vielleicht daß ihm die Tragweite oder die mSgllchen kluslegun- gen der bestrittenen Paragraphen nicht klar waren. Er hat Oesterreich in eine unangenehme Zwangslage ge- bracht, so daß seine Politik noch undurchsichtiger wurde als bisher. Der ausgezeichnete Polizeidirektor Schober hat sich nicht als überlegener Diplomat erwiesen, weder hier, noch allerdings auch in den Verhandlungen mit Ungarn.__ Chefcheiüungsrecbt. Unser Ehescheidungsrecht fußt auf der Gesetzgebung des Lahres 1900 und war bereits veraltet, da es in Erscheinung trat. Die Scheidung ist nach dieser Rechtsauffassung möglich. wenn auf einer Seite eine schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder ehrloses bzw. unsittliches Ber - halten vorliegt. Das heißt, eine Ehescheidung darf nicht ausgesprochen werden, wenn beide oder einer der beiden Teile es aus persönlichen Gründen wünschen, die sich erst im Laufe der Ehe in den Vordergrund drängen und das Leben der Ehegatten oft zu einem Martyrium machen, ohne doch einem der beiden Teile den Stempel des Verbrecherischen auf» zudrücken. Diese Fälle nehmen einen sehr breiten Raum ein. Nach dem bestehenden Recht ist man genötigt, hier entweder ein Verhältnis weiterzutragen, das das Leben der Menschen und die Menschen selbst verdirbt, zerstört, zermalmt oder aber — eine L ü g e als frommen Helfer zu wählen, sich Verbrechen und Laster in sein Lebensbuch eintragen zu lassen, von denen vorher die einfältige Phantasie es sich nicht träumen ließ und sich obendrein noch dem Tisch der M e i n e i d i g e n zu nähern. Um so erstaunter ist man, wenn das Rechtsverfahren im Ehescheidungsprozeß plötzlich zart besaitet vor Beginn des eigentlichen Klageweges einen Sühnetermin ansetzt. Un- überbrückbare Gegensätze vornehmer Art genügen nicht, um ein Ehepaar einer unerträglichen Lebensgemeinschaft zu ent» heben, liegt eine schwere Verletzung der Pflichten, ehrloses und unsittliches- Verhalten vor, dann glaubt man zunächst zur Versöhnung schreiten zu müsien____ Nun gut, endlich erfolgt das Verfahren und dieses Verfahren kann langwierig, sehr langwierig oder aber auch endlos sein, im umgekehrten Ber» hältnis zu dem Geldbeutel der Parteien. Böse Zungen wollen sogar wissen, daß es Spruchkammern gibt, vor denen die F r a u so ipso der schuldige Teil ist. und solche, vor denen dem Mann diese Rolle zugedacht wird, so daß im Streitfall der klagende Teil sich dort einzubürgern habe, wo ein derart bestalltes Kollegium die vorher gewünschte Entscheidung fällt. Die Ehescheidung als Farce oder... Doch nein. Will man die Ehescheidung als Farce kennen lernen, dann muß man sich mit dem Paragraphen 1312 des Bürgerlichen Gesetzbuches oertraut machen. „Eine Ehe," so heißt es da,.chars nicht geschlossen werden zwischen einem wegen Ehebruches geschiedenen Gatten und demjenigen, mit welchem der geschiedene Ehegatte den Ehebruch begangen hat. wenn dieser Ehebruch im Scheidungsurteil als Grund der Scheidung sestge» stellt ist.". Das heißt doch wohl, Ehebruch ist Scheidungsgrund, also eines der oben angeführten Verbrechen, aber Wiedergut» machung des Verbrechens durch den Verbrecher—? Warnungstafel: Verboten! Man könnte ja auch lyrischere Saiten anstimmen von dem Recht der ernsten Liebe und des Pflicht- hejmißtseins, aber... Begnügen wir uns mit der Tatsache. Und außerdem: Es gibt Ausnahmen, es gibt Befreiungen von dieser Vor- schrist. Jedoch, ehe man nach vielem Fragen. Suchen. Aus- kundschaften, Beratungen und Konferenzen, nach Mißverstand- nisten tragikomischster Art bis zum befreienden Kern durch- gedrungen ist, ist allzuoft das Kalb in den Vninnen gefallen oder, sagen wir es ziemlich, hat das Kind das Licht der Welt erblickt. Und nun beginnt das neue Kapitel in dem je nach Laune lustigen Roman: der Kampf des Vaters um sein Kind. Der„Verbrecher" behauptet, er sei der Vater, aber er existiert vorläufig für das Gesetz überhaupt nicht.
