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Die Genfer   GntsthelSung. r Gens, tZ. Oktober.<WIV.) Da« Gutachten de» Völkerbund.  tatet übet die oberschlesische Frage ist nunmehr fertiggestellt und wird noch heute abend an den Obersten Rat abgehen. Die privaten Meldungen über die Grenzlinie in Oberschlesien   sind bisher vom Völterbundsetretariat dementiert worden.(Es bestätigt sich vielmehr dah die gestern übermittelten Angaben de» wolfs- bureau»(die wir an der Spitze des gestrigen Morgenblattes wieder­gaben. Anm. d. Red.) im allgemeinen zutressen. Der Rat schließt heute seine Genfer   Tagung ab. nachdem er heute vormittag noch eine lange Vollsitzung abgehalten hat. Heute nachmittag sollen noch einige Besprechungen stattfinden und im Laufe de» Abends werden die meisten Ratsmitglieder bereit» Genf   verlassen, fall» nicht noch unvochergesehene Verzögerungen eintreten, wa» nicht wahrscheinlich ist. von einer öffentlichen Sitzung, die in Kreisen des Setrelanats gewünscht wurde, will man absehen, dagegen wird das Informationsbureau des Völkerbünde», um die öffentliche Meinung zu beruhigen, heute abend eine längere Mitteilung über den verlaus der Tagung ausgeben, die jedoch keinerlei Angaben über die Lösung selbst enthält. Der Oberste Rat bzw. die votschosterkonfereuz sollen mor­gen zur Prüfung des Gutachtens de» völterbundrat» in pari» zusammentreten.(Es sollen gleichzeitig die notwendigen Polizei- maßnahmen in Oberschlesien   getroffen werden. Venn alle diese Vorbereitungen beendet sind, wir das Gutachten des Völkerbundrat» als veschluh des Obersten Rates veröffentlicht wer­den. Man rechnet damit, daß diese Veröffentlichung am Sonn- abend oder am Sonntag gleichzeitig in den Entente- Hauptstädten und in Gens erfolgt. Die angebliche Grenzlinie. Paris  , 12. Oktober.  (WTB.) Der Genfer   Korrespondet des T e m p s" teilt mit: Die Grenzlinie in Oberschlesien  , die der Völker» bundrat vorzuschlagen beabsichtige, schein« jetzt wie folgt zu ver- lausen: 1. Polen   erhält die beiden südlichen Kreise Pleß  (insgesamt) vnd Rybnik  (zum größeren Teil). 2. Das Industriebecken wird »inter   die beiden-Länder geteilt. Deutschland   erhält die west- Kchen Kreis«'des Redens Gleiwitz   und Hindenburg  (Hmdenburg sowie Beuthen  -Stadt). Polen   erhält die Kreise Königshütte  , Beuthen  -Land, Kattowitz  -Stadt und Kattowitz  -Land. Z. Die beiden nn Osten von Oberschlesien   gelegenen Kreis« Tarnowitz und L u b l i n i tz werden in ihrem östlichen Teile Polen  , in ihrem west- lichen Teil« Deutschland   zugesprochen. 4. Deutschland   behält die ianderen oberschlestschen Kreise im Norden, Westen und im Zentrum, also Rosenberg, Kreuzburg  , Oppeln�  , Groß-Sttehlitz, Tost Cosel, Ober-Glogau  , L«obschütz und Ratibor  . i Was das für Oberschlesien vom Völkerbundrat in Aussicht ge- nommene wirtschaftliche Regime betrifft, glaubt der Genfer   Korrespondent desTemps" zu wiffen, daß die Frage große Schwierigkeiten bereite, die in den letzten Tagen den Nölkerbundrat stark beschäftigt hätten. Man dürfe soviel sagen, daß eine Kam- misston die Ausgabe haben würde, den Verkehr, die Wasseroersor- igung und die anderen ähnlichen Fragen wirtschaftlicher und tech- nischer Art zu regeln. Die Kommission, die wahrscheinlich nur drei Personen umfassen werde, würde ihre Tätigkeit zehnIahelang ausüben. Dieser Zeitraum würde indeffen abgekürzt werden können, wenn beide Parteien einig feien, oder auch verlängert, wenn die Notwendigkeit dazu sich herausstellt. Srförgnisse in Lonüon. } Paris  . 12. Ottober.(WTB.) Der Londoner   Korrespondent des Temps" berichtet seinem Blatte, die Veröffeittlichung des Berichts fccs Völkerbundrats, der die Teilung Oberschlesien  » vorschlagen werde, rufe in London   große Unruhe hervor. Man mefle de« Rückwirkungen, die dies« Entscheidung in Deutschland   hervor- rufen werde und insbesondere einem Sturz de» Kabinetts W i r t h große Bedeutung bei, aber man spreche nicht von der Wir- kung, die in Polen   hervorgerufen wurde.
