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Nr. 505 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 255

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Mittwoch, den 26. Oftober 1921

Kabinett Wirth/

Vorwärts- Verlag G.m.b.8., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag. Grvedicion und Inseraten. Abteilung Morisplay 11753-54

ohne Koalition.

dem Reichskanzlerposten auch das Auswärtige Amt  In später Abendstunde verlautet, daß Dr. Wirth neben übernehmen wird. Als fünftiger Reichsjuftizminister wird Dr. Peter Spahn genannt. Es handelt sich aber vorläufig nur um Bermutungen.

Berlin  , 25. Oftober, 8,48 Uhr abends.( WIB.) Der Reichs- der Regierung belaffen oder ihren Rücktritt verlangen sollen.| demokratische Partei freut sich nach den unbeschreiblichen Era präsident richtete heute nachmittag 5 Uhr an den Reichs- Rathenau ist nicht Mitglied der demokratischen Reichs- lebnissen der letzten Tage doppelt, daß es auch einen muti­tanzler folgendes Schreiben: I and ela um Herr Reichskanzler! tagsfraktion, aber seit furzem Mitglied der Demokratischen gen bürgerlichen Politiker gibt, und sie wird mit Dr. Wirth Bartei, man nimmt an, daß ihn diese Mitgliedschaft nicht hin- zusammen gern die schwere Last der Verantwortung weiter Seif Wochen ist es mein unausgefehtes Bemühen gewesen, für dern wird, seine Dienste dem Reich weiter zur Verfügung zu tragen in der Ueberzeugung. daß die breiten Massen des Volks ſtellen. eine Berbreiterung der gegenwärtigen Regie­zu dieser ihrer Regierung jetzt noch fester stehen werden rungstoalition die Grundlage zu schaffen, in der Ueber- zialdemokratie werden auf ihren Bosten bleiben, wenn nicht Die bisherigen Minister aus dem Zentrum und der So- als zuvor. zeugung, in der ich mit Ihnen, Herr Reichskanzler, einig gehe, daß etwa aus nicht politischen Gründen ein Anlaß zu einer die großen Aufgaben, die Deutschland   auf dem Gebiete der äußeren Aenderung vorliegt. Das ist z. B. bei Genoffen Dr. Grad und inneren Polifit harren, auf einer breiten Regierungsbasis am nauer der Fall, der den Posten eines sächsischen Gesandten besten gelöst werden fönnen. Sie, Herr Reichskanzler, haben mich in in Berlin   übernommen hat. diesem Bestreben unterstühl und die Berbreiterung der Regierungs- Innern wird also Ersatz geschaffen werden müssen. Im Reichsministerium des toalition zu wiederholten Malen als das nächffliegende Ziel Ihrer Politik bezeichnet und auch alles getan, um ihr näherzukommen. jener Ministerposten unbesetzt sein wird. Aber das tut nichts Natürlich ist es möglich, daß heute mittag noch dieser oder Die Entscheidung, welche die Botschafterkonferenz der Alliierfen in der oberschlesischen Frage gefällt hat, hat zweifellos die zur Sache: der Charakter der Regierung wird feststehen. Es Erreichung dieses erstrebten Zieles erheblich erschwert. Ich bin affer- gibt ein neues Kabinett Birth mit der alten Erreichung dieses erstrebten Zieles erheblich erschwert. Ich bin aller- Bolitit, aber da die Demokraten die Koalition gesprengt dings der Meinung, daß es bei allerfeits gutem Willen unter Voranstellung der Interessen des Vaterlandes möglich gervejen haben ohne Roalition. wäre, die verbreiterte Koalition allen Bedenken zum Trotz zustande und einem solchen ohne Koalition wird vielleicht nicht jedem Der Unterschied zwischen einem Kabinett mit Koalition flar sein.

zu bringen.

Kabinetts unauffchiebbar macht. Kostbare 3eit ist auf die

ergeben hat.