Noliöre-Zcier im veutsthen Theater. In Mdliere singt die romanische Melodie. Die Majestät des Alexandriners'beherrschte den„Tartuff ": mochte uns auch eine deutsche Aesthetik. späterer Zeit diesen klirrenden, der Klugheit und dem witzigen Streit besonders günstigen Ders verleidet haben. Der Regisseur Iwan Schmith glaubte ohne diese Kadenz des Verses aus- zukommen. Er läßt die Fuldasche Verdeutschung, die wohl glatt, ater nicht bildlich ist, noch mehr zerhacken und zerschneiden. Die Schauspieler, die von Natur schon den Vers nicht lieben, durften sich im Vewußtsein, eine gute Tat zu vollbringen, der rhetorischen Bona- lität hingeben. Sie durften sich, unbehindert durch Stil und Putz, als Spießer darstellen. Der Regisseur dachte etwa» unerhört Neue« zu tun, er meinte. daß er die Umstellbarkeit eines genialen Schwante« nur noch gnädiger belebe, weil er solche Entfesselung gebot. Und alle» war doch mehr Experiment als Erfolg. Denn außer der oerschütteten Dersmelodie nahm man auch wahr, daß Beträchtliches von Mokiere- fchem Geist durch diese Modernisierung erschüttert, ja sogar beseitigt wurde. Die Modernisierung war eine Marotte, nicht ein Gedanke. Tartüff könnt«— er würde ganz anders schillern in Gemeinheit, in Lächerlichkeit, in Heuchelei. Klopfer, der einzige, der molierisch war, trotz des modernen Leichenbittertleides, leistet an sabbernder Frömmelei, schnalzender Lüsternheit, kriechender Spitz- büberei und erpressender Härte das Möglichste. Er hütet sich, wie das Kleid leicht oerlockt hätte, trotz allem die Farben zu dick aufzu- trogen. Er benahm sich in dem Bühnenraum, der einem Kloster- refektorium ähnlicher war als einem Bllrgerheim, mit schuftiger Genialität. Die Aufmachung des Schauspieles war ausgetüftelt. Man spürte es besonders, wenn am Schluß der Diener des vierzehnten Ludwigs im G?hr»ck und Zylinder kommt. Ja, der Regisseur legt« seinen Künstlern Echeuklippen auf, und er brachte sie auch um historische» Gewissen. Da» schadete Max Gülstorfs, dem unverbesserlichen Betbruder Orgen, wenig. Denn Gülstorfs ist jetzt der sanfteste Zjpgen- verdreh«?, süßeste Leisetreter und holdeste Angsthase, den da, Deutsche Theater b-fitzt. Wenn er d«n Mund zu seiner unbeschreiblichen Borniertheit öffnet, dreht er dem Hörer, der solche Eselei märchen- kaft findet, all« Därme um. Dorine ist da» geniale Kammerkätzchen edelsten Geschlechtes, zungenfertig und tänzelnd, bekannt, ja berühmt durch dl« spanische Stelzenkomödie und die italienisch« Stegreiskomödie und dann von neuem geadelt durch Moliere und schließlich zu«iner besonderen Unsterblichkeit gerettet durch jene Franziska der„Minna von Barn- Helm", die dos köstlichste und knusprigste Mädel ist. Darin« ist ein »cht großstädtische» Menschengewächs, vielleicht da, erste, da, die Dramatiker nach dem Mittelalter richtig nach dem Eott«»modell kon-
Die Mutter behauptet dasselbe, der seinerzett trotz Trennung noch nicht ganz geschiedene Gatte ebenfalls...?.Loho, beweisen!" trumpfen die Gerichte auf. Und wer wagt zu be- Haupte«, daß das so einfach sei? Das alles kostet Zeit und Geld, Geld und Zeit, und wenn jemand ein armer Schlucker ist, so ist für seine Not kaum ein Kräutlein gewachsen. Also... Doch schweigen wir still. Haben wir auf Grenzfällen herumgeritten, uns zu wenig mit den Grundgedanken und Grundmotiven des Ehescheidungsrechts beschäftigt? Mag sein. Doch, zum Teufel, was soll ein Recht, das Tausende szuipindest zeitweise) zur Unmoral zwingt, was soll ein Recht, das am sittlichsten da � wirkt, wo es umgangen werden kann! Will man leugnen, daß etwas faul ist im Staate... Nein, nein, Dänemark heißt dieser Staat nicht. Aber die Reform des Ehescheidungsrechts ist nötig.