Aloüernöe Noüerne. Konzertumschau von Kurt Singer  . Wenn die Zeichen nicht ttügen, ist aus vielem modernistischen Söst, der sich absurd gebürdete, schon ein reaktionär abgestandener ein geworden. Der Kampf, immer eine würdige Anregung zum Schaffen, droht matt zu werden; die Werke der Jüngsten fordern kaum mehr zum Protest heraus, weil die Proteste sich schon ihren Worläufern und Ahnen gegenüber ausgetobt haben. So fruchtbar, wie die Epoche des Weimaraners Litot, so entscheidend wie die Wir- kung Straußen» auf Bühnen- und Konzertpodium, so radikal um- wälzend werden weder die französischen   Impressionisten noch die deutschen   Atonalen(Schönberg  , Schreter) sein imd bleiben. Auf den Konzertprogrammen setzt eine leichte Flucht in die Arme der Romanttk ein, modernste Werke oerschwinden plötzlich und machen (auch ein Zeichen der Probennot!) Harmlosigkeiten von vorgestern Platz. Mahler hat ja noch immer sein großes Publikum; Delius, Dukas  , Schönberg, Bartok   finden nur Liebhaber. Aber nach Ab- iklingen der.Sensation bleibt oft genug das Gefühl: mit den Füh- »ern ist diese Kunst erschöpft. Ein schicksalsloser, einsamer Separatis- inu» in der Musik. Es ist etwas morsch, es modert schon. Bei Schubert ist die Erquickung. Ihm und seinem berühm- itesten Heros, Schumann, widmen zwei Meistersinger in der Bolks- dühne andächtige Morgenstunde(Albert Fischer, Lula Myß- G m e i n e r). Bon seiner Musik ganz erfüllt zu sein welch höchstes Glück, welch allergrößte Kunst! Thea C o s a ck hat weder technisch noch im Empfinden Reife, oder sie gibt ihr Bestes, verwirrt und gehemmt von einer Konseroalorlftin am Klavier, nicht her. Unerträglich die Monotonie solchenMusmsohns", die mangelnde Kraft im Ganymed; erst in Liedern von El außen meldet sich lHingabe, Erlebniswille und Schöngesang. Aber da verpufft alles vn der epigonenhaften Redseligkeit dieserSchilflieder" von Ur- großvaters Gnaden. Brodersen wird in einigen Tagen Schu- bert singen: diesmal hielt er's allein mit Strauß, dessen soziales Steinklopfer-Meisterlied ein Kabinettstück von charakteristischem Ausdruck und lebensvoller Gestallung wurde. Dieses Hämmern und Wühlen, das Grübeln über die anderen, fast ersterbend in Silben, und die Mechanik der Arbeit wie des Sterbens Strauß hat das vorbildlich.geschaffen und Brodersen ist sein Prophet. In unbekann- teren Liedern siegten die schönen Kopstön« Brodersen» und die Ele- ganz seiner Begleiterin. Einen idealeren Begleiter zu den heiteren Liedern der Iosma S e l i m als den Dr. Ralph Benatzky   wird man kaum finden; ist er doch gleichzellig Dichter, Komponist, Gatte, und hat zudem das einzig schöne, wienerisch begnadete Grinzing- Lied geschaffen. Frau Selim gewinnt mit der apart-schelmischen und offenherzigen Pointierung ihrer Chansons schnell die Hörer; und das will etwas heißen, da die Stimm« nicht sehr durchgebildet ist. In romantischen Bahnen hielten sich auch neue Werke lebender Tonsetzer, die Julius D a h l k e und Walter Schulz   vorführten. Die Cellosonate von Fritz Arendt   ist so frei von einprägsamer Melodik und plastischer Themenbildung, daß der Cellist Schulz kaum mehr als anständiges Spiel zeigen konnte; ganz wäsierig ist das lange Adagio, frischer und beredter die schnellen Sätze. In einer Konzertsulte von Max C h o p gefielen die kokett-spielerische Gavotte mit den f-in dnrchkftngenden Mittekstimme«, sowie da« hurtig dahin»
