Nr. 23 39.Jahrgang
3 bztv. 6 Mark für jede Stunde nach 1 Uhr.
Beilage des Vorwärts
Der Steuerausschuß der Berliner Stadtverordnetenversammfung, der sich mit der Durchberatung der Bergnügungssteuer zu be
Sonnabend, 14. Januar 1922
Kampf dem Wohnungswucher.
Welche Mittel praktisch in Anwendung fämen.
Der Hauswirt als Mieterschus
werden.
muß es natürlich nach jedem Strohhalm greifen. Zu diesem Stroh balm gehören die Lodesanzeigen. Durch den Tod eines Familienoberhauptes werden, wenigstens bei größeren Wohnungen, in der Regel Räume fret. Viele Bersonen find daher nicht bloß wegen der hohen Injeralenkosten mit den öffentlichen Todesanzeigen sehr voc fichtig geworden. Man müßte daher die Standesämter anweilen, von jedem Todesfall des felbfiändigen Inhabers einer Wohnung dem fäßlich und bei Familienvätern, wenn es sich um Wohnungen von mehr als drei Zimmern handelt. Schon durch diese beiden koſtenlofen Mittel, Hauswirte und Standesämter, ließen sich einige der gröbsten Mißstände eindämmen.
Es interliegt heute feinem Zweifel, daß, der Wohnungswucher Hauswirt derjenige, der bei der Bereiteiung von Bohnungs schäftigen hatte, hat gestern in seiner letzten Sitzung die Einführung mit zu den ärgerlichsten Ursachen der Wohnungsnot gehört. Eines schiebungen die wichtigsten Dienste leiſten tönnte. Weil dies nur in, der sogenannten Hockersteuer, d. h. eine Besteuerung der der bequemsten Argumente, das die Hauswirte fiets bei der Hand verschwindend wenigen Bällen geschieht, so können die Klagen ber Rachisch warmer, beschlossen. haben, menn fie die Notwendigkeit der Mietpreiserhöhung beweisen Hauswirte über die Wohnungsschiebungen nicht sehr ernst genommen Die Form, in der diese Steuer erhoben werden soll, gibt die wollen, besteht in der Erwähnung jener üblen Kaffe von Mietern, Wie die Standesämfer wirken fönnten. Gewähr dafür, daß die Laften dieser Steuer wirklich von jenen ges die ihre Wohnung für ungeheures Geld verschieben, dem Hauswirt Da die Erkenntnisquellen des Wohnungsamtes fo bürftig find, tragen werden, die für ihre Nachtvergnügungen nicht mit 50- und aber nur das bezahlen, was das Mietseinigungsamt für richtig hält. 100- M.- Scheinen zu rechnen pflegen. Besteuert wird grundfäßlich Es erscheint angebracht, diese Einwendungen, die heute ganz alltäglich der Aufenthalt in Gast- und Schantwirtschaften über die polisind, näher zu beleuchten. 3 cistunde hinaus, also na 1 Uhr nachts. Hierbei wird einmal zwischen Bierlofalen auf der einen Seite und BeinLofalen, Bars, Dielen auf der anderen unterschieden. Für Nehmen wir an, daß ein Hausbesitzer, der gegen Wohnungsdie legteren gelien grundsäglich die doppelten Sage. Sobann schieber feindselig gefonnen ist, ernstlich etwas tun wolle, fo geftaitet werden die angemeldeten, harmlosen Bergnügungen der fich das sehr einfach. Der Wohnungsinhaber, der seine Wohnung Wohnungsamt kenntnis zu geben, und zwar bei Junggesellen grund verschiebt, muß den Untermieter polizeilich anmelden und diese Annicht mit Glücksgütern gefegneten Bevölkerung, Sommerfefte, Stifmeldung gehi bekanntlich durch die Hände des Hauswirts. Wenn tungsfeste usw., gesondert von den großen Slemmerballen es diesem also ernstlich darum zu tun ist, Schiebungen unmöglich zu und von jenen geschlossenen Gesellschaften", die sich unangemeldet machen, so ist das eine Kleinigkeit. Er braucht nur seine Genehmiallabendlich in den Stätten des Nachtlebens lediglich zum Zwede des gung zu verweigern. Die Ausrede, daß er die Untervermietungen Durchsumpfens", alfo zur Umgebung der Polizeiftunde bilden. Diese heute nicht mehr verbieten könne, scheitert daran, daß es nicht auf Herrschaften zahlen fortan für jebe Stunde ihres Sumpfbedürfniffes die Bermeigerung der Untermiete, fondern auf die Erregung der Auf3 M.