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Demokratischer Parteitag. Der Dritte ordentliche Porteitag der Deutschen Demokratischen Partei begann am Sonnabend vormittag im festlich geschmückten Saale des Pcrkbouse» in Bremen   mit einer Ansprache des Partei- Vorsitzenden Dr. Petersen, worin dieser unter allgemeiner Ent- rüstung auf die Schandtat unreifer Bursche» hinwies, die in der Nacht die schwarzrotgoldenen Schilder undFahnenvordemParteitagslotalzerrissen und in den Schmutz gezcrrt halten. Der Parteitag wählte v. P a y e r zum Ehrenvorsitzenden, Di- rektor S ch u r i g und Senotor Böhmer neben den drei Partei- Vorsitzenden zu Leitern de  , Parteitags. Im Anschluß an den Or- ganisctionsbcricht, den I a n j» n erstattete, und an den Kasienbrricht des Reichstagsobgeordneten Dr Fischer, wurde di« Erhöhung der Kopfsteuer für dos Jahr 1922 auf L M.. des Witgliederjahresbci- träges auf 24 M. beschlossen. Den Bericht über die politische Lage erstattete Dr. Petersen: Das abgelaufene Jahr stand im Zeichen einer Entwicklung von der Revolution zur Evolution und der Entradikalisisrung. Der Linkeradikalismus ist in sich selbst zusamengcbrochen. Der Wec� der Sozialdemokratie ist-ge- l crmzeichnet durch die Stationen Kassel   und Görlitz  . Die Lehre von Görlitz   ist auch für die Demokraten beachtenswert: sich nicht durch Parteitagsbefchlüffe festzulegen. Die Ermordung Erzberger» habe den Radikalismus der Rechten teilweise zur Besinnung gebracht, s?) Begrüßenswert sei das Bekenntnis der Deutschen Bolkspartei zur Koalition der Mitte. So sei das letzte Jahr reich an Entwicklung. Die Hauptaufgabe fei nun, das Volk zur D e m o k r a t i e zu gewinnen und zur Weimarer   Ver- fossung. Die große demokratische Forderung lautet: Moralische Eroberungen für di« deutsche   Republlk zu machen. Ueber die Stellung zu den anderen Parteien führte der Redner aus: Da» Zentrum habe sich stets mit den Demokraten für Staatsnotwendigkeiten zur Versllgung gestellt. Die Bereitwilligkeit der Sozialdemokraten, trotz fünfzigiöhriger Mißhandlung dem Staats- gcdanken zu dienen, war ein« Großtat, die wir geistig und moralisch zu unterstützen hatten. Als Klassenpartei aber ist die So- zialdcmokratie nicht in der Loge, große moralische Eroberungen für die Republik   zu machen. Dem sozialistischen Ideal der Unversöyn- lichkeit müssen wir das liberale Ideal der Versöhnlichkeit entgegenstellen. Die schaffende Person Ist das erste Element in Staar und Bolkswirtlchakt. Eine weitere Hauptaufgabe sehen wir darin, die Demokratisierung zu fördern. Demokrat!» sierung des Staatswesens heißt nicht allein die Besetzung der Posten mit politisch bewährten Leuten. Wir haben alle Veranlassung, eine sachliche Verwaltung zu verlangen, unter der selbstverständ» lichen Voraussetzung, daß die Demokratie nicht sabotiert wird. Das tun wir im Interesse der Festigung der Demokratie. Ein weiterer Fehler der Sozialdemokratie ist ihr gleichzeitiger Kampf gegen Besitz und Bildung(??), der zwangsläufig zu einer gewissen Einseitigkeit führt. Nicht zuletzt deshalb fordern wir die KooliNon der Milte, nicht aus Anlchnungsdedürfnis, sondern als eine klare Staatsnotmenvigkeit für die Demokratie. Die Koali- tion der Mitte heißt: Absage an den Radikalismus von rechts und links! Die Sozialdemokratie sieht in ihr nur einen Notbehelf bis zu dem Zeitpunkt, da sie die Gelegenheit der Sozialisten zu einer reinen Linkspolitik gekommen ercchtet. Wir sind als Partei nicht in, Leben getreten, um eine Linksmehrheit zu schaffen. sondern um den starken Fels der Mitte herzustellen,<m dem der Nadikaliemu» von rechts und link, zerbricht. Die Fragen des Tage» sind beherrscht von der Außen- Politik imd dem Erfüllungsproblem. Was das Stell» r- Problem angeht, so vertritt unser« Fraktion die Meinung, daß d!