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endlich ist Dr. Josef Redlich  , der letzte Finanzminlster des zusammengebrochenen österreichischen Staates, von dem es auch bekannt<st, daß seine Politik vor und nach seiner Ministerschaft, vor und nach dem Kriege keineswegs eine solche war. wie sie den Bestrebungen der großen Masse der Oester- reicher entspricht. Nur wenn man weiß, daß diese Männer als Vertreter der Völkerbundliga gleichsam die Wegweiser der fremden Delegierten gewesen sind, versteht man die Spitze, die in der Resolution über die Kredithilfe auffällt und die gleich- sam als Zweck der Kredithllfe hinstellt, daß Oesterreich   seinen Platz als unabhängiger Staat(mit den Worten des Friedensvertrages von St. Germain) in Europa   einnehmen kann, eine versteckte Spitze, welche zweifellos im Sinne ihrer Urheber gegen den Anschluß gerichtet ist. Nur so versteht man es, daß die Delegierten nun in ihre Länder zurückkehren und dort gutgläubig mitteilen werden, daß in Oesterreich   ein Großteil der Bevölkerung n i ch t s v o m Anschlüsse wissen wolle, obwohl die Herren, welche sie unterrichtet haben, nur zu den 2 Proz. gehören, denen nach der Tiroler und Salzburger   Abstimmung 98 Proz. Anschluß- freunde gegenüberstehen. Nur so versteht man es aber auch, wenn einer der französischen   Redner darauf hingewiesen hat, daß die Oesterreicher trotz allem den Kopf oben behalten und ihren Beruf in der Kunst nicht aufgegeben, haben, wie er sich beim Besuch der Oper, die überfüllt war, überzeugt hat; er weiß nicht, daß die Preise in der Oper so hoch sind, daß fast nur Fremde und einheimische Schieber sie besuchen können, es sei denn, daß eine Volksvorstellung gegeben wird. Es ist von Schaden, wenn geladene wohlwollende Menschen, die als Delegierte zu uns kommen, das nicht erfahren, was in Oester- reich jedermann mit Ausnahme vielleicht von 2 Proz. weiß und will. Es ist von Schaden, wenn sie informiert werden von den Männern des alten Regimes, und wenn sie sich nur in den Regionen zwischen dem Hotel Imperial und dem Graben bewegen in der kargen Zeit, die ihnen zur Verfügung steht.__ Gegen den Wittelsbach-Rummel. Nürnberg  , 27. Oktober.  (Mtb.) Die Arbeiterschaft der hiesigen staatlichen Zentralwerkstätten hat durch eine mehrstündige B e- triebsein st ellung das Einziehen der Trauerfahne für den Exkönig Ludwig auf den Werkstätten durchgesetzt. Die hiesige bayerische   Gesandtschast in der Voßstraße flaggt übrigens schon seit Tagen munter auf Halbmast. Das Auer-Attentat noch immer ungeklärt. München  . 27. Oktober.  (WTB.) Die polizeilichen Erhebungen über das Revolverattentot auf den Landtagsabgeordneten Auer haben bisher zu keinem Ergebnis geführt. Der Sozial- demokratische Verein München   setzte für die Ausfindig- machung des Täters 5000 Mark Belohnung aus. Und die b a y e- rifche Regierung? Ein Schandfleck der Schutzpolizei  . Die Verhandlungen, die der preußische Untersuchung s- a u s sch u ß am Donnerstag zu führen hatte, waren ein schwarzes Blatt für die Geschichte der Schutzpolizei  . Es sollten die während der mitteldeutschen Unruhen vorgekommenen rechtswidrigen Er- schießungen und Mißhandlungen untersucht werden. Das Ergebnis war- Kußerst trübe, auch pessimistische Erwartungen wurden über- troffen. Allerdings ergab die Beweisaufnahme auch, daß die Be- teiligung der einzelnen Detachements an den teilweise bestialischen Roheiten sehr verschiedenartig war. Am meisten belastet mit Morden und gemeinen Gewaltakten erscheint das Düsseldorfer   Detachement des Grafen Poninsky, diewohldisziplinierte Mustertruppe", wie sie von den deutschnatto- nalen Verwaltungsbeamten rühmend benannt worden war. Einzelne Abteilungen dieser Truppe haben wie die Bestien gehaust und an viehischer Roheit alles Vorstellbare übertroffen. Da- gegen wußten selbst die Zeugen, die am meisten unter diesen Dingen gelitten hatten, auch Züge von Menschlichkeit anderer Schutz- volizisten zu berichten, aber das waren immer dieminderwertigen" Magdeburger   und Berliner   Schutzpolizeibeamten.
