Nr. 521 38.Jahrgang
Beilage des Vorwärts
In dem gestrigen Abendblatt hatten wir eine erste Nachricht über einen Prozeß gebracht, der vor dem Potsdamer Geschworenengericht begonnen hat und in dem sich 13 ehrbare Arbeiter wegen Landfriedensbruch zu verantworten haben.
Der Schwurgerichtssaal bietet das Bild eines großen Prozesses. Im Zuhörerraum ist neben den Angeflagien Schußpolizei postiert, die sogar gegen 11 Uhr noch verstärkt wird; man stellt sie neben den Zeugenständen und am Eingang zum Verhandlungsraum auf. Das Ganze tonnte tatsächlich den Eindruck erweden, als ob Mörder und schwere Verbrecher abgeurteilt werden sollen.
Die Verteidigung liegt in den Händen der Rechtsanwälte Dr. Siegfried Weinberg, Obornider- Berlin und Sarmuson- Potsdam. Die Auslosung der Geschworenen bringt eine gründliche Siebung von seiten der Verteidigung, denn bei der vor drei Wochen erfolgten Auslosung waren außer einem Vertreter der Arbeitnehmerschaft als Geschworene nur Männer der Beamte..schaft und der befizenden Klaffe ausgeloft worden. Dieser Geschworene, Schlosser Bergemann, murde heute von der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Rechtsanwalt Weinberg verlangt, daß mit den Belastungszeugen auch gleichzeitig die Entlastungszeugen vernommen werden. Der Vorsitzende weist darauf hin, daß selbstverständlich größte Objektivität hier herrscht.
Der Tatbestand soll der folgende sein: Der deutschnationale Jugendbund in Dahme feierte am 19. Juni sein erstes Stiftungsfeft. Der Jugendbund zog mit der schwarzweißroten Fahne am Nachmittag durch die Straßen von Dahme und wollte am Rathaus Aufstellung nehmen. Davon hatten die drei Linksparteien gehört. Sie postierten die Barteigenossen vor das Rathaus, um die Kundgebung hier zu verhindern. Als der Jugendbund mit seinen 18- bis 20jährigen Mitgliedern eintrat, entrissen die Angeklagten diesen fofort die Fahnen und zerbrachen den Fahnenstod. Der Prozeß hat schon einmal das Potsdamer Gericht beschäftigt, und zwar die Straffammer. Diese fühlte sich für unzuständig und verwies die Sache an das Schwurgericht.
Die Bernehmung der Angeklagten ergab, daß seit dem KappButsch sehr harte politische Gegenfäße in Dahme geherrscht haben. Der Zeuge Polizeimachtmeister Miendorf sagt aus, daß, als die Fahnen aus dem Schüßenhaus getragen wurden, die Menschen wie eine Welle gegen die Fahnen losgegangen seien. Dabei soll der Angeklagte Liefche gerufen haben: Nicht schlagen, aber die Fahne muß runter!" Die Polizei selbst war bei dem Fahnenstandal vollständig eingeteilt. Endlich gelang es zwei Beamten, den Fahnenstod zu erfassen, und
man. los."
in den Händen der Polizeibeamten zerbrach der Fahnenstod. Die Musikkapelle wurde polizeilich aufgefordert, luftige Weisen zu fpielen und weiterzuziehen, damit die Menge fich zerstreue. In diesem Moment langte der. Angeklagte Frizz Friese mit feinem Spazierstod nach der Fahne und holte sie herunter. Ein Polizeibeamter will ge hört haben, daß der Angeklagte Rothenburg gerufen habe: Nanu Bei der Vernehmung der Angeklagten ergibt sich auch, daß der erste Angeklagte Karl Friese aus Dahme gar nicht daran beteiligt gewesen ist. Dieselbe Feststellung wird bei dem Angeklagten Richard Beriß gemacht. Dieser Angeflagte, ein Familienvater von fünf Rindern ist nur zufällig vorbeigegangen, als der Fahnenkampf im vollen, Gange war. Auch der dritte Angeklagte, der Zigarrenhändler Schuhmann, weiß feinerlei Angaben über den Borfall zu machen. Auch er ist nur durch Zufall vorbeigekommen und hat nur den Haufen Menschen gesehen.
Cin Zeuge, der Kreisarzt aus Herzberge Dr. Geisler, befundete, daß faft fämtliche Angeklagten sich bei der Fahnenherunterreißung beteiligt hätten. Er selbst wurde dabei verprügelt.