-. Besitzenden bis zur Grenz» des Möglichen besteuert werden lallen. Wogegen wir uns aber wende», das ist der Eingriff!n den Besitz. durch den die Sozialdemokraten versuche»«ollen, ihr Ideal der Bc- selttgung des Privatbesitzes zu venvirNIchen. Wir sind uns klar, daß ein Eingriff In die Substanz zur Erfüllung der Repara- tionsverpfkichtunqen notwendig Ist. Ub«r er darf nicht zu einer Dauereinrichtung werden. Der Eingriff darf nur ein» mal geschehen. Ein weiteres Problem ist die EnkstaaMchnag der Großbetriebe, für welches die leitenden JndustriekapttSns eine geradezu unerhörte Kurzflchttgkeit beweisen. Wir Demokraten niüssen es uns verbitten, daß eine Klasse den Staat behandelt. als wäre er ein fauler Schuldner. Rur   eine PoNtik, die die G e- winne der Wirtschaft dem Staat zuführt, ist weise ' Sozialpolitik. Ueber die oberschlesische Frag« führte der Redner aus: Zllle Parteien Oberschlesiens   verlangten die Entsendung eines Kommissars. Das Kabinett, da« sich so oft feter- lich festgelegt hatte müsie demissionieren. Ein Vertrauensvotum ist kein Ersatz für die Einlösung eines gegebenen Manneswortes. Die Regierung, die uns neu präsentiert wurde, war dieselbe wie vorher, mit denselben Männern. Das war untragbar. Der hätten wir erst recht kein Vertrauenevotum geben können, da» wäre gar nicht verstanden worden. Natürlich können auch wir Fehler begeben, aber an unfern guten Willen, an unsere Motive muß man glauben. Wir haben nach bestem Wisien und Gewisien unsere schwierigen, verantwortungsvollen Entscheidungen getroffen.(Stürmischer, lang» anhaltender Beifall.) Es folgt« nun das Referat von Dr. Malkher Raihcnau über das Erfüllungsproblem und die deutsch  « Wirt- s ch a f t. Bon stürmischem Beifall begrüßt, ging Rath«nau von d«m Sturz der deutschen   Währung aus. Im Sommer hatte de» fremde Bewcher Deutschlands   den Eindruck des Ausstieges und der Festigung. Aber dießts Bild hat sich seitdem stark getrübt. Die aurländischen Sachverständigen sind zu einer sehr pessimistischen Beurteilung gelangt. Hinzu kam die Katastrophe Ober- schlesien. Der Verlust Oberschlesiens heck«inen großen Teil des wirtschaftlichen Kredi's Deutschlands   vernichtet. Wir sind Ver- käu'er auf einem sehr acsährllchen Gebiet, denn wir verkaufen unsere deut'che Mark. Bor ollen Dingen brauchen wir einen Käufer. Fehlt die'er, dann ist der Sturz da. Di« Inflation hat den inneren Wert der Mark stark vermindert. Di« Katastrophe aber liegt in dem Käuferstreik gegen die Tüdrt. Die Märkte der Erde daben sich gewaltig verkürzt und hinzu kommt die Zerstörung der Arbeitsteilung der Welt. Wir müsien mit der Tatsache'rechnen, daß es uns nicht möglich sein wird, unsere ch a n de i s b i n z aktiv zu gestalten. Deshalb müsien wir der Entente klarmachen, daß In der Reoaration die Goldleistun­gen zurücktreten müsien gegenüber den Sachleistungen. Jede Sachleistuna erspart zwar Zahlungsmittel nach a u ß e n, fordert aber Zahlunasmittel nach Innen, steigert die Inflation. Das Hebel aber ist das kleinere gegenüber dem Zwang, den fremden Liefwanten von Daluien jeden Dhantasiepre's zu zahlen. Es gibt dem Revaratloneproblem gegenüber verschiedene Stand- Punkt». Der erste ist der der glatten Ablehnung. Wer uns mit diesem Gedankengang kommt, von dem fordern wir Antwort auf die Frag«: Das kommt hinterher und wie trägst du die Folgen? Wer Widerstand predigt, der soll erklären, was er zu tun gedenkt. De» zweit« Standpunkt, der der passiven Resistenz, ist noch verderblicher. Wir werdenalio leisten, und zwar mncrhalb der Grenzen, in denen wir leistungsfähig sind. Auf diesem Boden müsien wir zu einer V» rst ä n dl g un g mit unseren Gegnern kommen. Es wäre ein Fehler, die Reparationsleistungen als etwas für uns rein Negatives zu betrachten. Es ist etwas