(Dbersthlesiens Teilung. Oberschlesiens   Industtie wuchs und gedieh im Gegensatz zu der dicht angrenzenden, über noch größere Kohlenschätze verfügenden polnischen Industtie im Anschluß an die deutsche   Wirtschaft zu einem bis auf geringe Randgebiete einheitlichen Wirtschafts- körper. Kaum mehr als ein halbes Jahrhundert technischer und ökonomischer Entwicklung gab ihm die mächtige Stellung als Kohlenlieferant, als Eisen- und Zinkproduzent, die es heute einnimmt. Es ist klar, daß diese ökonomische Bedingtheit den erschlossenen Teil des Industriegebiets und weite Gebiete der eben erst aufgebrochenen Kohlenlager im Kreise Rybnik   zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenschweißte. Diese Einheit wird jetzt in zwei Staatsgebiete getrennt, um nach der staa�rechtlichen Operation einer wirtschaftsrechtlichen Naht unterzogen zu werden. Die Trennung in zwei Staatsgebiete teilt auch die Industrie von vornherein in zwei Teile, den westlichen, die Kreise Gleiwitz  , Hindenburg und einen Teil von Beuthen   umfassend, mit nahezu erschöpfter Kohlenbasis, zum Aussterben bestimmt, wenn imperialistische Bestrebungen den Grenzstrich zu einem unüberwind- lichen Wirtschaftshindernis machen. Er bleibt deutsch  . Und den östlichen, umfassend die kerndeutschen Jndustriestätten Kattowitz  , Laurahütte, Myslowitz  , Königshütte  . Sie werden dem p o l n i- schen Staatsverband eingegliedert, bleiben in ihren Grund« Pfeilern unerschüttert und werden, wenn Kapital und Arbeit ihnen gleichermaßen weiter treu bleibt, zum Ausgangspunkt der In- dustrialisisrung des gesamten Südwestpolens. Dieses Gebiet hat innere Lebenskraft, hat Rohstoffquellen, bedarf aber zur gänzlichen Erschließung nicht nur des Absatzes in Deutschland  , sondern auch der westlich gerichteten Verkehrswege. In dem Polen   zugedachten Gebiet liegen auch die oberschlesischen Blei- und Zinkerzlager de» Kreises Beuthen. Nicht ganz eindeutig fest steht bisher die Zuteilung wichtiger Industrieanlagen, wie der Bismarckhütte und des Stickstoffwerks Chorzow, eines Meisterwerks neuzeitlicher Tech- nik. Vermutlich dürften auch sie am kommenden Sonntag auf pol- nischem Boden zu suchen sein. Polnisch wird ein Teil des Quell- gebiet», das für die fernere Belieferung des oberschlesischen Indu- sttiegebiets mit Wasser in Frage kommt und das im Ostteile des Kreises Tarnowitz   liegt. So sieht die staatsrechtliche Prozedur aus. Ist sie überhaupt möglich? Der Völkerbund   glaubt selbst nicht daran. Daher soll eine Art wirtschaftliche Naht die operierten Hälften wieder zusammenhalten und das Verbluten des Patienten verhindern. Eine Art autonome Wirtschaftsprovinz mit einerneu- ttalen" Oberhoheit ist dazu berufen. Ihre Befugnisse sind noch nicht bekannt. Sie soll das Industtiegebiet al» Ganzes umfassen und wohl eine Uebergangsbehörde darstellen, wie sie schon zur Durch- führung der polnischen Kohlenverpflichtungen an Deutschland   not- wendig wäre. So der Teillingsplan in den Konsequenzen, die die bisherigen Mitteilungen des Völkerbundrats zulassen. Der Beschluß ist gefaßt. Der Oberste Rat ist nur dann an ihn gebunden, wenn der Friedens- vertrag damit erfüllt wird. Wir Deutsche dürfen keinen Zweifel darüber lassen, daß er so nicht erfüllt ist. Die wirtschaftlichen Zu- sammenhänge, die starken Mehrheiten der deutschen Arbeiter- bevölkerung sind nicht genügend berücksichtigt worden. Vergewaltigt sind die, die von freier Arbeit leben, zu- gunsten derer, die als Landbewohner auf der breiten Scholle leben und deren Stimmgewicht auf der Karte mtt dem Zentimetermaß sorgfältig nachgemessen wurde. Ein neues unerhörtes Unrecht geschieht. Und es ttifft ein w e h r l o f e» V o l k...
