von Baustoffen, die einen preisreguNemtden Ausgleich der Nachfrage herbeiführen könnte, ist nicht zu denken, weil die Industrie heute nur dann zu produzieren anfängt, wenn die Mittel für den Wohnungsbau vom Reichstage bewilligt worden find und wenn sie weiß, daß sie für die Baustoffe Absatz finden kann. Der Mangel an Bauarbeitern ist gleichfalls erklärlich, wenn wir finden, daß der Baumarkt, der die Bewältigung einer Arbeitsleistung, zu der ihm früher 9— 10 Monate zur Verfügung standen, heute in 4— 5 Monaten erledigen muß. Die in andere Industrien abgewanderten Bauarbeiter werden solange nicht zu ihrem früheren-Beruf zurückkehren und der Nachwuchs wird solange nicht gepflegt werden können, als der Baumarkt ihnen nur eine k u r z f r i st i g e Beschäftigung zu bieten vermag. Die Verteuerung, die dem Reich, dem Staat und den Te- meinden und ihren Steuerzahlern durch die ungeregelte Bau» Wirtschaft entsteht, geht nicht in die Millionen, sondern heute in die Milliarden. Die Gefahr der Verteuerung des Woh- nungsbaues und der Verteuerung der Baustoffe rückt nach dem Wiesbadener Abkommen, das die Lieferung von Baustoffen in Milliardenbeträgen in sich schließt, für die nächste Frühjahrs- Periode in die bedrohlichste Nähe. Wir wollen hoffen, daß es nicht Ersparnis rückfichten waren, die den Wobnungsausfchuß des Reichstages zur Ab- lehnung des dem deutschen Volke verantwortlichen Reichs- wohnungskommiffars führten. Nicht ein neues Ministerium, nicht neue Beamte und neue Bureaus haben wir verlangt. Wir wollten nur, daß ein Reichswohnungskommissar dafür Sorge trägt, daß einige Dutzend„zuständige Referenten" weniger am Schreib- und Verhandlungstische sitzen und die Entschlußkraft der Behörden hemmen. Wir wollten, daß ein Reichskommisiar dafür verantwort» lich gemacht wird/ daß die Mittel zum Wohnungsbau so rechtzeitig dem Baumarkt zufließen, daß die baustoff - erzeugende Industrie und die Baubetriebe während des ganzen Jahres restlos und stetig ausgenutzt werden. Wir wollten, daß der Reichswohnungskommissar hinreichende Be- sugnisse erhält, um auf kü r z e st e m Wege alle Hemmungen zu beseitigen, die dem Baumarkt durch bureaukratische In- stanzen entgegengebracht werden und die hinreichend den Profit der baustofferzeugenden Industrien und des Handels beschneiden. Wir wissen, dafz das Reich über Machtmittel verfügt (Auffichtsrecht über Syndikate, Verteilung der Kohle, Einschal- tnng freikonkurnerender baustoffcrzeugender Betriebe und Baubetriebe), die eine Senkung der Baupreise herbeiführen könnten, die aber heute von den Reichsinstanzen nicht im entferntesten ausgenutzt werden. Wir hatten einen Reichswohnungskommisiar bis zum 1. April 1920. Sest dieser Zeit beklagen wir auf dem Bau- inarkte die trostlosesten Zustände. Seit dieser Zeit ist die Wohnungsnot in einem unverantwortlichen Maße gewachsen. Wenn der Vertreter des Reichsarbeitsministeriums angesichts eines Fehlbcdarfs von mehr als einer Million'Wohnungen im Unterausschuß des Reichstages die Erklärung abgab, wir könnten keine 200 000 Wohnungen im Jahre bauen, dann ist diese Erklärung der beste Beweis dafür, daß alle politischen Parteien des Reichstages schleunigst dieReferentendes Reichsarbeitsministeriums von einer Ver» antwortung entbinden müssen, die diese in derTatnichttrageudürfen. �.. S____ * Vreffeverbot. Frankfurt a. d. 14. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Der Reichsminister des Innern hat das hiesige Blatt der Rechts- Putschisten, genannt„Deutscher Volksbote", auf drei Tage ver- boten. Grund des Verbotes ist ein am 29. September geschriebener Artikel unter der Spitzmarke:„Der Siegeszug des Dollars", in dem es u. a. heißt:„Die jetzige deutsche Regierung wird für alle Zeit den Ruhm für sich in Anspruch nehmen dürfen, beim Siegeszug des Dollars Pate gestanden zu haben. Wie man hört, soll Herr Wirth als Reichsfinanzminister noch den besonderen Ehrgeiz besitzen, den Dollar aus 250 hoch zu drücken____"