Verschiedene Vorgänge haben sich leider hemmend in die gepflogenen Verhandlungen eingedrängt, so daß das erstrebte Ziel als gescheitert anzusehen ist. Dies ist um so bedauerlicher, als der Rücktritt des bisherigen Kabinetts das Bestehen einer hand­lungsfähigen Regierung angesichts der außerpolitischen Lage zu einer zwingenden Notwendigkeit und die Bildung des neuen Berhandlungen zur klärung der innerpolitischen Lage verwandt worden, ohne daß sich eine solche In dieser Not des Vaterlandes richte ich an Sie, Herr Reichs. fanzler, die dringende Biffe, Ihre mir gegebenen Abfagen zurüdzuziehen und unter hintanstellung persönlicher und parteipolitischer Rücksichten die Bildung der Regierung 3u Die Tatsache, daß Sie bereits einmal in schwerster Be. drängnis sich dem Vaterlande zur Verfügung gestellt haben, gibt mir die Hoffnung, daß Sie auch diesmal dieses Opfer bringen werden. In Unbetracht der gegebenen Verhältnisse vertraue ich darauf, daß es Ihrer Tatkraft und politischen Einsicht gelingen wird, eine Regierung zu bilden, welche in ihrer Zusammensehung die Gewähr dafür bietet, daß fie die nächste der deutschen   Politik gestellte Aufgabe sowie die dringlichen Probleme der weiteren Zu­funft lösen fann. Ich bin in aller Wertschähung 3hr aufrichtig ergebener

übernehmen.

Ebert.

Der Reichstanzler erklärte sich nach erneuter Rüdsprache mit dem Reichspräsidenten bereit, die Bildung der Regierung zu übernehmen.

*

Der Reichskanzler hat, nachdem er den Auftrag des Reichs­präsidenten zur Bildung der neuen Regierung angenommen hat, die Besprechungen mit den Mitgliedern des bisherigen Kabinetts auf­genommen. Ju einer Besprechung der Lage hat der Reichskanzler auch den Reichstagsabgeordneten Dr. Heinze( D. Vp.) zu sich gebeten. Es ist damit zu rechnen, daß die Bildung des neuen ka­binetts im Laufe des heutigen Vormittags zustande kommt, so daß es fich dem Reichstag  , der heute mittag um 12 Uhr zu einer Plenar­fizung zusammentritt, wird vorstellen können.

*

Der Reichspräsident hat also der Schande dieser Tage ein Ende bereitet. Nachdem er als verfassungsmäßige Instanz des Reiches feine Pflicht getan und alles versucht hatte, eine Regierung mit einer möglichst starken Mehrheit zustande zu bringen hat er aus der allgemein erkannten Ergebnislofig keit dieser Bemühungen den einzig möglichen Schluß gezogen. Er hat den Reichskanzler Dr. Wirth erneut mit der Bildung einer Regierung betraut, und dieser hat den Auftrag ange­

nommen.

-

Die

ed

Heute 12 Uhr Reichstag  .

Berlin  , 25. Oftober.( WEB.) Der Aeltestenrat des Reichs­tags hat die Plenarsihung nunmehr endgültig auf Mittwoch, 12 Uhr mittags, festgefeht. Das Plenum selbst wird dann ent­scheiden, ob sich weitere Sitzungen anschließen werden oder der Reichstag fich bis zum 3. november vertagen foll.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion tritt um 10 Uhr vormittags zusammen.

Landesverrat aus Parteitaktik.

