Nr.523+ 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 264
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Sonnabend, den 5. November 1921
Deutsch- französischer Aufbauplan.
Berlin, 4. November.( WTB.) Auf Einladung des Allge- Berhandlungen zwischen der deutschen und französischen Regie meinen französischen Gewerkschaftsbundes und der Gerung geflärt werden müffe. Im übrigen konnten die deutschen wertschaftsorganisation der Technifer in Industrie, Handel und Bertreter erwidern, daß Landwirtschaft hat der Allgemeine, Deutsche Gewert.
die deutsche Arbeiterschaft mit Freuden bereit schaftsbund, die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände sei, gemeinsam mit ihren französischen Arbeitsbrüdern an der Wiederund der Bund der technischen Angestellten und Beamten eine aus herstellung der zerstörten Gebiete zu arbeiten, um der obdachlosen den Herren Kaufmann, Saffenbach, Silberschmidt und Dr. Wagner Bevölkerung wieder ein Dach zu schaffen und dadurch zur Wiederbestehende Kommission nach Paris entsandt, um über die Wieder- annäherung und Versöhnung der beiden Völker beizutragen. Von herstellungsarbeiten in einem Teile des zerstörten Gebiets zu ver- franzöfifcher Seite wurde ausgeführt, daß der Gedanke der Wiederauch die Haupttriebfeder der Franzosen sei und daß die Geschädigten annäherung und Versöhnung, gefördert durch gemeinsame Arbeit, der Mitwirkung deutscher Arbeitskräfte mit Freuden entgegensehen.
handeln.
Der von den französischen Arbeiterorganisationen aufgestellte Plan geht dahin, in der gänzlich zerstörten Gegend zwischen Péronne und Chaulnes
durch gemeinsame Arbeit deutscher und französischer Arbeiter und Techniker
elf Dörfer, die vor dem Kriege 750 Häuser und 3740 Einwohner zählten, wiederherzustellen. Bon seiten der französischen Organi fationen ist ein großzügiger Plan ausgearbeitet worden, der mit einer Neuverteilung der Baupläge und der Felder rechnet und bereits die Zustimmung des größten Teils der Geschädigten gefunden hat. Die Kosten der Wiederherstellungsarbeiten werden auf 60 Millionen Frant veranschlagt.
Die Ausführung der Arbeiten soll durch eine von den intereffierten Arbeiter und Techniferorganisationen zu bildende wirt schaftliche Organisation mit Ausschluß von Privatunternehmern erfolgen. Die wirtschaftliche Organisation soll ohne Gewinn arbeiten. Die Geschädigten sollen ihre Wünsche der Organisation mitteilen, wobei die Wünsche nur soweit Berücksichtigung finden können, als fie in den Gesamtplan hineinpassen.
Die Regelung der Finanzfrage haben sich die französischen Gewerkschaften in der Weise gedacht, daß innerhalb des Rahmens der Bestimmungen von London und des Abkommens von Wies. baden, ohne daß dadurch eine weitere Belastung Deutschlands herbeigeführt wird, die zur Verfügung gestellte Arbeitsfraft, ebenso wie bisher die gelieferten Materialien
Deutschland gufgeschrieben
werden. Die Geschädigten hätten zu diesem Zwed die ihnen von
der französischen Regierung übergebenen Entschädigungsanweisungen an die wirtschaftlichen Organisationen abzuliefern. Die franzöfifchen Unterhändler stimmten mit der von den deutschen Bertretern geäußerten Meinung überein, daß hierzu von diesen feine Erklärungen abgegeben werden könnten, daß diese Finanzfrage vielmehr durch
Den deutschen. Bertretern wurde Gelegenheit gegeben, unter sachverständiger Führung die in Betracht kommende Gegend zu be fichtigen und in einer Reihe von Sizungen den französischen Borschlag zu besprechen.
