/ Anschluß, der es zu neuem Leben erwecken kann, den poli- tischen Anschluß, der die Möglichkeit einer Wiederkehr der Habsburger für immer zunichte macht. Wenn die großmächtige Entente die Durchführung'der einen Bestimmung des Fne- dens auf restlose Uebergabe des Burgenlandes nicht zu er- zwingen vermag, wenn aus dem Gebäude dieses Friedens auch nur ein Stein herausbricht, muß zuletzt das ganze Ge- bäude zusammenbrechen. Dann erst kann der deutsche Volks- stamm in Oesterreich aus seinen Nöten befreit werden Panik in Vien . Wien . 12. Ottober.(EE.) Die Banken und Bankier» hatten gestern einen wilden Ansturm des Publikum« zu bestehen, das durch Gerüchte über eine bevorstehende Sperre der Konten und Depots so- wie über die Absicht einer Z.vangsanleihe sehr beunruhigt war und die Herausgabe der eingelegten Gelder und Effekten verlangte. Erst als in den Nachmittagsstunden die Regierung offiziell verlautbarte, daß sie weder die Konten sperren noch die Noten abstempeln wolle oder ahnliche Zwangsmaßnahmen beabsichtigte, trat einigermaßen Beruhigung ein. Finanzminister Dr. Gürtler legte dem Finanzaus- schuft die erste» Maßnahmen seines Finanzprogromms vor. Es soll die Vorausbezahlung der direkten Steuern unter Zugrundelegung der letzten Ausschreibung nebst einem 1lX> prozmtigen Zuschlage ver- fügt werden und eine wesentliche Erhöhung der Verzugszinsen und Exekutionsgebühren für säumige Zahler. Gleichzeitig seht die Re- gierung die Verhandlungen mit den Banken wegen Abschlusses eines SSÜ-Millionen-Mark-Kredites zum Ankauf fremder Zahlungsmittel fort. Ferner sollen die Banken eine Art Garantie für eine innere Anleihe übernehmen, die jedoch keinen Zwangscharakter tragen soll und aus deren Ertrag man die Mittel erhofft, um die Notenpress« bis Januar nächsten Jahres stillegen zu können. Die Regierung glaubt auch, die Verhandlungen über einen Auslandskrcdit zn einem gedeihlichen Abschluß führen zu können. Nachbar Ungarn . Venedig , 12. Oktober. (EE.) Die Burgenlandtonferenz hat de- gönnen. Deutschösterreich ist durch Bundeskanzler Schober vertreten. Men, lt. Oktober.(MTB.) Amtlich wird bekanntgegeben: Gestern nachmittag wurden auf österreichischem Gebiet bei Unterrohr zwei patrouillierende Gendarmen von einer ungarischen Bande überfallen und über die Grenze geschleppt. Belgrad . 12. Oktober. (EE.) Die südslavische Regierung hat den Großmächten eine Note überreicht über die ungarischen Greueltaten in den evakuierten Gebieten in Baranya . Auch der englische Gesandte in Budapest hat im gleichen Sinne inter» veniert und für die ungarische Regierung belastendes Material vor- gelegt. Wie aus Paris gemeldet wird, hat der Oberste Rat eine Subkommission gebildet, die aus je einem diplomatischen und einem militärischen Vertreter Englands, Frankreichs , Italiens besteht und nach Baranya reisen wird, um die Beschuldigung der südflavischen Regierung zu prüfen. Dieselbe Kommission wird eine Untersuchung im Burgenlande vornehmen. Wien , 12. Oklober.(DA.) Die wiener Funkenstatioa fing einen Funkspruch der ungarischen Regierung an die Pariser Agentur „Est Europe- aus. in dem sie erklärt, daß die uugarische Regierung die Banden in Westungarn nicht entwaffnen werde, da die Arbeilerräte in Deutschösterreich mit der Bewaffnung der Arbeiter» schoft begonnen hätten. Demgegenüber erklärt die vundezregierung offiziell, daß die Nachricht von einer Bewassnüng der Arbeiterschaft in DeutschSsterreich absolut falsch fei. ver Funkspruch der ungarischen Regierang beweise, daß Ungar» wohl!n der Lage sei. die Banden zn entwaffnen, daß e» das ab« nicht wolle.
