herumschlang und diesen von dem Nordpolmeer abschloß. Auch heute noch scheidet ein« von Nordskandinavien über die Bäreninsel und Spitzbergen nach der Nordoftecke von Grönland ziehende unterseeische Bodenschwelle, die über 1000 Meter hinausgehenden Tiefen de» Atlati- tischen Ozeans von denen des Nordpolarmeeres. An dieser Stelle hat sich also einst jenes sagenhafte Festland„Mantis" erhoben.
DaS erste 0vker beb MassentveaterS. vqne« Straub, die schnell zu den größten Leistungen berangereiste Schauspielerin, bat ihren Kontrast mit den Holländerbühnen gekündigt. Die Direktion hat Entscheidung nor dem BüfrncnlchiedZgericht beantragt. Frau Straub glaubt, es nicht länger verantworten zu können, ibr Organ den grohen Strapaze» de? Großen SchauspitlhrniseS auszusetzen. Di« Direktion will diesen Grund nichl anerkennen. Man wird al'o Zeugen und Sachverständige vernehmen müssen, um festzustellen, daß dieser Riesenbau übermäßige Ansprüche an die Lungenkrast der Darsteller stellt. Di« Zuschauer und dle— Dichter können leider durch leine Feststellungsklage erwirken, datz ihnen ihr Recht wird. Im Lesstng-Mnseum spricht 1». b. Zst.,'1,9 Uhr, D». Ilse Reick« über:„Der Berliner Salon in zwei Jahrhunderten�. I« der Polytechnischen vMrllkchast findet Donnerstag 8 Uhr im Melstersaal-Gebäudc(Köthener Straße 38) eine Aussprache lider dir Oppauer Explosionskaiastrophe statt. Gäste können durch Mitglieder eingcsührt werden. Russische» Theater. Elena Polewitzkaja und<5. KuSnetzow spielen Sonntag nachm. ft�Uhr im Deutsche » Theater in ScheldonS .Roman'. Ret Paul Tasfirrer wird die diesjährige RuSstellimgSreide am IS. mit einer Sonder-Ausstcllung von Georg Kolbe erössnet. Gleichzeitig werden neuere Arbeiten von Kurt Herrmann gezeigt. Bei Ausgrabungen in Ephesas(Klcinafien) wurden bedeutend« Telle deS Evangelisten St. Johannes sreftelegt, besonders die Krypta, die als das Grad dieses Apostels bettachtet wird.