zu erkennen. In Livorno lag sie bereits in all ihren wesent- liehen Elementen vor. Heute ist sie deutlich greisbar und hat auch schon von proletarischer Seite ihre öffentliche Anerkennung gefunden in der Abwehrtaktik der Gewerk- sch a st e n. Trotzdem wird aller Wahrscheinlichkeit nach der Partei- tag von Mailand auf demselben theoretischen Standpunkt beharren, wie die beiden vorigen. Die Mehrheit wird noch einmal dem Wahne überlassen, die Revolution stünde vor der Tür, und wird ein formales Veto einlegen gegen die Möglich- keit, ein bürgerliches Kabinett zu unterstützen oder gar fozia- listische Minister in ein solches zu senden. Die Maximalisten glauben, durch dieses Verhalten die Bourgeoisie zum Bankerott zu treiben. Die Turatianer da- gegen sind der Ueberzeugung, daß man auf diese Weise die Bourgeoisie in die Zwangslage setzt, sich selbst zu Helsen , mit den eigenen Kräften, und so einen bürgerlichen Block zustande bringt, in dem die Klerikalen unddieNatio- nalisten eine ausschlaggebende Rolle spielen. In den italienischen Massen herrscht die Illusion vor, daß sie ihre verbesserten Arbeitsbedingungen, die sich doch direkt aus dem Kriege ergaben, der„maximalistischen Taktik" zu danken hätten. Das ist nichts anderes als eine irrigeDeu- tu n g sozialer Tatsachen. Eine„maximalistischs Taktik" im Parlament haben wir nie gehabt. Die Fraktion hat nie auf eine Gelegenheit verzichtet, Vorteile für das Pro- letariat zu erringen. Wenn irgendwo Massenentlasfungen be- vorstanden, so hat sie nie gesagt:„Je schlimmer, desto besser, es lebe die Revolution!", sondern die sozialistischen Abge» ordneten sind zu den Ministern gepilgert, haben öffentliche Arbeiten gefordert. Pressionen gegen die Unter- nehmer, damit diese die Betriebe nicht schlössen, usw. Man hat wohl gegen die Regierung gestimmt, aber die soziallstischen Abgeordneten haben hinter den Kulisien immer für die gegen- wärtigen Interessen des Proletariats gewirkt. Sie haben das getan, mit a n d e r e r T e ch n i k, als es die bürgerlichen Ab- geordneten taten, nicht, indem sie zum Dank ihr Votum ver- sprachen, wohl ober, Indem sie Unruhen, lokale Aufstände, Skandale von der Tribüne des Parlaments androhten. Wenn die Mehrheit heute auf dem„Verharren bei der glorreichen revolutionären Taktik" besteht, so macht sie es sich nicht klar, daß sie diese Taktik vorläufig noch nicht ange- wendet hat, sondern sich ihrer Abgeordneten immer als Wahrer und Schützer proletarischer Gegenwarts- i n t e r e s f e n bedient hat, obwohl das natürlich Verbindlich- leiten einschloß. Die Taktik von Bologna und Livorno be- deutet, daß das Proletariat im entscheidenden Augenblick, wenn die Regierung einen Anhalt nach rechts oder nach links braucht, den Anhalt nach links verweigert, und so die Regie- rung zwingt, sich nach rechts und nach den Klerikalen hin zu wenden. Ist aber einmal der bürgerliche Block, dank der maximalistischen Taktik, eine Tatsache geworden, dann werden auch die 125 sozialistischen Abgeordneten ihren heutigen ausschlaggebenden Einfluß auf die parlamentarische Lage eingebüßt haben. Dann ist der Weg frei für die„außer- parlamentarische Aktion", von der man so viel redet und so wenig merkt.— Äußer den Maximalisten und der sozialistischen Konzen- tration werden in Mailand noch andere Gruppen das Wort fordern. Wir haben diesmal auch eine vom Abgeordneten Alessandri geführte Fraktion der„einheitlichen Aktion", die etwas mehr rechts steht als die Maximalisten und etwas mehr links als die Turatianer, die vermitteln möchte und nur oerwirren wird. Schließlich wird sich von den Maximalisten noch eine Gruppe abspalten, die unter der Führerschaft von M a f f i und Riboldi die Ausstoßung der Re- f o r m i st e n verlangt, im Sinne der von den italienischen De- legierten in Moskau eingegangenen Verpflichtungen. Dieser Versuch einer neuen Parteispaltung dürfte aber an dem ernsten Einheitswillen der Mehrheit der Maximalisten scheitern. 