Zerstörte Gesthlchtslegenüe. In der„Süddeutschen Zeitung" vom 1. Oktober 1921 hatte Prof. Dr. Z i e g l e r behauptet, das Waffen still st andsangebot vom S. Oktober 1918 habe unser ganzes Unglück nach sich ge- zogen. Dieser Schritt sei infolge seiner Leicht fe rtigkeit und Eiligkeit ein Verbrechen gegen unser Vaterland gewesen. Die Schuld daran treffe die am 3. Oktober 1918 gebildete Regierung des Prinzen Max von Baden . In einer Erwiderung an das gleiche Blatt stellt Max von Baden an der Hand unwiderleglicher Dokumente fest, daß die Schuld an dem Waffenstillstandsangebot keineswegs feine damalige Regierung, sondern ausschließlich den General Luden- d o r f f tristt. Die Dokumente sind zum Teil auch schon im„Vor- wärts" veröffentlicht gewesen. Max von Baden zitiert zunächst den General Ludendorff selber, der auf Seite b81 semer
Sonntag ist der Tag der Entscheidung! An Euch. Arbeiter, Angestellte. Beamte. Gewerbetreibende, geistige Arbeiter, liegt es, auf die fchurfischen Lügen der bürgerlichen Parteien die richtige Antwort zu geben. Euer Recht und Sure Macht stehen auf dem Spiel. Sichert sie. geht zur Dahl wählt SPS. Beteiligt Euch aber auch an den Dahlarbeiteu. Meldet Euch sofort bei Euren Abteilungsleitern.
„Knegserinnmingen" darlegt, daß er sich am 28. September zu dem Entschluß durchgerungen hatte, den Feind um Frieden und Waffen- stillstand anzugehen. Nm S Uhr abends legte er dies dem General- seldmarfchall Hindenburg dar und zwar bemerkt er: Die Lage könne sich durch die Ereignisse auf dem Balkan nur noch verschlechtern, auch wenn die Westfront hielte.(Was sie nicht tat. Die Red. des„Vorwärts".) Wir hätten jetzt die Auf- gäbe, ohne Verzug klar und bestimmt zu handeln. Ferner beruft sich Max von Baden auf die hier schon mehrfach zitierte Szene beim Kaiser, die Graf H e r t l i n g jun. in seinen „Erinnerungen"(Seite 183) schildert. Ludendorff kommt unange- meldet zum Kaiser hereingestürmt und fragt in barschem Tone, warum die neue Regierung noch nicht gebildet sei. Ms der Kaiser erwidert, daß er nicht hexen könne, erklärt Ludendorff — es war dies am 30. September: ' Die Regierung muß aber sofort gebildet werden, denn das Friedensangebot muß noch heute heraus. Ferner zitiert Max von Baden das bekannte Telegramm Hindenburgs vom 1. Oktober 1918, 1 Uhr nachmittags, in dem sich Hindenburg mit einem 24stündigen Aufschub des Waffenstill- ftandsangebots nur unter der Bedingung einverstanden erklärt, daß bis dahin die neue Regierung gebildet fei. Sollte dies zweifelhaft fein, so müßte das Angebot noch in derselben Nacht er- scheinen.' 0 Schließlich werden der Oberst v. Haeften und der Major v. d. Bussche zitiert, deren Darstellung Ludendorff in den von ihm herausgegebenen„Urkunden der Obersten Heeresleitung" ausdrück- lich für richtig erklärt. Aus ihren von Ludendorff bestätigten Zeugnissen geht hervor, daß Max von Baden sich mit allem Nach- druck gegen eine übereilte Absendung des Angebots gewandt hatte, daß aber Ludendorff auf seinem Standpunkt der sofortigen Herausgabe aus militärischen Gründen bestehen blieb. Wenn Prof. Ziegler also damit recht hat, daß die eilige und leichtfertige Herausgabe des Wasienftillftandsangebots ein Der- brechen an der Nation war, so richtet sich diese schwere Be- schuldigung allein gegen Ludendorsf und die Ober st e Heeresleitung.