Vierzehn Zeugen wurden im ganzen vernommen. Alle Aus- sagen waren niederschmetternd. Die ersten Zeugenaussagen, Berg- mann Zettel, Landwirt Seelig, Gemeindevorsteher Fleer, behandelten Erschießungen in Bischoffrode. Fünf Männer, die sich in das Haus des Bergmanns Zettel geflüchtet hatten, wurden heraus- geholt und, obwohl sie keinerlei Widerstand leisteten, kurzerhand erschossen. Mit ihnen zugleich wurden noch zwei andere Arbeiter erschossen, die von Heldra   aus, an das Pferd eines Berittenen ge­bunden, mitgeschleppt worden waren. Dieser Vorgang ist in der Scherl'schenWoche" abgebildet worden! Der Abgeordnete Christange legte das Heft vor und die Zeugen erkannten in den an das Pferd Gebundenen auf der Photo- graphic sofort die beiden Erschossenen wieder! Ferner ist in Bischofs. rode noch die Leiche eines achten Mannes gefunden worden, bei dem die näheren Umstände der Erschießung unbekannt sind. Auf die Frage, ob sie wegen der von ihnen mit eigenen Augen angesehe- nen Erschießungen schon einmal vom Gericht, der Staatsan- w a l t s ch a f t oder der Polizei vernommen worden seien, ant- worteten die Zeugen mit einem stereotypenNein". Sodann untersuchte der Ausschuh, die Crschießunaen in Schraplau  . Auch hier ergab sich das ganz ähnliche Bild, daß wehrlose Gefangene kurzerhand erschossen worden sind, zum Teil nach grausamen Mißhandlungen. Der Zeuge Anders, Lagerhalter des Konsumvereins, wurde mit verhaftet, ohne iroend etwas begangen zu haben und auch zu den zu Erschießenden gestellt. Rur   ein Zufall rettete ihn. Den Gipfelpunkt aber bildeten die Vorgänge im L e u n a w e r k. Zeuge Werner, der bei den Gefangenen war, bekundet, daß die Verhafteten unter Schlägen mit Gummikniitteln gezwungen wurden, Deutschland  , Deutschland   über alles" zu singen und ein Hoch auf die Düsseldorfer   Schutzpolizei   auszubringen. Ganz willkürlich wurden neun Mann ausgesucht und erschossen. Die Gefangenen mußten drei Rächte ohne Strob auf dem blan- ken Betonfußboden des Silo schlafen. Daraus ergaben sich Blasenleiden. Das Avstretsn wurde aber oft stundenlang ver- boten, nachts überhaupt Wer sich zum Austreten meldete, wurde mit Seitengewehren und Gummiknütleln geschlagen. Roch gräßlicher sind die Dinge, die der Zeuge Obermaschinilt Roth bekundet, der die Rotstandsarbeiten an den Masch!- nen geleitet hat und im Werk mahnt. Obwohl er durch seine Geistes- gegenwart, als ein Artillerietreffer in den Ammoniakbehälter schlug, ein großes Unalück verhütete, wurde er wie alle Rotstnndsarbeiter schwer mißhandelt, mit Kolben oeschlogen,Soartakisten- Hund" oeschimpst u. a. Mißhandlungen hat Roth, der schließlick? auf freiem Fuß belassen wurde, in Massen aeseben. Ganze Trupps waren oboeteilt. Die einen mußten auf den Zehensvißen mit er- hobenen fiänden im kreise hüvsen. die anderen auf dem Bauche kriechen. Dazwischen arbeitete die Düsseldorfer   Schutzpolizei   immer mit Gvmmiknütteln und Seitengewehren hinein. Der Zeuge hat dann