( bzw. 6 M. in Weinlofalen) Nachtsteuer. merksamkeit des Wohnungsamtes autommi. Es ist gar nicht nötig, Bei den ange= daß er die Drohungen wahr macht, vielmehr genügt es schon, dem meldeten Bergnügungen wird nach der Höhe des Eintritts gemieter zu erffären, man werde das Wohnungsamt benachrichtigen, staffelt mit der Maßgabe, daß 100 Proz. der bereits gezahlten fon wenn er nicht von seiner Schiebung ablaffe. Denn der Wohnungsftigen Bergnügungssteuer nicht überschritten werden dürfen. So wird schieber läuft dann Gefahr, daß er seinen Wucherlohn an den angebalso beispielsweise bei einem Eintrittsgeld von 3 M. nur ein Auf- fichen Untermieter wieder zurückzahlen muß und daß außerdem vom fchlag von 50 Pf. hinzukommen, während die großen Seft- Wohnungsamt die Wohnung beschlagnahmt wird. Denn wenn er fie bälle des Berliner Westens für das Vergnügen der durchschwärm vermieten fann, so ist sie fider für ihn entbehrlich. Der Hauswirt ten Macht bis zu 40 M. an Steuern zu entrichten haben. wäre also der gegebene Schuhmann gegen den Wohnungswucher. Wie fommt es nun, daß man so gut wie nichts davon hört, daß ein Hauswirt felbst gegen derartige Manöver vorgeht, die, wie jeder weiß und die Hausbefizer ja auch felbft beflagt haben, täglich vor tommen? Man fann nur annehmen, daß dieses Webegeschrei mindestens bei einem Teil der Hausagrarier nicht ernst gemeint ift und daß manger nur Krofodilstränen bei Klagen dieser Art vergießt. oder als Schieberwacht.
Die Einnahmen für den Stadtsädet, die aus diesem Teile der Luftbarkeitssteuer fließen werden, dürften recht beträcht fid) sein. Stuttgart , das als erste deutsche Stadt diese Steuer erprobt hat, hat beispielsweise bereits im ersten Monat die runde Summe von 100 000 m. daraus vereinnahmt. Für Berfin dürften affo etliche Millionen im Laufe des Jahres aus dieser Steuerquelle fließen.
Sur
Es foll befanntlich Hauswirte geben, die mit dem Mieter, der Da fich fämtliche Parteien im Ausschuß auf die von unserer eine Wohnung verfchieten mill, gemeinsame Sache machen und mit Fraktion vorgeschlagene, oben ffizzierte Form der Steuer geeinigt einer Prooifion an der erschobenen Summe beteiligt werden. haben, ist ihre Annahme im Plenum gewiß. Die Berliner Finanz auf diese Weise ist es überhaupt möglich, daß ein großer Teil der verwaltung hat selbstverständlich weber den Ehrgeiz noch die Wohnungsschiebungen nicht zur Kenntnis der zuständigen Stelle Möglichkeit, das Berliner Nachtleben zu beschränten oder gelangt. Das Wohnungsamt kann nicht einichtelten, wenn die Untervermietung glaubhaft erscheint. Es würde aber einschreiten, wenn zu verhindern, sie hat aber ebenso selbstverständlich das Recht, es wüßte, daß die angebliche Untervermietung nur die Maste für aus den hier verschwendeten millionen wenigstens einen den völlig neuen Mietsvertrag eines neuen Mieters ist, der sich den fleinen Teil für ihre notleidenden Finanzen und für Teufel an die Liste des Wohnungsamtes fehrt. Da die Verhältnisse ihre sozialen Aufgaben zu retten. der Mieter, fofern nicht gerade eine Denunziation erfolgt, für das Wohnungsamt meistens undurchdringlich sind, so wäre gerade der
Einzelheiten der Steuerordnung.
Steuerpflichtig ist der Inhaber der Gastwirtschaft. Er hat die für die einzelnen Steuerstunden nötigen Mengen von rechtzeitig
Meßing gab er statt Gold.
Schuh gegen die Ausbeutung des Untermieters.
