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Nr.527 38. Jahrgang Ausgabe Anr. 266

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Vorwärts

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Dienstag, den 8. November 1921

Vorwärts- Verlag 6.m.b.H. , SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag, Expedition und Inseraten. Abteilung Morikplay 11753-54

Deutschlands Rechtsverwahrung bleibt bestehen Das preußische Experiment.

Der Auswärtige Ausschuß des Reichsrates behandelte in seiner geftrigen Sitzung die oberschlesische Frage. 3m Verlauf der Aus­sprache gab der Reichskanzler Dr. Wirth folgende Erklärung ab:

Amnestie in Sowjetrußland.

Auf die Note der Deutschen Regierung, in der sie gegen die Ent- vember hat das Allruffische Zentralexekutivkomitee eine Amnestie scheidung über Oberschlesien als gegen eine Ungerechtigkeit und eine erlaffen für fämtliche Soldaten der Armeen von Kolfschak, Denitin, Verlegung des Friedensvertrages Berwahrung einlegt, hat die Bot- Wrangel, Sarintoff, Petljura , Balachowitsch, Perempkin und schaftertonferenz erwidert, daß sie den Protest der Deutschen Regie- Judenitsch, da diese Soldaten durch ihre Heerführer irregeführt rung als unbegründet, null und nichtig ansehe; sie hat erklärt, von worden feien; gleichzeitig ist der Beschluß gefaßt worden, ihre der Mitteilung nur die bedingungslose und vorbehaltlose Erklärung Repatrilerung zu organisieren. der Deutschen Regierung festhalten zu wollen, wonach sie sich allen Anordnungen der Entscheidung vom 20. Oftober mit den sich daraus ergebenden Folgen fügen wird.

Ich möchte demgegenüber feststellen, daß durch die Antwort der Botschafterkonferenz die Tatsache der Einlegung einer Rechtsver­

wahrung nicht aus der Welt geschafft wird. Unsere Rechtsverwah­

rung wird nicht dadurch beseitigt, daß sie zurückgewiesen wird, sie

bleibt vor der Geschichte für alle Zeit bestehen.

Die Art, wie die große". Koalition in Preußen zustande fam, noch mehr ihre Aufnahme in der Presse bietet das Bild Mostau, 7. november.( OE.- Funkspruch.) Am 5. No- bürgerlichen Parteien der alten Koalition die neue große" einer höchst unflaren, verworrenen Lage. Nachdem die durch ihre Hartnäckigkeit geradezu erzwungen haben, sind sie felber einer gewissen Katerstimmung verfallen, die sich in ihren Beitungen deutlich genug ausdrückt. Die Germania " kann in dem Kabinett der großen" Koalition feineswegs eine Idealgestalt" erblicken, und das" Berliner Tageblatt" ver­weist darauf, daß die beiden in das Kabinett aufgenommenen Volksparteiler rechts gerichtete Bolitiker sind. Wie die Stim­5. November deutlich genug hervor. Eine genauere Berech­mung in der Volkspartei ist, geht aus der Abstimmung vom nung zeigt, daß mindestens 37 der weißen Stimmzettel von Mitgliedern der Koalitionsparteien abgegeben sein müssen. Vielleicht sind auch einige Zentrumsleute dabei gewesen, daß das Gros der weißen Protestzettel von den Volksparteilern stammt, ist unbestreitbar.

Die russisch - polnische Spannung.

Der sowjetrussische Gesandte in Warschau , Karachan, ist in Der sowjetrussische Gesandte in Warschau , Karachan, ist in Berlin eingetroffen- angeblich zu Kurzwecken. Die Warschauer Presse bezweifelt, daß Karachan auf seinen Boſten zurückkehren werde. Die Spannung zwischen Moskau und Warschau hat durch immer neue Zwischenfälle Nahrung erhalten. Ueber eine ernſtere Sache unterrichtete folgender Moskauer Funffpruch: Im Augenblid des endgültigen Abschlusses des russisch - polnischen Abkommens versucht die polnische Militärclique von neuem, den Friedensvertrag zu ver­Die Reparationskommission in Berlin . ( Amflich.) Die Deutsche Regierung hat von der Reparations- lezen. Betljura Abteilungen find plötzlich von polnischer Seite tommiffion die Mitteilung erhalten, daß sich die Mitglieder der Repa- porgerüdt, über die ukrainische Grenze vorgedrungen und haben rationsfommission nach Berlin begeben werden, um mit der Deutschen Regierung über die Durchführung der vom Garantiekomitee in Ansehung des Zahlungsplans gewünschten Maßnahmen und ihre Er­Ansehung des Zahlungsplans gewünschten Maßnahmen und ihre Er­gänzung eine Besprechung abzuhalten.