Englanü für flenüerung üer Reparationen! London  , 12. Oktober.  (VTB.) Heute vormittag wurde unter dem Borsitz Lloyd George  » eine Sitzung de» Sabtnelt» abgehalten, in dervorfchläge zurAenderung der Form der deutscheu Reparationszahlungen erörtert wurden. Außerdem kamen Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Hebung de» Handel» sowie die Washingtoner Konferenz zur Sprache.
rasende Altväter- und Neutönerweis apart mischende, pathetisch schließende Finale. Dahlke ging den Schwierigkeiten mit Liebe nach und überwand sie. Schon meldet sich ein ganzer und ganz großer Neutöner, Arnold Schönberg  , mit Orchesterliedern op. 8. Ueberraschung: Das könnte weit vor dem futuristischen Stteichquartett op. 7 geschrieben sein, das ist ein herrlicher Rückschritt auf Wagner zu, wie in allem Besten, was dieser Führer uns bisher zu Herzen gesprochen hat. So würde diesen Petrarca-Sängen die Bekenntnisschwere fehlen, wenn nicht eine so Nuge Frau wie Nora Pisling-Boas ihre Liebe und ihre musikantische Kraft durch die steilen Noten hindurch und über ein lautes Orchester hinweg vibrierend fühlbar machte. Auch derKuckucksruf im Frühling" von dem EnMnder F. Delius ist k e in Futurismus, ist stille, aufmerksame, Uangselig vor Mendels- söhn sich neigende Radierung. Ewald Ernst Gebert dirigierte beide Werke mit Geschick und technisch korrekt. Dah er heute noch mehr kopiert als selbst schafft, sei seiner Jugend, nicht seinem Talent vorgehalten. Er löse sich vom Bann des Gedruckten und von der Imitation gelehrter Vorbilder! Fritz Reiner  , der Dresdener   Ka- pellmeister, verdient den Meistertitel schon mit Recht. Er dirigiert frei aus dem Handgelenk und aus dem Herzen heraus, ohne Parti- tur; er führt, er beschwingt, er steigert und er packt die Hörer. Statt Debussy   bringt er denZauberlebrling" von P. Dukas. Wieder eine Abkehr. Sehr geschickte, witzige, mit Pointen nicht geizende Salonmusik, in den Symbolen der GeisterwAt fast körperhaft hin- gestellt. Eine neue Sinfonie von Jean Manen(Nona Cata- lonia") ist schwach an Themen, blühend an Farben, sehr gekonnt im Satz und in der Instrumentation. Ihrer Länge entspricht bei wei- tem nicht ihr innerer Gehalt. Lalos c>p. 21 hätte unter den Händen des Geigers Manen ein Ereignis werden können. Aber es blieb eine blasse, mit silbrigem Farbenton virtuos hingelegte Fingerübung. Gibt Paganinis   Geige nicht mehr Ton her oder hatte Manen Furcht, ihr wehe zu tun, oder ist er kein Spanier mehr? Sein nächstes Kon- zert soll Antwort geben. F u r t w ä n g l e r, der begehrteste und beweglichste aller Diri- genten, ein Phänomen an schneller Einfiihlung, brillanter Technik, klarer Dispositton und ein bißchen jugendlich überfchwänglicher Aus- gelasienheit, geht zunächst noch in großem Bogen um die Jetzt- musik herum. Recht so. Zu einer richttgen neuzeitigen Ur- oder Erstaufführung von Gewicht gehören viele Stunden des Studie- rens. Die hat er nicht, kriegt er nicht. Also zurück zum allmächtigen Beethoven, der nicht mehr geübt zu werden braucht, zu Schumann und Brahms  , die von Nitisch her im Blut der Philharmoniker sitzen. Vielleicht fühlt auch Furtwängler  , der Erzmusikant, noch deutlicher als wir: Die Musik treibt zurück zu den allen Göttern und es be- ginnt das Modern der Modernen!