0 Mailand , 10. Oktober. heute vormittag um S Uhr wurde der l!i. Kongreß der Soziali st ischen Partei Italiens eröffnet. Der Parteisekretär Bacci hielt die Be- IPA,..l>..... Wpnekens Kampf. Bon Siegfried Kawerau . Wnneken ist von der zweiten Strafkammer des Landgerichts zu Rudolstadt zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt worden:.alles in ollem auf die Aussogen eines 1214jShrIgkn Knaben hin. Es handelt sich um den Kampf zwischen Sexualität und Erotik"), jenen Kampf, den die alt« mit der neuen Gesellschaft aussicht, um ihre„heiligsten Güter" zu verteidigen— die alte Gefell - schaft will die naive Geilheit ihrer Töchter, will die in„geheimen Sünden" schwelgenden Knaben sich erhalten, um die sichere privat- rechtliche Vererbung des Besitzes zu schützen. Wunderliche Ber- knüpfung der Gebiete— werden unbefangene Gemüter denken. Doch man gehe den Zusammenhängen einmal gründlich nachl Die haus- tochter der alten Gesellschaft ist dazu bestimmt, den Freier zu finden, dessen Vermögen oder dessen Crmerbeföhiqkeit zu der Ihres elter- lichen Hauses harmonisch paßt: so heiratet man in Pfarrstellen. Pro- fessurcn, Konsektionsqeschäste, so heiraten sich Kavitalien und Ritter- güter. Zu diesem Zweck muß das bürgerliche Mädchen naiv fein, d. h. unberührt in physischer Beziehung und geil, d. h. lüstern und aufreizend, kokett. Das erste ist Bedingung von feiten des kapitolkräftigen Freiers, der feine Frau als Privateigentum, als Ware, als Neuheit und Mode betrachtet; das andere ist Lockmittel, ist Ergebnis eines seelisch längst verhurten Lebens. Damit stellt sich das Mädchen auf die dem Mann entsprechende Stufe. Denn der Mann Ist al» Knabe an die„goheimen Sünden" gewöhnt, Ist von Dienstboten aufgeklärt, hat bei Dirnen feine Lust für Geld befriedigt. Aul diese" Wels« hat man seine schöpferischen Kräfte abgelenkt, zur Gosse entführt, um Ihn willfährig und brauchbar im mechanisierten Konkurrenzkampf der Großbetriebe zu machen, wo man eiskalte Köpfe, harte herzen und ge'chäftlich erledigt« Früblingsgefühle braucht. Alles andere bedeutete Störung, Reibung, Dividendenverlust. Unzweifelhaft hat dies Vorbild der kapitalistischen Gesellschaft auch im Proletariat Nachahmung gefunden. Sowie man die Fest- gebräuche, Moden, Kampfmittel der büraerlichen Gesellschaft im Proletariat vielfach übernimmt. Und so Ist auch die sexuelle Not unserer proletarischen Jugend erschreckend groß. Demgegenüber entwickelt der erotische Mensch im Cinbeits- bewußisein von Körner und Seele alle Schövfertraft wahren Men- schentums: seine Liebe acht nicht ans die Mitgift, sondern auf den gesunden, vollwertigen Menschen. Oer erotische Erzieher(und alle großen Erzieher wirkten durch die Kraft ihres Eros) entbindet diese Schöpferkraft und Ist einzig imstande, junqe Menschen zum Guten. zum Schönen, zum Echten zu wandeln. Eros hat nichts mit Unter- leib zu tun, sondern ist strömende Kraft. Da hört die„geHelme Sünde" als Rauschmittel auf, die ftmgen Menschen zu reizen: sie linkten ihre Kraft gesammelt, für höchste Leistung gespart. Da hört die Ede ai'f, ökonomische Versorgung woll"stkrnnter Tierchen zu sein, da wird sie zur Kameradschaft zweier Menschen, die jeder in sich ruhend, tiefsten Grundes einsam, dennoch bereit sind zum Opfer, zur
Wyneken.Ero»'(Adolf Saal Verlag. 1S21).