eine Anzahl barbarischer Tötungen gesehen. Einem Gefange- nen, bei dem eine Pistole gefunden wurde, wurde sofort mit dem Gewehrkolben der Schädel eingeschlagen. so daß das Geb-Irn an die Kanttvenwand spritzte, wo es nach tagelang oeklebt hat. Zwei anderen Gefangenen, angeblich Russen, wurden Revolver in die Hand gegeben und sie mußten sich selber erschießen. Der eine tat es. der andere, der zögerte, wurde von den Schutz. Polizisten erschossen. Unweit davon, am Baumagazin, lagen weitere fünf Leichen in einer Reihe, noch ihrer Lage eben- falls standrechtlich erschossen. Ein gewisser Lederer, den der Zeuge noch lange nach der Einnabme des Leunawerkee gesprochen bat. war wenige Stunden daraus erschossen. Sein Gesicht war zur Unkennt- lichkeit verstümmelt. An der vierzehnjährigen Tochter des Zeugen versuchte ein Schutzpolizeibeamter eineu Nokzochlsversuch. Als der Bater hinzukam lies er davon. Die übrigen Kumpane aber weigerten sich, den Mann festzustellen und erklärten dem empörten Bater:Das ginge ihn nichts an". Einem Verwundeten mit Becken- und Bauchschuß, der um Wasser bat, wurde das Wasser ver- weigert. Ein Wachtmeister fuchtelte ibm mit dem Revolver vor dem Gesicht herum und schrie:Mit Dir Schwein rechnen wir noch ab". Dieser Zeuge sowohl wie der Zeuge Altmeyer bezeichneten als eine der schlimmsten Bestien den Oberwachkmeister heim lso hörten sie den Namen, die Schreibweise ist ihnen unbekannt) und dessen Schwager. Während alle anderen abgelöst wurden, ließ sich Heim nicht ablösen, sondern verübte Tag und Nacht seine
Grausamkelten. Er hatte stets den Gummitnflttet tu d« Hand. Wenn ihm dos Gesicht irgend eines Gefangenen mißfiel, so schrie er: ö l z, Hölz" und fiel über ihn her. Für die Quälereien war ein besonderer Verschlag eingerichtet, die angebliche Arrestzelle, ein Seilenstück zur Breslauer Folterkammer. Dort wurden die Gefangenen hereingeführt und man hörte dann furchtbare Schreie. Ein SSjähriger Mann ist in dieser Zelle u n- unterbrochenfünfMinuten lang geschlagen worden. Als er herauskam lief ibm das Blut aus den Ohren. Drei junge Leute, die niit der Behauptung eingeliefert wurden, daß sie Schutz- Polizisten die Augen ausgestochen hätten, mußten die ganze Nacht Kniebeugen machen und wurden, wenn sie vor Er- schöpfung umfielen, geschlagen. Die am Boden Liegenden trat man auf die Hände. Ein angebliches Mitglied des Aktionskomitees wurde mit voll» kommen blutig geschlagenem Kops eingeliefert. Der Mann wimmerte vor Schmerzen. Unter dem Ruf:Du Aas willst noch blöken" wurde er weiter geschlagen. Das Tolle ist auch hier, daß ganz wie in Breslau  die Offiziere bei den Mißhandlungen lachend dabeistanden und keine Hand rührten, um die Mißhandelten zu schützen. Das ist nur eine Auslese aus zahllosen Fällen, die von den Zeugen vorgetragen wurden. Die Aussagen waren so präzis und inhaltlich übereinstimmend, daß sie den Eindruck voller Glaub- Würdigkeit machten. Aber selbst wenn man fiinfzig Prozent von