Großes für un? im Urteil der Welt, wenn wir«s in die Hand nehmen, Europa   wieder zur Ordnung zu verhelfen. Z)as ist die Mssiou Deutschland  ». Das sind auch die Grundlagen des Wiesbadener  Abkommens. Der Grund, weehalb wir auf Frankreich  » An­ruf sofort reagiert haben, ist der, daß gerade Frankreich   die sicht» baren Spuren des Krieges ausweist Eine Verständigung mit Frankreich   ist möglich. Diese« Ziel wude verfolgt mit voller Kenntnis der englischen   Regierung. Das Wiesbadener Abkommen ist eine Verbesserung gewisser versaillcr Bestimmungen. Der Red- ner erläutert hier das Wiesbadener Abkommen im einzelnen. Es wird gelagt, man habe England mit dem Wiesbadener Ab- kommen verärgert und deshalb habe es uns in Ober s'chlesien im Stich gelasien. Das stimmt nicht, denn die englische Politik war in ihrer Haltung gegenüber OKrschlesien nicht frei Sir John Bradburry, der zurzeit in Berlin   weilt, hat in Besprechungen. die ich mit ihm hott«, erklärt, daß er den Weg von Wiesbaden  für den richtigen halte. Auch die Agitation daß die ober- schlesi'che Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn das Wies- badener Abkommen erst später abgeschlosien worden wäie, ist ab­wegig. Dieses Abkommen ist ein wirtschaftliches, das mit der poli- tischen Frage Oberschlesien  « gar nichts zu tun hat. Einige prinzipielle Aeußerungen über die Fragen der verant- wörtlichen Politik zum Schluß: Es wird heut« schon gegen jeden, der an verantwortungsvoller Stelle in der Regierung sitzt, gesagt:Nun seht mal dies« Schweinerei an!" Was aber bedeutet dieser Ausrus? Er bedetet: wer ist. an dieser Schweinerei schuld? Und diese Gegenfrage sollte man sed>?m derartigen Kritiker sofort entgegenhalten. Den Gedanken der Versöhnung, den Dr. Petersen vorhin ausgesprochen hat, in allen Ehren! Aber so ganz wehr- los wollen wir doch nicht bleiben. Wollen die anderen eine D!s- kusiion über diese Frage, so sollen sie sie haben. Unser Fehler ist. daß wir zu duldsam sind gegenüber der aggressiven Art der anderen. Auf dem Gebiet der Eachleistunaen war Wiesbaden   der erste Schritt. Wir werden auch mit anderen Staaten zu ähnlichen Verträgen kommen müsien, die nicht so schwer sein werden, weil es sich swbei nicht um zerstörte Gebiet« handelt. Di« Passivität unserer Zahlungsbilanz ist das Grundübel, an dem wir leiden. Wir verbrauchen wehr als wir produzieren. Unsere roten Wangen sind nur die eines Fieberkranken. Der falsch« überflüssige Konsum muß eingeschränkt werden. Die Kreditattion der Industrie bedeutet eine große Opferwilligkeit, aber die Form, wie sie jetzt angeboten uird� ist zu bedauern. Bedingungslos hätte die Industrie ihre Hilfe geben sollen (Beifall), nicht mit der einen Hand geben, mit der anderen nehmen.(Erneuter Beifall.) Ob die Industrie sich klargemacht hat, wie unler Entschluß auf unsere auswärtige Politik wirken kann, gerade am Tag« des Zusammentritts der Konserenz von Washington  und des Eintreffens der Reparationskommission in Berlin  ? Mit Freimut und Mäßionng H schließlich noch über die letzten DorgängelnderdemokrattschenFraktlon und im Ka- binett während der Krisis gesprochen. In der Fraa« der K o a l i t i o n kann man verschiedene S'elli'noen einnebmen. Der Redner ist An- Hänger der großen Koalition. Diese werde aber nicht da- durch erreicht, daß man warme Liebeserklärungen mach«. (Stürmischer Beisall.) Hter müsien Erwägungen stehen, nicht Gesüble. Ein« Partei könne nicht die Filiale der anderen sein.