grüßungsrede. Zwei Forderungen, führte er aus, stelle das italienische Proletariat: daß die Sozialistische Partei qualitativ dieselbe bleibe wie bisher und daß sie zusammenhalte. Bacci betonte seine lebhaste Sympathie für das revolutionäre Ruß- land und erklärte unter starkem Beifall, daß diese Sympathie auch die der Sozialistischen Partei wäre.— Nach Bacci sprach der Ver- trcter der Kommunistischen Partei Frankreichs , der heftige Angriffe gegen die Neformisten richtete und dabei wiederholt stürmisch unterbrochen wurde. Er erklärte, daß zwei so ent- gegengesetzte Strömungen, wie die Mitarbeit in bürgerlichen Regie- rungen und die sozialistische Taktik, nicht nebeneinander in einer Partei bestehen könnten. Der Vertreter des Iugendverbandes, von der Gruppe Bacci und Lazzari lebhaft begrüßt, führte aus, daß die Jugendlichen mit ollen Kräften den Reformismus bekämpft hätten und daß sie ihre Mitarbeit der Partei zur Verfügung stellten, die die Taktik der Dritten Internationale befolge. In derNachmitragssitzung erstattete Bacci den Tätig- keitsbericht der Parteileitung. Die Verhandlungen mit den Fascisten wurden ohne Wissen der Parteileitung von einigen sozialistischen Abgeordneten eingeleitet. Die Leitung der Partei trat erst dann in die Verhandlungen ein, als ernste Garantien für eine Verständigung vorhanden waren. Daß Lunatscharski von der italienischen Regierung keine Einreiseerlaubnis erhalten habe, sei nicht Schuld der Partei. Man habe alles getan, um die Bewilli- gung der Regierung zu erhalten. Nach dem Bericht Baccis wurde der Kongreß auf Dienstag vertagt. Eine kommunistische Tageszeitung in Rom . Rom , 10. Oktober. sIntel.) Heute erschien zum ersten Male das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Italiens „I l C o m m u- n i st a" als Tageszeitung._ Deutschnationale Demagogie. Die Deutschnationalen haben im preußischen Landtage einen seitenlangen Antrag eingebracht, der von der Regierung einen Gesetz- entwurf fordert, durch den anläßlich der Teuerung das Dienst- einkommen der Beamten und Lehrer automatisch dem Wert des Geldes angepaßt wird. Der Antrag oerlangt weiter eine gleichmäßige Beschaffungszulage für alle Beamte, serner Heraufsetzung der Grenze im Steuergesetz von 24 000 auf 35 000 Mk. Empfänger von Wartegeld, Ruhegeld und Hinterbliebenenrente sollen entsprechend behandelt werden, ebenso die Geistlichen. Was dem Antrage fehlt, werden unsere Genossen hinzu- fügen: Sicherung des Reallohnes darf nicht nur für Beamte und Geistliche gelten, sondern für alle Arbeitnehmer. Darüber wollen wir gern oerhandeln. Wir werden aber auch nachholen, was die Deutfchnationolen versäumten, nämlich zu sagen, woher die M i t t e l für die neuen Ausgaben genommen werden sollen.
Ein Manöver üer Volkspartei. Als neulich Oltwig v. H i r s ch f e l d monatelang aus dem Ge- fängnis beurlaubt wurde, bezweifelte die sozialdemokratische Presse bekanntlich, daß Arbeiter von der preußischen Justiz ebenso milde behandelt würden. Diese Auslassungen haben die Abgeord- neten E i ch h v f f, Dr. v. Campe und S t e n d e 1 von der Deut schen Volkspartei veranlaßt, bei der Staatsregierung anzufragen, wieviel Beurlaubungen in preußischen Strafanstalten über- Haupt vorgenommen worden sind, und welchen Berufszweigen die Gefangenen angehören. Zum Schlüsse fragen sind: Was gedenkt das Staatsministerium zum Schutze der Beamten zu tun, wenn sich die in der sozialistischen Presse vertretene Auffassung als unwahre Unterstellung erweist, durch die allerdings das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtspflege planmäßig untergraben wird? Die Herren Volksparteilcr machen also den Staatsanwalt gegen die sozialistische Presse scharf. Glaubt die Deutsche Volkspartei wirk- lich, damit das Mißtrauen gegen die Justiz beseitigen zu können?