den Aussagen abziehen wollte, bliebe noch immer Entsetzliches genug übrig. Daß vielen Gefangenen ihre Wertsachen, nament- lich Uhren, aber sogar guterhaltene Stiefel weggenommen wurden, sei nur nebenbei bemerkt. Auf den Ausschuß machten die Vernehmungen tiefften Eindruck. Allgemein war die Ansicht, daß diese Dinge von der Regierung weiter verfolgt werden müßten, daß es unbedingt notwendig sei, die Schuldigen zu bestrafen und die sadistischen Elemente aus der Schutzpolizei hinauszubefördern. Die Justiz hat auch hier wieder ein- mal vollkommen versagt. Die meisten Verfahren sind ein- gestellt, eine kleine Anzahl schwebt noch. Bestrast ist bis heule noch keiner. Am Freitag wird die Beweiserhebung über diesen Gegenstand fortgesetzt._ der preußische Kultusetat. Der Hauptausschuß des Landtages begann am Donnerstag die Borberatung des Kultusetats mit einer allgemeinen Aussprache. Die Ausgaben des Etats sind auf das Achtfache gestiegen. Die Steigs- rung ist zurückzuführen auf die Erhöhung der Gehälter und auf die neuerrichtete Landesschulkasse, die allein 2 Milliarden erfordert._ Abg. König(Soz.) forderte die achtsährige höhere Schule und eine fünfjährige Äufbauschule. Durch Antrüge fordert die Sozial- demokratie beschleunigte Aufstellung der Grundsätze für die A b- l ö s u n g der Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaften, Ab- ändcrung und baldigste Verabschiedung des Reichsschulgesetz- entwürfe« unter genauer Beachtung der Reichsverfassung, eventl. Vorlegung eines Reichsnotgesetzes, das die Errichtung weltlicher Schulen. ermöglicht. Die Unabhängigen verlangen in ihren 22 An- trägen u. a. die kollegiale Schulleitung, Abschaffung der täglichen Schulandachten, Oeffentlichkcit des Unterrichts, Unterstellung des gesamten Bildungswesens mit Einschluß der Berufsschulen unter dos Kultusministerium, koeducative Erziehung, Grundschule auf ach: Jahre, Abschaffung von Reifeprüfungen, Bereitstellung von Mittein zur Durchführung der Lernmittelfreiheit, Streichung von Etatsmitteln für Kirchen, Erhöhung der Stundenzahl für Leibes» Übungen, Berücksichtigung des historischen Materialismus beim Ge- schichtsunterericht. Kultusminister Becker gab einen Rückblick auf die bisher geleistete Arbeit: Beseitigt wurde die geistliche Schul- aufficht, die Reform der Grundschule vollzogen und die Schülerseibst- Verwaltung gegründet. In der Lehrerbildung wird Preußen die Führung übernehmen und öl) Seminare in deutsche Aufbau- schulen mit 6 Klassen verwandeln oder, wenn die finanzielle Lage dazu nötigt, in siebenklassige Seminare. Das Arbeilerbildungswefen ist nicht Reichs-, sondern Aufgabe der einzelnen Bildungsministerien. Der Arbeiterschaft muß für ihre Aufgaben als Gewerkschafts- s e k r e t ä r e oder für die Aufgaben in den Betriebsräten die nötige Bildung vermittelt werden. Erfreuliche Resultate sind in den Kursen in Münster   und in der A r b e i t s o k a d e m i e zu Frankfurt   erzielt worden.
Irdisthe Götter.
