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Stegfcnnrgaenteurf sah die Grenze fiir Abfindungsbrenne- reien bei einer jährlichen Produktion von 2 Hektoliter Alkohol vor. Das Zentrum stellte, um seinen süddeutschen Wählern Rechnung zu tragen, den Antrag, die Grenze aus 4 Hekto- liter herauszusetzen. Da dieser Antrag in der ersten Lesung Annahme fand, ist der vermehrten Schwarzbrennerei wieder Tür und Tor geöffnet, wenn es nicht in zweiter Lesung gelingt, den Regierungsentwurf wieder herzustellen. Zu ermäßigten Verkaufspreisen ist Branntwein zur Verwendung in öffenllichen Kranken-, Ent- bindungs» und ähnlichen Anstalten oder in öffenllichen wissen- schaftlichen Lehr- und Forschungsanstalten abzugeben, ferner Branntwein, der zur Bereitung von Speiseessig, zu Putz-, Heizunas», Koch- und Beleuchtungszwecken oder zu gewerb- lieben Zwecken verwendet wird. Im alten Gesetz war vor- gesehen, daß Branntwein auch zur Herstellung von Riech- und Schönheitsmitteln zu ermäßigten Verkaufspreisen abgegeben werden konnte. Diese Vergünstigung ist vom Ausschuß ge- strichen, da bei den Verkaufspreisen dieser Erzeugnisse eine derartige Vergünstigung nicht mehr zu verantworten war. Unsere Vertreter glaubten, daß die Liköre und söge- nannten besseren Trinkbranntweine sehr gut eine Sonder st euer tragen könnten und brachten deshalb einen Antrag ein, wonach die Gemeinden das Recht haben sollten, diese Steuer für sich in Höhe von 25 Proz. zu erheben. Die Regierung erklärte, daß ein derartiges Gesetz in Vorbereitung sei und in absehbarer Zeit dem Reichstag zugehen würde. Von den Einnahmen der Reichsmonopoloerwaltung sind dem Reichsminister der Finanzen jährlich zur Verfügung zu stellen: 1. fünfzehn Millionen Mark zur Bekämpfung der Trunksucht und solcher der Dolksgesundheit drohenden Schäden, die mit dem Mißbrauche von Branntweingcnuß zusammenhängen, 2. fünfzehn Millionen Mark zurBekämpfungvonTuber- k n l o s e und Geschlechtskrankheiten. 3. 12 Millionen Mark zur wissenschaftlichen Erforschung und praktischen Förderung des Kartoffelbaues und der Kartoffel- Verwertung, 4. bis zu fünfundzwanzig Millionen Mark zur Ermäßigung der Kosten der weingeisthaltigen Heilmittel für die minderbemittel- ten Dolkskreise, wovon den Krankenkassen(8 225 der Reichs- oersicherrmgsordnung) und knappschaftlichen Krankenkassen für jede» Mitglied und Jahr mindestens 1,20 M. als Rück- Vergütung zu gewähren sind. Zum Schluß hatte der Ausschuß noch zu vermitteln zwischen der Gärungsessig» und der Essigessenz- Industrie. Auch hier konnte der Ausschuß sich der Not- wendigkeit, großen aufstrebenden Industrien Bewegungs- freiheit zu gewähren, nicht verschließen. Der Steuersatz beträgt bei einem Verkaufspreise von 1500 M. für den Hekto- liter Weingeist 600 M. für den Doppelzentner wasserfreier Saure. Bei diesem Satz ilt beiden Industrien Lebens» und Umstsllungsmöglichkeit gegeben.