Nachspiel zu den mitteldentschen AprNvnrohen. In Frankfurt am Main begann Montag vor dem Schwurgericht der Prozeß gegen sechs Angeklagte, die befchuidigt sind, während der Aprilunruhen in Mtteldeutschland den Versuch unternommen zu haben, das Kulissen hau» der Frankfurter Oper in Brand zu stecken. Die Verhandlungen werden zwei Tage in Anspruch nehmen.
höchsten Hilfe, zur Gemeinschaft. Solche Menschen aber sind dem sexuellen und kapitalistischen Menschen ein Greuel, denn da hört jede Berechnung, jedes„Klassenbewußtsein, jede Profitmacherei auf. Der sexuelle Mensch ist das Mädchen mit durchbrochenen Strümpfen und kurzen Röckchen, mit herausgedrücktem Busen oder mit naß-prallsttzendem Badekostüm: Ist der Mann mit dem lüstern- taxierenden Blick, mit Kommer» und Prostitution, mit Geschlechts- krankheit und Versorgungsehe. Der erotische Mensch ist zweckvoll und schlicht zu Arbeit und Fest gekleidet oder nackt in der freien Natur und im Spiel seiner Glieder(der sexuelle Mensch ist nie nackt, höchstens ausgezogen), er ist stark und keusch in Gebärd« und Blick und voll federnder Spann- krast und Jugend. Feind aller kapitalistischen Ausbeutung, ist er der Mensch der neuen Gesellschaft. Die alte Gesellschaft ficht für Friedrichstraße und Drillerziehung, haßt die schöpferischen Erzieher, haßt Wyncken und seine Freunde— das Proletariat weiß, um welche Güter Wyneken seinen Kampf ficht: um unseres Volkes höchste Zukunft!
Da» Neue Volkstheaker führte Ibsens „Wildente" wie- derum auf. Man hatte sich' bemüht, die scharfe Mathematik dieses starken Intrigenstückes durch Menschlichkeit zu mildern. Die Ab- ficht des Regisseurs wurde aber durch die Schauspieler gekreuzt, die ihr Temperament nicht ausreichend umbiegen konnten, um die Ibsenschen Charaktere geschmeidig zu beseelen. Darum versagte be- sondere der Hjalmar Ekdal des Herrn Schweizer. Dagegen waren die Rollen des Kindes Hedwig und des alten Ekdal außer- ordentlich gut besetzt. Fränze R o l o s f oerfügt über das reiche Talent, um die Tragik dieses Kindes rührend zu erfüllen. Herr L i o n entwickelt sich zum sehr geschickten Charakterspieler, der die Schrullen und traurigen Entgleisungen des alten Ekdal mit unge- wohnlicher Kraft der Aufmerksamkeit des Parketts einprägte. M. H. Der Europäer Heinrich INann hielt im Schwechten-Saal einen Vortrag über„Europäisches Denken". Seine Ausführungen, denen lebhafter Beifall gegeben wurde, so daß fadenscheiniges, re- aktionäres Pfeifen belächelt untergehen mußte, waren Bekenntnis zum Gedanken der Republik und der Demokratie. Man kennt des Dichters politische und seine Weltanschauung aus feinem klugen Aufsatzbande„Macht und Mensch"; weiß, wie klar Heinrich Manns Blick die„reine Fassade" der Monorchie zu durchschauen versteht. Nicht der Verzückte, der Helfende ist für ihn der Europäer. Be- leckt vom Chaos, wie er sich ausdrückte, fei doch ollen Ländern Europos so starke gemeinsame Willensströmung zu eigen, daß die Gesichter der Völker wie eines scheinen: das europäische eben. Und nun oerglich Heinrich Mann das Frankreich nach 1870 mit dem Deutschland unserer Tage. Er berief sich aus Zola und nannte den großen Gewinn, das Geschenk der Niederlage: die Demokratie. Deutschlands Republik sei das vcrwickeltste und gefährlichste Unter- nehmen, denn ein wahrer Volksstaat besitze den Willen zur Selbst- reinigung— Sauberkeit genug, um von Schreihälsen blanker Macht nicht national geheißen und bekämpft zu werden. Aber die nächste Generation werde republikanisch empfinden schon au» Erfahrung; die zweitfolgende durch Geburt.