die Verhaftung Staütler». Die„Tägliche Rundschau" ist über die Verhaftung des Doksche» wistentöters Eduard Stadtler in Aufregung geraten, die uns begreiflich erscheint, da sie es ja war, die Stadtlers schäbige Denun- ziationen der Reichsregicrung an die Entente abgedruckt hat, was immerhin eine hübsche Leiskung der„unabhängigen Zeitung für nationale Politik" darstellt. Wenn sie aber über Vergewaltigung usw. zetert, so sollte sie sich doch zu ihrer Beruhigung sagen, daß unsere Justiz wirklich gegen den Borwurf gefeit ist, einem Reaktionär ohne zwingendsten Grund auch nur ein Haar zu krümmen. Die Verhaftung Stadllers geschah nicht und konnte auch nicht geschehen durch die Regierung, sondern durch die Organe der Justiz. Und zwar ist es der O b e r» reichsanwalt, der gegen Stadtler das Verfahren wegen Hoch- verrats eingeleitet hat. Es steht übrigens durchaus dahin, ob der Artikel der„Tägl. Rundschau" der Grund oder der einzige Grund zu der Verhaftung Stadtlers ist. Bis jetzt ist über die näheren Gründe der Verhaftung noch nicht bekanntgegeben worden. praktischer Patriotismus. Für den echt nationalen Mann tut es die gute Gesinnung allein nicht, er muß auch dabei auf feine Kosten kommen. Wirklicher Patriot ist, wer in allen Lehenslagen an sich selber denkt, denn damit fördert er das wichtigste Glied der Gesamtheit— sich. Von diesem Geist Ist auch die„Deutsche Zeitung' des Herrn Max Maurenbrecher erfüllt. Oberschlesien geht zum Teil verloren. Darüber hat der Patriot pflichtschuldigst zu trauern. Aber ist nicht am Ende was bei der Sache zu verdienen? Die„Deutsche Zeitung" hat sofort die brillante Gelegenheit erfaßt: Der Reichskanzler aber wird den Reichstoz herbeirufen: C r- fassung der Goldwerte? Eingriff in unsereVer- mögenssub stanz? Gibt's nicht mehr, jetzt nicht! Mr behalten. was wir haben. Die Trauer des Patrioten entfleucht. Während dem rechten Auge noch die Träne entquillt, beginnt das linke schielend zu lächeln: „Oberschlesien geht hin. Na jal Aber wir drücken uns unter diesem Dorwand um die Erfassung der Goldwerte, wir vermeiden den Ein- griff in unsere Vermögenssubstanz, wir zahlen keine Steuern mehr! Welch Glück, daß jedes Ding zwei Seiten hat, welch Glück, daß Oberschlesien ..." Aber da hätte er sich bald verplappert. Teuerungskrawalle in Wien . Men. 14. Oktober. (EE.) Wien war gestern abend der Schau- platz großer Kundgebungen, die zum Teil anttsemitischen Charakter trugen. Sie nahmen ihren Ausgang von einer großen Frauenver- sammlung in der Volkshalle, die unter der Tagesordnung:„Wir können nicht weiter!" einberufen war und gegen die fürchter- lich überhandnehmende Teuerung Stellung nahm. Nach der Ver- sammlung, die einen sehr bewegten Verlauf nahm, zogen die Teil- nehmer in einem Zuge von einigen tausend Frauen zum Parlament und verlangten dort stürmisch Erklärungen der Regierung. Finanz. minister Gürtler hielt eine Ansprache, in der er sagte, daß es der Regierung unmöglich sei, für die billige Lieferung des Brotes an die Bevölkerung etwas zu tun. Die neue Politik des Landes müsie auf den Abbau der staatlichen Lebensmittelzufchüsie gerichtet fein. Die Regierung könne nur noch für die M i n d e r b e m i t< t e l t e n eintreten. Die Demonstranten setzten ihren Weg in ge- schlösienem Zuge fort, und alle Versuche der Polizei, sie zu zer- streuen, scheiterten