*

Pressemeldungen über eine Sigung des Sozialpolitischen Aus­schusses des Reichstages deuteten an, daß die Entente Einwendungen gegen eine Befferstellung der Sozialrentner erhoben habe. Bei der Reichsregierung sind jedoch von der Entente teinerlei Vorstellung gen dieser Art erhoben worden.

Der Elfgemeindenaufbau.

Paris , 7. November. ( WTB.) Heute nachmittag fand im Mi nifterium für die befreiten Gebiete eine Konferenz über den Wieder­aufbau von 11 Gemeinden in der Kampfzone an der Somme durch deutsche Unternehmungen statt. Der Präfekt des Somme­departements überbrachte die einmüttge Zustimmung der Bürgermeister und der Bertreter der gemeinnützigen Gesellschaften von 11 Gemeinden.

Polnische Ansiedlerenteignung.

Der deutsche Botschafter in Paris hat der Botschafterkonferenz eine Note überreicht, die ausführt: Das polnische Ansiedelungsamt in Bosen hat am 19. Oftober etwa 1000 deutschstämmigen Ansiedlern in den von Deutschland abge­tretenen Landesteilen amtlich mitgeteilt, daß der polnische Staat nach dem polnischen Gesetz vom 14. Juli 1920 als Eigentümer dieser Ansiedelungen eingetragen ist. Die Ansiedler haben bis zum 1. Dezember ihre Grundstüde zu räumen, widrigenfalls Ermit tierungsflage angedroht wird.

Kämpfe statt. Die Betljura- Truppen versuchen, sich in den Besiz Husjatyn besetzt. Bei Kamenez- Podolsk finden der Eisenbahnlinien zu setzen, um den Vormarsch auf Kiew zu der Eisenbahnlinien zu setzen, um den Vormarsch auf Kiew zu beginnen. Aus Bolen folgen den vorrückenden Betljura- Abteilungen neue Formationen, die in polnischen Zügen befördert werden."

Inzwischen sind die Peljura- Leute von Sowjettruppen zurüd geschlagen worden; Prager Blätter melden die Ermordung aller" Bolschewisten" in dem besetzten Gebiet.

Die Sowjetregierung hat die erste Rate der im neuen polnisch russischen Abkommen festgesetzten Lieferungen an Juwelen und Wert gegenständen der polnischen Delegation ausgehändigt, Bolen verweigert aber, nach der Boff. 3tg.", die Quittung, bevor diese Schäze in Warschau eingetroffen sind, zumal es lange nicht die volle Rate sei.

Bolen hat eine neue scharfe Note wegen Nichterfüllung nach Moskau gesandt. Sollten Polens Oberherren wirklich neuen Krieg gegen Rußland planen? Horthyhilfe steht ja ungeschwächt Tschechisch- polnischer Vertragschluß.

bereit!

Experiment, zu dem sie von den bürgerlichen Parteien der Während die Sozialdemokratische Partei selbst an das alten Koalition gedrängt worden ist, nur mit starken Bedenken herangeht, findet die Rechtspresse, daß die Lösung der preußi­demokratie bedeute. So schreibt die Kreuzzeitung ": fchen Regierungsfrise einen vollständigen Sieg der Sozial­

