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Nr. 590 ZS. Fahrgang

2. Seilage des vorwärts

Vonnerstag, 15.dezember 1921

Schluß öes Zeugenverhörs.

R in. Lelplg. 14. Dezember. | Aus der Zeugenaussage S ü d e k u m s ist noch heraus­zuheben: Auf das Angebot Kopps, in feine Regierung ein- j zutreten, antwortete«üdekum, da§ schon die Beamten, die ihren Eid der verfassungsmäßigen Regierung geleistet hätten, icher jeden Minister unmöglich machen würden, der wirklich o gewissenlos wäre, den Vorschlag Kapps anzunehmen. lebrigens fei nicht Kapp dazu berufen. Minister zu ernennen, andern der Reichspräsident. Darauf drehte sich Kapp um und sagte zu Falkenhausen:Daran haben wir ja n o ck gar nicht gedacht. Den Reichstag und Landtag habe ich aufgelöst, da setze ich Ebert hiermit auch ab." Auf Vorhast der Verteidigung erklärt Südekum auf das aller- bestimmteste die Behauptung D o y 6 s, er habe um Auf- nähme in die Kapp-Regierung ersucht oder gar erklärt, über die Reichsvräsidentenschaft Hindenburgs ließe sich reden, für einen Unsinn. Immer mehr zerflattert der Nebel, in den die Kappisten und ihre Verteidiger die Ereignisse der Märztage einzuhüllen f suchen. Die Aussagen der Minister Dominicus und Südekum haben die in den letzten Tagen von Kapp-Zeugen aufgestellten Verwirrungsmomente wieder beseitigt. Insbesondere die klaren Darlegungen Südekums lassen keinen Zweifel darüber, daß die Darstellung der Angeklagten, sie hätten an die t a t- sächliche Machtergreifung durch Kapp-Lüttwitz glauben und deshalb ihnen folgen müssen, d u r ch a u s> falsch ist. Die Kappisten konnten nur wenige Augenblicke f oiese Meinung haben, etwa wie Einbrecher die tatsäch- liche Macht in oen Händen haben, bis die Polizei kommt. Tatsächlich hatten schon am Sonnabend, den 13. März, die verfassungstreuen Kreise sich um die Aufklärung der Truppen bemüht und sicher schon am Sonntag mehrere Hundertschaften der grünen Polizei so weit beeinflußt, daß sie zum Widerstand gegen die Kappisten bereit waren. Alle Ausflüchte der Kappisten wurden abgetan durch eine Erwägurm: sie forderten A m n e st i e, well sie ihre strafgerichtliche«schuld aner­kannten. Minister Oeser schildert dem Gericht eingehend, wie Iagow selbst ihn im Ministerium besuchte, sich a l s M i n i st e r v o r st e l l t e und ihn aufforderte, in das Ministerium Kapp als Berkehrsminifter einzutreten. Dabei waren die anwesen- den preußischen Minister sämtlich auf Anordnung der Kavpistenverhaftet", d. h., sie sollten das Ministerium nicht oerlassen. Für Oeser wollte Iagow die sofortige Frei- lassung erwirken, weil er hoffte, daß er den Generalstreik ver- hindern könne. Da Oeser aber nicht ging, ohne gleichzeitige Freilasiung auch der übrigen widerrechtlich festgehaltenen Minister, so ist nach einigen Stunden denn auch deren Frei» lassung angeordnet worden. Auch Oeser und Dominicus be- stätigten auf Befragen die Tatsache, daß Kapp in Gegenwart von Iagow und seinen sonstigen Mitarbeitern»auch Ebert hiermit für abgesetzt" erklärte. Von lebendiger Wirkung war auch die Darstellung des General » Reinhardt über die militärischen Ereignisse. Dieser General n-' it zur verfassungsmäßigen Regierung ge- hasten. Eine de. wichtigsten Forderungen, die Lüttwitz am 10. März dem Reichspräsidenten unterbreitete, war auch die Absetzung des Generals Reinhardt. Nach der Ueberzeugung Reinhardts mußte damals in Berlin Widerstand geleistet werden, schon damit nicht im Lande der Eindruck entstehe, als ob die Regierung auf die Staatsgewalt verzichte. Nach seiner Meinung wäre der Kapp-Putsch auch militärisch binnen weniger Tage zusammengebrochen, denn die Mehr- heit der Reichswehr stand zur Verfassung und zur Regierung. Auf eigene Kappe das Kommando zu übernehmen, war nicht möglich, weil die Reichswehr als Einrichtung noch jung war. General v. Oldershausen, der ehemalige Generalstabsches im Reichsgruppenkommando I war, hatte schon wochen- und monatelang vorher bemerkt, daß