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Nr. 590 38. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Der technische Weihnachtsmann.

Neue Erzeugnisse der mechanischen Spielzeugindustrie.

In der Spielzeugindustrie hat sich langsam eine Revolution voll zogen. Das Spielzeug ist den Fortschritten der Technik gefolgt und den hoch entwickelten Arbeitsmethoden in den Fabriken ist es wiederum zu danken, daß all das mechanische Spielzeug in vollendeter Weise hergestellt und feilgeboten werden kann. Gerade jetzt um die Weih­nachtszeit herum bligen und gleißen viele blanke Metallteile von Miniaturmaschinen und Apparaten aller Art, die oft genug eine bis in alle Einzelheiten getreue Nachbildung der großen, nüzliche Arbeit leiftenden Ungeheuer find. Es ist schwer zu entschei­den, ob diese Entwicklung des Spielzeuges zu begrüßen oder zu be­dauern ist. Als Spielzeug scheinen diese Kostbarkeiten zu kompliziert. Biel lieber möchte man sie als Schauobjekt oder in der Hand des Lehrers sehen, der an ihnen physikalische Vorgänge erläutert. Un­willkürlich wünscht man sich handfeftere und einfachere Dinge, denen die Phantasie der Kinder Leben einhaucht und mit denen sie sich vergnügen können.

Vorliebe für kleine Eisenbahnen.

Donnerstag, 15. Dezember 1921

Ablehnung der erhöhten Droschkentarife.

Der Magistrat hat die beantragte Erböhung der Tarife für die Benzol, Elettro- und Pferdebroichten vorläufig abgelehnt. Vor allem müsse bei den Bengol- Droschten für umfangreiche Versorgung mit dem wesentlich billigeren Reichstraft­brennstoff gesorgt werden. Außerdem muß die von der städti­schen Werkehrsverwaltung vorgeschlagene gründliche technisch wirt­fchaftliche Reorganisation des gesamten Droschfenwesens ernstlich durchgeführt werden.

Kavalier und Räuber. Abenteuerluftigen Damen zur Warnung.

tives Dampfmaschinchen, foftet 10 m. Manche von ihnen waren mit einer Dynamo direkt gekuppelt, so daß den Jungen das Wesen der Lichterzeugung wundervoll demonstriert werden kann. Außer­den sind auch Elettromotoren zu haben, und der Preis für eine Allerdings fanden wir auch in einem Warenhaus einen fleinen solche fleine Maschine scheint mit 130 m. reichlich hoch zu sein. Elektromotor zum Selbstzusammenbauen, der mit 35 m. zu haben war. Viele Spielzeuglager zeigten auch Elektrifiermaschinen. Die billigste belief fich auf 45 m. Zahlreiche kleine Werkzeugmaschinen Der Polizeipräsident hat vor kurzem eine Warnung veröffent­und Antriebsmodelle, deren Preise zwischen 10 und 200 m. schwan- licht, die sich besonders an die Adresse jener abenteuerluftigen Damen fen, find zum Betrieb durch diese Miniaturfraftmaschinen zu richtete, die allzu leicht auf Promenadenbekanntschaften eingehen. taufen. Ausgezeichnete Bohrmaschinen und Sägen, fleine Dreh- Welche trüben. Felgen das haben fann, lehren folgende Fälle: bänke und Transmiffionen, mit denen wirkliche Arbeit ausgeführt werden kann, mechsein mit Modellen, über die man sich freut, menn fie fich nur drehen. Mechanische Baukästen, mit denen man Kräne, Brücken, Eisenbahnen, Häuser und sonst noch alles mögliche her­stellen fann und die zweifellos die Schaffensfreude der Kinder anzuregen vermögen, die uns als ein fehr instruktives Spielzeug erscheinen wollen, tosten immerhin noch 60 m. Sie sind aber auch in vielen Preislagen bis zum Höchstpreise von 1700 m. erhältlich.

Das mechanische Kleinspielzeug.