Woher kommt der heiße Oktober? Derzweite Sommer", der uns in diesem Herbst erfreut, bringt mit einer sonst im Oktober ganz unbekannten Wärme auch ein merkwürdig neues Blühen und Leben in der Natur und erregt im Zusammenhang mit der großen Hitze dieses Sommers überhaupt die Aufmerksamkeit der Wetterkundigen. Manche Meteorologen neigen zu der Annahme, daß es sich hier um «inekosmische" Erscheinung handle, die mit einerZunahme der Sonnenenergie" zusammenhängt. Der englisch  « Naturforscher Oliver
Eine Besprechung im Kellnerstreik. Von der Pressestelle des Polizeipräsidiums wird amtlich mit- geteilt: Die für heute nachmittag anberaumte Sitzung der Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gast wirtsgewerbe fand um S Uhr im Polizeipräsidium unter Leitung des Polizeiprä- fidenten statt. Als Gegenstand der Besprechung bezeichnete der Prä- sident, die Aufgabe der Polizei im gegenwärtigen Streik festzulegen und Ausschreitungen jeder Art zu vermeiden und ein Einschreiten auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken. Im Zu- sammenhang hiermit erklärte er die der Polizei obliegende Pflicht der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicher- heil und mißbilligte jedes Ueberschreiten ihrer Befugnisse durch ein- zelne Organe. Nach eingehender Aussprache ergab sich, daß die Ar- beitgeber verlangen, daß gewalttätige Ueberschreitun- gen des gesetzlichen Kvalitionsrechts unterblieben und daß die Ar- beitnehmer ihrerseits gewillt seien, in diesem Sinne auf ihre Mit- glieder zu wirken. Der Präsident ersuchte hierauf die Parteien, mit ihren Organisationen zu erörtern, ob die Annahme und Durch- führung einer solchen Erklärung geeignet sei, eine Grundlage für ein Eintteten in Einigungsverhandlr-Ngen zu schaffen. Die Vertreter stellten in Aussicht, den Präsidenten beschleunigt über das Ergebnis ihres Vorschlages zu unterrichten.,.
Scharfe Kritik an Stegerwalö. Bei der Beratung des Haushaltes des Staatsministeriums und des Ministerpräsidenten im Hauptausschuß des Landtages nahmen unsere Genossen Veranlassung, die Politik des Kabinetts Sieger- wald scharf unter die Lupe zu nehmen. Genosse S e v e r i n g wies auf die Treibereien in der oberschlesischen Frage hm, die darauf hinausliefen, den Reichskanzler W i r t h zu stürzen. Daß diese Treibereien nicht geeignet seien, Eindruck im Ausland her- vorzurufen oder gar die Entscheidung über Oberschlesien   zu beem- flussen, liege auf der Hand. Seoering fragte mit Recht, was die preußische Regierung getan habe, um einem solchen Druck auf die Reichsregierung entge- genzuwirken. Zur Ernährungsfrage gab Seoering KennMis von Kundgebungen und Deputationen der Bergleute und Verkehrsarbeiter des Westens, welche.- Streik und Selbsthilfe androhen für den Fall, daß nicht in kürzester Zeit Kartoffeln zu er- träglichen Preisen nach dem Westen kommen. Seoering fordert schärfste Maßnahmen gegen wuchernde Landwirte und empfahl rm Notfalle Ausrüstung von Stoßtrupps der Sch u tz p o l i z e>, um die Lieferung von Kartoffeln zu erzwingen. Gegen diesen letzten Gedanken wandten sich sonderbarerweise die Kommunisten und Unabhängigen, weil sie davon eine Erschwerung des guten Der- hältniffes zwischen Stadt und Land befürchteten. Genosse Krüger rechnete in längerer Rede mit der reo?» tionären Politik des Kabinetts Steg erwald ab, wobei er besonders die Tätigkeit des Innenmini st eriums an einer Reihe von Beispielen kritisierte. Der Zentrumsredner Kl oft unterstrich scharf die Ausführungen Seoerings über die Ernährung»- frage. Er machte der Landwirtschaft hefttge Vorwürfe über ihr Wuchergebaren und fürchtet das Schlimmst«, wenn nicht in kürzester Zeit eine starke Preissenkung erfolge. Stegerwald be- schränkte sich auf einige sehr kurze Bemerkungen. Ueber Ober- schlesien könne er nichts Wesentliches sagen, da er zur vertraulichen Be- bandlung der Besprechungen im Reichskabinett verpflichtet se>. Zur Ernährungssrag« erklärte er, er verurteile das Bestreben, landwirtschaftliche Produtte sozusagen nur zum G o l d p r e i s zu verkaufen. Außer ollgemeinen Ermahnungen könne er aber besondere preußische Maßnahmen nicht in Aussicht stellen!
Das Urteil im vrandflifterprozeß. In dem Prozeß vor dem Schwurgericht Frankfurt   a. M. gegen die sechs Angeklagten, die der Brandlegung am Kulissenhaus in der Oper beschuldigt waren, ver- urteilte das Gericht gestern wegen versuchter vorsätzlicher Brand« stiftung drei Angeklagte zu je IV, Jahren Gefängnis, wegen Bei« bilfe einen Angeklagten zu 1 Jahre, zwei weitere zu je 8 Monaten Gefängnis. Ein Angeklagter, der erblindet ist, wurde bedingt be- gnadigt.