(Slürmischer Beifall.) Filiale heiße: di« Führung dem Stamm- Haus überlassen. Wir sind aber selbst S i a m m h a u s! Trotzdem Tel er sich bewußt, daß die Demokratische Partei   viele» mit der Volk»var?«i gemeinsam habe. Die Beschlüsse der Fraktion erfolgten ohne des Redners Zutun, dg er nicb! Mitglied der Fraktion fei. Nach seiner Ansicht!.' es ein sachlicher Irrtum gewesen, die Minister aus dein k»er?u�lniehpn. nicht Schwachheit! Erleichternd M? seinen Rücktritt hätte,, auch noch ander« Gründe gewirkt. Er selbst wäre nrcht ge« gangen, habe sich aber dem Beschluß der Frakkion gefiUck. Er sei reichst:« abzusetzetzn als irgendwer, well«ins Agitation gegen ihn sto.ttqesunden Hobe, wie kaum gegen ei NU, anderen Deutschen  . Di« eigentlichen Gründe seien nicht seine Gedanken über Wirtichastsreform, sondern weil er sich»or. In und nach dem Krieg« als Warner mißliebig gemacht habe. Da« zeigten auch setzt wieder die häßlichen hier in Bremen   gegen ihn verbreiteten Flug- blätter. Ein« Vorhersage zu stellen, sei schwer. Kein O p t I- m i m u s hinsichtlich Washington   und keiner hinsichtlich der Repara- tionrkommission. Er erwart« von beiden keine greifbaren Resul­tate In naher Zeit. Amerika   werde vielleicht später einsehen, daß ohne es die Weltreparatur nicht vorgenommen werden können. Man werde dort erkennen, daß Amerika   eine schwere europäische ve-antworlung übernommen Hab». Aber wir dürfen nickt auf das Ausland hoffen, sondern nur auf uns selbst. Bessern Auigleich der Steuern-, von den Produzenten»es Lande» Natura ll eistungen statt Geld im Sinne des antiken Zehnten! Die jetzige Steuermackcrei Hobe abgewirisckaftet, die vom Redner genannten Zie!« seien Aufgabe der DDP. Eine solche Volittk könne nur«In« nationale sein. Das Wort national lasten wir uns nicht au, den Händen nehmen und monopolisieren.(Beifall.) Eine starke geistias Politik sei bester als nur Jnterefsenv er» tretuna.(Beifall.) Wir werden bestehen, denn verloren ist nur. wer stch selbst aufgibt.(Stürmischer andaltender Beisall. Hände» klatschen und Trampeln.) Nach dieser- Rede tritt gegen 2 Uhr die Mittagspause ein. Ilachmiltagssihung. Als erster Redner der Aussvrache ergriff Staatssekretär a. D. Hugo Dreuß da» Wart. Er bezeichnele sich als Vertreter des linken Flügels. Das Fraktionsregiment als System ist der Fehler, der die verantwortliche Persönlichkeit oerschwinden läßt. Dasselbe gilt für die wichtigst« Funktion des var�amentarischen Leben», für dt« Regierungsbildung. An die Erlebnisie auf diesem Gebiete kann man nur mit Grausen zurückdenken. Das Ein- und Au�brinoen der Minister diskreditiert den Gedanken der Demokratie. Nur eine wirkliche Aenderung der politi'ch:» Rich­tung dürfte zum Personenwechsel fübren. Die Meckadsn, die von unserer Fraktion geübt wurden, um den Großblock der Mitte zu erreichen, konnten nicht zum Ziele führen. Um diese» zu erreichen, müsien wir von der kleinsten Koalition ausgehen. Der Ruf nach der großen Koalition ist vcrstandllch, er darf aber nickst in Soalitionsmasochismus ausarten. Der Redner schilderte die Vorgänge beim Zustandekommen der Koalition in Preußen, wo die Demotroii« ganz unverständlich vor der Voltspartei zurückgewichen fei, und behauptete unter starkem Wide-sornch aus der Versammlung, die Sozial� emo» trai'e hob« ein Interesse an der Eristenz einer kräftigen Demo­kratie. Wenn die Demokratie im Kielwasser der Volksnartei in den Klassenkampf gern'«, so morde sie überflüssig. Di« Industrie sei zu Ihren unerhörten Forderungen nur durch das «wie« Wiederholen der Auffostung ermutiot worden, daß es obne Bolkspartei keine traafähig« Remerung aebs Die Republik müsi« mit mehr Herzenswärme verteidigt werden. Ohne in ein« Kritik der