Am fchamlosesten sind die Hyänen, die einzelne Zimmer möbliert zu Bucherpreisen vermieten. Es ist selbstverständlich nichts dagegen zu sagen, wenn ein solcher Vermieter in den Mietpreis eine angemessene Entschädigung für die Weberlassung und für die Abe nuhung der Gebrauchsgegenstände miteinrechnet. Im Norden und im Often Berlins geschicht das ja auch. Aber was sich hier in be scheidenen Grenzen hält, artet in anderen Stadtteilen in unverschämteste Bewucherung aus. Biel Schuld daran tragen ja auch die Untermieter felbft, die zu bequem find, gegen ihre Ausbeutung etwas zu tun. Mancher von ihnen ist ia auch fo gestellt, doß der Mietpreis teine Rolle spielt. Die große Mehrzahl dieser Untermieter verdient aber den Schuß der Gesellschaft gegen die geschilderten Wohnungsmarter. Auch fieße sich ein einfaches Mittel zur Abhilfe finden. Die Möblierung solcher Räume ist bekanntlich) trok aller Zalmieleganz Diefe geringwertigen Möbel fidh felbst zu meist äußerst schäbig. beschaffen. wäre mandem Untermieter durchaus möglich. Für den Fall der Vereinbarung eines Wucherpreises fönnte daher die Möglichkeit vorgesehen werden, daß der bewucherte Untermieter eine Enschödianna erzwingen fann. indem er die Räume zum ortsüblichen Mietpreis ohne die Möbel übernimmt und sie selbst mit eigenen Möbeln ausstattet. Schon das bloße Bestehen eines solchen Geleges würde eindämmend auf den hemmungslos gewordenen Wucher mit möblierten Zimmern wirken. Natürlich müßten Borfehrungen getroffen sein, daß nicht alleinstehende arme Frauen, die ihren einzigen Erwerb aus dem Vermieten ziehen und deren Veraütung verhältnismäßia bescheiden zu fein pflegt, mit den ausges sprochenen Wohnungshyänen, deren Brattifen meistens leicht erfennbar find, in einen Zopf geworfen werden. Rechtsanwalt Dr. Juliusberger.
verfaufte er dann unter Benukuna falicher Legitimationen als Colb barren das Stüd mit 45 000 m. Er ging dabei fo frech zu Ein raffinierter Schwindel, auf den selbst mehrere befannte daß Juwelier dreimal
Steuerte her redeti non ber Steuerbehörde au beziehen Berliner Juwellere und Goldworenhändler hineingefallen waren, hintereinandenen befanten Sumer inte beim er
Bor Gericht bat Rechtsanwalt Bahn die Geschworenen, dem bisher unbescholtenen Angeklagten, der durch schlechten Umgang ver führt worden sei, die mildernden Umstände nicht zu verfanen. Das Gericht erkannte dem Wahrspruch der Geschworenen gemäß unter Bubilligung mildernder Umstände auf zwei Jahre Gefängnis unter Anrechnung der vollen Untersuchungshaft.
wefenden Teilnehmer nach erfolgter Entwertung zu verabfolgen. Die führte den Zahntechnifer Eugen 3immermann. unter der Anverhoftet. Teilnehmer des geselligen Beifammenseins oder des Balles haften flage der Fälschung öffentlicher Urfunden und des Betruges por neben dem Gastwirt als Gesamtschuldner für die Gesamtsteuer. Sie das Schwurgericht des Landgerichts I. find zur sofortigen Erstattung des auf fie entfallenden Der Angeflagte war aus Luckenwalde nach Berlin gekommen Steuerbetrages an den Gastwirt verpflichtet. Bei größeren und hier in idlechte Gesellschaft meraten. die ihn in einen Spielklub Beranstaltungen, wie Bällen usw., mit mehr als 100 Teil in der Mogstraße mitnahmen. Als 3. fein kleines Vermögen ver: nehmern fann die Steuerbehörde bei vorheriger Anmeldung zur loren hatte, wandte er sich an gewerbsmäßige Darlehnsgeber, welche Bereinfachung der Geschäftsbehandlung besondere Bereinbarungen ihm dann unter erprefferifden Drohungen Bucherzinsen abnahmen. über die Steuerfumme, das Einziehungsverfahren usw. treffen. Ge- Einer diefer edlen Mitmenschen, ein Kaufmann Leejer, hat in- Für 75 000 2. Spiritus beschlagnahmf. Durch einen Dher fchloffene Bereinigungen, die aus beruflichen Gründen ihre mit zwischen Selbstmord verübt. Als 3. nicht mehr weiter wußte, zollfettetär des Sauptzollamis Banton wurde gestern mit unter gliederversammlungen oder sonstigen Beranstaltungen über 1 Uhr brochte er folgenden raffinierten Schwindel zur Ausführung: Er ftigung einiger Beamten im Haule Große Seeftr. 