Don Michael Charol. Wenn man sich die realen Vorgänge vorstellt, so wird die Sache unbegreiflich:Am... ist der Krieg erklärt worden".Am... ist in... der Friede geschlossen worden",Das Gebiet von... wurde... zuerkannt", Die Kontribution beträgt...". Jeder Mensch versteht die Bedeutung solcher Sätze, weil ihm die Begriffe Krieg, Frieden, Kontribution und Landübergab« von Kind auf er- klärt und vertraut gemacht worden sind, weil er in der Gefchichts- stunde gelernt hat, daß die Zeit, die dem.Krieg erklärt" folgt, voll von Schlachtennamen ist, in denen Helden entstanden sind, die man in Bronze auf steinernen Sockeln auf den Plätzen steht. Daß die ZeitFriede geschlossen" bebeutet: man darf sich an die Mordge- schichten und Vergewaltigungen nur erinnern, sie schön aufgeputzt erzählen, Heldenbiloer an die Wand hängen und im übrigen arbeiten. Das Gebiet zuerkannt" heißt: das Grenzhäpschen undhaben Sie Zoll zu bezahlen?" an einer anderen Statton zu erwarten sind, und die farbigen Flächen in dem Atlas mit etwas anderen Konturen erscheinen. Und dieKontribution beträgt" äußert sich als eine Zeitungsnotiz, daß die fremde Regierung der eigenen oder die eigene der fremden eine Summe von lächerlich grotesker Ausdehnung, für die gar kein Begriff existiert, bezahlt hat. An seinem eigenen Leib, unmittelbar, spürt der einzelne nur dasKrieg erklärt", und es einmal erlitten, schützt er sich mit allen Mitteln vor der Wiederholung. Unter demDas Gebiet zuerkannt" leidet nur der, der das Unglück hat, gerade in diesem Gebiet zu leben. Mit dem.Kontribution beträgt" steht niemand in unmittelbarer Beziehung. Jeder spürt eine Teuerungswelle und kämpft gegen sie durch Gehaltsforderungen. Klagt über die hohen Steuern. Und wenn er ganz unverständig ist. schimpst auf die neue Regierung und »ergleicht die Zustände unter ihr mit den Vorkriegszuständen. Das Gemeinsame dieser Taten, die durch die obigen und ähnliche Sätze ausgedrückt werden, wird aber nur selten beachtet, wird gar nicht vergegenwärtigt, weil einmal richtig durchdacht es in seiner Absur- dität überhaupt nicht mehr möglich wäre. Denn was ist der konkrete Borgang, dessen Ende diese verhäng- nisvollen Sätze bilden? In irgendeiner Stadt versammeln sich einige Männer in einem Saal, sehen einige Schriftstücke voll Zahlen durch, also voll der abstraktesten Zeichrtl, die ganz schematisch Menschen, Vieh, Waren, Bodenschätze usw. in Kolonnen nebenein- ander aufgereiht haben, und verkünden: morgen hat diese Zahl da und da zu sein, um zerstückelt, vernichtet, ermordet zu werden... morgen wird diese Zahl von Haus und Hof gejagt werden, morgen haben die Menschen ihre Sprache abzulegen, ihr Gewerbe aufzu- geben und dem Ungewissen entgegenzugehen.... morgen wird der und der Teil ihres Vermögens ihnen weggenommen, wenn sie bis setzt nach langer Arbeit und schweren Mühen einen Anzug und zwei Hemden haben durften, sie jetzt ohne Weste und nur mit einem Hemd auskommen müssem Wenn sie bis setzt ein Pfund Brot aßen, sie von nun an nur dreiviertel Pfund essen und wenn sie hungrig sind, die Rinde von den Bäumen kauen sollen.... weil weil es uns hier in dem Saal von unserem satten Standpunkt aus, in unserem bequemen Sek' bei dem Rauch unserer guten Zigarre rtchtig erscheint,
