tr. 614 38. Jahrgang
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Nr. 304
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Donnerstag, den 29. Dezember 1921
Eisenbahnerstreik im Westen.
Die Situation ist im Westen nach wie vor ernst. Die fürchtet, aufflammt. Der Allgemeine Eisenbahnerverband hat Rage wird durch das Verhalten des Reichsverkehrsministe- feine Unterbezirke angewiesen, lediglich den Weisungen der riums verschärft, das bisher keine neuen Verhandlungen ein Berliner Zentrale zu folgen und feinesfalls fich örtlichen geleitet hat, sondern im Gegenteil den Eisenbahndirektionen Aktionen anzuschließen. noch in der Donnerstagnacht telegraphisch Anweisung gab, unter feinen Umständen Verhandlungen zu führen, da es sich um einen wilden Streif handle. Die Verhandlungen, die zurzeit noch im Reichsverkehrsministerium geführt werden, beziehen sich nicht auf neue Lohnverhandlungen, sondern nur auf das Arbeitszeitgesetz.
Die Mitteilung bürgerlicher Blätter, daß der ADGB . die Führung eines Streits übernehmen wird, ist unzutreffend. Meldungen, die von der ablehnenden Haltung der übrigen Eisenbahnerverbände und der Beamten sprechen, sind unzu verlässig. Soweit wir feststellen fonnten, haben die Vorstände der einzelnen Organisationen zu dem Streit im Westen noch teine Stellung genommen.
Der Hauptvorstand des Deutschen Eisenbahnerverbandes hat heute vormittag zu der ablehnenden Haltung des Reichs fabinetts Stellung genommen und weschlossen, nochmals an die Regierung heranzutreten, um auf dem Bege der Berhandlungen eine Berständigung herbei zuführen..
Die übrigen Eisenbahnerorganisationen Berlins werden im Laufe des heutigen Abends zu der Situation Stellung nehmen. Auch in Berlin ist die Erregung nach den uns zu gegangenen Mitteilungen sehr groß, so daß ein Beschluß er wartet wird, der die Aktion der Arbeiter im Westen billigt, und in dem man sich bereit erklärt, evtl. eine Unterstügungsaftion einzuleiten.
Verschärfung des Elberfelder Streiks.
Elberfeld , 29. Dez.( WTB.) Die ftreifenden Eisenbahner haben heute nacht die Barole ausgegeben, den Streit mit aller Schärfe durchzuführen. Nur die Transporte der Interalliierten Kommiffion sollen von den Streifenden bewerkstelligt werden.
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Internationale Solidarität.
Die Worte, die über diesent Artikel stehen, wurden vor dem Krieg häufig bei internationalen Veranstaltungen ge braucht. Sie sind besonders beliebt bei Banketten, und es gibt gute Leute in allen Staaten, die dieser Wendung eine große Bedeutung beigelegt haben und zwar in Ueberzeugungstreue und nicht in dem Wunsche, eine Mode mitzumachen, die gerade im Augenblick sich als populär erwies.
Als dann der Weltfrieg mit feinen Fluten von Blut, Berwüstung und Haß über die europäische Erde dahingebraust mar, verstummten solche Töne. Sie leben jekt langsam und schüchtern wieder auf; die Friedensligen und die Friedensvereine wagen sich fühner hervor; aber daß diefe Bestrebungen schon einen erflecklichen Einfluß auf die öffentliche Meinung der zivilifierten Welt ausüben, fann man nicht behaupten.