Neben diefem Spielzeug, das immerhin eine mehr oder minder ernsthafte Nachbildung technischer Dinge ist, gibt es noch mannig. faltiges luftiges Beug, das mechanisch, d. h. durch Uhrwert, bewegt wird. 3. B. Enten, die ausgezeichnet watscheln, Borer, die mit großer Geschwindigkeit prachtvolle Schwinger" austeilen, ohne daß es blutige Nasen und zerschlagene Unterkiefer gäbe und die auch ganz gewiß fein Knod out" fennen, bei aller Wildheit also humaner sind als ihre menschlichen Vorbilder. Dann mögen vor allem die Kreisel nicht vergessen werden, die gut durchdacht, in jeder Lage schnurren und tanzen, die man in die Luft werfen kann und doch das Drehen nicht lassen fönnen, solange die ihnen erteilte Kraft wirkt. An ihnen läßt sich das Prinzip des Gleichgewichts eine dringlich aufzeigen. Diese einfacheren Sachen sind verhältnismäßig billig, und sie sind daher auch für den Straßenhandel besonders ge­eignet. Biel Nachdenken und Fleiß find auf ihre Herstellung ver­wendet worden, viel muß der Händler reden, wenn die Käufer in die Taschen greifen sollen. Immerhin, dieses Spielzeug ist das des feinen Mannes, der nicht mit Taufendmarkscheinen gesegnet ist, die ihm den Erwerb fostbarerer Dinge gestatten könnten.

Groß- Berlin

Eine Puhmacherin wurde auf einer Untergrundbahnfahrt von einem Herrn angesprochen. Der Fremde gab an, ortsunfundig zu sein, und tam mit der Dame in ein Gespräch. Unterwegs er­zählte er, daß er Kapitän der Hamburg- Amerika- Linie sei. In der Nähe des Ludwig- kirch plates forderte er plötzlich von seiner Begleiterin die Herausgabe der Ringe. Als diese sich wei­gerte, pacte er sie am Halse, verhinderte sie so am Schreien und ris ihr dann die wertvollen Ringe gewaltsam von den Fingern. Mit der Beute suchte er dann das Weite und entfam auch. Der Räuber ist 1,70 Meter groß, hat nach hinten gefämmtes, in der Mitte ge­lichtetes Haar und unter dem Kinn, an der linken Seite, eine Marbe. Mitteilungen zur Aufklärung dieses Raubüberfalles werden von dem Raubdezernat der Berliner Kriminalpolizei, Zimmer 80, des Ber liner Bolizeipräsidiums entgegengenommen. Aufgeklärt werden fonnte ein ähnlicher Ueberfail in Baumschulen meg. Eine Mo­distin hatte auf einer Eisenbahnfahrt einen Herrn fennengelernt. Beide besuchten ein Lokal und machten dann einen Spaziergang in der Nähe der Späthschen Baumschulen. Plöglich sprang ein Mann auf sie zu, sette dem Mädchen und seinem Begleiter eine Bistole auf die Brust und zwang beide, ihre Wertsachen abzuliefern. Mit der Beute schlug der Räuber sich dann seitwärts in die Büsche, während der Kavalier" und seine Begleiterin sich zur nächsten Bo­lizeiwache begaben und dort Anzeige erstatteten. Die Ermittelungen der Kriminalpolizei ergaben jedoch, daß der Kavalier mit dem Räuber, einem Wilhelm Schneider, gemeinsame Sache gemacht hatte.

Razzia mit Musik.

Umfangreiche Razzien veranstalteten gestern abend mehrere Streifen des Polizeipräsidiums. Bereits gegen 7 Uhr abends wurde das Lotal von Lange, Neue Königstr. 43, ausgehoben. Dann ging es weiter nach dem Lokal im Hause Koppenstr. 7, mo Buhälter und Dirnen zu verkehren pflegen. Man fam vor verschlossene Türen und mußte sich gewaltsam Einlaß verschaffen. 50 Personen, die bei einem Spielchen" saßen, wurden sistiert und mußten nach dem Polizeipräsidium gebracht werben. Ein Teil von ihnen wurde bereits gesucht.