Grgeschsucbe in Gftpreußen. Königsberg , 11. Oktober. (WTB.) Das Oberpräsidium teilt mit: Die„Königsberger Bolkszcitung" bringt in dem Leitartikel ihrer Nummer vom 11. Oktober Mitteilungen, wonach von feiten privater Organisationen trotz der behördlichen Anordnungen Massen- lager in der Provinz unterhalten werden. Es ist sofort von feiten des Oberpräsidiums Veranlassung genommen worden, eine Unter- s u ch u n g einzuleiten. Die Schriftleitung des genannten Blattes und die Leitung der Sozialdemokratischen Partei Ostpreußen werden aufgefordert, das in dieser Hinsicht vorhandene Material dem Ober- Präsidium zur Verfügung zu stellen, um auf Grund desselben die Untersuchung mit aller Unparteilichkeit unter Wahrung der be- rechtigten Interessen der gesamten Bevölkerung Ostpreußens führen zu können.
Zeitgemäße Nichtererziehmtg'. Zu dieser Notiz in der Sonntagabendausgabe des„Vorwärts", in der wir die bevorstehenden Kurse für Angehörige des Kammer- gerichts kritisch besprochen hatten, senden uns der Kammergerichts- Präsident v. S t a f f und der Generaloberstaatsanwalt beim Kammer- gericht Berlin eine längere Erwiderung, in der sie sich gegen unsere Behauptung, die Kurse würden durchweg von typischen Vertretern der reaktionären Statsaussasjung abgehalten, zu verteidigen suchen. Die beiden Verfasser weisen darauf hin, daß auch Genosse August Müller in dem bevorstehenden Zyklus einen Vortrag über„So- zialisierung und gemeinwirtschaftliche Unternehmungsformen" halten werde, und daß schon früher Genosse Legten über die Gewerk- schaftsbewcgung gesprochen habe; auch Wissel habe zugesagt, über Planwirtschaft zu sprechen, sei jedoch hieran durch seine Ent- sendung zur Arbeiterschutzkonferenz in Washington verhindert worden. In dkesem Zursammenhange wird Herr Richard C a l w e r nicht ganz zutrefsend als„sozialistischer Schriftsteller" bezeichnet. . Die Verteidigung, die die Herren Einsender hier vorbringen, ist nicht zutrefsend, und was an ihrer Einsendung zutreffend ist, ist keine Verteidigung. Es war von uns niemals bestritten worden. daß sich möglicherweise auch ein Sozialdemokrat in jenen er- tauchten Kreis dcutschmonarchistischer Staatsgegner oerirren würde, und die Tatsache, daß die kürzlich hier aufgeführten Herren, an deren Verfassungsfeindlichkeit kein Zweifel bestehen kann, im kommenden Winter vor Richtern sprechen werden, wird in der Erwiderung nicht einmal zu bestreiten oersucht. Ueber die Zusammen- setzung der Kurse braucht man sich nicht einmal zu wundern, ist doch Herrn v. Stoffs Königstreue ein nur zu bekanntes, wenn auch trübes Kapitel in der Geschichte der Träger preußisch-republi- konischer Justiz.
Schulleiter unö Reichsverfasiung. Aus der preußischen Landtagsfraktion wird dem „Soz. Pari. Dienst" geschrieben: An die Teilnehmer der Fortbil- dungsschule der Schutzpolizei in Hannover ist von einem Lehrer die von der Zentralstelle für Hcimatdienst herausgegeben« Reichs- Verfassung mit dem Vorwort des Reichsministers a. D. Dr. Hugo P r e u ß verteilt worden. Daraufhin hat der Schulleiter dem Lehrer eröffnet, daß er durch diese Verteilung der Reichsverfassung die Beamten parteipolitisch beeinflußt habe; auch das Kommando der Schutzpolizei habe diese DertOlung verurteilt. Nach Ansicht des Schulleiters hätte, der Lehrer das Vorwort vor der Verteilung herausreißen müssen. Die Landtagsfraklion hat auf Grund dieser Borgänge eine kleine Anstage eingebracht, in welcher das Staatsministerium gefragt wird, ob es die Auffassung des Schulleiters der Fortbildungsschule und des Kommandos der Schutzpolizei billige und ob es in der Er- Ziehung der Beamten zur Achtung der V e r f a s s u n g und zu zuver- lässigen Stützen der Republik eine parteipolitische Be- einflussung sehe. Man wird aus die Antwort des Herrn Dominicus gespannt sein dürfen._ Zelknngsverbot. Die christlich-soziale Zeitung„Das Reue Volk" wurde von der Kreisregierung in Untcrftanken auf acht Tage ver- boten, weil sie die Minister Oswald und Dr. Matt in einer den inneren Frieden des Staates gefährdenden Weise verächtlich gemacht habe.