In einer Zusammenkunft mit dem französischen Aufbauminifter Coucheur, bei der auch die deutschen Vertreter anwesend waren, wurde von dem Führer der Delegation, dem Sekretär des franzöfifchen Gewerkschaftsbundes Laurent an den Minister die Frage gerichtet, ob er bereit sei, der Verwendung deutscher Arbeitsfräfte in dem in Betracht kommenden Gebiete zuzustimmen, ob er die Errichtung einer deutsch- französischen wirtschaft lichen Organisation, für die noch die gefeßliche Form gesucht werden müsse, genehmigen werde und ob die französische Regierung bereit fei, zusammen mit der deutschen Regierung einen Weg zu fuchen, der gestatte, innerhalb der bisherigen Abkommen und ohne daß dadurch eine Mehrbelastung Deutschlands eintritt, die deutsche Arbeitskraft Deutschlands in Rechnung zu stellen. Der Minister erklärte, daß er dem Plan
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Die Preußenkrise vor der Lösung?
Die Sozialdemokratische Fraktion des Preußischen Land tags beschloß gestern, nach langen bewegten Auseinanderfehungen mit 46 gegen 41 Stimmen, ihre Unterhändler zu Berhandlungen auf der Grundlage der großen koalition zu ermächtigen.
Die von den Fraktionsvorständen in Aussicht genommene Minifterlifte sieht folgende Besetzung vor: Ministerpräsident Leinert( Soz.), Ministerium des Innern: Severing( Soz.), Ministerium für Handel und Gewerbe: Braun( Soz.),
Justizministerium: Am Zehnthoff( Zentrum), Wohlfahrtsministerium: Zentrum,
Otto
Landwirtschaftsministerium: Wendorf( Demokrat), Kultusministerium: Dr. von Campe oder Dr. Boelit ( Deutsche Volkspartei),
Finanzministerium: Dr. v. Richter oder Dr. Leidig ( Deutsche Volkspartei).
Für die Regierungsbildung wurden vorläufig nachstehende Grundsäge vereinbart:
1. Zur Sicherung der Staatsordnung genügt nicht das selbstverständliche, rein formale Betenntnis der Beamtenfchaft zur Beachtung der Verfassung. Die Beamten sind vielmehr unbeschadet der Freiheit ihrer politischen Meinungsäußerung im übrigen verpflichtet, die Verfassung gegen jedermann mit allen Mitteln in Schuh zu nehmen und aktiv für die Autorität des gegenwärtigen Freistaates und der verfassungsmäßigen Regierung einzu treten. Ihre 3uverlässigkeit in dieser Hinsicht ist eine der Boraussetzungen für die Belegung der Aemter, bei der auf die persönlichen Eigenschaften, sowie die fachliche Lüchtigfeit und Erfahrung der Anwärter in erster Linie Gewicht zu legen ist.
seges.
das größte Intereffe, entgegenbringt und daß er mit den gemachten Borschlägen durchaus einverstanden Für die Schuhpolizei in Preußen gelten die vorfei, daß er aber zunächst die Meinung des Ministerpräsi- stehenden Grundsäge, entsprechend den besonderen Verpflich benten einholen müsse, was sofort geschehen solle. Der Minister tungen dieser Beamten. beauftragte einen seiner Beamten, die weiteren Verhandlungen mit 2. Schaffung eines zeitgemäßen Disziplinarge der französischen Arbeiter und Angestelltenkommission zu führen. In dieser ersten Zusammenkunft zwischen den deutschen und stimmungsrechtes des Boltes in Staat und Gemeinden 3. Sicherung des demokratischen Selbstbefranzöfifchen Arbeiterorganisationen konnte der vorliegende Plan unter Wahrung der Staatsnotwendigkeiten. nur in großen Umrissen behandelt werden. Es wurde aber vereinbart, in möglichst furzer Zeit und zwar diesmal auf deutschem Boden zusammenzukommen, um in die Besprechung der Einzelheiten einzutreten.