Lüttwitz sich in falschen Bahnen bewegte. Er hatte wiederholt versucht, Lüttwitz davon zu überzeugen, daß er von Kapp lassen müsse. Dafür hat Lüttwitz ihn nur links liegen lassen und ist seine Wege weiter- gegangen. Am 10. März, als er Lüttwitz zu Ebert begleitete, wurde er plötzlich durch die politischen Forderungen über- rascht, die Lüttwitz überbrachte und wovon vorher keine Rede gewesen war. Der Reichspräsident habe in durchaus r u h i g e r W e i s e auf die Forderungen geantwortet, da» gegen habe Roste in sehr schroffer Form die ultima- tiven Forderungen abgelehnt und das Ganze als eine Provo- kation der Generale erklärt, der er sich auf keinen Fall fügen werde. Noch bei der Hinfahrt hat Lüttwitz den Zeugen mit Verhaftung bedroht, weil er ihm abriet, seine politischen Forderungen vorzubringen. Infolge Beurlaubung hat Lütt- witz geglaubt, nicht mehr warten zu können und auf jeden Fall loszuschlagen. Eine ganze Reihe der Staatssekretäre und Ministerial- direktoren schiwerte heute, wie sie unter Besetzung ihrer Mini- sterien von der neuen Regierungsgewall Aemler angeboten erhielten, diese aber ablehnten. Zum Schluß gelangten noch auf Ersuchen des Oberreichs- onwalts drei B r i e f e zur Verlesung, die bei Schiele gefunden worden sind. Sie sind sämtlich mit B. gezeichnet und stammen augenscheinlich von Oberst Bauer. In allen dreien sie stammen vom Dezember 1919 und Januar 1920 ist die Rede von Vorkonferenzen, die abgehalten wurden, und von geheimen Personen, die nach Verschwörer- art unter Decknamen auftauchen. So wird gesprochen von einem Pastor, womit augenscheinlich T r a u b gemeint ist, und Dr. Sch-, was das Signum für Dr. Schiele zu fein scheint. In einem der Schreiben wird der Empfänger beaus-

tragt, beim Pastor sich nach demB e t r i e b s k a p i t a l" zu erkundigen. Das war wohl die Hauptsache! ** 4* R.-A. Gr ü n sp o ch: Sie sind der Ansicht, daß da» Amnestie- begehren der Kapp-Leute eine Schuldbeiahung in sich einschloß? Meinen Sie nicht, daß man auf feiten Kopps der Ansicht gewesen ist, es handele sich bei den ganzen Besprechungen um Vergleichs- Verhandlungen? Zeuge: So ist das nicht. Die Reichsregierung verhandelte gar nicht, sondern ich wollte aus Opportuni- tätsgründen den Usurpatoren es ermöglichen, ohne Blutver- gießen sich aus Berlin zurückzuziehen. I.-R. G ö r r e s: Bei den Verhandlungen über die Amncstierung im Reichsjustizministerium sollen Sie die Unterstützung der sozialdemotratischen Fraktion derart zugesichert haben, daß Sie erklärten, das Gesetz könne passieren, ohne baß die sozialdemokratische Fraktion dazu Stellung nehmen werde. Zeuge: Daran entsinne ich mich nicht. R.-A. G r ü n s p a ch stellt den Beweisantrag, Herrn Geheimrat Doye nochmals als Zeuge hier zu vernehmen, um die Widersprüche aufzuklären, die sich zwischen seinen und den Aussagen des Herrn Ministers a. D. Südekum er- geben haben. Hierauf wurde Minister a. D. O e s« r, jetzt Landeshauptmann der Provinz Sachsen , vernommen. Er erklärte: Mein Ministerium war am 13. März morgens von Truppen besetzt worden. Bald darauf kam ein Offizier des Herrn v. Lüttwitz , der uns unsere Tätigkeit mit den kiasiischen Worten verwehrte:Die Arbeit hier hört aus!" Um 12 Uhr mittags kam dann Herr v. I a g o w zu mir und stellte sich als Minister des Innern vor. Er fragte mich, ob ich bereit sei, in die Regierung einzutreten. Ich sagt« ihm, daß ich vor allen Dingen mit meinen politischen Freunden mich in Verbindung setzen wolle; denn mir lag natürlich daran, mit der Außenwelt in Verbindung zu treten. Herr v. Iagow versprach mir darauf, daß ich bald aus der Haft entlassen würde. Ich erwiderte, ich verließe das Haus nicht, sondern nur in Gesellschaft meiner Kol» legen. Mittags fuhr ich dann mit den Herren Dominicus und Südekum in die Reichskanzlei, die durchaus den Eindruck einer Schieber- und Händlerbörse machte, In der Stellenjäger aller Art umherliefen, die ein Stück von der Beute erhaschen wollten. Mini st er Oeser berichtet dann weiter über die Derhand- lungen im Reichsjustizministcrium: Minister Schiffer hatte zunächst betont, daß er die Absicht habe, dem Reichstag ein allgemeines Amnestiegesetz vorzuleaen. Als dann aber General Lüttwitz seinen Rütritt ablehnte, erklärte Schiffer, daß damit alle bisherigen Verhandlungen erledigt seien und er weitere Verhandlungen ablehnen müsse. Ais dann die drei früheren Minister Dominicus, Oeser und Südekum entlassen werden sollen, widerspricht der Over- reichsanwalt der Entlastung Dr. Südekums. R.