Sm'tlcbeiü für Emiguna. In sewer ZeitschristDer Sozialist" setzt sich Rudolf V r e i t s ch e i d, eine Woche vor dem Beginn des Leipziger Parteitags, mit Paul L e v i auseinander, der in seinem Organ Unser Weg" die Zusammenfassung aller Eplitterorganisa» tionen kinks der Sozialdemokratie zu einer einheitlichen sozial» revolutionären Partei gefordert hatte. Levi nennt die Sozial» demokratiedie klarste, geschlossenste, einheillichste sozial- refonnerische Partei, die es in irgendeinem� Lande gibt". Neben diese große, einheilliche sozialreformerische Partei soll nun nach seinem Vorschlageine an Kraft, Zahl, Einheitlich- keit und Geschlossenheit gleiche und überlegene sozialrevolutio- näre Partei" gesetzt werden. Dagegen führt Breitscheid   aus, daß diese theoretisch konstruierte Scheidung praktisch nicht durchführbar ist. Er schreibt: Ein Rebenemonder wäre theoretisch mm dann denkbar, wenn die revolutionär« Gruppe ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf die
Robinson Crusoe  . Sine häusliche Szene von A. D o m d o y. Batar(den von einer kurzen Ferienreise nach der Reichshaupt. stadt zurückkehrenden Sohn empfangend): Guten Tag, mein Junge, wie war's? Sohn: Prächtig, Ball. Tante war mit mir auch einmal im Zirkus. B a t e r(interessiert): So, so! Was hat's denn da gegeben? Sohn: Robinson Crusoe. Vater: Da hast du's aber gut getroffen. Welcher Robinson gefiel dir nun besser, der gelesene oder der gesehene? Sohn: Ei, Vati, der gesehene. Das war hundertmal schöner. Bater: Das kann ich mir denken, lieber Junge. Und nun gar in einem Zirkus! Hat man auch die Ausfahrt des jungen Robinson dargestellt? Sohn: Ja, aber ander». Sr wurde vom Mond im Traum auf die Insel geführt! D a t» r: So, sol Aber dann hast du gewiß die Befreiung de» guten Freitag gesehen? Sohn: Nein, da» nicht, aber Bater(unterbrechend): Also nicht.(Für sich):»" ist eigent­lich schade um den Teil.(Laut): Dann hat man wohl gewiß ge- zeigt, wie Robinson Freitag unterrichtete oder wie er mit ihm auf die Jagd geht oder wie sie gemeinsam die Hauswirtschaft betreiben? Sohn: Eigentlich auch nicht, Vati. Aber(begeistert) der Kampf mit den Wilden, Vati! Hu, das war aber fein! Richtige Wilde sah man, mit Tomahawk   und Spießen. Richtig geschossen haben sie. Und dann wie die Wilden schrien und hinfielen und tot waren! Und wie der eine so hinschlug gerade an den Baum die Augen so schrecklich! Di« Zunge hing aus dem Halse! So sieh mal, Vati(setzt sich mit der beschriebenen Gebärde vor den Ofen.   Und der Häuptling wie ihm der Kapitän das Messer in den Hals stach! Vati so ganz rot kam es da herunter wie richtige, Blut.(Immer lebhafter erzählend): Und wie der Letzte von einem Matrosen mit dem Kolben erschlagen wurde! Und dann, wie zwei-- Bater(der mit steigender innerer Erregung bis hierher zu­gehört hat, ihn unterbrechend): Ist schon genug. Das hatten sie also alles dargestellt. Es war aber doch gewiß auch noch anderes zu sehen nicht bloß der Kampf mit den Wilden? Sohn(nachdenkend): Eigentlich nicht! Oder doch, Vati, so so einige Tier«. Ja und mehr nicht! Aber der Kampf mit den Wilden war doch da» Schönste. Vater: Das Schönste also!(Geht nachdenklich an den Schreib. tisch  , ergreift das dort liegende VerzeichnisGuter Jugendliteratur", liest halblaut): Zum Kampf gegen den Schund!(Wirst da» ver» zeichnis in den Papierkorb. Der Sohn schleicht au« dem Zimmer.)
