Nr.490 38. Jahrgang Ausgabe B Nr. 243
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Redaktion und Expedition: SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Redaktion Moritplan 15195-97
Expedition Morisplas 11753-54
Montag, den 17. Oftober 1921
Vorwärts- Verlag 6.m.b.H., GW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Verlag, Expedition und Inferaten. Abteilung Morikplas 11753-54
Bürgerliche Mehrheit in Groß- Berlin.
Das Gesamtresultat.
( Vorläufiges Ergebnis; es fehlt noch der 15. Kreis). Sozialdemokraten.
Unabhängige Sozialdemokraten Kommunisten
Sozialistische Parteien zus..
343 947
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318 206
157 013
819 166
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Deutschnationale. Volkspartei
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122 623 299 800 255 962 83 531 61 249 12588
Wirtschaftliche Bereinigung. Zentrum
Deutschsoziale
Bürgerliche Parteien zus.
B
.. 835 753
Berlin schon totfagten, zu fragen, was aus ihren Prophe- tiven Leistungen im Interesse der Gesamtheit und zeiungen geworden ist. Aber wir empfinden es, wie jeder, ihrer sozial leidenden Schichten erwarteten! Darum haben der ein Herz für die Sache der Arbeiterbewegung hat, als den sie die Niederlage der Arbeiterbewegung herbeigeführt und Gipfel der Albernheit oder der Infamie, von Zufriedenheit" ihr eine Lehre erteilt, die heilsam sein muß, wenn sie imzu reden an dem Tage, an dem es wahrscheinlich geworden stande ist zu lernen. ist, daß eine bürgerliche Mehrheit in das Stadtparlament von Groß- Berlin einziehen wird.
Das rote Berlin ist nicht mehr! Es heißt wieder von vorne anfangen. Es gilt, die propagandistische Kraft der so zialistischen Idee aufs Neue zu entfalten, es gilt durch positive Arbeit zu zeigen, wo die Massen der Lohn- und Ge haltsempfänger ihre wirkliche Interessenvertretung haben. Bir Sozialdemokraten verlieren nicht den Kopf, wir fangen heute wieder von vorne an! Wir haben es schon einmal gefan damals, als blinde Leidenschaft sich nicht genug darin tun fonnte, die alte Sozialdemokratische Partei in Berlin herunterzureißen und niederzutrampeln. Damals schien die alte Partei in Berlin nahezu ausgelöscht, aber ehe zwei Jahre ins. Land gegangen waren, da war sie schon wieder in Berlin die stärkste Partei.
Eine solche Niederlage fonnte nicht möglich werden, ohne daß schwerste Fehler begangen wurden. Klar ist vor allem das eine, daß der alten einigen Sozialdemokratie nie hätte passieren fönnen, was der zersplitterten sozialisti schen Arbeiterbewegung widerfahren ist. Nicht die Unabhängigen, nicht die Kommunisten ernten die Früchte der Spaltung, die kapitalistische Reaffion tut es! Und dann ist noch ein anderes klar. Ist denn die ,, bür gerliche Mehrheit", vom Standpunkt der sozialen Klassenscheidung aus gesehen ,,, bürgerlich"? Sie ist. es nicht! Es gibt in Berlin nicht 835 000 reiche Leute, die mit ihrem KlassenDas Bürgertum hat recht zu jubilieren. Es hat erreicht, derttausende von Angestellten und Beamten, auch Arbeitern, haben, das rote Berlin , die uneinnehmbare Hochburg der So interesse an die bürgerlichen Parteien gebunden sind. Hun Wir müssen wieder aufbauen, was die anderen zerstört woran zu denken zu Bebels und Singers Zeit beinahe eine die in färglichen Verhältnissen leben und die gewiß ihrer zialdemokratie. Ja, Genoffinnen und Genossen, das wollen Lächerlichkeit gewesen wäre: Berlin , d'as rote Berlin " Klaffenlage nach keine Freunde des Kapitalismus find, haben wir tun! Eure Feftigkeit, Eure Begeisterung, Eure Liebe hat feine sozialdemokratische Mehrheit, es hat auch keine noch so mühsam zusammengeflicte sozialistische Warum? Weil sie von dem efelhaften Treiben der Kommu- haufen schaut, wird auch dieses Werk schaffen. bürgerlich gestimmt. Hunderttausende sind zuhause geblieben.| zur Arbeiterbewegung, die heute entsetzt auf einen TrümmerMehrheit"! Was selbst beim großen Niederritt von 1907 mißlungen ist, das ist am 16. Oftober 1921 gelungen. Die nisten im Roten Hause angewidert waren, weil sie von der Das rote Berlin bürgerlich? Das soll ihnen nicht noch
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Sie find es, auch wenn sich bei den fortgesetten Berech nungen ergeben sollte, daß die geflicte sozialistische Mehr heit" statt des Vorsprungs von 25 Mandaten doch noch einen Vorsprung von einem Mandat besitzt und auch das ist unwahrscheinlich, denn ein wenn auch geringes Ülebergewicht der Bürgerlichen scheint jetzt schon sicher. Was wäre mit einer„ fozialistischen Mehrheit anzufangen, die noch mit einem Mandat im Vorsprung ist, und die nur zu errechnen ist, indem man die Kommunisten ihr zuzählt!
zersplitterten sozialistischen Arbeiterbemegung teine pofileinmal gelingen!