Der Nachmittag wurde mit Bernehmungen der Festteilnehmer ausgefüllt. Alle diese Zeugen des Deutschvölkischen Schutz- und Truzbundes belasteten die Angeklagten sehr schmer. Der Zeuge Kreisarzt Dr. Kettlitz aus Dahme hefundet, daß er jo in Wut über diesen Fahnenstandal gewesen sei, daß er
die Polizei zum Blantziehen aufgefordert habe. Das hätten die Beamten aber leider abgelehnt. Bei der Bernehmung des Apothekers Jakob aus Dahme stellt es sich heraus, daß dieser selbst die Anzeige gegen die Angeflagten erstattet hat. Mit lauter Stimme rief er in den Gerichtssaal hinein: Ich bin ein politischer Gegner der Angeklagten." Dieser Zeuge ist schon einmal von einem Botsdamer Gericht wegen Beamtenbeleidigung
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Dore Franzius las meiter mit ihrer falten, eisigen Stimme, bei jedem Komma innehaltend; die Punkte überfah fie bismeilen. Dann gab es Mißverständnisse.
Werner riß die Augen weit auf. Er begriff nicht recht, warum der Bater all dies schrieb. Nun mußte er in dem alten langweilign Atlas alles nachsehen. Und morgen fing sowieso die Schule an.
Frau Görke seufzte:„ Solch eine Reise muß herrlich sein. Aber das Geld, das sie foftet! Das Geld! Und findest du nicht auch, daß er etwas lange braucht, ehe er nach Hause tommt?"
„ Es ist doch wegen des Klimas, Mutter," sagte Thea. Und auch Henning fand, daß es des Klimas wegen sei.
Nur Julius Görte sprach aus, was sie olle dachten:„ Es fcheint ihm nicht sehr zu eilen. Man bangt sich doch am Ende nach Hause. Und sein Urlaub ist doch auch nicht ewig. Und das Geld braucht auch nicht gerade bei der Gesellschaft da unten zu bleiben."
Die lekte Karte ist schon aus Berlin . Uebermorgen ist er hier," sagte Dore Franzius. Sie war im Grunde einer Meinung mit dem Bater. Aber hatte es einen Rweck, darüber zu reden? Ihr Mann wurde nicht anders. Und wenn man ihm Borwürfe machte, tam er womöglich gar nicht. Das letztemal, vor zwei Jahren, wäre er fast noch in Köln wieder umgekehrt. ,, Er ist mit Lothar zusammen."
Fräuleins Herz flopfte.
aus dem§ 51 freigesprochen worden. Die Aften über diesen Prozeß Jakob sollen heut zur Stelle geschafft werden. Noch über 25 3eugen sind zu vernehmen. Das Urteil dürfte nicht vor Sonnabend gefällt werden.
Freitag, 4. November 1921
längerer Zeit in dem Keller lagerten und von der Einwohnermehr dort untergebracht worden waren.
Bor Gericht erklärte a end schte, er habe die Waffen schon deshalb der Kollegenschaft zeigen müssen, damit ihm nicht von Geg nern nachgesagt werden fönnte, die ganze Geschichte sei erlogen. Das Waffendepot bei der„ Victoria ". Weil aber dann bei der allgemeinen Erregung zu fürchten war, aß Landfriedensbruch - Prozeß gegen zehn Versicherungsangestellte. richten würden, was mit lautem Geschrei schon angedroht wurde, Angestellte sich der Waffen bemächtigen und fie gegen die Direktion Vor dem Schwurgericht des Landgerichts I Berlin begann habe er die Zerstörung für nötig gehalten, um gestern ein großer Prozeß wegen der am 22. Dezember 1919 erfolgten unheil zu verhüten. Er selber habe zwei oder drei Jn. 3erstörung von Waffen, die im Keller des Berliner fanteriegewehre zerschlagen, worauf die übrigen Waffen von anderen Bureauhouses der Victoria "-Bersicherungsgesellschaft in der zerstört worden feien. Haendschte sprach auch von Zurüstungen, die Lindenstraße von Angestellten aufgefunden worden waren. AnWas Deutschland in Oberschlesien verliert.
21.6%
Von den 2073 663 Einwohnern des Abstim mungsgebietes verbleiben nach erfolgter Trennung bei Deutschland 1196 789 Einw.