Scheidemann zur Ermordung Erzb«gtts. Im Verlag sür Sozialwissenschaft ist soeben die Rede, die Scheidemann am 30. September im Reichstag hielt, als Broschüre erschienen. Sie kostet 1,20 M. In der Scheidcmannschen Red? ist da« zusammen- gefaßt, was über die Schuldigen und die Mitschuldigen an der Er- mordung Erzbergers zu sagen ist. Ei« bietet reiche» Material, das für die Agitation außerordentlich wertvoll ist. Im Kampfe gegen rechts wird das wirkungsvoll zusammengestellte Beweismaterial noch für lange Zeit unentbehrlich bleiben.__
Mütter. Von Alexander Seidel. Bogelschießen: Ringelspiele rauschen gebläht in Plüsch und Glas- g. hängen, Drehorgeln dudeln, Schüsse knallen, Gläser kloppern. „Dos Gäwäärrr— übrl— Prääsentirrt das Gäwäärrr!— Gäwäärrr— ab!" Die Kommandos schneiden durch alles Lärmen. Ein schrilles, durch und durch gehendes Kreischen folgt, dazwischen wüstes Schimpfen und das Klatschen hastender Schläge. Ich sehe: eine Aeffin, in Miniaturuniform, mit Helm, Säbel, Gewehr: einen widerlichen Kerl, glühend vor Wut, der sinnlos mit einer Kette auf das Tier einschlägt. Abseits auf einer Kiste liegt schlaff der Kadaver eines toten Affentindes. Das Volt stiert: in vielen Augen brennt Mitleid, in«inigen glimmt sadistische Wollust. Ich erfahre: Das Junge war krank, scheinbar rettungslos. Die Alte gab es nicht aus den Armen und sträubte sich, die Kommandos auszuführen. Der Dompteur entriß ihr das ohnehin schon auf- gegebene Junge und schlug es tot. Die Stimme der Aeffin erstickt fast vor Schmerz. Das Tier rast auf und ab, es zerrt und würgt an der Kette, es springt mit schnap- penden Kiefern gegen den Mann, es krallt mit irren Gesten in die Luft. Bei all dem saugen sich die Augen des Tieres an dem kleinen Leichnam fest. Ich habe nie den Ausdruck so tiefen Wehes und Leides in einen: Auge gesehen, wie in denen der Affenmutter. Ich babe nie solch brennenden, glitzernden Haß gesehen(und ich sah die Wicke von Französinnen, die man zwang, in den Kasinos deutscher Fliegerosf'.ziere zu bedienen), wie in den Blicken dieses Tieres, wenn es seinen Peiniger ansah. Das tote Afsenkind wird beiseite geschafft. Die Mutter ist be- täubt von Schlägen. Der Mann gibt es auf, sie zur Ausführung der Kommandos zu zwingen: es ist vergeblich. Ich gehe. Für mich ist das Fest vorbei. Mich verfolgt der Ge- danke an die Aeffin, der ein Stärkerer ihr Kind raubte, die sich lieber selbst totschlagen ließe, che sie dem Mörder ihres Kindes gehorchte. Ouälender Vergleich, der sich mir auszwingt: Ward nicht der deutschen Mutter ihr Kind aus den Armen gerissen von einer Macht, die finster über ihr stand, ward nicht ihr Kind erschlagen und sie ge- zwungen, machtlos dabeizustehen? Auch sie war gezwungen, auch in ihren Augen loderte fjnß. Aber ihre Ketten sind gesprengt, sie ist frei von den Räubern ihrer Söhne. Und doch, salutieren da nicht Mütter weiter? Be- finden sich da nicht Mütter von Gefallenen unter den Hochrufern, wenn der General erscheint, freiwillig, ohnc Zwang? Kein Haß in ihre» Lugen?