Vol'tik che» Reichskanzlers Wirth einzutreten, mllste er besten persönliche Veraniwortung»sr«vdigk«Ii als außerordentlich wertvoll kür den demokrattichen Gedanken bezeichnen. Senator Stu b m a n n- Hamburg bespricht die Aktion der In- dustrie. Wenn die Industrie d-m Staate Bedingungen gestellt habe, ohne de-en Erfüllung sie ihr Angebot nicht aufrechterhalt«, dam, müsie er sagen, daß mit solche? Industrie keine Mederaufbauarbeik geleistet werden könne Abg. Ruschke-Bertin kann sich mit der parlamentarischen Behandlung der oberschlesischen Frag« freilich nicht im ganzen ein»
verstanden erklären. Die Reichrtagssraktion habe die Position Mrth» erschüttert durch ihre Erklärung, daß sie in kein Kabinett eintrete, wenn nicht auch di« Bolkspartei in die Koalitjon aufge- nommen wird. Wenn die Fraktion Geßler als Fochminister in der Regierung ließ, hätte sie auch R a t h e n a u darin belassen sollen. Als letzter Redner begründete Professor Rad» einen Antrag der Opposilion. Dieser erkennt die Schwierlgekiten an, denen die Reichstagskraktlon gegenüberstand, betont aber, daß ihre Politik in weiten Kreisen der Partei nicht verstanden worden sei und führt dann aus: Die Deutsche Demokratische Partei ist als eine ausgckprochen republika­nische Varlei gegründet worden. Zweck ihrer Gründung und Inhalt ihres Parteiprogramms ist die Verwirklichung nicht bloß politischer, sondern auch Wirtschaft ll cher und sozialer Demokra- t i». Unter den gegenwärtiocn deutschen   Parteiverhältnissen ist eine Regierungsbildung auf möglichst breiter Grundlage erstrebenswert, doch darf das Streben nach dieser Koalition die Politik der DDP. nicht einseitig beherrschen, vielmehr dars die Partei ihre rückhaltlose Unkerslühung und verantwortliche Mitarbeit einer Re» qierung nicht entziehen, die sich zu nationalen und demo» kratischen Grundsätzen bekennt und sie ehrlich zur Geltung bringt. Bor Schluß d«O Sitzung wurde noch eine Entschließung gegen die Bedrohung der Deutschen Wc'rke unter starkem Bei» fall von der Versammlung angenommen. Nach kurzen persönlichen Bemerkungen von Rachenou und Nuschke schloß um«8 Uhr der Vorsitzende den ersten Verhandlung«» tag._____
dreijähriges Moratorium für deutscklanü? London  , 12. November.  ((£<£.) Der Berliner   Vertreter des Daily Expreß  " erfährt aus sicherer Quelle, daß die englischen Vertreter in der Reparalionskommission ein dreijährige» Moratorium befürworten. Sir Iohn Bradbury und Lord d'Abcrnon scheinen überzeugt zu sein, daß die» die einzige prakiische Lösung dieser Frage wäre. Der Korrespondent fügt hinzu, daß auch der italienische Vertreter Raggi mit der englischen Anschauung übereinstimme. Japan   verhält sich neutral. Wöhrend auch die B« i g i e r für ein Moratorium stimmen, wünschen dagegen die' französischen Vertreter, daß die Alliierten den Bankrott Denffchland» verkünden und eine interalliierte Liquidationsko»". misston ernennen mögen. �tas vaterlanü, ans teurd... Die Teutschnationale Internationale. Der Verlag von S i w i n n a- Kottowttz ist einer Meldung der Dena" zufolge für 9 Millionen an ein polnisches Konsortium verkauft worden. Stwinna ist einer der größten oberschlesische» Verleger. In seinem Verlage erschien die d e u t s ch n a, i o n a l e Ostdeutsche Morgenpost" die schwertndustrtelleKattowitzer Zeitung  ' und dasKönigshütter Tageblatt", das das Deutschtum mit Löffeln geschluckt zu haben schien. Stwinna gab die Werke des ver- dienten Gelehrten Dr. Knötel heraus, der oberschlesische Heimatkunde In deutschem Sinne treibt. Er druckte vaterländische Bücher für die reifere Jugend.... Kurz und gut, Stwinna ist ein Mann, der sich um dt« deutsche' Kultur wohlverdient gemacht hat, wi» man so