Die ganze Berkehrstechnik ist in einer schier unübersehbaren Reihe von Modellen vertreten. Insbesondere das Eisenbahnwesen hat eine liebevolle Behandlung erfahren. Lokomotiven, die mit Dampf, Elektrizität oder Uhrwerk betrieben werden, sind in den verschiedensten Ausführungen da. Manche Dampflokomotive ist noch mit dem guten alten Badelzylinder" versehen, andere aber haben feftliegende Dampfzylinder und find, wie bei richtigen Lofo­motiven, mit Ruppelstangen und Kulissensteuerung ausgerüstet. Ein Drud auf einen Hebel läßt ihre Fahrtrichtung beliebig ändern. Diese mit motorischer Kraft versehenen Lokomotiven sind für 75-825 m. zu haben. Es mag auch sein, daß es noch teurere gibt. Die billigste mechanische Eisenbahn foftete 14,30 m. Dazu gehörte eine Uhrwerk­lokomotive, ein Tender und ein Personenwagen nebst den erforder­lichen Gleisen. Das ganze ist aus Blech gefertigt und hübsch ge­lichen Gleisen. Das ganze ist aus Blech gefertigt und hübsch ge­strichen in einem Pappfarton verpackt. Eisenbahnzüge ohne mecha­nifchen Antrieb aus Blech oder Holz sind von 13 m. an zu haben. Außer dem rollenden Material sind aber auch alle nur irgendwie erdentlichen Apparate und Bauten zur Ausgestaltung des Bahn­förpers vorhanden. Ausgezeichnete und torreft gebildete Signal­maften mit verschiedenartigen Laternen toften 44 2., Eisenbahn­brücken sind für 70 m. zu haben. Auch wärterhäuschen sowie Schranken, die sich über die Chauffeen senten, Läutewerke und Ber­labekräne fehlen nicht und die Preise hierfür schwanten zwischen 20 und 60 m. Aber alle diese Dinge werden übertroffen durch richtige Bahnhöfe, die mit allem, was man von einem Bahnhof nur irgend wie verlangen fann, ausgerüstet sind. Meist brennen in ihnen elet trische Lampen und das mag sich in der Weihnachtsstube mohlhabender Leute sehr nett ausnehmen. Für solch einen Bahnhof muß man Vor den Teilnehmern der Neuköllner Jugendpflege­fchon 120-250 2. bezahlen, und wer eine ganze Eisenbahneinrich Gegen 10 Uhr abends stattete man dem Café Weiß, Grenadier­tung faufen will, muß dafür schon einige tausend Mart anlegen. Do che sprach Prof. Leo Kestenberg vom Ministerium für Daß auch Straßenbahnen, Autos und sonstige Berkehrsvehikel in den Kunst, Wissenschaft und Volksbildung über die Beziehungen straße 37, einen Besuch ab. Dabei wurden 20 Personen herausgeholt mannigfaltigsten Ausführungen, mit und ohne mechanischen Antrieb der Kunst aur Jugendpflege. Manche seiner Zuhörer und dem Polizeipräsidium zugeführt. Um 11 Uhr nachts begab fich in allen Preislagen zu haben sind, erscheint nur zu selbstverständlich. blten sich enttäuscht, weil er niet die oft gehörten Betrachtungen dieselbe Streife nach dem Tanzpalast Türkisches Café, Aderstr. 28. in allen Preislagen zu haben sind, erscheint nur zu selbstverständlich darüber anstedte, wie man Schultinder und Schulentlassene zum Hier drehten sich etwa 50 Pärchen, Dirnen mit ihren zuhältern, im Rot und schwarz lackiert, weiß und grau gestrichen, prangen hinter Glastäften forgsam geborgen Schiffe aller Art: Motorboote, Kriegs- Verständnis von Kunstwerken binleiten soll. Kestenberg, fordert luftigen Tanze. Sie wurden auf die Polizeifraftequipage verladen und Handelsschiffe, Unterseeboote, Rad- und Schraubendampfer und mehr als das, nämlich eine Durchdringung der gesamten und fuhren unter den Klängen des beliebten- Schlo manche von ihnen fönnten sich sehr wohl als Modell in Ausstellun- Erziehung mit fünstlerischem Geist, eine Umgestaltung gers Warum denn weinen, wenn man auseinder gen fehen lassen. So fanden wir in einem Geschäft das Modell einer unseres Schulwesens dahin, daß die ganze Arbeit der geht, den die Musik noch schnell zum Trofte der Leibtragenden an­Schule in gewisiem Sinne au einem stunstfaffen stimmte, nach dem roten Hause am Alexanderplah. 20 Personen, Hanfafogge, die ein getreues Nachbild der im Museum für Meeres- wird. Das ist nicht in der althergebrachten Lernfchule möglich, darunter 8, die der Staatsanwalt stedbrieflich fuchte, wurden bort funde ausgestellten war und die 1850 m. foften follte. Der Breis fondern nur in der kommenden Arbeits- und Gemein festgehalten. Auch einige kleine Mädchen aus dem Westen, die das für die übrigen Schiffe schwankt zwischen 10 m. bis 2000 2. fchaftsschule, die des Kindes Schaffensbrang frei 14. Lebensjahr faum erreicht hatten, befanden sich unter der macht und ihn in den Dienst der Erziehung stellt. Für das Kind Siftierten. ist alles Leben Kunst und alle Kunst Leben, und am besten zeigt das Kind felber und den Weg zu dem Ziel, die Kunst und das Leben zu einer Einbeit zu machen. Das Kind zwingt den Er­zieher dauernd, wie ein Stüustler au schaffen und zu toirten. Restenberg zeigte an einzelnen Lehrfächern", was die Schule zu tun hätte, um z. B. die Sprache im mündlichen und schriftlichen Ausdruck zu pflegen, die Fähigkeit zum Sehen und zum Gestalten zu entwidein uiw. Aufs tiefste sei zu beklagen, daß über haupt zwischen Kunst und Jugend, unter dem lähmenden Einfluß der alten Schule, sich eine luft auftun fonnte.