der»Vetter ües Ministers". In dem Kölner Tuchschieberprozeß hat di« bürgerlich- Presse mit beabsichtigter Ausfälligkeit den Angeklagten Henseler als Vetter des Ministers Severing bezeichnet, wodurch wohl die Meinung hervorgerufen werden sollte, daß die verwandt- schaftlichcn Beziehungen Henselers zu dem damaligen Innenminister dem Treiben Henselers förderlich gewesen seien. Wie wir hierzu von bestunterrichteter Seil« erfahren/ besteht eine eigentliche Berwandtschast zwischen dem Genossen Severing und dem Angeklagten Honseler überhaupt nicht. Genosse Severing entstammt einer zweiten Ehe seines Baters, während Henseler«in Reff« der Frau e r st e r Ehe ist. Eine engere Bekannt- schast zwischen beiden hat auf Grund dieser weitläufigen Beziehungen auch nicht bestanden, Genosse Severing hat den 5?enseler nur ein paarmal flüchtig gesehen.
Ein Kampf«m die Schule ist die Stadiverordnelenwahl am 1ö. Ottober. Die bürgerlichea Parteien wollen die Sinder de» Volke» in der Schote genau wie früher in Hoheuzollern- Verehrung und Kirchendemut erziehe«. Wissen ist Macht! Arbeiterwissen istden kapitalisfischen Parteien da- her gefährlich. Schützt die Zukunft Eurer Sinder ÜSP" Wählt SPD. !-»
Don den Tuchgeschäften Henselers erfuhr Genosse Severing erst Mitte April 1920, als ihn Henseler in seiner Dienstwohnung auf- suchte und um die Erlaubnis bat, feine Geschäfte mit der Be- schaftungsstell« der Sicherh«it»potiz«i fortsetzen zu dürfen. Erst hier- durch wurde Genosse Severing auf diese Geschäfte aufmerksam. Als H. einfließen ließ, daß er in kurzer Zeit eine Million Mark an diesen Geschäften verdient habe, gab Genosse Severing darüber seiner lebhaften Verwunderung Ausdruck und hielt mit seiner Absicht nicht zurück, den Dingen auf den Grund zu gehen und eine Aenderung eintreten zu lassen. Hierüber war H. sehr bestürzt und bat Severing, ihn im Falle seines Ausscheidens aus dem Geschäfte in irgendeiner Stellung zu verwenden, was Ge- nosse Severing glatt ablehnte. H. verfvchte dann in der Folge noch mehrfach, Verbindung mit Genossen Severing zu erreichen, alle diese Versuche wurden abgewiesen. Was das Tuchgeschäft selber anbetrifft, so sind die ersten Der- Handlungen über den Abschluß dies« Geschäft» Anfang Mörz 19 20 gepflogen worden. Genosse Severing hat am 29. März 1920 feine Bestallung al» Staatsminister erhalten, fein Amt aber erst am 11. April angetreten, da er von der Regierung ersucht worden war, sein« Mission im Ruhrgebiet zur Beseitigung der Unruhen zu beenden. Di« Mitteilungen Henselers haben ihm sofort Veranlassung gegeben, den Deschaffungsftellen neue Bors chriften zu erteilen, die darauf hinzielten, daß künftig nicht einzeln« Geschäftemacher der- artige Riesengewhme erzielen könnten. Außerdem sind die Beamten, die bei Abschluß der Lies«- rungsoerträge zum mindesten nicht mit der Sorgfalt«ine» ordent- lichen Kaufmann» verfuhren, vom Genossen Severing aus ihrem Amt entfernt worden. Zu diesen gehörte auch der Geheimrat v. Priesdorss. Em eben fall» an der Sache be- teiligter Major B r u e r ist aus der Beschaffungsabteilung freiwillig ausgeschieden und dadurch seiner Kündigung zuvorgekommen. Gegenüber den versteckten Verdächtigungen der bürgerlichen Presse hielten wir diese Feststellung sür geboten. Im übrigen wird in dem Prozeß Genosse Severing Gelegenheit gegeben fem, diese Totsachen durch Eid zu erhärten.