13 Punkte über Oberschlesien .
London , 16. Oftober.( WTB.) Observer" bringt eine 3 oll hin und her passieren. Desgleichen fönnen z. B. deutsche Uebersicht über die Entscheidung des Obersten Rats in der Waren, die in deutschen Fabrifen, die in der neuen polnischen Zone oberschlesischen Frage, die morgen veröffentlicht werden soll. liegen, fertiggestellt werden sollen, zollfrei ausgehen. Das Reinergebnis der Lösung des Bölferbundes ist dem 7. Die gemischte Kommission soll befugt sein, ein allgemeines Die politische Arbeiterbewegung in Groß- Berlin hat eine Blatte zufolge, daß die Hälfte des oberschlesisch en Uebereinkommen zwischen Deutschland und Bolen auszuarbeiten, schwere Niederlage erlitten. Das muß hier um so deut Industriegebiets, das infolge seiner jahrhundertelan das eine vollständige Ausfuhrfreiheit der Artikel vorlicher ausgesprochen werden, als diejenigen Parteiorgane, die gen Entwicklung unter deutscher Verwaltung einer der wich- sieht, die von den Industrien auf der jeweilig anderen Seite am meisten Ursache dazu hätten, die geringste Neigung zeigen, tigsten industriellen Mittelpunkte Europas geworden ist, und der Grenzlinie benötigt werden. Eine besondere Klausel ihren Anhängern die Wahrheit zu sagen. Wollten wir un besonders das wirklich ertragsreiche Industrie ist beigefügt, die es Deutschland nicht gestattet, auf waren aus sere Leser über die leidigen Tatsachen hinwegtrösten, so fönn- gebiet Oberschlesiens Deutschland weggenommen und Polen Einfuhrzoll zu legen. ten wir sagen, daß unsere Partei sich glänzend gehalten Bolen gegeben wird. In der Hauptsache läuft die Löhat, daß sie als die stärkste sozialistische Partei, die stärkste fung auf folgendes hinaus: Partei in Berlin überhaupt aus der Wahl hervorgegangen ist. Aehnliche Troftgründe fehlen den Unabhängigen und den Kommunisten vollständig, denn die Niederlage der sozialisti- 1. Politisch: Die neue Grenzlinie schneidet mitten durch schen Mehrheit ist auf den Stimmenrüdgang zurückzuführen, das Induſtriedreied. Sie ist festgelegt worden nur nach dem Grundden diese beiden Linksparteien gegenüber den Juniwahlen faz , eine Mindestzahl von Polen auf deutscher und eine Mindest von 1920 erlitten haben. zahl Deutscher auf polnischer Seite zu lassen.
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Die Freiheit" erschien heute morgen mit der Riesenüberschrift:„ Die USP. die stärkste Partei". Das bezieht sich aber auf die Ergebnisse von Klein Berlin, der sechs inneren Kreise, in denen die USP. richtig vor der Sozialdemokratie einen fleinen Vorsprung hat, während sich das Verhältnis in ganz Groß- Berlin zugunsten der Sozialdemokratie ändert. Aber ist denn das die Hauptsache, ob die eine oder die andere Arbeiterpartei der anderen um einige tausend Stimmen Dor aus ist? Nein, die Hauptsache ist, daß Berlin am 20. Oftober 1921 aufgehört hat, die uneinnehmbare Hochburg der so zialistischen Arbeiterbewegung zu sein.
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Der Wirtschaftsplan.
2. Wirtschaftlich: Man habe versucht, der politischen Grenze die Bedeutung zu nehmen, indem man gewisse wirtschaftliche Maßnahmen auferlegte, die dazu bestimmt seien, den einheitlichen Charakter des Induſtriedreieds während eines Zeitraums von 15 Jahren zu wahren. Es werde die Schaffung einer gemisch ten Kommission von Deutschen und Polen vorgeschlagen, sofern beide Barteien dies wünschten, unter dem Vorsitz eines Völkerbundvertreters. Diese Kommission soll die Befugnis haben, die praktischen Einzelheiten zur Durchführung des Planes auszuar beiten. Der Kommission folle zur Seite stehen eine Reihe von gemischten Ausschüssen.
8. Während der Periode von 15 Jahren sei keinerlei 3wangsenteignung gestattet.
9. Die Deutschen , die auf der polnischen Seite der Grenze leben, haben während der 15 Jahre das Recht, für die deutsche Untertanenschaft zu stimmen.
10. Die deutsche Mart wird als gesetzliches Zahlungsmittel in der polnischen Zone anerkannt. 11. Die deutsche soziale Gesezgebung bleibt in Kraft, bis die polnische Regierung allgemeine eigene Gefeßze ausgearbeitet hat.
12. Die Wasserversorgung im ganzen Industriedreiec, auf jeden Fall soweit die bestehenden Systeme in Betracht kommen, bleibt in dauernder internationaler Dienstbarkeit".