117. in Weißenfee nachts ausdehnen müssen oder nur nach diesem Zeitpunkt abhalten ließ einen echten Goldbarren von der omilichen Prüffteile nach eine geheime Spiritus brennerei ausnehoben. Zwei fönnen, fann die Steuerbehörde auf Antrag ganz oder teilweise von prüfen und eichen. Sodann stellte er aus Messing, genau im gleichen Männer, die gerade bei der besten Arbeit angetroffen wurden, nabm der Steuer befreien. Der Befreiungsantrag muk jedoch 24 Stunden Gericht wie der Prüfschein angab, einen Barren her. Zugleich ließ man feft. Der vorgefundene Spiritus im Berte von rund 75000 9. vor der Veranstaltung gestellt und bei der Steuerbehörde einge er sich Prüfscheinformulare bruden und fälschte auf diesen, wie auch ist beiblagnahmt worden, ebenso die gesamte Einrichtung der gangen fein. auf den Messingbarren, die amtlichen Stempel. Die Messingflöße Brennerei.
12]
Eine feltsame Nacht.
Roman in vier Stunden von Laurids Bruun . Der Doktor legte sich mit einem selbstzufriedenen Brummen in den Armstuhl zurück, um es sich recht bequem zu machen. ,, So, nun ist Doftor Sylt bei seinem Lieblingsthema an gelangt!" fagte Fräulein Selma, die sich vor ihm auf den Buff gefeßzt hatte.
Ja, die Instinkte, meine Damen!"
Der Doktor ließ seine Finger gegeneinanderspielen, wie es feine Gewohnheit war, wenn er eine seiner vielen Theorien verfocht.
Sehen Sie nun zum Beispiel mich an! Benn ich nicht Zeit meines Lebens meinen Instinkten gefolgt wäre, dann hätte ich heute einen vollständig verdorbenen Magen oder Krebs in der Leber. Nichts ruiniert den Menschen förperlich und geistig so sehr, als gegen seine Gelüste anzufämpfen. Selbst die fräftigste Konstitution fann das auf die Dauer nicht vertragen.
Aber wenn Sie nun lauter böse Instinkte gehabt hätten. Herr Doktor?" fragte Fräulein Gelma.
,, Böse Instinkte?" Dottor Galt lächelte nachsichtig, den Kopf auf die Seite gelegt. Böse Instinkte sind nichts anderes els gefunde, natürliche Instinkte, die vernachlässigt worden find. Sehen Sie mich an. Ich befize feinen einzigen bösen Instinkt mehr. Und weshalb? Weil ich immer gleich nachgegeben und das getan habe, mozu ich Luft hatte. Meine bösen Instinkte sind ausgehungert worden, benor fie fo weit gediehen waren. daß sie Schaden anrichten fonnten. Denn Sie müssen wissen, meine Damen, daß die sogenannten böjen Inftinfte nur in dem Sumpf des Berbotenen gebeihen. In diefem Mistbeet aber schießen sie auch in die Höhe wie Kürbis im Hühnerdünger."
,, Schämen Sie sich, Doktor Gylt!" sagte Frau Helwig und versuchte streng auszusehen. Wie können Sie nur so reden! Kommen Sie jetzt mit nach oben und sehen Sie sich Ellen an!"
Dottor Enlt hob feinen starten Obertörper mit Beschwer aus dem weichen Stuhl
Janun gehen wir nach oben und begrüßen den
Badenzahn. Und hinterher leiste ich den Demen Gesellschaft, bis der Hausherr zurüdtommt. Was fagen Sie dazu?"
,, O ja, Doftor Sylt!" Fräulein Selma, die sein besonderer Liebling war, hüpfte vor Bergnügen auf dem Buff in die Höhe. Nicht, Frau Hjarmer wir fönnen ja doch noch nicht schlafen?"
,, Nein, und der gute Doftor weiß ja, daß wir Whisky und Geliermasser im Hause haben."