-A. Grünspach beantragt darauf, den Geheimrat D o y ö noch einmal als Zeugen darüber zu vernehmen, daß er von Südekum nicht zu einer Unter-. redung bestellt, sondern mit seiner Gattin zu Besuch gebeten worden sei, daß Südekum ferner flehentlich um eine Aufnahme in das Kabinett Kapp gebeten und Generalfeldmarschall v. Hindenburg als Reichstagspräsidcnt vorgeschlagen habe. Minister a. D. Dr. Südekum ergänzt darauf seine Aussage durch folgende Ausführungen: Ich habe den Ausdruckbestellen" nicht absichtlich gebraucht. Ich konnte Geheimrat Doye keine Befehle geben, denn ich war Finanzminister und er war im Ministerium des Innern. Frau Doye kenne ich nicht, und es wäre zum mindesten eigenartig gewesen, wenn ich st« tu 10 Uhr abends zu mir«ing«. laden hätte. Möglicherweise liegt hier aber ein Mibvsftändnis vor. Mir lag nichts an einem freundschaftlichen Verkehr mit Geheimrat Doye, sondern ich wollte mit ihm wegen der. Haltimg der Sipo sprechen. Meine Aufregung bei der Unterredung war nicht übern ormal, sondern durchaus normal und erklärlich. Die heutige Wiederholung einzelner Redewendungen geschah nur, um sie Herrn Doye ins Gewissen zu hämmern. Ich wiederhole, Geheim- rat Doye verließ mich als ein innerlich gebrochen er M a n n. Von seiner anfänglichen Sicherheit war er nachher ganz und gar abgekommen. Uebrigens hatte ich das bekannte Mittel angewandt, reichlich Alkohol zur Verfügung zu stellen. Ich sagte Doye: Die Namen Kapp und o. Iagow bedeuten eine solche Provokation, daß jedes Verhandeln darüber ausgejchlostsn fei. Wenn Sie noch wenigstens den Namen Hindenburg auf Ihrer Seite hätten, dann wäre es noch immer etwas anderes. Herr Ge- heimrat Doye befindet stch im Irrtum, wenn er glaubt, daß ich mich um ein Amt in der Kapp-Regierung beworben habe. Dieser Gedanke war nach meinem ganzen verhalten ausgeschlossen. Ich bleibe bei meiner bisherigen Aussage und nehme sie völlig a u f m e I n en E i d. Ich möchte aber betonen, daß ich nicht mit einem Unternehmen einverstanden war, an besten Spitze Herr o. Hindenburg stand. Darauf wird der Zeuge entlasten. Staatssekretär Gustav Müller berichtet dann über die militärische Besetzung des Wicdcrausbauministeriums. Staaissekretär Dr. Hirsch vom Rcichswirtsckoftsministe- rium bekundet, daß seine Behörde erst am späten Abend des 13. militärisch besetzt worden sei. Jagon» Bleibe. M i n t st e r i a l r o t Dr. Bahr vom Ministerium des Innern sagt aus, daß am Morgen des 13. der Amtsbote des Ministers ihm feierlich die Mitteilung gemacht habe, daß die preußische Staats- regierung auf seine, des Zeugen, weitere Mitarbeit verzichte und ihn ersuche, das Haus zu verlassen. Auf die Frage, wer die neue Regierung sei, erklärte der Amtsbote, Herr v. Iagow sei jetzt Minister des Innern. Herr o. Iagow habe dann auch die beiden von dem Zeugen im Ministerium bewohnten Räume für sich beschlagnahmt. Er, der Zeuge, habe stch geweigert, den Anordnungen v. Iagows Folge zu leisten. v. Iagow: ?ch mußte doch Irgendwo in verlln bleiben, denn infolge des Generalstreiks konnte ich nicht nach Potsdam zurück. Uebrigens ist mir auch der Vorwurf gemacht worden, daß ich die Tochter des Ministers Heine rücksichtslos aus ihrer Wohnung ausgewiesen hätte. Mir wurde am letzten Tage des Unternehmens gemeldet, daß für viele Offiziere Unterkommen be- nötigt würden. Mein Vorgehen beruhte also nur auf fach- lichen Gesichtspunkten.