an dem Widerstand der Frauen. Es gelang einer starken Menge, unter die sich auch Pöbel gemischt hatte, über die Ringstraße in die innere Stadt zu gelangen. Zahlreiche Personen, die den besseren Ständen angehörten, wurden angehalten und verprügelt. Auch Automobile wurden angehalten, ihre Insassen herausgezogen und tätlich angegriffen. Vor der Oper kam es zu einem Zusammenstoß mit der Polizei. Die Menge rief immer wieder:„Gehen wir zu den Schieberhotels und holen wir uns die Wucherer heraus!" Tatsächlich kam es vor den Hotels Bristol , Imperial und dem Grandhotel zu wüsten Szenen zwischen den Demonstranten und den Hotelgästen. Nachdem diese Vorkomm- nisse längere Zeit gedauert hatten, gelang es der Polizei, die De- monftranten endlich auf dem Schwartzenbergplatz auseinanderzu- treiben.
Der kommenüe Zilm. Von Dr. Max Preis. Auch der wütendste Filmfeind kann heute die Taffache nicht mehr wegleugnen, daß der Film ein Kulturfaktor ersten Ranges geworden ist, eine Quelle, aus der täglich Millionen Menschen sich Anregung und Unterhaltung holen. Natürlich wäre es wünschens- wert, wenn dieser mächtige Kulturträger in einer sittlich günstigen Richtung wirksam wäre, wenn sich endlich die geistige und seelische Vertiefung des Films einstellen wollte, um die herum schon so viel geredet und so wenig getan wurde. Die bequeme Ausrede, die von den Erzeugern minderwerttger Filmwerte immer wieder angeführt wird, gipfelt in der Behauptung, das Publikum wolle nun einmal den Schund, sei für das sogenannte höhere" durchaus nicht zu haben. Wie irrig diese Ansicht ist, beweist am besten der Erfolg, den die wenigen wirklich guten Filmwerke fanden, die bisher ge- schaffen wurden. Erfreulicherweise hat es den Anschein, daß sich in Fachkresen mehr und mehr Klarheit darüber einstellt, wo die Ziele des gehobenen, des geschmacklich, ethisch und künstlerisch ein- wandfreien Films liegen. Das mag auf den ersten Blick erstaun- lich erscheinen in einer Zeit, da der Sensationsfilm herrscht, und da Amerika sich anschickt, uns mit neuen Riesenserien von„Mammuth- Monumental-Kolossal-Films" zu beglücken, in denen der Held weiter nichts zu tun hat, als- mit gerunzelter Stirn eine ganze Treibjagd der irrsinnigsten Abenteuer zu bestehen. Es darf heute bereits mit Sicherheit gesagt werden, daß der Senfationsfilm den Höhepunkt feines Erfolges schon bettächtlich überschritten hat, und daß eine neue, ganz andere Art von Film- werken im Begriff ist, ihn abzulösen. Solange die Schwarzweih- Wirkung des Films sich abmüht, das Theater und damit das Leben irgendwie zu kopieren, muß es rettungslos einen schrillen Mißklang geben. Das lebendige Lichtbild hat vor dem Theater unerschöpf- liche technische Möglichkeiten voraus, die im SeNsationsfilm meist als ziemlich plumpe Tricks verpuffen. Tatsächlich gibt aber eine unendlich gesteigerte Technik heute dem Filmspielleiter ein völlig neuartiges Schaffen an die Hand. Die fabelhaftesten, unbegreif- lichsten Dinge kann man im Film ohne weiteres geschehen lassen, doch man muß sich darüber klar sein, daß diese märchenhaften Er- eignisse lächerlich wirken, sobald man fix mitten ins tägliche Leben versetzt. Und das geschieht ausnahmslos in allen Sensationsfilmen. Ganz anders sieht sich die Sache an, sobald die Richtung des Filmwerkes ins P h a n t ast i s ch- M y st i s ch e geht. Hier haben Dichter und Maler Gelegenheit, ihr Allerbestes zu geben. Daß auch die große Masse für künstlerische Filmphantastik empfänglich ist, hat sich bereits zu einer Zeit gezeigt, als der Film noch in den Kinder- schuhen steckte. Man erinnert sich des starten Erfolges, den etwa vor einem Jahrfünft das mystische Filmspiel„Honumculus" fand,