Umwälzung der Wirtschaftsordnung konzentrierte und darüber dt« Tagesforderungen der Arbeiterschaft vollkom. m«n außer acht ließe. Praktisch ist«ine solche Beschränkung undenkbar, jedenfalls könnt« eine Gruppe, die sie sich auferlege, was Größe und Kraft anbelangt, niemals mit der sozialrefor» merischen In Konkurrenz treten. Um so weniger, als es den Soziolreformismus in Reinkultur doch auch in der SPD  . nicht gibt. Levi erklärt selbst, daß auch in dieser Partei viele revolutionär« Arbeiter seien, die an ehrlich revolutionärer Gesin- n u n g von manchem Kommunisten nicht übertroffen würden. Diese Element« aber wären sicher schön längst ausgeschieden, wenn die So- zialdemokratie grundsätzlich im Opportunismus aufginge und auf eine revolutionär« Zielsetzung verzichtet«. Die Idee de» sozialistischen Zweiparteiensystems beruht demnach auf einer recht künstlichen Konstruktion. Sie hat einen gewissen Sinn unter dem Gesichtspunkt, daß der vielfach zerrissene link« Flügel der Arbeiterbewegung wieder auf eine gemeinsame Linie ge- bracht werden muß, wenn der revolutionäre Gedanke gegenüber dem reformerischen gestärkt werden soll. Aber das letzte Ziel ist und bleibt die Vereinigung des Revolutionariemus und des Refor­mismus in einer einheitlichen sozialistischen   Partei. Gnade das Schicksal des deutschen   Kommunismus ist in dlefer Beziehung ein« eindringliche Lehr«. Wir möchten hinzufügen: Diese Bereinigung laßt sich nicht erzielen durch ein bloß äußerliches Zusammenkleben einersozialrevolutionären" mit einersozialreformerischen" Richtung, sondern nur durch die gegenseitige Durchdringung beider Gedankenkreise und ihr innerliches Ineinanderaufgehen in einer einheitlichen Weltanschauung, wie es im Görlitzer Programm der Sozialdemokratischen Rartei vollzogen ist. Dazu ist nur eines notwendig: Die Breisgabe des Irrtums, als gestaltete sich ein« soziale Renolu- tion nach dem Vorbild einer politischen Umwälzung. Jeder Marrist weiß, daß zwar aus einer Monarchie an einem Tage eine Republik werden kann, daß aber der Uebergang von einer Wirtschaftsordnung zur anderen«in sich stufenweise voll- .ziehender Prozeß ist. In diesem Sinn bat Brestscheid voll- kommen recht, wenn er sagt, daß die Sozialdemokratie auf ihrerevolutionäre Zielsetzung" nicht verzichtet. Sie weiß aber, daß das Ziel der sozialen Revolution nicht von beute auf morgen erputscht, sondern daß es nur durch die Summierung sozialer Reformen erkämvst werben kann. Die Sozialdemokratie wäre nicht sogroß, klar, geschlossen und ein- beitsich", wie Levi zugibt, wenn sie nicht die Einheit von Sozialreformismus und wirklichem Sozialrevolutionarismus der von einem bloßen Schein revolutionarismus Himmel- weit entfernt ist in sich verkörperte. Eine Stärkung unserer Partei in dem Bewußtsein, daß das letzte Ziel ihres Reformstrebens die Befreiung des Vrole- tariats, die Aufhebung der Klassenunterschied«, die sozialistisch« Wirtschasts- und Gesellschastsordmina ist, kann uns nur will- kommen sein: eine Einiguna in diesem Sinne wöne nur zu begrüßen. Dagegen ist die Wiederaufnahme des Gedankens, daß soziale Reformen verbotener Ovvortnnlsmus undPer- rat an der Revolution" feien, ein Rückfall In Irrtümer, die stch schon August Bebel   und Wilhelm Liebknecht   mit Vn Kinderschuhen abgelaufen hatten.
Tirpch über seinen Rücktritt. Noch eine verfolgte Unschuld. In der nächsten Nummer desGrenzboten" veröffentlicht Herr v. T i r p i tz einen Artikel über seinen Rücktritt, der sich gegen Bethmanns zweiten Band wendet und aus dem TU. schon einiges zu erzählen weiß. Nämlich folgendes: Tirpitz stellt zunächst fest, daß entgegen der Behauptung Beth» manns die Pressekontroll« bei der Marine gemäß den schon im Frieden erlassenen Mobilmachungsbestimmungen nicht dem Ma- rineamt, sondern dem Admiralstab unterstanden Hab«. Dies« Fest- stellung ist deshalb wichtig, weil ein Artikel derDeutschen Tage». zeitung". der seinerzeit den Unwilleu de» Kaiser, erregt hatte, dazu benutzt werden sollt«, die unsachgemäße Handhabung der Presse- Zensur seitens des Marineamt» nachzuweisen und damit den
Bater: Was nützt der ganze Kram! Alle» nur schöne Worte! Ein Abend und jahrelange Arbeit ist umsonst. (Zornig.) Und das dazu ausgerechnet in der Weihnachtswochel Es ist ein Jammer!