Es ist schon viel, wenn diese Männer, die so sprechen, die Menschen, über deren Schicksal sie urteilen, je gesehen haben. Sie wissen von ihnen nichts als daß sie leben, wissen, wieviele jedem Beruf angehören, sprechen, wenn es gut geht, noch dieselbe Sprache, was nicht immer der Fall ist und maßen sich doch die Rechte an, die ein gläubiger Mensch nur dem Inbegriff der höchsten Weltmacht, Gott, die der Fatalist nur dem geheimnisvollen finsteren Etwas, dem Schicksal, zuerkennt. Das Unfaßbare ist jedoch nicht, daß diese paar Menschen Un- geheuerlichkeiten bestimmen, es gibt ja viele Arten von Wahn und von Vergnügen. Das Widersinnigste ist, daß ihre Sprüche sich wirk- lich erfüllen, als wären sie in der Tat Götter, nur zufällig in Men- fchengestalt. Als wären sie in der Tat berechtigt, nach ihrem Gut- dünken Tod und Elend zu säen, sich über die ganze übrige Well zu erheben. Wie ist dieses möglich? Rur   dadurch, daß die Menschheit ohne nachzudenken den ihr von diesen Männern eingedrillten Redensarten und Glaubenssätzen folgt. Rur   dadurch, daß sie sich abgewöhnt hat selbständig zu denken. Und hauptfächlich dadurch, daß ein jeder, der um ein Verbrechen weiß, schweigend mitttit, solange es für ihn vor- teilhast ist und ihn nicht öffentliib brandmarkt. Auf dieser Sitte der Menschen beruht die ganze Macht der irdischen Götter. Sie kaufen sich die Schergen. Sie taufen sie sich aus tausend verschiedene Arten, je nach den Veranlagungen des einzelnen. Durch Geld, Ehre, Ueberredunq und Furcht. Sie haben ein herrliches Prinzip: sie ver- nichten in jedem Augenblick eine geringere Anzahl von Existenzen als die Zahl der ihnen folgenden, sich bereichernden ist: so daß ihre Macht stets größer als der Widerstand erscheint. Da sie aber jeden Augenblick vernichten und sich stets anderer Schergen bedienen und die gestern Belohnten die morgen Aufgespießten sind, versinkt die ganze Welt immer mehr in Elend, während die irdischen Götter immer furchtbarer und mächtiger erscheinen. Und alles nur, weil die Menschen im Vertrauen zu den Worten dieser irdischen Götter nicht selbständig denken, und alauben vor Göttern zu stehen wo nur Götzen sind, allein durch die Kraft der sie Haltenden stark, in Wirk- lichkeit ebenso winzig, ebenso hilflos wie jedes ihrer Opfer. Ein Nichts in dem Augenblick, in dem die Menschen es wollen.
Kunst und Moral". Eine vortreffliche Illustration zu unserem Artikel.Kunst und Moral"(Nr. 506) bildete ein Prozeß, der gestern vor der 4. Strafkammer des Landgerichts II unter Vorsitz eines Landgcrichtsrat Ellend verhandelt wurde. Er richtete sich gegen den Kunsthändler Wolfgang Gurlitt  , in dessen Verlag eine Samm- lung von Ausschnitten aus der Kulturgeschichte unter dem TitelD e r Venuswagen" in 9 Bänden erschienen und an Subskribenten abgegeben worden ist. Künstlerische und literarische Mitarbeiter an der Publikation waren unter anderem: Lovis Eorinth, Walter R ö ß n e r, Willi I a« ck e l, Heinrich Zille  , Heinrich Lauten- sack, Willi Geiger  . Diese Leute haben die nach Meinung der Siaatsanwaltschaftunzüchtigen Schtiftwerke und Abbildungen" pro- duziert. Den die Anklag? unterstützenden Sachverständigen Prof. B r u n n c r und Prof. S ch l i ch t i n g(1. Borsitzender des Vereins Berliner   Künstler!) standen die Gutachten des Reichskunstwarts Redslob, des Staatsanwalts a. D. Bulcke und Bern- bard K«»<«rmann gegenüber.