Wie fürchterlich der Gedanke, daß eine Jahr- hunderte währende Verbildung und eine Er- ziehung, welch« die heiligsten, ursprünglichsten Gefühle e in em' G ätz e n bild unterordnet, Mütter hervorgebracht hat, die sich von einer Aeffin be- schämen lassen! VIrchow und haeckel. Zum bevorstehenden 100. Geburtstag Rudolf Virchows fei an die Tatsache erinnert, daß H a e ck e l im letzten Jahre seiner Würzburger Studentenzeit A s st st e n t de» großen Pathologen war. Kaum ein größerer Gegensatz läßt sich denken al» der überschwengliche und begeisterungsfähige junge Haeckel und sein ernster, scharsdenkender Lehrer. Davon schreibt Haeckel damals feinen Eltern in jenen schönen Briefen, die unter dem Titel„Entwicklungsgeschichte einer Jugend" jetzt bei K. F. Köhler in Leipzig erschienen sind:„Das Kitzlichste und Schwierigste meiner jetzigen Stellung ist aber nun das Verhält- nis zu meinem Chef, von dem ich Euch jedoch erst später, wenn ich selbst erst mehr hineingekommen bin, werde erzählen können. Vir- chow ist bis jetzt im ganzen sehr nett und freundlich zu mir gewesen. Doch ist er viel zu verschlossen und vorsichtig, als daß ich daraus schließen könnte, daß er mit mir zuftieden wäre. Anfangs war dies offenbar nicht der Fall. Mein ganzes Wesen, meine ganze Art, die Dinge zu behandeln, ist von der seinen zu verschieden, als daß er sie billigen könnte. Von der göttlichen Ruhe, Kälte und Konstanz, mit der er, immer sich gleich bleibend, all« Dinge höchst objektiv und klar ausfaßt, ist mir leider von der Natur nicht die Spur ver- liehen, und meine Hast, Hitze und Unruh« ist ihm daher nicht sehr angenehm. Wie oft habe ich in den ersten Tagen, bei Ucbergabe der Sammlungen usw., von meinem Vorgänger Dr. Grohe, der sich vollkommen in Virchow zu finden wußte und auch eine viel ver- wandtere Natur war, die Worte hören müssen:„Nein, das geht hier nicht so, liebe? Haeckel. nur ruhig, kalt, trocken! Wae hilft die Hast und Hitze? Nur recht langsam und kalt, dann geht olles viel besser!"— Freilich fühle ich neben einem solchen Riesengeist erst recht, was für elende Würmer ich und die meisten meiner Kommi- litonen eigentlich find und man möchte da wirklich ganz an einer Leistungsfähigkeit verzweifeln." eafcadio yearns Zvkunftslraum. Der geniale Schilderer äst- licher Kultur und Lebensweisheit Lafcadio Hearn , dessen Werke auch bei uns viel gelesen werden, ist zwar schon lange tot, aber soeben erscheint ein neues Werk von ihm, das au» einzelnen Auf- fätzen feines Nachlasses zusammengestellt ist. Ee führt den Titel ..Karma und andere Geschichten und Essays" und behandelt das Verhältnis des Ostens zum Westen. Hearn fordert„eine Vorbindung aller Völker, die Vereinigung westlicher Tatkraft mit der Geduld des fernen Ostens, nördliche Kraft mit südlicher Feinfühlig- teit und die Bildung einer bis jetzt noch unvorstellbaren Gesellschast, die unendlich überlegen sein soll einer jeden, die jetzt besteht oder je bestanden hat." Eine denksche Expedition zur Bekämpfung der Schlaskrankheii. Eine wisjenichoftliche Expedition unter Führung von Pros. Kleine begibt sich biejer Tag« noch Afrika , um dort neu« Mittel gegen Trypa-