Der Vater desZungen Deutschland  ".(Zu Wienbarg» S0. Todes- tage, 2. Januar 1S22.)Dir, junge» Deutschland  , widme ich diese Reden, nicht dem alten." Mit diesen Anfanasworten der Zueignung seinerästhetischen Feldzüge", ist R u d o l f W i e n b a r a der Vater jener Literaturbewegung geworden, die als da».Lunge Deusschland" in unserem Schrifttum fortlebt. Aber nicht nur wegen dieser zufällig von ihm vorgenommenen Taufe verdient er ein Erinnerungsblatt, sondern auch wegen des inneren Gehalt» seiner Schriften, die das revolutionäre Programm der neuen Literatur nach der Iulirevolu- tion aufstellten. Zwei der anziehendsten Werke Wienbargs, seine Aesthetischen Feldzüge', die eine neue Schönheit verkündigten, und seinTagebuch von Helgoland  ", sind vor kurzem im ursprünglichen Verlag von Hoffmann u. Campe wieder neu erschienen und haben ihre Anziehungskraft auf» neue bewährt. Als Sohn eine» Schmiede» kam Wienbarg   am Weihnachtstags 1802 In Altona   zur Welt, und wie der dröhnende Klang de» Hammer», der auf den Amboß fällt, klingt es durch seine streitfrohen Schriften. Zugleich war er ein echter Sohn derWaterkante", ein Freilicht- und Freiluftmensch, der sich am brandenden Meer am wohlsten fühlte. Nach dem stamm- verwandten Holland   zog e» ihn vor allem, und sein erste» Wert war eine Reiseschilderung Hollands  , die noch heute«ins der besten Bücher über den Charakter de» Landes und seiner Bewohner ist. Da» Ge- fühl für germanische Kunst, für den Zusammenhang der Dichtung mit dem Milieu gibt auch den Grundton seinerAesthetischen Feld- züge" an. Er erklärt in diesen Borlesungenallem altdeutschen Philistertum" den Krieg und will der individuellen und nationalen Befreiung de» deutschen   Lölkes die Bahn brechen. An den titanischen Sturm und Drang   des jungen Goethe, an Herders   Ideen über Volks- dichtung knüpft er an und verlangt von �dem Künstler, doß er dem Wirklichen durch seine Schöpfung eine künstlerische Bedeutung ver- leihe. Al» Führer der neuen Literaturbewegung feiert er Byron, Jean Paul  , Börne und Heine, und im Gegensatz zu Schillers Briefen über ästhetische Erziehung will er nicht durch Kunst zur Freiheit, sondern durch Freiheit zur Kunst gelangen. Wienbarg wurde für seine mannhafte Tat mit anderen Vertretern des schnell verdächtig gewordenenJungen Deusschland" geächtet und floh nach dem freien Eiland Helgoland  , von wo er seinTagebuch" veröffentlichte. Auch hier fällt die Frische seiner Naturbeobachtungen auf, die bereits eine ganz moderne Sensibilität zeigt, besonders sein Verständnis für die Schönheit des Meeres, die damals eben erst entdeckt wurde. Wien  - barg fand nach seiner Rückkehr nach Hamburg   nicht den Widerhall, den er ersehnte. Er suchte seinen Ekel an der lahmen, reaktionären Zeit im Alkohol zu ertränken, und al« er vor SO Jahren starb, war er ein halb vergessener. Moder«« Kunst In Pari» und Verlin. Die deutsch  « und die französische   Kunst, die früher so enge Beziehungen zueinander unterhielten und sich gegenseitig beeinflußten, haben sich infolge der durch den Krieg aufgerichteten geistigen Schranken vollkommen un- abhängig voneinander entwickelt und sind jetzt vollkommen vonein- ander verschieden. Diese Tatsache hebt Paul West heim, der