und man weiß, welche Wirtungen von den Wegenerschen Phanto sien der„Golem" und„Der Student von Prag " ausgingen. In allerjüngster Zeit haben nun mehrere bedeutendere Regisseure be- gönnen, den abgerissenen Faden wieder aufzunehmen, und man wird noch in diesem Winter Gelegenheit haben, eine Reihe von Großfilmen zu sehen, die ganz im Phantastischen wurzeln. Es ist nicht ausgeschlossen, daß wir im Film eine Erneuerung gewisser Spielarten der nachklassischen Literatur erleben. E. T. A. Hoff- mann könnte auf der Bildwand eine wundervolle Auferstehung feiern. Natürlich darf man in solch mystischen Bilderspielen nicht das alleinige Heil des Films erblicken. Neben ihnen wird der große historische Film immer seinen Platz behaupten, und auch der kleine, feine Spielfilm dürfte stet« Freunde finden. Haben wir erst einmal in jeder größeren Stadt das wirkliche „Kammer-Lichtspielhaus", das sich viele Filmfreunde wünschen, dann werden auch die feineren Künste der schwarzweißen Muse zu ihrem Recht gelangen.
Die Ahnen des Schiebers.„Parvenü" und„Schieber" decken sich nicht völlig. � Jenes bezeichnet nur das— für die anderen— pein- liche Ergebnis, dieses wirst zugleich ein Licht auf die unsaubere Ent- Wicklung, die zu diesem Ergebnis geführt hat. Daß die beiden Aus- drücke heute fast gleichbedeutend geworden lind, haben die besonderen wirffchaftlichen Verhältnisse unserer Zeit mit sich gebracht. An sich aber ist, wie Dr. Max Pollaczet im„Wissen" ausführt, der Parvenü ein uraltes Gewächs, das besonders in der römischen Kaiserzeit, einer Epoche, die unserer so überaus ähnlich ist, eine Rolle spielte. Pe- ttonius Augustus hat in seinem Gastmahl des Trimalchio solch einen Parvenü geschildert, der, im Besitze unermeßlichen Reichtums, über- mutig wird und sich der geschmacklosesten Verschwendung ergibt. Der Dichter Marttal schilt über die Leute, die durch„Häuserabpachten und die Abfuhr besorgen" reich geworden sind, also auf Bausvekulanten und Abfuhrunternehmer, die vor Gericht sich ihres Vermögens rühmen, und obgleich sie noch in der Jugend ausgepeiffcht wurden, wie Horaz erzählt, später große Güter besitzen, mit den Rittern ver- kehren und Titel erhalten. Ein günstiger Boden für Parvenüs war später das Frankreich der absoluten Monarchie, der bourbonischen wie der napoleonischen. Im 18. Jahrhundert waren es die„Generalpächter", die die Steuer- erhebung vom Staate gepachtet hatten und durch ihren Reichtum in der sonst sehr exklusiven„Gesellschaft" Aufnahme fanden. In Eng- land, wo sich die Parvenüs hauptsächlich unter den Leuten finden, die in Indien so gute Geschäfte gemacht hatten, fanden die Parvenüs keine so gute Aufnahme. Der lolide kaufmännische und sehr wohl- habende Bürgerstand sah mit Mißtrauen auf sie und glaubte von der Art, wie sie zu ihrem Gelde gekommen waren, das Schlechteste, und der grundbesitzende Adel mar selbst so reich, daß ihm die indischen Reichtümer nicht imponierten. Bei uns gab es natürlich auch schon früher„Emporkömmlinge", Glücksritter, Günstlinge, die an den Höfen„Fortune" machten, auch einzelne Spekulanten, die in die Höhe kamen, aber der eigentliche Parvenü entstand doch erst, als die