Lodge bringt diese gesteigerte Tätigkeit der Sonne mit den Sonnen« flecken in Zusammenhang und weist auf den elektromagnettschen Sturm hin, der sich im September ereignete. Nach seiner Ansicht wird die Sonnenenergie noch zunehmen, so daß wir eine längere Periode großer Wärme auf der Erde zu erwarten haben. Eine noch kühnere Theorie stellt der Meteorologe Marriott   auf, der ebenfalls behauptet, daß die Welt sich jetzt in dem heißesten Stadium seit ihrer Entwicklung befinde. Nach seiner Ansicht haben dieEisperioden" einen größten Zwischenraum von etwa 32 000 Jahren, und wir sind gegenwärtig von dem Beginn der letzten Eiszeit 16 000 Jahre ent- fernt, so daß wir uns also auf der Höhe der Entwicklung zur Wärme befinden, während in 16 000 Iahren wieder ein Maximum von Kälte erreicht wäre. Wie dem auch sei, wir wollen uns des späten Sommers freuen. Otto v. Gierte f. Am Montag abend starb in seiner Char- lottenburger Wohnung nach kurzem Leiden der Rechtslehrer an der Berliner   Universität Otto v. Gierte im 81. Lebensjahre. In Gierke verliert die deutsche Rechtswissenschaft einen hervorragenden Ver- tteter jenes Kreises, in dem die Namen Kohler, Liszt  , Binding und Brunner einen bedeutenden Klang hatten. Gierkes Lebensarbeit war der Erforschung des deutschen   Genossenschaftsrechts gewidmet, das er jedoch hauptsächlich in seinen geschichtlichen und individua­listischen Wurzeln untersuchte, ohne es in Einttang mit soziologischen Problemen zu bringen. So fehlt diesem Werk ttotz tiefgründiger Gelehrsamkeit die rechte fruchtbare Auswirkung. Gierte arbeitete ferner an hervorragender Stelle am Bürgerlichen Gesetzbuch mit. In streng konservativen Anschauungen erzogen, schloß sich Gierke nach der Revolution den Deutschnationalen an, schied jedoch mit einem sür diese Partei recht beschämenden Brief aus, da gewisse nationalistische Kreise seine Tochter Anna v. Gierke wegen der- dischen Herkunft ihrer Mutter auf das gehässigste angegriffen hotten. Auch eine Flucht in die Oessenllichkeit. Wilhelm Bode, der frühere Generaldirektor unserer Museen, hat im Gegensatz zu der altpreußischen Beamtenttaditton eine äußerst unbureaukratische Art zu reden und von sich reden zu machen. Leider stimmt dabei nicht immer alles, wie erst neulich der Fall Scheffler bewies. Jetzt be- klagt Herr Bode sich darüber, daß ihm das Charlottenburger Woh- nungsamt jn seiner Villa Zimmer weggenommen und ihn dadurch zur Veräußerung eines Teiles seiner Bibliothek gezwungen hat. Irgend- wie wird dabei auch das Kultusministerium hereingezogen. Dieses läßt nun feststellen, daß es sich für Bode bemüht hat, daß ferner die wertvollsten Stücke der Bodeschcn Bibliothek von diesem an die Bibliotheken der staallichen Museen geschenkt oder verkauft sind. Es ist also von hier aus geschehen, was geschehen konnte. Halten wir dem temperamentvollen alten Herrn zugute, daß er offenbar mit seiner auf eigene Hand unternommenen Wvhnungs- Politik nicht zu Rande gekommen ist und sich nun für dieses und einiges andere Luft machen will. Möge die Reklame, die dabei für die Auktion seiner Bibliothek(natürlich ungewollt) herausspringt sie findet bei Lepke statt, ihn einigermaßen schadlos halten. Die Gisineer- Expedition SvcrdruPS, die Handeliwege nach Sibirien   erichlietzcn sollte, ist mit dem Eisbrecher.Lcnm' und vier anderen Fahrzeugen aus Sibirien   zurückgekehrt. Die Fahrzeuge find mit Graphit, Asbest, Petzen und anderen fibirbchen Produkten beladen. Zwei andere Fahrzeuge mit Getreide befinden sich aus dem Wege nach Archangelsk  . Das Resultat der Expedition wird von Sverdrup als hervorragend de- zeichnet.