Rücktritt Tirpitz' zu erzwingen. Erst in den hierauf folgenden die«- bezüglichen Besprechungen beim Chef des Admiralstabes sei zur Be­stürzung aller an dem Sturz des Großadmirals interessierten Kreise klar geworden, daß die Pressekontrolle tatsächlich organisa- torisch sowohl wie personell dem Admiralstab unterstanden habe.Bei den engen Beziehungen," so fährt Tirpitz fort,die zwischen Herrn v. Bethmann, dem Admiral v. Müller und Admiral v. Holtzendorff bestanden, ist es für mich daher nicht verständlich, wie es möglich war, daß Herr v. Bethmann sein« dem Kaiser vorgetragenen ver- dächtigungen gegen mich nicht zurücknahm, vielmehr noch im 2. Band seiner Betrachtungen ein« so gänzlich falsch« Darstellung des Sachoerhalts geben konnte." Tirpitz schildert weiter den Her- gang seines Abschied». Unter Schonung des im völligen Eine«- nehmen mit dem Reichskanzler und dem Kabinettschef stehenden Ad- miralstabes fei«ine der allgemeinen Verlegenheit entsprungene Kabinettsorder herausgegeben worden, die sowohl Tirpitz als auch Holtzendorff gewissermaßen verantwortlich mache und nochmals bestimmte, datz die Pressekontrolle dem Admiralstab unter» stände. Gegen dies« Berlegenheitsveriügung habe er, Tirpitz. un- mittelbar beim Kaiser Einspruch erhoben. Der Ver asser bringt dann noch weitere 5kispie!e für das gegen ihn insze- n i e r t e Intrigenspiel und kommt zum Schluß auf die tat» sächlichen Gründe für seinen Rücktrilt zu sprechen. Seine Krank- Meldung vom 8. März 1316 sei«rfolgi, als der Admiralstabschef nach dem Bortrag vom 6. März nach Berlin   zurückgekehrt war, mit der offiziellen Mitteilung, daß der U-Boot-Krieg endgültig aufgegeben sei. Nach Ansicht de» Verfassers war damit eine Entscheidung getroffen worden, die mit großer Wahrscheinlichkeit zum Verlust des Krieges führen mußte, wenn nicht«in baldiger Friedens» schluß in Aussicht stand. Durch sein« völlige Ausscheidung von so wichtigen maritimen Entscheidungen aber, die ein« flagrant« Ver» letzung der ihm zustehenden Rechte darstellte, sei das weitere Der- bleiben für ihn, Ttrpitz, auf seinem Posten unmöglich geworden, um so mehr, als fein Verlangen nach Remedur mit der Aufforderung, seinen Abschied einzureichen, beantwort-t worden sei. Herr v. Bethmann ist unglücklicherweise tot und kann nicht mehr erwidern. Ans alle Fälle zeigt der Artikel Tirpitz' noch einmal, wie sich die Paladstie des Kaisers gegeneinander in kleinen Kabalen übten, während die Männer des Volkes draußen verbluteten. Herr v. Tirpitz war es ja auch, der schon am 18. November 1914 in einem Briefe schrieb: Wenn nur der Kopf ander» wäre die Ration ist glänzend! Und am 2(5. März 1915: Herr v. N. hat vollständig recht: Es ist ein unerhörtes Versagen unserer Oberschichi. milverschuldet durch die Spitze. Ich habe das ja die ganze Zeit jahrzehntelang kommen gesehen. Wie oft hatte ich Dir gesagt:Wie die Katastrophe einmal kommen wird, da- wüßte ich nicht, sie müßie aber kommen." Jetzt aber schreiben sie alle Bücher und Briefe, in denen sie beweisen, daß sie ganz unschuldig sind: Wilhelm, sein Sohn, Ludendorff. Helfferich, Tirpitz! Jetzt hat nur das verdammte Volk schuld, das nicht durchgehalten hat, und der berühmte Dolchstoß von hinten"._
Ein kommum'stiftber RnbieAerungsversuch. Die kommunistische-. Rote Hilfe" plant, wie wir hören, die Dil» dung von Hilfskomitee», die durch je ein Mitglied der KPD., der USP. und der Sozialdemokratischen Partei(l) ge- bildet werden sollen. Während uns die kommunistische Presse wegen unserer Hilf»- tätigkeit für die MärzopferStrolche" schimpft, versucht die KPD. unsere Genossen vor ihren steckengebliebenen Parteikarren zu spannen. Und während anständige Kommunisten selbst eine mo- ralische Säuberung der KPD.  -Zentrale fordern, biedern sich Organe dieser Zentrale unfern Organisationen und Mitgliedern an. Sozialdemokraten werden ihren Namen, ihre Arbeit und ihr Geld nicht dazu hergeben, die Geschäfte von Eberlein u. Co. zu fördern. Wenn sie den Wunsch haben, ihren Klasiengenosien zu helfen, die durch jene Gesellschaft w» Elend gebracht worden sind, so bietet sich ihnen wie de« Beispiel unserer Sammlung gezeigt" hat auch unter Vermeidung einer anrüchig gewordenen Gemein- schaft ausreichende Gelegenheit dazu.