Der Verlust an Bodenschätzen in Oberschles: Zink 100% Hohle Blei und Silber Eisen
63
100%
86%
75.4%
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Weitere Verluste:
Von den im Betrieb befindlichen 67 Steinkohlengruben fallen 53 an Polen ; von den 4staatlich. Steinkohlengruben fallen 3 an Palen; der Eisenerzbau fällt vollkommen an Polen Von den 16 Zink- und Bleierzgruben Fallen 11an Polen, Von den 8 Hochofenwerken fallen 5an Polen , Von 15 Eisen- und Stahlgießereien erhält Polen 15. Von den 14 Stahl- und Walzwerken fallen 9 an Polen . Die gesamte Zink- und Bleiindustrie fällt an Polen , welches auch die vorhandenen Blei- und Silberhülten erhält.
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einen regelrechten Kampf gegen die Angestellten hätten erwarten. lassen. So sei in einem der„ Bictoria" gegenüberliegenden Hause der Lindenstraße am Frontgiebel eine Lute ausgebrochen und hinter ihr ein Maschinengewehr aufgestellt worden. Die anderen Angeflagten gaben teils an, sich an der Zerstörung der Waffen beteiligt zu haben, teils erklärten sie, nur Waffentrümmer aufge hoben und wieder zur Erde geworfen zu haben. Mehrere von ihnen hatten, um eine Schießerei zu verhindern, aus Waffen die Schlösser herausgenommen, was zum Teil auch schon im Keller auf Haendschkes Anordnung geschehen war.
In der Beweiserhebung wurde als erster der Belastungs zeugen der Zahnarzt Richard Falz vernommen, der damals Leiter der Einwohnerwehr, Gruppe Hallesches Tor,
war. Jene Waffen seien, befundete er, schon lange vor dem Lohn streit im Bictoria"-Gebäude untergebracht worden, und zwar auf Bitten von Angestellten, die bei einem etwaigen Putsch eine Be setzung des Hauses fürchteten. Einige im Hause wohnende An. gestellte feien auch in die Einwohnerwehr eingetreten, um so zu Waffen zu kommen. Falz behauptete, bei seiner Einwohnerwehrgruppe feien Mitglieder der verschiedensten politischen Parteien gewesen, auch der UEP. Zur Klärung der Frage, wer durch die Waffenzerstörung geschädigt ist und berechtigt war, den Strafantrag zu stellen, soll noch Major, Janßen, früherer Leiter der Zentralftelle der Einwohnerwehr beim preußischen Ministerium des Innern, geladen werden. Zwischen Falz und den Verteidigern fam es zu erregten Auseinandersetzungen darüber, ob er dazu berechtigt war, in dem ,, Victoria "-Gebäude ohne Wissen der Direktion ein Waffendepot anzulegen. Zur Kennzeichnung dieses Zeugen Falz dient auch seine Aeußerung des Bes dauerns, daß die herbeigerufene Sicherheitspolizei nicht sofort ,, durchgriff", weil ihr Führer zauderte. Er sagte:„ Die Herren( er meinte die Angestellten) hätten sich wahrscheinlich gefreut, wenn fie nur mit ein paar Kragmunden davongekommen wären." Die Bernehmung des Generaldirektors Utech und des Direktors Riede ergab, daß Falz tatsächlich auf eigene Fauft das Waffendepot angelegt und fie, nicht um ihre Genehmigung ge beten hatte. Utech versicherte, er würde die Unterbringung der Waffen im ,, Victoria " Gebäude, wenn er davon gewußt hätte, unter feinen Umständen geduldet haben.
geklagt sind des Landfriedensbruches zehn Angestellte der Sehr eingehend wurden eine Reihe Zeugen darüber ver Victoria ", von denen die meisten noch heute Stellung bei ihr nommen, ob zur Zeit des Tumults auch andere Personen als die haben. Der Angeklagte ha en dichte wird beschuldigt, Rädels- rottung" eine öffentliche" gewesen wäre. Der Bortier erklärte, Angestellten den Hof betreten fonnten, so daß die zusammen. führer" gewesen zu sein. Den Vorsiz führt Landgerichtsdirektor rottung" eine öffentliche" gewesen wäre. Der Bortier erklärte, Dr. Bernau, die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. Burchardy, er habe seinen Bosten nicht verlassen und würde keinen Neugierigen die Verteidigung haben die Rechtsanwälte Dr. Korach, Dr. Ball, durchgelassen haben. Dr. Richter, Dr. Büllichauer. Geladen find 36 Beugen. Heute wird die Berhandlung fortgesetzt.. Der Prozeß führt zurück in die Zeit des großen
Lohntampfes der Versicherungsangestellten,
Die Ursachen der Zuckerteuerung.