Dann folgt die Vernehmung de- Eisenbahndirektions- vräsidenten Wulsf-Berlin . Am IS. März, so bekundet der Zeuge, kam Herr v. Wangenhcim zu mir und bat um die Erlaubnis, mit meinen Beamten sprechen zu dürfen. Ich habe es abgelehnt, Herrn v. Wangenheim sprechen zu lassen, ließ ihm aber die Möglichkeit, dies zu tun, falls meine Beamten selbst den Wunsch äußerten. Die Versammlung der Beamten lehnte das jedoch ab. Hierauf erfolgt die Vernehmung des früheren Chefs der Heeres- leltung, Generalleutnants Reinhardt, der über die Bor- geschichte des Unternehmens eingehend berichtet. Dann kam General Reinhardt auf die Vorgänge am Abend des 12. März zu sprechen: Ich inspizierte, um mir ein Bild von der Lage zu mächen, die Truppe des Oberst v. Taysen im Regierungsviertel sowohl wie die am Bendlcr-Block. Sowohl bei Tarsen wie bei dem Kommandeur des Bendler-Blocks fand ich klare F e st i g k e i t, dagegen war das bei General v. Oven nicht der Fall. Cr machte sich große Sorgen über einen eventuellen Zusammenstoß. Ich erklärte ihm aber, es muß unker allen llmständen gekämvsi werden, das ist unsere Pslicht und Schuldigkeit. In der Kabin-us- sitzung stand bei der Beratung über die Frage der Ausnahme des Kampfes General v. Oven unter starkem seelischen Druck. Cr sah den Gegner zu groß und schätzte unsere eigenen Truppen z u schwach ein. Unsere Brigaden 3 und 15 waren durchaus kampffähig und gut. Nur war die Brigade Ehrhardt etwas stärker. Aber in der Verteidigung, im Straßenkamps waren w i r im Vorteil. Allerdings war Ehrhardt als Führer von fanatischer Energie. Während also die Generale v. Oven und Oldershausen von einem Kampf abrieten, war ich anderer Ansicht. Ich dachte an die Verhältniste im ganzen Reich. Ich wußte, daß� der größte Teil der Truppen stch dem Putsch nicht anschließen würde. Ich hatte in die Gesamtheit der Abwehr volles Vertrauen. Ein eventueller Zusammenstoß an der Charlottenburger Brücke oder am Brandenburger Tor wäre nur eine Episode gewesen. Es mußte zunächst einmal gcfch ästen werden, ver Staat mußte sich aus seine Exekutive verlassen können. Mit dieser Ansicht bin ich leider nicht durchgedrungen. Allerdings möchle ich betonen, daß die anderen Generale nicht etwa den Ge- horsam verweigert hätten. Sie hielten nur an ihrem Standpunkt fest, daß der militärische Erfolg sehr fraglich gewesen wäre. Am nächsten Morgen fuhr ich dann zum General v. Hülsen nach Pots- dam. Ich habe gelesen, daß er hier neulich ausgesagt hat, ich häite auf seine Frage, wo sich die Regierung befände geantwortet:Die ist zerplatzt." Ich lehne diesen Ausdruck ab, weil ich es für aus- geschlossen halte, daß ich ihn gebraucht habe. Ich konnte Hülsen nicht sagen, wo sich die Regierung befand, solange ick nicht wußte, ob er zuverlässig war. Und das war so lange fraglich, als er zu Lüttwitz wollte. Damit ist die Vernehmung des Generals Rein- Hardt beendet und es tritt eine Mittagspause ein. Nach der Mittagspause wurde dann Generalleutnant o. Oldershausen vernommen. Er sagt aus: Bis zum 1. August war ich Chef des Gencralstabes des Reichswehrqruppenkommando« I. General o. Lüttwitz hat mit mir wiederholt über die politischen und wirtschaftlichen DcrhälMisse Deutschlands nach der Revolution ge- sprechen Ucber seine Ziele war sich General v. Lüttwitz wohl klar, aber nicht über die Wege, die er einschlagen mußte. Lüttwitz sprach sich jedoch immer in dem Sinne aus, daß die Berfastung respektiert werden müßte. Den Plan eines gewaltsamen Umsturzes Hot er mir gegenüber nie laut werden lasten. Bei der Auflösung der Freikorps