Heinrich Mann meinte, der Sozialismus müsse zum Be- wußtsein seiner Größe kommen: um Höheres al» Gut und Güter ginge es. Wo werden, fragte er, Klassen bleiben, wenn kein Bürger mehr Edelmann, der Arbeiter Bürger sein wird? Er pries Iaures, dem das Mcnschtum heiliger gewesen sei al, die Fragen der Wirt- schaft. Und er nannte es den Sinn unserer Niederlage, den Ge- danken der Staatenrepublit zu fördern. So gesehen seien wir mäch- tiger, reicher als die vom Siege kurzsichtig Gewordenen. li»o. Zusammenbruch des vildungswesens in Sowjetrußland. Der Bolkstommissar für Bildungswejen, Lunatscharski , erklärt in einem Artikel der Moskauer „Iswcstija". der Verfall de» russischen Bildungswesens sei soweit fortgeschritten, daß bereits von einer Ka» tastrophe gesprochen werden müsse. Die dem Bildungswescn zugeführten Mittel reichten nicht entfernt aus, um auch nur die drin- gendsten Bedürfnisse zu befriedigen. Nicht einmal das kümmerliche Gehalt des Lehrerpersonals könne ausgezahlt werden, und der Staat schulde den Lehrern bereits viele Milliarden. Auch die geplante Er- höhung des dem Volkskommissariat für Bildungswesen zukommen- den Anteils an den Notenemissionen bis auf 3 Prozent werde die nötigen Mittel nicht ausbringen. Da indessen die Unentgeltllchkeit des Schulbesuchs um jeden Preis aufrecht erhalten bleiben muß, soll eine besondere Schulabgabt der Bevölkerung aus- erlegt werden. Inzwischen ist jedoch laut anderen amtlichen Mitteilungen so- wohl in der Provinz als in Moskau mit der eigenmächtigen Wie- dereinführung des Schulgeldes begonnen worden. Vor kurzem hatte der Leiter des Fachbildungswesens in Sowjetrußland, der bekannte Kommunist Preobrajchenlki, bereits in der Moskauer „Prawda" ausgeführt, daß eine Reihe von Univerfitöten und Fach- Hochschulen, die in den letzten Iahren eröffnet wurden, wegen Man- gels an Mitteln und Lehrkräften geschlossen werden Nulssen. Fünf II n i v e r s l t ä t e n in der Provinz sind bereits g e s ch l os j e» worden.
In der VolkSbtibne, Theater am Blilowdlatz, Ist.KSnig Lear- mit Friedrich Kaytzler in der Titelrolle in Vorbereitung. Regie: Jürgen Fehling . Arbeiter- Riinltanöltellung, PeterSvurger Straße ZV: Donnerstag aderd Tl, Uhr Vortrag von Mar Weber über r o l e- :ariat und B a u l u n tt". Joimahend abend T1/, Uhr Vortrag von Otto Nagel mit cmlchües�iidcr gührun g durch die»euc SlnSstellung. Sonntag voriniiiag U Uhr und abends 7'/, Uhr: Besondere Füh- rungen. Konzerte. Hugo Reichenberger , der erste Kapetimeisier der Wiener SiaatSoper, gibt am Donnerstag, den 1Z., In der V h i I b a r- m o n i e tetn eritet diesjähriges tt o n z e r t mit dem PyIIharmonilchen Orchester.— Sonnlag, den 16., vormittags U'/, Uhr findet im Opernhnuse ein Konzert der StaatSover unter Ehrenmitwirkung Franz von Beczeys fKccthovcn. Brehms, Paaanini) ilntt. Vorverkouf ad Sonntag, den 9., an der Kafie des Opernhauses, hei Wertheim , dem In« oaiidendanl und bei Bote u. Bock. Ueber da»»eelenleb«« der Naturvölker veranstaltet Dr.«. Eich- berg am Sonnabend, den ld.. 71/, Uhr. t« der Humboldt-Hochichule. Äeorgenstr. 80/31,«inen Vortrag. Karten zu 3, L und 1 M. vorher oder in Buchhandlungen und Theaterkassen von Tietz und KaushauS des Wefteo».