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ed
der nach Kündigung des zwischen dem Zentralverband der AnUeber die Ursachen des jezigen Zuckermangels und der un gestellten und dem Arbeitgeberverband der Versicherungsgesellschaften sinnigen Berteuerung dieses wertvollen Nahrungsmittels machte bestehenden Tarifvertrages einfegte. In einer Angestelltenversamm lung im Zirkus Busch wurde ein vertrauliches Schreiben des Ar gestern Genosse Bäftlein vom Zentralverband der Konsumgenossens beitgeberverbandes verlesen, der in Aussicht stellte, daß schaften im Reichswirtschaftsrat bemerkensmerte Mitteilungen d man Sicherheitspolizei heranziehen und nötigenfalls Das Bucersyndikat, das jezt nach Aufhebung der Zwangswirt auch Fühlung mit der Reichswehr nehmen werde. fchaft sozusagen die Zuckerwirtschaft führt, hat nämlich trotz guter erregte bber mehr, da bei dem bis Ernte nur ein Sechstel der diesjährigen Zuckerfabrikation zum Ver Diese Nachricht erregte die Angestellten dahin durchaus ruhigen Verlauf der Lohnbewegung fein Anlaß zu fauf freigegeben, obwohl es vorher hieß, daß Zuder im Ueberfluß derartigen Maßregeln gegeben war. Haendichte hörte dann von vorhanden sei. Die Folge davon war, daß der Handel schlecht, die einem Gerücht, daß im Bictoria" Bureauhaus in der Lindenstraße Berbraucherorganisationen so gut wie gar nicht mit Zuder be sogar schon ein Waffende pot angelegt worden sei. liefert wurden. Wie immer, wenn die Ware fnapp ist, erhöhen Er und mehrere Kollegen gingen auf die Suche und ermittelten im jeht die Händler die Preise, während sich die Massen beeilten, Ware Keller zwölf Infanteriegewehre, zwei schwere Maschinengewehre, drei einzukaufen. So stiegen die Preise und so erklären sich auch die leichte Maschinengewehre, dazu Munition und sonstigen Zubehör. Unterschiede im Buderpreis in verschiedenen Gegenden. Mit Recht Sie schafften das alles auf den Hof, um es den hier zusammen. verlangte Genosse Bäftlein nicht nur eine scharfe Handhabung der strömenden Angestellten zu zeigen, und es fam dabei zu sehr er Wuchergeseze, sondern auch die Freigabe des doppelten Zucer regten Auftritten, in deren Verlauf die Waffen zerstört quantums, nämlich eines Drittels der Ernte für den Handel. Wenn wurden. Erst hinterher wurde bekannt, daß die Waffen schon seit genug Angebot da ist, so müssen sich die Verkaufspreise mehr den " Dide Freundschaften dauern nie lange," erflärte Görte. " Das ist aber schade." Frau Görte seufzte. Hermann hat guten Einfluß so nötig.
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,, Bielleicht geschieht es aus Eifersucht," begann Thea
wieder.
" Diese Damen sind aber so," flagte seine Frau.„ Und dut weißt selbst, Thea, wie zufrieden wir im ganzen mit diesem Fräulein sein fönnen!"
Ja, ja, ist ja schon gut, Mutter."
Thea ging zur Beranda und nahm eine Rose aus der „ Eifersucht? Aber Thea, du redest töstlich." Henning Base. Sie war von Henning... Im nächsten Monat heiratete fie Henning. Im nächsten Monat... Und in den nächsten lachte lange und gründlich. Thea fuhr ihn nervös an. Lach nicht so laut! Es macht Tagen tam Lothar. Aber ich muß ihn sprechen, schwor sie sich ich muß ihn sprechen. Und wenn er nicht fommt, rufe mich ganz fribbelig. Du weißt das ganz gut." Henning hörte zu ich ihn. fofort auf. ,, Ja, auf wen ist er denn eifersüchtig?"