,, Whisky?" Die fleinen, scharfen Augen des Doktors rollten vor Bohlbehagen. O ja, das ist der einzige böse Instinkt, den ich nicht ganz ausgehungert habe- noch nicht." 3m Bollmondschein.
1.
Nachdem der Doftor oben gewesen war und nach dem Batienten gesehen hatte, fezte er sich wieder in die Wohnstube zu Frau Helwig und machte es sich in einem der breiten Lehnstühle bequem.
Fräulein Sindal fam aus dem Eszimmer, wo sie histy, Selters und Gläser vom Büfett geholt hatte.
Schen Sie, Doktor, hier fomme ich mit dem böfen Instinkt!" Der Doktor schüttelte sich vor Freude.
,, Gott fegne Gie!" fagte er und rieb feine Bärentagen. bevor er sich ans Einschenken machte. Das wird gut tun!" Frau Hiarmer ein Tröpfchen in der Sommernacht?" Er hielt die Flasche über ihr Glas.
,, Berlorene Liebesmüh!" sagte Fräulein Selma; Frau Helwig aber ergriff ihr Glas und hob es zur Flasche empor.
„ Schenken Sie nur ein!"
Doftor Sylis fleine, scharfe Augen sahen haftig von der Seite zu ihr auf.
Das ist recht!" sagte er und schenfte ihr ein. Fräulein Selma, die immer fold schweren Kopf von starten Getränken befam, hielt die Hand über ihr Glas. ,, Danke! Ich muß lieber zum Kind hinauf.
ie ich Ihnen bereits gefagt habe!" Doftor Sylt schob ihre Finger ganz einfach beiseite und schenkte trotzdem ein. ,, Ellen soll schlafen. Segen Sie sich nur her zu uns." Frau Helwig stieß ihr Glas gegen das feine. Broft, Doktor!"
"
Ihre Oberlippe träufelte fich zu dem unbestimmten, halb
schmerzlichen Lächeln, das ihre Umgebung fo gut fannte, fich aber nicht zu deuten vermochte; und während die dunkle Glut in ihren großen, grauen Augen entzündet wurde, hob sie das Glas und sagte: ,, Es leben die Instinkte die guten wie die bösen!" ,, Dies Wohl trinke ich nicht mit!" fagte Fräulein Selma und fehte ihr Glas lächelnd nieder.
-
Der Doftor blinzelte mit feinen fleinen, scharfen Augen: ,, Dann sagen wir:„ Es lebe die Sommernacht!"- Diefes Wahl fann ein jeder mittrinken und es fommt auf das felbe heraus."
-
Er leerte sein Glas langsam, zog die Luft tief durch feinen Schnurrbart ein und wandte feinen Kopf zu den hellen Biereden um, die der Mond auf der Teppich zeichnete,
Denn sehen Sie, meine Damen," fuhr er. mit seiner tiefen Stimme fort, die jetzt ganz ernst liang, in so einer gesegneten, hellen und stillen Sommernacht wagt Ban sich aus seinen Wäldern hervor und geht mit seiner Flöte auf Abenteuer aus."
Frau Helwig lehnte den Kopf gegen den Rüden des Stuhles und starrte unter den halbgeschlaffenen Lidern in den Mondschein hinaus.
Glauben Sie, daß er jo weit nach Norden streift, Doktor?" ,, Ma, und ob! Der Er ist der letzte Nomade!" Doktor sentte den Ton und gab sich ganz seiner Stimmung hin. Der Mondschein lockt ihn über die Felder bis zu den Wohnungen der Menschen-"
-
-www
ganz
Dann beugte er seinen schweren Oberkörper zum Licht und zeigte in den Garten hinaus, dessen schweigende Atemzüge durch die geöffneten Fenster ins Zimmer wagten. ..Still! Hören Sie ihn nicht draußen im Garten? Hören Sie nicht, wie er mit feiner Flöte fodt? Alles bos herporiodt, was das ganze Jahr hindurch in uns verborgen liegt. Wir wissen selbst faum, daß es da ist, bis wir merfen, daß es in uns gludft und riefelt. Und während der Mond uns bescheint, fällt es uns wie Schuppen von den Augen, und wir fühlen mit einem Schlage, daß wir ganz natürliche Menschenkinder find."
,, Und der Mensch sah, daß er nadt war!" zitierte Frau Helwig, den Blick in den Garten des Edens verloren, das der Mond thren Augen vorzauberte.
( Fortsetzung folgt.)