gierung der Mitte", sondern nur eine ausgesprochene Wir können jedenfalls in diesem neuen Rabiett nicht eine ,, Re­überwiegt jo start, daß die. beiden Volksparteiler und der eine Linksregierung erblicken. Die Sozialdemokratie Demokrat nur als Anhängsel wirken können. Auch das Zentrum ist im Verhältnis zur. Parteistärke zu schwach vertreten, während die Sozialdemokratie den Ministerpräsidenten, den wichtigsten Bosten des Ministers des Innern und auch noch das Handelsministerium auf sich vereint. Die Sozialdemokratie hat sich also durchgesetzt. Wenig erfreulich war auch das Bild, das das Berhalten der Deutschen Volkspartei bot.. Sie fam tagelang über das Einerseits"," Andererseits" nicht hinüber und erlebte schließlich einen Umfall nach dem anderen... Immerhin ist es uns nicht ver­ständlich, wie die Deutsche Volkspartei in eine Roalition hineingehen tonnte, der so offensichtlich der sozialistische Stempel auf­gedrückt worden ist.

Das preußische Mi­

Aehnlich äußert sich die Deutsche Tageszeitung": Benesch und Sfirmunt haben in Prag einen Staatsvertrag unterzeichnet, der nach einem uns aus Brag zugehenden Bericht Ministerpräsident Otto Braun nicht nur die Spike, sondern zu­Dem neuen preußischen Kabinett gibt der sozialdemokratische beide Staaten zur Neutralität verpflichten soll, für den Fall, gleich die entscheidende Prägung. daß einer von ihnen von Nachbarn angegriffen werden sollte. Prag , 7. November. ( Tsch. Pressebureau.) Bei einem vom Ministerpräsidium ist schm rein fachlich von bestimmender Bedeutung nifterpräsidenten Dr. Benesch zu Ehren des polnischen Ministers des für das Kabinett. Nach der Verfassung bestimmt der Minister­Aeußern Sfirmunt gegebenen Diner erflärte Ministerpräsident Dr. präsident die Richtlinien der Regierungspolitik, für die er allein Benesch: Nach Abschluß des Handelsvertrages habe ich ein po- auch dem Landtage verantwortlich ist. Zugleich leitet er als Vor­litisches Abkommen unterzeichnet, das uns eine gemeinsame Linie figender die Geschäfte des Staatsministeriums... Daß Herr für unsere fünftige Politik verschafft, die unsere beiden Länder de Otto Braun ein Mann von rücksichtsloser, ja auch finitiv einander näherbringt und Bürgschaften dafür gibt, daß es strupelloser Energie ist, hat er als Ministerpräsident und zwischen uns feine Konflikte mehr geben wird und daß alle Schwie- Landwirtschaftsminister ja genugsam gezeigt. Für die Durchsetzung Diese Ansiedler find größtenteils nach dem 11. November 1918 rigkeiten in Zukunft im Sinne aufrichtiger Freundschaft und Zu seiner Auffassung findet Herr Braun aber auch in der Gesamt­angesiedelt; zum Teil zwar schon früher, in vielen Fällen auch jahre sammenarbeit gelöst werden. Unser Abkommen ist ein Werk des struktur des Ministeriums die günstigsten Bedingungen. Neben ihm lang früher, die aber bis zum 11. November 1918 die Auflaffung Friedens. Es ist gegen niemand gerichtet. Es soll unserer Selb- fizen zwei Sozialdemokraten und Herr Dr. Wendorff im Kabinett, nicht erhalten haben. Die Vorschrift des polnischen Gesetzes vom 14. Juli 1920, Ar. ftändigkeit und Freiheit dienen. Es foll auch den Beweis unferer der nach seiner ganzen Bergangenheit im Zweifelsfalle wohl ohne Freundschaft und unserer aufrichtigen Zusammenarbeit mit unseren tifel 2, daß Veräußerungen und Veränderungen an Grund- Freunden und Verbündeten am Werke der Durchführung der weiteres an der Seite seiner sozialdemokratischen Ministertollegen stücken und dinglichen Rechten, die nach dem 11. November 1918 Friedensverträge geben. vom preußischen Fiskus zugunsten dritter Personen vorgenommen äußerte sich im gleichen Sinne. Der polnische Minister Stir munt stehen dürfte. Die sozialdemokratisch demokratische Hälfte des neuen preußischen Ministeriums ist also von vornherein find, ungültig seien, gegenüber den vier Ministern, die von der Deutschen Volkspartei entbehrt jeder Rechtsgrundlage, und dem Zentrum gestellt werden, im Vorteil. was näher dargelegt wird. Auch auf den Waffenstillstandsvertrag fann sich Bolen nicht berufen, denn er bezwecke nicht, einer Ber­halten der Bolkspartei als schwächlich und schließt: Das reaktionäre Blatt tadelt dann gleichfalls das Ver­änderung, sondern einer Verminderung des deutschen Staats­besitzes vorzubeugen.