einige Zeit zum Studium der modernen französischen   Kunst in Paris  geweilt hat. in einem Aufsatz des von ihm geleitetenKunstblattes" hervor.In Deutschland  , schreibt er,hat man den Weg einge- schlagen zu Romantik und Ekstase, in Frankreich   ist man durch Ce- zanne und Picasso   sehr sachlich geworden, fanatisch objektiv, über all« Maßen bewußt. Bei uns die vielartigen und vielartig sich widerstreitenden Bestrebungen, für die ich der Einfachheit halber ausnahmsweise einmal das SchlagwortExpressionismus" akzep- tieren will, in Frankreich   der Kubismus, denn auch alles das, was neben dem Kubismus jetzt in Paris   entsteht, soweit es überhaupt Geltung hat, hat irgendwie die Gestaltungsgrundlage vom Kubismus  empfangen. Der Kubismus ist ja nicht eine Methode, sondern eine Erkenntnis, eine Grundlegung des Formschafsens. So ist es zu er- klären, daß man bei un» und in Frankreich   nicht nur eine andere Sprache spricht: man meint auch ganz andere Dinge." Dafür führt Westheim einige bezeichnende Aeußerungen an, die ihm von führenden französischen   Malern gemacht worden sind. So las ihm z. B. Albert Gleizes   ein Manuskript vor, das als Motto den Satz Flauberts trägt:Die Kunst von morgen wird unpersönlich und wissenschaftlich sein." Und in einer anderen Unterhaltung mit mehreren Künstlern meinte einer: ,Ln Deutschland will man nicht die Erscheinung der Dinge darstellen, auch nicht die optisch« Relation. wie«» etwa die Perspektive gewesen, sondern da» Wesen, die Seele der Dinge. Die Seele der Dingel Was ist da»?" Ein Maler sprach dann von der russischen modernen Kunst, mit der die Pariser   auch nicht» anzufangen wissen und die ihnen der deutschen  oerwandt scheint.Wenn«in Russe," meinte er,einen Topf malt, so will er da» ganz« Universum mit hineinmalen. Da» ist vage» Zeug. Man muh die Dinge auseinanderhalten: der Tops ist eine Sache für stch, da, Universum ist eine Sache für sich und das Bild ist auch ein« Sache für sich: ein Kader, organisiert durch Form." Es gibt in Pyri» bereits Ansätze zu einer Bewegung, die den Kubis- mus überwinden will. Man erstrebt, den Kubismus in eine Art Einklang mit der perspektivischen Sehweise zu bringen und will die Darstellung gewissermaßen von allem Gegenständlichen reinigen. da» in der Erscheinung nicht schon die von Eczanne geforderten Ur­formen enthält. Dieser Stil hat den NamenPurismus" erhallen. Zum Tode korolenkos. Die ukrainische Republik der Slrb«ii-r und Bauern hat ihren Vertreter in Poltawa   beauftragt, dem ver- ftorbenen Dichter Korolenko die letzte Ehre zu erweisen und seiner Familie das tiefe Beileid des Rates der Volkskommissäre auszu- drücken. Die Begräbnisfeierlichkeiten Korolenkos werden vom Staate veranstaltet. Die Regierung der Ukraine   will das Andenken des Toten oerewigen und seine Familie versorgen. Lunatscharski   charakterisiert in der Moskauer Press« Korolenko als den zweifellos größten zeitgenössischen Schriftsteller, der uns mit den Traditionen der Vergangenheit verband. Die Haupteigenschaft Korolenko» bestand in seinem tiefen Menschlichkeit»- gefühl. Er war wirklich ein Demokrat und zeigte die tiesste Einsicht in die Seele de» Volke». Reben Tolstoi   war er als Dolkstribun an- erkannt, dessen Protest gegen Ungerechtigkeiten und Unterdrückung immer gehört wurde. Sein sanftes Temperament war vielleicht der Grund dafür, daß er mit der vroletc.rischen Revolution nicht sym- pathisierte, deren Kraßheit manchmal seiner humanen Natur wider- strebte. Aber Korolenkos Geist des Friedens und der Brüderlichkeit wird uns alle überleben....