Die BS.- Korrespondenz meldet aus Elberfeld : Der Ausstand der Eisenbahnarbeiter, Rangierer, Sdgranten wärter und eines Teiles der Zugführer hat seit gestern nachmittag eine Ausdehnung erfahren, so daß jegt das ganze Wuppertal still Friedensbewegungen zu äußern, und doch wäre ein solches Es wäre sehr leicht, sich satirisch und sich ironisch über die gelegt ist. Die Eisenbahndirektion Elberfeld nimmt an, daß der Borgehen gewiß ungerechtfertigt und ichadenbringend. Man Streit sich noch weiter ausdehnen wird. Infolge des Beschluffes barf nicht verkennen, daß edle Kräfte in all diesen des Kabinetts, in diesem Falle nicht nachzugeben, hat Friebensbestrebungen und hinter all diesen Versich die Stimmung unter den Streifenden felbft verschärft, be- fuchen, den Wölferhaß zu beseitigen, oder ihn zu mildern. fonders da nunmehr die beabsichtigten Besprechungen mit dem Eisen- stehen. Nur über die Bedeutung, die all diese Versuche haben, bahndirektionspräsidenten in Elberfeld unmöglich geworden sind. Die wird man sich nicht täuschen können. Sie gehen auf ein hohes Streitenden haben vorläufig noch sämtliche Koblenzüge Riel los; leider mit Kräften, die der nötigen Stärke entbehren. durchgelassen, sowohl die für das Reich, als auch die für die Entente Diese Versuche sind wichtig, eine neue Zeit vorzubestimmten. bereiten; diese neue Zeit heraufzuführen, find fie unver Die auf radikalem Boden stehenden Mitglieder des Deutschen mögend, Eisenbahnerverbandes hätten gestern bereits mit den Führern einiger genommen, unionistischer Bergarbeiterverbände Fühlung eventuelt fich die Unterstützung dieser Bergarbeitergruppen zu fichern.
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Solche Behauptung fonstatiert eine Tatface; fie stellt feft, was ift; fie übt feine abfällige Kritit, und sie soll nur den 3wed haben, Illusionen zu zerstreuen, die immer Illu fionen bleiben werden, weil die idealen Mächte allein fich noch niemals ftarf genug erwiefen haben, die realen Wider bestände tände dieser Welt, die aus Hak, aus Eigenmug, aus Berblendung hervorwachsen, endgültig zu überwinden.
Köln , 29. Dezember.( TU.) Die Folgen des EisenbahnerDie Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahnbeamten und streits im Direktionsbezirk Elberfeld machten sich hier dadurch beAnmärter will heute Entscheidungen treffen. Eine Sigung mertbar, daß die aus dem Often fälligen Züge bort von den Streides Borstandes wird sich mit der Frage beschäftigen, welche tenden angehalten und nicht nach Köln weitergeleitet wurden. Das Haltung die Eisenbahnbeamten einnehmen sollen, wenn der Eisenbahnzersonal des Bezirks Köln schließt sich dem Etreit nicht Streit nicht auf den Elberfelder Direktionsbezirk beschränkt an. Die von Köln nach dem Often abgehenden Züge werden fämt bleibt, sondern etwa auch an anderen Stellen, wie man be- lich fahrplanmäßig abgefertigt, zum Teil aber umgeleitet.
nifen zu organisieren, 12 000 Erwachsene und 4000 Kinder zu verpflegen.
Es ist nicht uninteressant, daß mir heute in ein Entwic lungsstadium getreten sind, in dem diese Erkenntnis langfam, recht langsam aufdämmert.