4. Sicherung und Ausbau der Sozialgeseg gebung.
5. Förderung einer durchgreifenden Justiz reform. 6. Eine größere Selbständigkeit der preußiDie Verhandlungen im Gasthausstreik. Ausfuhr, Veredelungsverkehr usw., Borsitzender Ministerial- fchen Finanzen ist anzuftreben. Für Staat und Gedirettor v. Stodhammern vom Auswärtigen Amt. Sechste Kom- meinde sind möglichst eigene ausreichende Einnahmequellen Die Verhandlungen vor dem Reichsarbeitsministerium miffion, Bergbaufragen, Leiter noch nicht ernannt. Bu erschließen. Hierbei ist der Besik nach Maßgabe der von wurden Freitag abend 10 Uhr abgebrochen, da eine Siebente und achte Kommission, Arbeitsrecht und Sozial- der Reichsgesetzgebung belaffenen Besteuerungsmöglichkeit in Berständigung mit den Parteien nicht zu versicherung, Leiter Ministerialdirektor Dr. Sizler vom Reichs- vollem Umfange seiner Leistungsfähigkeit heranzuziehen. ff an de fam. Die Arbeitgeber machten ihre Zustimmung zu arbeitsministerium, der auch die zehnte Kommission leiten wird. 7. Absplitterungsbestrebungen von Preußen einem Schiedsgericht von dem Beschluß ihrer Mitgliederver- Neunte und elfte Kommission, Lokalverkehr, Grenzkontrolle, Li- find nicht zu unterſtüßen. fammlung abhängig, die gestern abend zu gleicher Zeit im quidations- und Enteignungsfragen, Schutz der nationalen Minder Auf eine Anfrage der Sozialdemokraten erklärt die Zoologischen Garten stattfand. Ueber das Ergebnis foll heute heiten und Optionsfrage, Leiter Geheimrat Haering vom Reichs- Deutsche Volkspartei, daß etwaige Absichten, die Staatsfrüh um 9 Uhr im Arbeitsministerium berichtet werden. ministerium des Innern. betriebe in Aktiengesellschaften umzuwandeln und diese Aftien in den Börsenverkehr zu bringen, nicht vorhanden sind.
Paris, 4. November.( EE.) Der„ Temps" meldet aus Genf, Kurz vor Redaktionsschluß hören wir, daß die Unter- daß sich die deutschen und die polnischen Delegierten in Genf in nehmer ihrem Vorstand Vollmacht gegeben haben sollen, mit der zweiten Hälfte des November unter dem Vorsitz einer Vertretern der Arbeiter heute Sonnabend mittag zusammen- schweizerischen Persönlichkeit, die von dem Völkerbundrat zukommen, um ein Schiedsgericht einzusehen. Dies soll ernannt werden wird, versammeln werden. Bolen wird dabei der dem Bernehmen nach nachmittags 4 Uhr zusammentrefen, um Direktor im Auswärtigen Amt, Camille Olszowski, vertreten. die ftrittigen Fragen, um die der Kampf geführt wird, zu entscheiden.
Auflösung des Deutschen Ausschusses. Kaffowih, 4. November.( D2.) Der Deutsche Ausschuß für Oberschlesien ist gestern abend aufgelöst worden. Dem AuflösungsDie Verhandlungen mit Polen. atte wohnte als Vertreter der Reichsregierung der Abg. Pfarrer Ueber die Organisation der deutschen Kommission zu den Wirt- Uligta bei. Der Deutsche Ausschuß wird indessen wieder erstehen schaftsverhandlungen gemäß der Genf- Bariser Entscheidung wird als Ausschuß für Deutsch- Oberschlesien und als Organisation für mitgeteilt: Dem Hauptbelegierten Schiffer ist beigegeben als Ver- Polnisch- Oberschlesien. Dieser Spizenorganisation werden der treter Staatssekretär a. D. Lewald, als diplomatischer Vertreter Deutsche Schulverein und der Kulturbund angeschlossen werden, die Wirklicher Legationsrat Graf v. d. Schulenburg. Weitere Ber- in der Entstehung begriffen sind. treter des Auswärtigen Amtes und des Reichsministeriums des Innern werden noch ernannt werden. Die preußischen Intereffen wird in der Hauptkommission der frühere Unterstaatssekretär
Japans Ministerpräsident erstochen.