Noch immer KahrMethoöen! Blünchen, 12. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Die E a b o- tage der zweifellos auf Ausgleich gerichteten Politik des Grafen Lerchenfcld durch die unverbesserliche bayerische B e- amtenschaft tritt in der Umbiegung der Reichsausnahmeoer- ordnung gegen die republikanische Presse deullich zutage. Erst kürzlich wurde das einzige christliche Blatt Bayerns , welches mi: fester Entschlossenheit sür die Republik und Völkerver- stän'oigung eintritt, das„Neue Volt" in Würzburg wegen Bc- leidigung der Kahr'schen Minister verboten. Weswegen? Das „Neue Volk" hat als unverständlich bezeichnet, daß die Minister Dr. M a ck und Oswald Minister in einem republikanischen Staatswesen sein könnten, da sie doch die republikanisch« Slaatssorm bekämpften. Die Redaktion des beschlagnahmten Blattes wende! sich in einem Zirkular an feine Leser und protestiert mit aller Eni schiedenheit dagegen, daß«in Blatt, das lediglich die repu- blikanische Verfassung verteidigt, von bayerischen Beamten verboten wird. Nun wurde auch die„Münchener Morgenpost", das Organ der USP., das durch die lange Schweigezeit, die ihm Poehner auferleglc. bewußt an den Rand des wirts chasilichen Rums getrieben worden ist, neuerdings auf 14 Tage verboten. Der Anlaß des Verbotes ist ein Artikel.Die Verschwörung gegen die Republik ". In der Be- gründung wird unter Anführung bestimmter Stellen gesagt:.Diese Sätze gehen weit über das übliche Maß der Kritik hinaus und sind geeignet, die deutsche Strafrechtspflege und den deutschen Richtcr- stand in einer den inneren Frieden des Staates gefährdenden Weis« verächtlich zu machen." Der von der Polizeibehörde herausgegriffene Artikel enthält nichts als die Wiedergabe und Besprechung der Enthüllungen der„Münchener P oft" über das Münchener reaktionär« Ver- schwörerneft, er forderte und begründet« ein Spezialgesetz zur richter- lichen Verfolgung der bayerischen Hochverräter. Diel- leicht hat die Münchener Polizei mehr Anstoß an den Mitteilungen über die Niederschönenfelder Zustände kr derseib'- Rummer genommen, wie in dem Artikel, welcher der äußer'.' Anlaß zu dem Verbot des Blattes geworden ist. Zeitungsverbot. würzburg, 12. Oktober. („Franks. Ztg.") Das christlichsoziol« „Neue Volk" wurde von der Kreisregierung von Unterfronkcn wegen eines Artikels„Neuer Kurs in Bayern " auf acht Tags verboten.
Wirkung üe? Sonöerprüfung öer Sekrete�? Die im Reichstag und in Beamtenkreisen viel bekämpf:? Sonderprüfung der Sekretäre, die für Aufstieg dieser Beam:?n noch Besoldungsgruppe VII verlangt wird, erzeugt bedauerliche Wirkungen. Im„Postfachblatt", dem Organ der Gewerkschaft Deutscher Pr stund Telegraphenbeamten finden wir folgenden Nachruf: „Am 1. September 1921, während er sich der aufge- zwungenen Sonderprüfung unterzog, verschied infolge eines Herzschlages unser lieber unvergeßlicher Kollege, der Herr Postsekretär Mathias Josef Rundholz, im Alter von S9 Jahre n." Wie wir weiter erfahren, soll dies nicht der einzige derartige Fall fein, was bei dem vorgerücktes Wer der Beamten gar nicht Wunder nimmt. Die Einführung der Sonderprüfung wurde von der Deutschen Dolkspartei und den Deutschnationalen im Kabinett Fehrenbach durchgedrückt. Vielleicht sehen aber auch die maßgebenden Regierungsstellen jetzt ein, wohin die unnötige Quälerei älterer Beamter führt und zeigen sich etwa» geneigter, die Frage einer Revision zu unterziehen.