Nur wenn große, starte, gutorganisierte Barteien in den verschiebenen Ländern für den Friedensgedanken und für die Gedanken der Humanität mit höchstem Nachdruck eintreten, oder wenn die egoistischen Interessen der Menschheit mit legter Klarheit die Erkenntnis erzwingen, daß Rriege und daß erbitterte Feindschaft unter den Nationen für alle und auch für jeden einzelnen ein schweres Mostau, 28. Dezember.( Intel .) Der Sowjetfongreß hat die Unglück sind, nur dann werden die Kriege verschwinden, und neue Wirtschaftspolitik gebilligt. Es sollen Maßnahmen zur Sanur dann werden die Worte von der Solidarität der Nationen Paris , 29. Dez.( WTB.) Ueber den Zweck der morgen beginnen nierung des Rubels getroffen werden. Die Etatsausgaben sollen allmählich zu einer Wahrheit werden. den Beratung aliierter Eadyverständiger aus Handel, Industrie und eingeschränkt werden. Die Arbeitspflicht der Bauern soll vereinFinanzen schreibt der" Matin", es handle fich um die Schaffung eines fa cht werden. Die Entwicklung der Genossenschaften soll begünstigt, Ronsortiums zur Wiederaufrichtung des Handels in Rußland . die Handelsbeziehungen der Wirtschaftsorganisationen mit dem AusCs fei ein rein privates Unternehmen, die Regierungen würden fich fand erleichtert werden. Die staatliche Industrie muß auf faufbegnügen, das Unternehmen zu ermutigen und zu kontrollieren, es männische Grundlage gestellt werden. Das persönliche Eigentumswürden aber feine Staatsgelder dafür aufgewandt werden. recht ist auf Grund der Geseze der Sowjetrepublik sicherzustellen. Die Amerikaner sollen aufgefordert werden, an dem Unternehmen, das alle Fragen Mitteleuropas bearbeiten werde, teilzunehmen. Auch den Deutschen werde eine Beteiligung gleich der der anderen Reval, 28. Dezember.( RP.) In einer Reihe von Drtschaften Großftaaten angeboten werben, unter der Bedingung jedoch, daß fanden vor kurzem„ Kreissowjettongreffe" stett. Einige von diesen die Hälfte des deutschen Nuzens zu Reparationszahlun Kongreffen sind ziemlich stürmisch verlaufen, da in ihnen die Op po gen verwendet werde. Diese Konferenz und dieses Ronsortium fition die Mehrheit hatte, so in Wisch nowologt, wo in mit Privatfapital habe nichts zu tun mit der Internationalen Ron- das Erefutivfomitee mehr Parteilose als Rommunisten gewählt ferenz der Gesundung der Wechselturfe, die Anfang Februar ver- wurden. Man glaubt, daß Moskau die Wahlen, in denen die Parteimutlich in Genf stattfinden werde. An dieser Konferenz würde lofen die Mehrheit erhalten haben, für ungültig erklären wird jrdenfalls auch Rußland teilnehmen.
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Erfolge der Parteilofen".
Staaten waren nicht imftande, den Weltkrieg zu verhindern. Die sozialdemokratischen Barteien der verschiedenen Staaten waren nicht imftande, den Weltkrieg zu verhindern. Sie waren hierzu noch nicht start genug, und es gelang den verschiedenen Kabinetten, die reale politische Sachlage genügend zu verdunkeln, um den Angreifer als Angegriffenen, und den Angegriffenen als Angreifer vor der Welt erscheinen zu laffen. Nach dem Kriege hatte alsdann die fich erneut zusammenfindende internationale Sozialdemokratie wiederbolt versucht, durch internationalen Bonkott schändliche politische Vorgänge ich erinnere nur an Ungarn - zu erstiden und unmöglich zu machen. Vergeblich! Die europäische Gozialdemokratie erwies fich für solche Aufgaben internationaler polizeilicher Interventionen nicht start genug. Leider!
Und nun ein neuer Vorgang von weittragender, von gewaltigster Bedeutung.
Die internationale Sozialdemokratie hat schon häufiger gegen den Frieden von Versailles protestiert, der ein Werf brutaler Machtpolitik, kein Wert ausgleichender internationaler Gerechtigkeit und einer Gesinnung ist, die den Frieden unter den Nationen zu garantieren geeignet wäre.
Paris , 28. Dezember. ( WT.) Journal des Debats" erklärt, Die neue U- Bootgefahr. es fönne nach Austunft aus diplomatischen und offiziellen Kreifen; Französische Bedrohung Englands. bestätigen, daß feine Ronferenz zwischen Lloyd George und Briand mit Tschitscherin und Litwinow geplant sei. Vielleicht seien Washington, 29. Dezember.( Havas.) Nachdem Sarrauf Berhandlungen allgemeiner Art, die die Wiederaufrichtung des die Erklärung betreffend die Haltung Frankreichs in der U- BootWirtschaftslebens in Rußland zum Ziele haben, ins Auge gefaßt frage abgegeben hatte, dankte Staatssekretär Hughes Frankreich, worden. An unmittelbare Verhandlungen mit der Sowjet- daß es bezüglich der Großkampfschiffe Opfer auf fich genommen Daß diefe notwendigen und für die sozialistischen OrganiRegierung werde dabei nicht gedacht meroen, bevor alle finanziellen habe. Er sprach aber sein Bedauern aus, daß Frankreich telne fationen ehrenvollen Broteste eine starke und greifbare Wirund politischen Garantien sichergestellt seien, die die Grundlage gleichen Opfer hinsichtlich der Unterfeeboote und der Hilfsschiffe fung ausgeübt hätten, fann man nicht behaunten. jeder Erörterung bilden müßten.