Börsengeschäfte in großem Umfange betrieben wurden, und die Parvenüs wucherten wild in den Gründerjahren. Und seitdem haben sie sich, wie gesagt, als eines der schlimmsten Ucbel, die Krieg und Umsturz mit sich brachten, ins Unermeßliche vermehrt. Weibliche Minister in Kanada . Zwei der kanadischen Provin- zen haben in ihre Ministerkabinetts weibliche Minister berufen, und man nimmt an, daß bald die anderen kanadischen Provinzen damit nachfolgen werden. Die Zeit ist nicht mehr fern, in der keine kanadische Partei ein Kabinett wird bilden können, ohne daß sich einige Frauen darin befinden. Der erste weibliche Minister in Kanada war Mrs. Ralph Smith aus Vancouver . Nunmehr ist Mrs. Iren« Parlby in die Regierung von Alberta eingetreten. Sie ist eine Großnichte des Kapitäns Marryat , der so vortteffliche See- roman« geschrieben und in einigen seiner Werke Kanada geradezu in die Literatur eingeführt hat. Sie ist jetzt 53 Jahre alt und hat sich besonders dadurch heroorgetan, daß sie die Gutsbesitzerinnen von Alberta zu einer polittschen Partei zusammenschloß. Sie schwang sich zu einer wichtigen Roll« im politischen Leben Kanadas auf und zeigte so gute organisatorische Begabung, daß man Ihr jetzt das Gesundheitsdepartcmcnt anvertraut hat. Die Frauen besitzen in Kanada bereits eine starke Macht, und da man mit den Frauen- stimmen sehr rechnen muß, so werden bald auch andere Frauen auf einem Ministersessel Platz nehmen. Reue versuche über die Verdaulichkeit des Eiweiß. An der Eolumbia-Unioersität, New Pork, wurde in der physiologischen Ab- teilung ein Versuch über die Verdaulichkeit des Eiweiß angestellt. Die Eiweißzufuhr erfolgte bei vier Personen zu je 87 Gramm Eiweiß täglich, und zwar roh, gekocht, halb gebraten und hart gebraten. Es stellte sich heraus, daß das Eiweiß im hart gebratenen Zustand« am leichtesten verdaulich ist. Wenn man vom gekochten Eiweiß ausgeht, ergibt sich die Verdaulichkeit hart gebraten um 1 Prozent besser, halb gebraten um 4— ä Prozent schlechter, roh um 10 Prozent schlechter als gekocht._ Die staatliche» Mufre» bleiben Sonntag wegen der Wahlen ge« schlössen. Svielplanänderung. gndervoltSbabne wird am Sonnabend statt.Nach Damaskus -, L. und S. Teil,.Der Lauer als Millionär- gegeben. Zugunfte» der neue« BolkSbübne am KSnigSplah(Kroll-Vmbml) findet Sonnabend, den tS.,'/,8 Uhr, in der Brauerei FriedttchZbain ein Herb st fest der Ordnerschajt der Volksbühne statt. Karten in der GeschöstSstelle der Voltsbühne sowie bei den Ordnern. I« der Jnryfrcien Knnftschau wird auch in diesem Jahre(im Moabiter GlaSvalast) ein Saal dem Schaffen eines im Krieqe verstorbenen Künstlers gewidmet sein: ein großer Saal wird eine Anzahl von Hauptwerken Erich KuttbanS zeigen. Friedrich Moeft veranstaltet Sonnabend 71/, Uhr Fasanen str. 88 einen.Wilhelm-Raabe -Abend-. WaldeyerS Vermächtnis. Wilhelm Waideher, der verstorbene Ber« liner Anatom, hat testamentarisch bestimmt, dah sein Schädel, Gehirn und Handskelett im Berliner Anatomischen Institut ausbewahrt werden sollen. Waldeher hielt eS für crsorderlich, dag anatomische Studien an Skelett Teile» med Organen genau gelaunter Persönlichkeit«» vorgenonune» verde».