13. Das augenblickliche System der elektrischen Kraft persorgung soll bestehen bleiben. Die Polen sollen jedoch nach einem Zeitraum von drei Jahren das Recht haben, eine der beiden Kraft stationen im Dreied anzukaufen. Die Kraftstation, die für den Ankauf durch Polen in Betracht kommt, ist die von Chorzow , das auf polnischer Seite liegt, da die andere Rraftstation, nämlich die von Hindenburg , auf deutscher Seite liegt. Die politische Grenze.
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Geradezu kläglich aber ist das Geschwäß, das die Haupt- 3. Bei der Frage der Eisenbahnen solle z. B. ein gemisch. fchuldigen, die Kommunisten, in ihrer Roten Fahne" verter Ausschuß einen Plan zur Aufrechterhaltung des gesamten Eisenüben. Ihnen beginnen zwar die Augen aufzugehen, da sie bahnsystems sowohl auf deutscher wie auf polnischer Seite der ihr Blatt mit der Ueberschrift versehen: Bürgerliche Mehr Grenzlinie als gemeinsames System für das gesamte In- bund vorgeschlagenen politischen Grenze in Oberschlesien ,, Observer" fann über den genauen Verlauf der vom Völkerheit im roten Berlin ", trotzdem haben sie den Mut zu schrei duftriedreied ausarbeiten. Die Einnahmen aus den Eisen- feine Angaben machen, man tönne jedoch jetzt mit ziemlicher Sicherbahnen sollen nach der Länge der Schienenstrecke sowie nach dem heit annehmen, daß neben Pleß und Rybnik drei der wichtigsten So tönnen wir kommunisten mit dem Spiegelbild der Umfang des Berkehrs in den verschiedenen Zonen verteilt werden. industriellen Mittelpunkte, nämlich Kaffowih, Königshütte und TarLage, daß uns das Wahlergebnis so gut und fo schlecht wie es 4. Es sei klar, daß eine politische Grenze sofort eine 3011- nowih an Polen fallen werden.„ Observer" erklärt die Aushändieben ein Wahlergebnis bieten fann, gibt, zufrieden sein. Was grenze werde. Um diesen Einwand zu beheben, schlage der gung von Kattowiz und Königshütte , die bei der Abstimmung eine die Kommunistische Partei selbst anbetrifft, so hat sie ihren Be Bölkerbundrat vor, daß zwei Uebergangsperioden ge- Mehrheit von 17 537 bzw. 21 525 Stimmen zugunsten Deutschlands fizstand gehalten. Troß aller Stürme, aller Verfolgungen schaffen werden sollen a) eine Beriode von sechs Monaten, und aufgewiesen hätten, fei der bei weitem ernstefte Bunft im Bölferund Berleumdung verfügt sie über einen beachtenswerten b) eine Periode von 14% Jahren, während deren die normalen bundsplan. Vor allem sei wichtig, daß Kattowit der EisenAnhang unter der Arbeiterklasse. Bollabgaben eingestellt werden sollen. bahnmittelpunkt des südlichen Teiles des Industriegebietes Die Bürgerlichen haben die Mehrheit im roten Berlin ", 5. In der Periode von 6 Monaten soll beiden Staaten voll- sei. Die Hauptlinie Berlin - Krakau gehe durch Kattowig. Der südund die Kommunisten sind zufrieden! Warum auch fommen gestattet sein, ihre Geschäfte zu organisieren, als ob die westliche und westliche Teil des Bergwerksgebiets gehöre Polen . Die nicht? Es ist ja ihr Wert! Diese Esel, die sich einbildeten, polifische Grenze überhaupt nicht bestände. Wenn beispielsweise 3intgegend, die fast vollkommen im öftlichen Teile des Inmit Hilfe einiger Maschinengewehre die Macht über ganz ein besonderer Artikel, der nach Deutschland eingeführt werde, zur dustriegebietes liege, von öftlich Beuthen , bis Antonienhütte und bis Deutschland erringen zu fönnen, finden sich jetzt beachtens- Verarbeitung in Oberschlesien nach einer Fabrik geschickt werden zum Lipinebogen, werde ebenfalls polnisch. Observer" weist darmert", weil sie noch nicht zehn Prozent der Berliner foll, die auf der polnischen Seite der neuen Grenzlinie liege, so auf hin, daß, obgleich die deutschen Interessen bis zu einem gewissen Bevölkerung, der dichtesten Industriebevölkerung Deutsch - tönne der Gegenstand die neue Grenze passieren, ohne daß dafür Grade in dem oberschlesischen Gebiet, das man Deutschland jetzt lands, zur Abgabe fommunistischer Stimmzettel zu bewegen ein 3oll entrichtet werden müsse. wegnehme, geschüßt seien, der Zeitraum, in dem dies der Fall sei, verstanden! nur 15 Jahre betrage. Danach trete Polen in den Bollbefizz. Das Kapital, die Leitung und die gelernten Arbeiter in den jetzt Polen zugesprochenen Gebieten feien vollkommen deutsch .
Bir Sozialdemokraten hätten vielleicht mehr Grund zu frieden" zu sein und unsere Gegner von links, die uns in
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