Eine Dampfmaschine für 5000 m.

wurde in einem Geschäft gerade verkauft, als wir uns dieses Meisterwerk der Mechanit ansehn wollten. Was war das für eine prächtige Maschine! Wie fauber waren die Ventile, Wasserstand und Manometer ausgefült! Die Maschine, die getrennt vom Reffel, auf der Grundplatte montiert, mit Ventilsteuerung ausgerüstet, hätte jedem Physitsaal zur 3ierde gereicht. Sie war eine wahre Augenweide. Aber auch sonst sind noch alle möglichen Typen in prachtvoller Ausführung vertreten: stationäre und fahrbare Cofomobilen, ftehende und liegende Dampfmaschinen, Gas- und Heißluftmotoren sind vorhanden. Die billigste Maschine, ein primi­

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Jugend und Kunst.

ernstlichen Beratung zusammen, wovon wir hier eigentlich eristieren sollen was aus uns werden soll, wenn die Lebensmittel

Staffelung der neuen Mietezuschläge.

Der Magistrat Berlin hat, vorbehaltlich der Bestätigung burch die Stadtverordnetenversammlung, den neuen Mietezuschlag zur Friedensmiete, der diesmal in Abweichung von der bisherigen Praxis zu einem ganz bestimmten Termin, nämlich am 1. Januar 1922, in Kraft treten soll, bis zur Höchstgrenze" von 70 Prozent festgesetzt. Das bedeutet also, daß die Mietseinigungs­ämter, wie fie es schon bisher in vereinzelten Fällen getan haben, auf Anruf den Höchftauschlag für kleine oder besonders schlechte

Unserer Berabredung gemäß ging der Doftor netst Frau, Pintscher und Kanarienvogel sofort an Bord, mich zurüd­

Kolonisten aus Weltschmerz fel verbraucht find. Ich bin durch die vielen Fehl- laſſend, um unser Hab und But folange zu bewechen, bis die

Bon Wilhelm Rhenius. ( Schluß.)