zu sagen pflegt. Ja, mehr als das, Herr Stwiniw hat die Ehre, höherer königlich preußischer Offizitt gewesen zu sein. Was tut's! Deutschland   ist tot. es lebe Polen  ! Ein Einzelfall? Nein, Herr Stwinna befindet stch in hochfeudaler Gesellschaft. Graf Oppersdorf hat ihm den Weg gewiesen; Herzog Ernst Günther  , der im Mörz. 1921 sein« schleswtgschen Besitzungen für S 401) 0(0 Kronen aus eigener gnitiattoe ohne zwingenden Grund an Dänemark   verkauft«, ging ihm al» leuchtende» Beispiel voran. Alle sind sie deutsch  , diese Herren, und alle gut national, solange es gut geht, aber in der Npt....? Für dos Deutschtum ln Oberschlesien   bedeutet der Verkauf de» Verlages Stwinna ohne Frag» einen schweren Schlag. Die Polen  , die sich bisher nur auf ein paar untergeordnete Blätter stützen konnten, sind nunmehr im Besitze eines teistungsfähigen Verlages. An deutschen   Zettungen bleibt tn Polnisch-Oberschlesien außer dem Oberschlesischen Kurier"(Zentrum) nur noch unser Kattowitzer  Parteiorgan,Der Bclkswille". Er wird keinen leichten Stand haben und seine Aufgabe wird um so schwerer sein, als die polnisch« Sozialdemokratie der Zweiten Internationale nicht angeschlossen ist und ausdrücklich streng polnisch-notionale Tendenzen verfolgt. Wir glauben aber trotzdem die Hoffnung aussprechen zu dürfen, daß Der Volkswllle" die Lebensdauer des Nationalbewußtseins gewisser Herren unbegrenzt überdauert. An unserem guten Willen soll es nicht fehle».
Amerikas   Bbrüftungsplan. Washington  , 12. November.  (EE.) Di« amerikanische Mord- nung wird, wie zuoerlässig verlautet, der Konferenz einen Ab- rüstungeplan vorlegen, dessen große Umrisse die folgenden sein werden: 1. Großbritannien  , Japan   und Amerika   würden durch eine be» sondere Abmachung ein Einvernehmen treffen, das die R ü st u n» gen zur See einschränken soll, wobei aber die Bedingun. gen der nationalen Sicherheit jedes einzelnen Staates in Betracht gezogen werden sollen. 2. Die besonder« Lage Englands soll nach der Formel anerkannt werden, die Wilson im Jahre 1919 billigte und die daraus hinauslief, daß Großbritannien   seine Macht zur See behalten solle. S. Wegen ihrer territorialen und politischen Interessen sowie wetzen der Länge ihrer Küste im pazifischen Ozcan und wegen der Notwendigkeit, die Monroedoktrin auch weiterhin zu verteidigen, haben die Bereinigten Staaten allen Grund, ihrer Flotte eine solche Stärke zu geben, die der der stärksten Seemacht, also England«, entspricht., 4. Durch eine Sonderabmochung werden Großbritannien  . Ja- pan und Amerika   erklären, daß sie für einen gewissen Zeitraum kein» neuen Schiffsbauten unternehmen wollen. Wäh- rend dieser Zeit wird kein Kriegsschiff vom Stapel gelassen werden, außer, wenn»» zum Ersatz entwerteter Schiff« dient. Durch ge» nau« Bestimmungen soll festgelegt werden, wann ein Schiff ent« wertet ist. S. Sech» Schlachtschiffe, die sich in den D e r« l n i g« t e n Staaten augenblicklich im Bau befinden, sollen al« bereit» zur amerikanischen   Flotte gehörig betrachtet werden, weil die ameri� konische Flotte der Schiffe dieser Kategorie beraubt ist, die aber die Schlüssel zu jeder Seemacht sind, wie sie Großbritannien   und Japan   bereits besitzen. 6. Japan   und di« Bereinigten Staaten verpflichten stch. von einer Befestigung ihrer Gebiete an der Küste de« Stillen Ozean  » Abstand zu nehmen. 7. Um ohne weiteren Verzug zu einer Verminderung der Rüstungen zu gelangen, sollen alle entwerteten Schiffe sofort au» dem Register der betreffenden Staaten gestrichen werden. 8. Es sollen Pfänder gegeben werden, damit keine Macht Handelsschiffe bewaffne und sich dadurch auf ungeseß- liche Art Kriegsschiffe verschaffe.