kam es zwischen Exzellenz Lüttwitz und mir zu Diffe- renzen. Im Februar 1020 wurde dann die Spannung zwischen uns verschärst, da ich mit meinen Ansichten über die Gefahr e i n.e s Linksputsches erheblich von denen des Herrn v. Lüiiwitz ab­wich. Ich glaubte nicht an die drohende Gefahr einer Aktion von links. Ich erfuhr damals, daß Herr v. Lüttwitz in enger Fühlung Mit Kapp, Ehrhardt, Dr. Schiel» und anderen Leuten stand, Die Ding« waren so weit gediehen« daß ich mich Ende Fe- bruar zu Exzellenz Lütrwitz begab und ihn bat, sich von Kapp frei zu machen. Herr v. Lllttwitz erwiderte mir, daß dies den Generalstab nichts angehe. Ich bedeutete ihm jedoch sehr deutlich, daß bei einem etwaigen Gewaltakt, weder ich noch mein Generalstab ihm Gesolg- schaft leisten würden. Ich habe damals nicht, wie hier von einem Zeugen behauptet worden ist, ein Doppelspiel getrieben, sondern ich habe General v. Lüttwitz gegenüber ofse i gehandelt und mit meinen Ansichten nicht hinter dem Berge gehalten. Vors.: Fand diese Aussprache nach der Parade in Döberitz statt, bei der Herr v. Lütkwitz die bekannte Ansprache hielt? Zeuge: Jawohl. Und diese Ansprache war ein weiterer Grund für mein Verhalten. Es gelang mir damals, Exzellenz H e i n tz e und Exzellenz H e r g t zu veranlassen, General Lüttwitz aufzusuchen. Weiter bat ich den Staatskommissar für die öffentliche Ordnung, Geheimrat Berg er. aus Herrn v. Lüttwitz beruhigend einzuwirken. Ich war sehr froh, als ich hörte, daß Herr v. Lüttwitz selbst den Wunsch äußerte, eine Aussprache mit dem Reichspräsidenten zu haben. Am 10. März holte ich Lüttwitz zu der Unterredung mit dem Reichs- Präsidenten ab. Lüttwitz hatte außer dem politischen Programm auch noch ein militärisches vorbereitet. Er oerlangte die Schaffung des Postens eines Oberbefehlshabers der ganzen Armee für feine Person, die Absetzung des Generals Reinhordt und Widerrufung des Befehls zur Auflösung der Marinebrigaden. Die Untcrrcduug mit dem Reichspräsidenten und dem Reichswehr - minister verlief infolgedessen sehr dramatisch, da Lüttwitz seine Forderungen in schroffster Form vortrug. Am anderen Morgen wurde ich zu Reichswehrminister R o s k e gebeten, bei dem ich General Reinhardt vorfand. Minister Nosk« beauftragte mich, Exzellenz Lüttwitz zu veranlassen, seinen Abschied zu nehmen. Die Brigade Ehrhardt war damals durch Zeitfreiwillige auf 10 000 Mann gebrocht worden. Ich hatte erst versucht, den Anmarsch zu hindern, indem ich die 5zavel durch General Hülsen mit Pots- damer Truppen absperren wollte. Aber das war nicht mehr möglich. Oberst Taysen , dem der Schutz des Regierungsviertels übertragen war, versprach mir in die Hand, Widerstand zu leisten. Ich ver- suchte ein Letztes und fuhr Ehrhardt nach Döberitz entgegen. Unter- wegs traf ich seine Truppen, hörte von ihnen, daß er selbst noch in Döberitz sei. Ein Uebersall auf die Brigade Ehrhardt, so wie der Minister Roske ihn neulich hier geschildert hat, und wie er ihn aus- führen wollte, war ganz unmöglich, denn die Brigade marschierte kriegsmäßig, d. h. mit Spitzen- und Flankensicherung auf der Landstraße. In Döberitz , wohin mich General Oven begleitete, fanden wir Ehrhardt auf dem Sofa schlafend vor. Wir weckten ihn und suchten ihn in letzter Stunde zu bewegen, von seinem Vorhoben abzustehen. Er erklärte aber, daß er n i ch i m e h r z u r ü ck k ö n n e. da andere Truppen sich ihm angeschlossen hätten und ebenfalls schon marschierten. Ich sagte zu ihm: Auf einen Kampf müssen Sie sich

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