16. Esregnetburch! Jammerstimmung.-

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Explosion.

2. Oktober. Wir fühlen uns alle nicht wohl. Wir Männer wissen überhaupt nicht recht, was wir jetzt am besten anfangen follen. Liegt wohl daran, daß überhaupt keine Stimmung zum Arbeiten vorhanden ist. Es ist drückend schwül. Am Nach­mittage bricht ein Gewitter los, wie wir noch feines erlebt. Der Regen rauscht hernieder.

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fäme. Nach ein paar Tagen fam die Lancha und ich schaffte mit den Männern alles an Bord. Dann bat ich die Leute ein wenig zu warten und ging noch einmal hinüber, wo wir einen Monat als Weltverächter gehauft hatten.

schläge, Fieber und Enttäuschungen etwas nervös gereizt und fleine Dampf- Lancha, die sie schicken, wollten, zur Abholung lege fräftig los. Erkläre der Bersammlung, daß wir uns die ganze Suppe felber eingebrockt haben und drei Kindern glichen, die Robinson spielen wollen und dabei das Grufeln befom men daß wir uns den Verhältnissen niemals anpassen würden und können und eine folche Aufgabe, wie wir sie übernommen, bewährteren Händen überlassen sollten. Ich erinnere den Doktor an einen schönen Ausspruch: ,, Entbehren fönnen ist Glück," und frage ihn hohnlächelnd, ob er es gelernt hat und wie es ihm bekommt.

Dann schließe ich mit der Bemerkung, daß zweimal wöchentlich Dampfer nach unten fahren und daß für Leute unseres Schlages die Stadt der richtige Blaz sei.

und

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Wir fizen gerade beim Nachmittagstee. Plöglich tropft es in meine Tasse, dann in den Zucker, dann hier, dann dort -in die Betten, überall. Irgendeiner macht die überflüssige ,, Mann," drängt Frau Luisa ,,, wie denkst du darüber?" Bemerkung, daß das Dach noch nicht dicht ist. Wir decken das Der Doktor geht, die Hände auf dem Rücken, solange auf Belttuch über die Betten und anderen Sachen. Aber Tee- ab, daß ich vor Ungeduld mit ihm auf und ablaufe. Ich glaube," fagt er schließlich stehenbleibend ,,, Sie haben trinken unter diesen Umständen ist ein zweifelhaftes Vergnügen. Frau Luisa weiß Rat. Sie bringt zwei Regenschirme. Ich recht wir haben einen fleinen Mißgriff begangen. Wir halte den einen so über die Hausfrau, daß mir das absichernde wollten die Welt fliehen und sind auf dem besten Wege, zu Wasser in den Kragen tropft. Der Doktor gibt mir von dem diesem Zweck Selbstmord zu verüben. So weit wollen wir Seinigen so viel, daß ich noch weniger Schuh und etwas mehr nicht gehen..." Waffer abbekomme. Und der Regen rauscht den ganzen Nach- Hier schließt mein Tagebuch. mittag, den Abend und die Nacht hindurch und naß und nasser 17. Rettung! Mein Abschied.-Na zehn Jahren. Nachdem wir uns einmal über das Borgesegte verständigt hatten, richteten wir einen Signaldienst ein, um einen der vorbeifahrenden Dampfer zu unserer Rettung zu veranlassen. Aber einer nach dem andern fuhr nichtachtend vorbei, angleich wir ganze Galven von Revolver- und Flintenschüssen les schießen und Frau Luisa ein großes Leinentuch geopfert hat, das von einer hohen Bambusstange wehte.

wirds im Hause.