Parteitag der Deutschen Volkspartci. Der am 24. und 25. Oktober in Stuttgart stattfindend« Parteitag soll mit einer Eröffnungs- rede des Vorsitzenden Stresemann beginnen. Zur Reform der Rechtspflege ist Professor Kahl als Redner vorgesehen. Zum Geschäftsbericht und zur Befchlußfassung über die Aenderung der Satzungen der Partei spricht Rechtsanwatt K e m p k e s. Außer- dem will man noch über Wirtschaft, Reichsfincmzen und Kultur- Probleme berichten.
nosomenkrankheiten bei Mensch und Tier zu erproben. Prof. Kleine hat Robert Koch als Assistent bei feinen Expeditionen zum Studium des Küstenfiebers und der Schlafkrankheit begleitet und war seitdem Leiter der Schlastrankheitsbekämpsung in Deutsch -Ostafrita bis zum Kriege. Ihm gelang es zum erstenmal, die Schlafkrankheit expmi- montell durch den natürlichen Zwischenwirt, die Glofstna, auf Assen zu über trogen und die Entwicklung des Erregers in der Fliege klarzulegen. An der neuen Expedition, die von der deutschen Industrie aus gerüstet wird, nimmt auch Medizinolrat Fischer teil, der seit 1907 Mitglied der Schlafkranklzeitsbekämpfuna in Deutfch-Ostafrita war. Das nächst« Ziel der Reise Ist R o r d- R h o d« s i a. Durch das Eni- gegenkommen der britischen Regieruna wird den deutschen Gelehrten das Arbeiten in den englischen Kolonien ermöglicht. Blutrache in Neapel . Die neapolitanische Polizei hat sich vcr- anlaßt gesehen, sämtliche Mitglieder zweier Familien, im ganzen 40 Personen, in Haft zu nehmen. E» schien dies der einzige Weg, um einem blutigen Familienstreit ein Ziel zu setzen, der seit sechs Jahren tobte und bereits eine Reihe von Opfern gefordert hatte. Im Jahre ISIS hatte nämlich ein Angehöriger der Familie de Lucia ein Mitglied des Hauses Florillo geohrfeigt, und die Familie Florillo glaubte, diese Schmach nicht anders als mit Blut sühnen zu rönnen. Seitdem gingen die de Lucios und Florillos, wo einer des anderen ansichtig wurde, mit Schuß- und Stichwaffen aufeinander los. Von den beiden Familien hat man allein einen kleinen Knaben und ein kleines Mädchen in Freiheit gelassen, und die romantisch veranlagte neapolitanische Polizei gibt dabei diskret der Hoffnung Ausdruck, daß sich vielleicht einmal zwischen den beiden Kindern zarte Beziehungen anknüpfen könnten, die dem Familienzwist ein Ende zu setzen ver- möchten. An das tragische Vorbild des berühmtesten italienischen Liebespaares ans feindlichen Häusern hat die Behörde dabei, wie es scheint, nicht gedacht. Sherlock Holmes als Kassiber. Be! einem Bankett, das kürzlich in London stattgefunden hat und an dem Conan Doyle , der geistige Vater des Sherlock Holmes , teilnahm, kam auch zur Sprache, wie Conan Doyle während des Krieges feine Bücher dazu benutzte, um feinen als Kriegsgefangene in Magdeburg internierten Be- kannten Nachrichten zu übermitteln. Er begann damit, einem Offizier einen Band zu schicken, bei dem er im Anfang des dritten Kapitels mit der Spitze einer Nadel die Worte unt erstrichen hatte, die eine interessante Neuigkett ergaben. Den Band begleitete ein Schreiben, in dem es hieß:„Wenn Sie das Buch gelesen haben, können Sie es der Lagerbibliothek überweisen. Die Lektüre ist zwar nicht eben kurzweilig, ober vielleicht werden Sie doch finden, daß das dritte Kapitel interessante Einzelheiten enthält." Der Offizier, an den Buch und Schreiben gerichtet waren, verstand zunächst nicht, was der Schriftsteller damit sagen wollte. Aber einer seiner Kameraden und Leidensgenossen, ein.Hauptmann Keppel, kam dahinter. So war den britischen Offizieren in Magdeburg Gelegen- heit gegeben, sich über allerlei Neuigkeiten aus der Heimat und die Kriegsereignisse auf dem Laufenden zu erhalten. Man dankte Conan Doyle für die interessante Sendung und fügte die Bitte hinzu, bald einen weiteren Band zu schicken.