im Handelsministerium und jetzige Professor in Bonn Dr. Göp Condon, 4. november.( WTB.) Zeitungsmeldungen aus pert vertreten, dem der frühere Bürgermeister Dr. v. Miquel Washington zufolge berichtet die amerikanische Botschaft in Tofio, zur Seite stehen wird. Außerdem werden Vertreter der oberschlefi. daß auf den japanischen Premierminister auf einem Bahnhof in schen Interessen zugezogen werden, so u. a. der Abg. Pfarrer Tofio ein Anschlag verübt worden ist. Der Premierminister soll Ulikta.
tot jein.
Für die in der Entscheidung genannten 11 Buntte werden London, 4. November.( Reuter.) Das Staatsdepartement 11 verschiedene Unterfommissionen ernannt werden. Der Leiter der in Washington erhielt die amtliche Mitteilung, daß der japanische ersten Rommission, Eisenbahnwesen, wird Geheimer Res Premierminister Hata am Freitagabend um 10 Uhr geftorben ist. gierungsrat Schulz vom Reichsverkehrsministerium fein. Zweite Kommission, Wasser und Elektrizitätsfragen, Borfizender Oberbergrat Schwandte von der Oberbergbiteftion Hinden burg. Dritte Kommission, Geld- und Finanzfragen, Leiter
Neue Regierungskrise in Belgien. Brüssel, 4. November.( EE.) Die Ernennung des Führers der Präsident des Landesfinanzamtes Stettin Ueberscharr. Bierte Rom Flämischen Aktivisten, Van Cauwelaert, zum Oberbürgermiffion, oft fragen, Leiter Präsident der Oberpoftdirektion meister von Antwerpen veranlaßte die Minister Frant, Oppeln Stroh. Fünfte Kommission, Eteuerwesen, 3n- und Deveze und Neujean zum Rüdtritt.
Es tann weiter festgestellt werden, daß über die Auseinandersehungen des preußischen Staates mit der Krone Hohenzollern ein Einverständnis unter den Parteien bisher nicht zu erzielen war.
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Ob die Verhandlungen, die auf der oben bezeichneten Grundlage geführt werden, zu positivem Abschluß gelangen werden, ist noch ungewiß. Das Stimmenverhältnis in der sozialdemokratischen Fraktion ist ein deutliches Zeichen dafür, wie stark hier die Bedenken dagegen find, Preußen zum Versuchskaninchen der großen Roalition zu machen.
Die Verhandlungen hätten allerdings überhaupt nicht soweit gedeihen fönnen, wenn sich die Deutsche Volkspartei nicht zu erheblichen 3ugeständnissen bequemt hätte.
Rommt die große Noalition austande, so wird sich niemand in der Sozialdemokratischen Partei der Erkenntnis verschließen, daß es sich um ein gewagtes Erperiment handelt, vielleicht für absehbare Zeit um das letzte, das überhaupt mit der Koalitionspolitik gemacht wird. Denn nachdem sich heraus= gestellt hat, wie eng das Verhältnis der Demokraten und des Bentrums zur Deutschen Volkspartei ist, wird aus dem Problem der Zufammenarbeit mit der Deutschen Bolkspartei ein Problem der Koalitionspolitit überhaupt.
Wir sind darauf gefaßt, daß sich diese Zusammenarbeit nicht anders als in der Form eines zähen Ringens vollziehen wird. Unsere Genossen, die in die neue Regierung gehen, werden das nicht tun, um die Rolle des fünften Rades am Wagen zu spielen, es wird ihre Pflicht sein, dort die Interessen der Arbeitertiasse mit entschiedenstem Nachdruck zu vertreten. Ihnen dabei in den Rücken zu fallen, wäre töricht, vielmehr wird es sich darum handeln, hinter ihnen eine gefchloffene Wählermasse aufmarschieren zu lassen, die ihrer Stimme im Beratungszimmer der Regierung das