Wir fauern uns unter der fleinen Ede des Daches hin, bas Pedro gedeckt hatte und das dicht war; aber das Wasser rieselte auf dem unebenen Fußboden nach uns hinüber. Mir ahnt nichts Gutes.

3. Oktober. Die Sonne scheint wieder und wir räumen beinahe alles aus, um es trodnen zu lassen. Es wird auch leiblich trocken, aber ehe wir die ganzen Sachen wieder hinein fchaffen tönnen, tommt ein plötzlicher, heftiger Regenschauer, und alles war umsonst. Da der Regen nicht nachläßt, schaffen wir alles naß wieder hinein. Trotzdem wir uns matt und zer schlagen fühlen, wollen wir einen Versuch machen, das Dach zu reparieren. Oben auf dem Dache padte uns beide das Fieber. Unten im Hause wieder angekommen, finden wir Frau Luisa in derselben Verfassung. Zu frant unit, apathisch, um das Zelt wieder aufzuschlagen, verbringen wir einen elen­den Tag in der triefenden Hütte.

Oftober. Zum ersten Male sehen wir uns zu einer

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Endlich organisierten wir auch einen Nachtdienst und nahmen das Feuer zu Hilfe. Wir hatten einen mächtigen Scheiterhaufen aus Dachstroh und Reifig an der Barranca errichtet, und als wir eines Nachts aus der Nähe den Pfiff eines stromabfahrenden Dampfers hörten, zindeten wir den Haufen an und sprangen, Revolverschüsse loslassend, mit fre­netischem Rannibalengeheul um denselben heruin. Wahrichein lich aus Neugierde ließ der Kapitän diesmal beidrehen und schichte ein Boot hinüber.

Es war ein heißer Tag und so still. daß sich kein Blättchen regte, fein Stäubchen hob.

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Der Anblick des leeren Hauses, der verlassenen fleinen Balmhütte, die mich einzuladen schien, noch einmal hineinzu­friechen, einige zurüdgelassene wertlose Sachen alles er wedte in mir ein Gefühl der Einsamkeit, Dede und Berlassen­heit, das unbeschreiblich war. Und doch mischte sich damit- feltsamerweise ein Wehgefühl. War doch der Play bestimmt gewesen, uns eine Heimat zu sein! Hatten wir doch hier in der törichten, aber frohen Hoffnung gehaust, ein neues, zus friedenes Leben beginnen zu fönnen. Und gedankenvoll wandte ich mich ab und ging nach dem Fluß hinunter.

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Nach beinahe zehn Jahren fügte es sich, daß ich die Stätte unserer trüben Erfahrungen wiedersah, aber ich fannte sie nicht wieder.

Am Hafen sehe ich Gebäude eines Stils, der schon nach höherem strebt, darunter eine Capitania und ein kleines Hotel. Dann tommen Pflanzungen und saubere Kolonistenhäuser, urd der hohe, düstere Urwald hat zu beiden Seiten der Pikade weit zurückweichen müssen. Ich suche die Stelle zu finden, wo unsere Hütte stand, aber alles it so verändert, daß ich es baid aufgebe. Ich folge der einst so wilden Bilade, die jetzt ein breiter Fahrweg ist. Pflanzungen faffen sie ein. Trupps von munteren Schulkindern kommen mir entgegen, die ihren teutonischen Ursprung nicht verleugnen fönnen: ihre Eltern haben schon unter ähnlichen Verhältnissen mit dem Balde um ihre Existenz gekämpft und sind Sieger geblieben. So auch hier.

Dann kommt das freundliche Schulhaus, welches, wie mir fcheint, nicht weit von der Stätte steht, wo ich einmal im Fieberrausch auf die Nase fiel. Und noch meit, weit vor mir fehe ich die Spuren erfolgreichen menschlichen Schaffens. Aber was Bunder schließlich! Die Leute sind eben feine Kolonisten aus Weltschmerz!