bringe. Balfour sprach sich in gleichem Sinne aus. Das von Eines mußte hinzukommen. Diefe Proteste mußtent Frankreich ins Auge gefaßte Programm erscheine als Bedrohung zugleich der Ausdrud einer realpolitischen NotEnglands. England werde infolgedeffen eine Verteidigungsstreitwendigkeit sein ,, und diese Notwendigkeiten machen sich Mostau, 28. Dezember.( Intel .) Der Sowjetkongreß beschloß macht gegen die Flotte von U- Booten bauen müffen, die in nächster jekt in einem Umfange bemerkbar, daß auch die„ Staatsmänner" alten Schlages vor dem, was sich abspielt, nicht die Absendung folgender Adresse an Nansen: Der 9. Allruffische Nähe feines Gebietes gefchaffen werde. völlig die Augen verfchließen tönnen. Gomjetkongreß drückt Ihnen im Namen der Millionen der arbeiten
Französische Munition für die Türfen. In Konstantinopel Be den Bevölkerung Rußlands feinen tiefsten Dant aus für Ihr schlagnahmten britische Kontrolbeamte 200 Tonnen Munition, Bestreben, den Hungernden an der Wolga Hilfe und Rettung zu die für Kemal Baicha bestimmt waren, in einem franzöfifchen bringen. Das russische Volk wird den Namen des großen Gelehrten Schiff. Französische Beamte sind in die Angelegenheit verwidelt. und Entdeckers Nansen in seinem Herzen bewahren, dem es gelang, fich einen Weg durch die Eism üst en des Nordens zu bahnen, und ber nicht im stande war, die herzlose Graufamkeit der herrschenden Klassen in den kapitalistischen Ländern zu überwinden.
Mailand , 29. Dezember. ( Intel ) Gleichzeitig mit dem ruffisch italienischen Handelsobkommen wurde von der Vertretung der Gowjetregierung ein Abkommen mit dem italienischen Roten Kreuz abgeschlossen, wonach schon Anfang Januar fich eine Mission des Roten Kreuzes nach Rußland begeben wird, um 18 Boltstüchen und Kli
Steigender Kurs.
Heute fanden an der Berliner Börse in fast allen Devisen recht bemerkenswerte Räufe einiger Groß- Bantfirmen statt. Der Kurs des Dollars fette mit 182 ein und stieg im weiteren Verlaufe ungefähr auf 184. Biel beachtet wurden die Ausführungen des Reichskanzlers über die im Januar zu erwar tende Teuerung.
Das wirtschaftliche Leben der zivilisierten Welt leidet außerordentlich und zwar fowohl in den Staaten der Befieaten wie in den Staaten der Sieger. Der Sieg ift für jene Bölfer, die ihn für sich in Anspruch nehmen, ein Danaergeschent. Nachdem der erste Rausch vorüber, ift eine schwere Ernüchterung über jene gekommen, die den Bertrag von Bersailles und von Saint Germain und Don Sèvres erzwungen haben, die die Sanktionen beschlossen und die nun ertennen müffen die einen schneller, die anderen langfamer- daß Sieger und Besiegte wirtschaftlich außerordentlich zu leiden haben, und daß diefes Leiden eine Katastrophe für alle Welt bedeuten wird, wenn es nicht mit möglichster Schnelligkeit gebannt werden fann; und so erinnert man sich