Es wird die Aufmerksamkeit der Botschaftertonferenz auf die beispiellose Härte gelenkt, die darin liegt, tausend deutsche Familien zu zwingen, innerhalb sechs Wochen

Haus und Hof zu verlassen.

Die deutsche Regierung legt gegen dieses unerhört grausame, jeder Rechtsgrundlage entbehrende Vorgehen schärfsten Einspruch ein und bittet die Botschafterkonferenz dringend, bei der polnischen Re­

Deutsche Spende für die hungernden Ruffen. Die deutsche Vertretung in Moskau hat anläßlich der soge­nannten Hungerwoche", während welcher Sammlungen bei fämt lichen Behörden Moskaus zugunsten der hungernden Bevölkerung Deranstaltet wurden, bem Allrussischen Zentralegekutivfomitee 25 000 m. für die Hungernden überwiesen.

Das Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten hat der deutschen Regierung seinen tiefen Dank für die Spende zum Ausdruck gebracht.

| Auch abgesehen davon aber ist aus der beabsichtigten Koalition der Mitte eine Linksregierung geworden, der wiederum, wie unter der alten Koalition, die Sozialdemokratie den entscheiden­den Stempel gibt. Der 5. November 1921 war ein schwarzer Tag für den preußischen Staat und das preußische Volk.

Ueberraschend ist hier die Uebereinstimmung mit der Streik in Saarbrücken . " Freiheit" und anderen linksgerichteten Organen, für die der Saarbrücken , 7. November( WIB.) Außer den Straßen- 5. November auch ein schwarzer Tag" ist, freilich aus gerade­gierung darauf hinzuwirken, daß sie von diesen Maßnahmen abfieht. bahnern, die seit gestern im Streik stehen, um die dem Stadt Beurteilungen von rechts und links wird das beste sein, be­so verschiedener verordnetenbeschluß gemäße Gehaltserhöhung zu erreichen, sind meldet aus Mostau, daß die Sowjetpreise anläßlich der Berhaftung stand getreten, so die städtische Müllabfuhr und die städtischen Benicht beschränken können; sie wird vielmehr jetzt, da die große" Der wirkliche Mörder Datos in Rußland ? Die Agentur Intel " heute auch andere städtische Angestellte und Arbeiter in den Aus- obachtend abzuwarten, was aus der Geschichte wird. Doch sich die Sozialdemokratie auf solches Abwarten allein der spanischen Syndikalisten Fort und Conception in Berlin triebswerke. Notstandsarbeiten werden verrichtet, doch findet zwi Koalition in Preußen nun einmal eine vollendete Tatsache ist, erklärt, der wirkliche Mörder des spanischen Ministerpräsidenten schen 5 Uhr abends und 5 Uhr morgens teine Belieferung mit Gas ihre ganze Energie darauf konzentrieren müssen, daß ihre Datos sei ein spanischer Anarchist namens Roman Coranel- und Elektrizität statt, die Stadt liegt in völligem Dunkel, die meisten Ziele und die Interessen der Arbeiter bei dem las, der sich bereits seit Wochen in Rußland befinde, wo er das Geschäfte haben geschlossen. Asylrecht genieße. Bekanntlich leugnen die beiden in Berlin Handel nicht zu kurz kommen. Jedenfalls haben die Erfah­Berhafteten, daß sie am Attentat schuldig seien. rungen in Preußen gezeigt, daß es viel leichter ist, aus einer Regierung her aus als wieder hineinzukommen, falls sich also eines Tages das Bedürfnis ergeben sollte, das Experiment

Abgelehnt wurde die Debatteeröffnung im Prager Barlament Die Labour Party gewann in London bei den Gemeinderats- nach der von uns berichteten letzten polinichen Rede Benesch' gegen wahlen bisher 76 Mandate. alle deutschen und kommunistischen Stimmen.

Feiert den 9. November!