Bisher ist die Bildung von Regierungen im Reiche so er folgt, daß der Reichspräsident die Parteiführer hörte. Parteiführer verhandelten teils in Gegenwart des Reichs präsidenten  , teils ohne fie, fchloffen Bündnisse, Koalitionen das Programm im großen ganzen fertig, dann beredete man fraktion in der Sigung beim Reichspräsidenten vom 24. Dk­ab und vereinbarten gemeinsame Regierungsprogramme. War Von den Vertretern der sozialdemokratischen Reichstags­miteinander, mer Reichsfangler werden sollte, wie die tober erhalten wir folgende Erklärung: fonnten aber dabei natürlich nicht selbstherrlich vorgehen, sie Breffe einen Bericht über die vertrauliche Sigung beim Reichspräfi Ministerposten zu verteilen wären usw. Die Parteiführer Die Bertreter der Deutschen   Boltspartei haben der mußten sich bei jeder neu entstandenen Frage neue Vollmacht denten zugehen lassen, der einen Vorgang, der sich dort abgespielt bei Tag und bei Nacht, Konferenzen mit dem Reichspräsidenten  , blatt von gestern. Red. d. B.".) Die Vertreter der Deutschen  erteilen lassen. Es gab Verhandlungen, Fraktionsberatungen hat, im großen ganzen richtig wiedergibt.( Siehe unser Abend­den verschiedenen. Kanzler- und Ministerkandidaten, die alle Bolfspartei haben dort ein Verfahren in der oberschlesischen Frage von ihren Fraktionen bestätigt werden mußten, und endlich, vorgeschlagen, von dem sie selber als möglich voraussahen, daß es endlich wurde die Regierung fertig.

ein-, zwei-, brei-, vier-, fünfmal, meist nur mit Mühe und Not. würde. Sie haben zugleich versucht, sich für ein solches Verfahren Das ging seit Eröffnung der Nationalversammlung   so u neuen Zwangsmaßnahmen der Entente gegen Deutschland   führen Diesmal ging es nicht mehr. Das System erlitt fläglichen Deckung durch die übrigen in der Sizung vertretenen Parteien zu Schiffbruch. Wir haben dank den erleuchteten Parteiftrategen sichern. Diese Deckung fonnte ihnen nicht versprochen werden, da gewisser bürgerlicher Parteien Unsagbares erlebt, was wir unsere Partei gewissenhafterweise nicht die Verantwortung für ein nie wieder erleben möchten. Sturz der Regierung hinter- Berfahren übernehmen kann, das zwar den Gegner zu Zwangs­rücs, fie soll gar feine Gelegenheit mehr haben, ihre Hand- maßnahmen gegen das deutsche   Volk provoziert, diefem aber eine lungen vor dem Reichstag zu verantworten. Die Abgeord- Möglichkeit erfolgreicher Abwehr nicht bietet. neten ſizen in allen Winkeln und warten auf die neue Re- So wenig unsere Aeußerungen die Deffentlichkeit zu scheuen gierung, die nicht werden will... Erst breite Koalition, wird haben, waren sie doch nicht für diese bestimmt. Interfraktionelle nicht! Alte Koalition, geht auch nicht! Das vorletzte war Besprechungen sind vertraulicher Natur. Die Verhandlungen des ein Vorschlag der Demokraten an das Zentrum, eine gemein- Auswärtigen Ausschusses sind sogar durch die Berfassung in fame Koalition ohne die Sozialdemokraten zu bilden. Das ihrer Bertraulichkeit geschützt. Was für sie gilt, muß finngemäß auch Zentrum lehnte höflich ab. Und dann kam der Reichs für Beratungen, der Parteivertreter gelten, die sich mit äußeren präsident, der drei Tage lang zugesehen, drei Tage lang Schicksalsfragen des deutschen   Volkes beschäftigen. sich bemüht hatte, in diesen Wirrwar Ordnung zu bringen, Wir erbliden daher in der Veröffentlichung der Borgänge in und ernannte Wirth wieder zum Reichskanzler der interfraktionellen Beratung der Deutschen Volkspartei einen von Wirth muß sich nun heute nacht seine Regierung suchen rein parteifattijchen Erwägungen diffierten, die Interessen und heute mittag im Reichstag um seine Mehrheit des Reiches schädigenden Vertrauensbruch. tämpfen. Das ist etwas Neues in Deutschland  . Bisher fand der Reichskanzler, dank der Vorsorge der Parteiführer, Hierzu möchten wir bestätigend hinzufügen: Uns waren sozusagen gleich ein gemachtes Bett. Erst war die Mehrheit Montag nachts von den Vertretern unserer Partei in der da, dann kam der Reichskanzler, tamen die Minister. Dies Sigung beim Reichspräsidenten   einige Mitteilungen über den mal ist es umgekehrt: erst ist das Kabinett da, und dann soll Berlauf der Sitzung gemacht worden mit der Bemerkung, daß sich zeigen, ob es auch eine Mehrheit hat. es sich um Vorgänge ft reng vertraulicher Natur handle, über die nichts veröffentlicht werden dürfe. Redaktion des Borwärts".