Ich weiß nichts Genaues. Nur scheint Lothar in Berlin oder hier in Danzig - das weiß ich nicht genau cin Liebchen zu haben."
„ Thea!"
Fräulein trat das Blut ins Gesicht, und es traf wieder zurück. Sie spürte ihr Erröten und Erblassen. Sie wollte etwas sagen, aber sie brachte fein Wort heraus. Was war nur
mit Thea?
Ein ganz gewöhnliches Mädchen," fuhr Thea fort, und ihre Worte hatten eine bissige Schärfe, die Fräulein nie an ihr wahrgenommen hatte. Heiraten wird er sie natürlich nicht. Sie dient bei einer Familie als Gouvernante oder Fräulein
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oder so was."
von
Einen Augenblid war es ganz still auf der Beronda. Fräulein stand auf und schob mit einem Rud die Arbeit sich.
"
Bfui," fante fie und ging hinaus.
Then biß sich auf die Lippen. Sie war dumm gemesen. Ihr Gefühl mer mit ihr durchgegangen, und fie hatte sich por Fräulein entblößt. 21ber fie fonnte nichts dafür. Warum hatten sie von Lothar gefprochen? Konnten fie verlangen, daß Fräulein mor ohne Schuld. und sie fonnte sie sonst gut leiden; aber hierauf durfte nicht die Rede tommen. Das aing über Menschliches hinaus. Sie sollten sie in Ruhe lassen. Mit Lothar und mit allem.
Mit Lothar?" fagte Thea möglichst gleichgültig. Dann fie ruhig zusah, wie eine ondere mit ihm glücklich wurde?. tommt Lothar mohl mit ihm?" Wahrscheinlich."
Fräulein bemerkte wohl, wie Thea von Henning ein wenig abrüdte. Einen Augenblic trafen sich die Blicke der beiden jungen Mädchen, und Fräulein erschrat über den Haß, der sie aus Theas Augen onblitzte.
" Da wird sich Hermann freuen," sagte. Frou Görte. Ach wo." Thea lachte. Die Freundschaft ist schon ab gefühlt." Das wußte ich ja gar nicht?"
" Das ist nicht recht von dir, mein Kind," begann Frau Görfe.
Ja, es ist mir so entfahren," sagte Thea und lachte. Na, ich moche es schon wieder gut."
Wenn man in Stellung ist, darf man auch nicht so empfindlich sein," sagte Julius Görke.
preme
Henning trat zu ihr. Was ist dir, Kind?"
Sie war nicht imstande, ein Wort zu sagen. Sie zer
fnitterte die Rose in ihrer Hand und warf sie in den dunklen Garten. Und Tränen traten ihr in die Augen, als sie es tat. Thea war unzufrieden mit sich und allen.
dachte sie, ich muß fort. Aber wohin? Wohin? In dieser Nacht schlief Fräulein wenig. Ich muß forf,
Zwischen diesen beiden Polen schwebten alle Gedanken dieser Nacht.
Was bis heute mur in der dunklen Schale der EmpfinDungen geschlummert, hatte sich verdichtet und die Schale ge sprengt in überwältigendem Ausdehnungstrieb und glizerte und blinkte fie fristallhell an: Sie gehörte nicht zu ihrer Umgebung; sie gehörte aber auch nicht zu den Dienstboten- fie stand zwischen den Klassen.
Und Fräulein fah nun deutlich das Tragische ihrer Lage: Sie hatte die Nernen der einen Klaffe. die flechtgeschütten Mernen und eine hüllenlose Seele. Die bei jeder Berührung schmerzte.- und sie hatte die Arbeit und die Leiden der anderen Klasse, die Stöße und Büffe des Schicksals mit ihrem täglichen Brot schlucken mußte. Sie war zwischen den Klassen.
Sie hatte Familienanschluß. ja: sie war an die Familie angefchloffen, angefettet. Aber sie war nicht eingeschlossen. Oh, die Sprache war ein feinfühliges Instrument.
Wir sollen alle diese Dinge wissen- Sprachen und Haus. halt und Tausenderlei. Mir sollen bis in die Fingerspiken voller Tatt fein. Unsere Seele soll in den Schwingungen der anderen mitfchwingen. Und wenn plötzlich meine Nase fie ärgert, fagen sie es mir und jagen mich fort. ( Forts. folgt.)