Das Gericht machte sich den Standpunkt der Brunner und Schlichtina zu eigen, erklärte, wohl zu wissen, daß ein gewisser Zwie- spalt zwischen dem Urteil der Künstler und Kunstsachverständigen auf der einen und der Rechtsprechung auf der anderen Seite besteh«, be- dauerte, daß das Gesetz für diesen Fall eine Geldstrafe von nur 1000 M. als Höchstmaß bestimmt habe, verurteilte Gurlitt zu dieser Strafe und oerfügte die Beschlagnahme einiger Bände und Einzelblätter des Sammelwerks. Nach dem, was wir neulich hier ausgeführt haben, können wir uns jede Glossierung dieses Urteils schenken. Die Auerochsengruppe in Königsberg  . Aus Königsberg   i. Pr. wird uns geschrieben: Dem vor kurzem dahingeschiedenen großen deutschen   Tierbildhauer August Gaul   danken wir ein Kunstwerk, das. in seiner Art einzig dasteht. Es ist die A u e r o ch s e n g r u p p e i n K ö n i g s b e r g. Sie zeigt auf einem steinernen Sockel, der sich am Ende eines viereckigen Wasserbeckens erhebt, zwei kämpfende Auerochsen. Beide haben ihre mächtigen Köpfe gesenkt und fassen sich gegenseitig mit den Hamern. Die kolossalen Leiber sind in höch» ster Erregung, die in der glänzenden Muskelplasttk anschaulich wird. Man wollte mit diesem Denkmal in Königsberg   die Erinnerung an den Recken des altgermanischen deutschen   Waldes in der Plastik festhalten. Heute wird der Auerochse oft genug mit dem W i- s e n t verwechselt, von dem bisher noch Herden im Urwalde von Bialowics und in den Plesser Forsten erhalten geblieben waren. Oer Auerochse, der als das eigentliche Urrind zu gelten hat, ist aber schon vor Jahrhunderten ausgestorben. Vis zum 14. Jahrhunderl war er noch in den Wäldern Pommerns   zu finden: bis zum 16. noch in der mosurischen Wildnis. Am allerlängsten hat er sich wohl in den damals noch unzugänglichen Dickichten des Spreewaldes gehalten, wo er nachweislich noch 1682 angetroffen worden ist. Die letzten Auerochsen wurden in fürstlichen Tiergärten gehalten, sind aber anscheinend bis spätestens 17>X) ausgestorben, wahrscheinlich schon eher, so daß die wilden Ure im Spreewald anscheinend die letzten ihrer Art waren. Literatur-Nobelpreis für Hardy oder Galsworthy  . Nach Mit- teilung der Stockholmer ZeitungDagens Tiding" dürste der dies- jährige Nobelpreis, der bekanntlich rund 159 999 schwedische Kronen(nach jetzigem Kurie etwa 5 Millionen Papier- mark) beträgt, aller Wahrscheinlichkeit nach einem Engländer zu- fallen. In erster Linie kämen hierfür Thomas Hardy   und John Galsworthy   in Betracht, die bereits bei früherer Gelegenheit mehrfach vorgeschlagen waren. Weit geringere Aus- sichten hätten H. G. Wells und Bernard Shaw  . Aus anderen Ländern werden als mögliche Kandidaten ge- nannt die Franzosen H'nri Bcrgscm, Paul Claudel   und Marcel Prevost  , von Deutschen   Thomas Mann   und vo» Dänen Georg Brandes  . Wiederaufnahme des Telegraphenverkehrs durch Russisch-Asien. Bekanntlich hat unlängst dieGroße Nordische Tele» g r a p h e n g e s e l l s ch a f t". die ihren Hauptsitz in Kopenhagen  hat und die früher bereits den Drahtverkehr bis nach Asien   hinein besorgte, von der Sowjetregierung die Konzession für sämtliche telegraphischen Verbindungen mit Europa   erhallen. Die während des Kriege» schwer beschädigten Anlagen sind