Hermann Müller  . Scheidemann  . Wels.

Geßlers republikanische Reichswehr  .

Wie die P.P.N. Hören, hat der Reichswehrminister dem Wehrkreiskommando VII in München   die Ermächtigung erteilt, bei der Beerdigung des früheren Königs Ludwig von Payern in München   eine Ehrenfompagnie zu stellen. Auch ist sie freiwillige Teilnahme von Reichswehrangehörigen an der Beifegung gestattet worden. behörden noch das Recht eingeräumt werden, Reichswehr   au Außerdem dürfte den Zivil bsperrung szweden heranzugieben, was einer Spalter bildung durch die Reichswehr   gleichkommen dürfte. Mit anderen Worten: die Beischung des Erkönigs wird für die Neichswehr der Republik   eine Gelegenheit sein, die ganze Garnison

Wenn nun das neue Kabinett Birth ein Rabinett mit der alten Politik ist, wird ihm auch heute im Reichstag   die Mehrheit nicht fehlen. Der Reichskanzler wird von rechts heftig angegriffen werden, er wird sich wehren. Am Schluß der Aussprache werden die Abgeordneten vor der Gewissens­frage stehen, ob sie durch ihre Abstimmung das Kabinett er halten oder ob sie es stürzen wollen. Es wird ihnen dabei flar werden müssen, ob sie die Verantwortung vor dem Bolle dafür tragen wollen, eine Regierung zu stürzen, ohne zu wissen, was an ihre Stelle gefeßt werden soll. Darum, weil Das neue Kabinett Wirth, das heute um 12 Uhr mittags jetzt flare Bahn geschaffen ist, weil die Regierung ihre Ver vor den Reichstag treten soll, wird fein Roalitionsta bt antwortung zu tragen hat und der Reichstag   die feine, find nett fein. Die Koalition ist von den Demokraten gesprengt wir überzeugt, daß das Kabinett Wirth heute im Reichstag worden. Auch zwischen Zentrum und Sozialdemokratie gibt eine ft art e Mehrheit oder doch eine schwa che Gegner es feine Roalition mehr. Das neue Kabinett Wirth foll sich fch a ft finden wird. nicht auf ein Parteibündnis stüßen, sondern es soll aus Poli- Der alten neuen Regierung stehen große Schwierigkeiten tikern ohne Unterschied der Partei zusammengesetzt sein, die bevor. Sie hat in der oberschlesischen Frage harte, geeignet und guten Willens sind, seine Politik zu unterstützen. Schmerzliche Aufgaben zu lösen. Sie steht in der Steuer­Das Zentrum hat seinen Mitgliedern freigestellt, in das frage vor faum zu bewältigenden Problemen. Während Kabinett Birth einzutreten oder in ihm zu bleiben. Eine ähn- die Mart fällt und alle Spekulanten sich an ihrem Fall be- Landtag erfolgenden Borlegung der Staatshaushalte für 1921/22 Das Defizit der Ordnungszelle". Zu der im bayerischen liche Haltung nimmt die sozialdemokratische Fraktion ein. reichern, steigen alle Nöte der breiten, schaffenden Massen. berichtet die Münchener Zeitung", daß der bayerische   Staats­Unbestimmt ist, wie gewöhnlich, das Verhalten der Demo Darum gibt es viele Leute, die ihr ein kurzes Leben vor haushalt für das Jahr 1921 mit einem Defizit von etwa fraten, sie überlegen in diesem Augenblick spät abends, aussagen. Aber vielleicht bestätigt sich an ihr das Sprichwort, 253 Millionen Mart abschließt.- In Bayern   regieren teine ob sie ihre Fraktionskollegen Schiffer und Geßler in daß voreilig Totgesagte besonders lange leben. Die Sozial- Sozialdemokraten!

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München   aufzubieten.