Zlanübünüler Kabr. Herr v. K a h r, der Führer der bayerischen Reaktion, hat in Preußen ein Gastspiel gegeben. Er sprach auf der General- Versammlung des P o m m e r s ch e n L a n d b u n d e s. Man konnte sehen, daß ein reaktionärer bayerischer Separatist sich auch mit„S a u p r e i ß e n" sehr gut verständigt, sobald sie ebenso reaktionär sind wie er. Verwandte Seelen finden sich halt zu Wasser und zu Lande. Herr Kahr rühmte. beim Landbund den„guten alten Preußengeist" gesunden zu haben. Zur Bestätigung stand, um eine Erwiderungsonsprache zu halten, der Direktor des Pommerschen Landbundes, Herr v. Dewitz, auf. Es ist dies der Herr, der im I a g o w- Prozeß eine mehr als eigentümliche Rolle gespielt und den„guten alten Preußengeist" durch starke B e r g e ß- l i ch k e i t bei Zeugenaussagen markiert hat. Lener Herr, den das Gericht wegen dringenden Verdachtes der Mit- t ä t e r f cb a f t am Kapp-Putsch nicht vereidigte, und Herr v. Kahr, sein glücklicherer Sozius aus den Kapp-Tagen, dem der Streich gelang, reichten sich die Hände. Der preußische Landjunker und der bayerische Reaktionär Arm in Arm for- derten ihr Jahrhundert in die Schrankenl Das Schlieffen-Urteik. Der Graf und die Gräfin von Schlieffen stnd auf Grund des § 49a des StGB., des sogenannten Duchesne-Paragraphen, verurteilt worden. Wie der Buchstabenzusatz zur Paragraphenzahl schon erkennen läßt, ist das erst ein« später in» Strafgesetzbuch aufge- nommene Vorschrift, die eine wichtige Lücke im Gesetz auszufüllen bestimmt war. Der Laie wird vielfach glauben, daß die Verurtei- lung der gräflichen Gesellschaft wegen einfacher Anstiftung zum Mord« hätte erfolgen können. Die Anstiftung wird vom St'>W grundsätzlich der Täterschaft gleichgestellt. Aber damit wegen An- stlftung oerurteilt werden kann, muß da» Verbrechen auch wirklich ausgeführt, zum mindesten in ein strafbares Stadium de» Versuchs getreten fein. Wo keine T a t ist, ist auch kein Anstifter. Dies ist der allgemein ftrafrechtiiche Grundsatz. Der Fall eine» Belgiers namens Duchesne ließ zuerst erkennen, daß dies« Auffassung eine bedenkliche Lücke im Ctrasrecht öffnete. Er wurde Anlaß, daß erst da» belgische und nach ihm auch dos deutsche Strafrecht im§ 49a StGB, die ernsthaft« Aufforde- rung zum Verbrechen auch für den Fall unter Strafe stellte, daß da» Derbrechen selber nicht zur Ausführung gelangt. Ebenso wurde die Annahme der Aufforderung unter Straf« gestellt. Die Höh« der Strafe richtet sich nach der Schwer« de» Verbrechen», zu dem aufgefordert worden ist. Bei Aufforderung zu einem mit dem Tode strafbaren Verbrechen, also z. B. bei Aufforderung zum M o r d, ist die zulässige Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten, d. h. von drei Monaten bis zu fünf Iahren. Bei dfesem Strafrahmen erscheint«» außerordentlich milde, daß das Gericht dl« Gräfin Schlieffen nur zu zwei Iahren Gefängnis, ihren Sohn auf Grund de»§ 49a gar nur zu einem Jahr drei Monaten Gefängnis(auf Grund de» Ent- waffnungsgefetzes dann noch zu vier Monaten Gefängnis, zusammen- gezogen zu 1 Jahr 4 Monaten) verurteilt hat. Um so verwunder-
strulert haben. Frau Aanes Straub, die schwere Tragödin, hätte gern die Flügel diese» Wesen» angelegt. Man bewundert auch, wie sie Ihre Glieder, die witzigen Hände und die geläufige Zunge, ent- fesselt. Aber es bleibt doch etwa», das nicht zu beflügeln ist: Grund- natur und Temperament. Die Leistung einer sehr Intelligenten Frau, die sich einen Karneval gönnt, bleibt trotzdem unterhaltend. Man spielte noch.Scarpln» Schelmenstreiche", eine von den nur lose hingeworfenen Harlekinoden Moliere «, deren Un- sinn größer ist als ihr Sinn. Und man sah, wiedererstanden auf der deutschen Bühne, den ewigen Hanswurst Stranitzky , verkörpert durch Paul G r a e tz. E» sielen in beiden Molierestücken junge Schauspielerinnen auf, die man noch nicht sah. Ein Ton, eine De- wegung, ein Blick, ein Aufblicken Im Zorn, da» merkwürdig ist. Hier ihre Namen: Dorothea Thies, Erika o. Thellmann, Ilfabe Di eck. Max H o ch d o r f.
Grillporz er-Fciern In Wien . Au» Wien wird gemeldet: Der S0. Todestag Grillparzers wird in Kreisen von Wisienschost und Kunst in festlicher Meise begangen. Die Feier der Grillparzer-Gesell'chaft fand in Anwesenheit des Bundespräsidenten Hainiich statt. Bei der gestrigen Unioersitötsseier hielt der Grillporzer-Forscher Professor Sauer der Universiiät Prag die Festrede. Er erklärte: Grillparzer , der Abkömmling des boyerifch-österreichischen Stamme», ist ein kost- barer nationaler Besitz und setzt, da die aide Monarchi « siel, ein Besitz des gesamten Deutschlands In den städtischen Wiener Sammlungen wurde eine Grillparzer- Gedächtnisausstellung eröffnet. »Der Tanz in» Glück" sich«? zu erwartender Iubiläumsziffern wurde gestern im„Theater des Westens " mit einem ehrlichen Premierenerfolg eingeleitet. Gesiegt hat die Darstellung, nur sie. Denn das Buch dieser Operette(von Bodanzky und Hardt-Warden) bringt nicht mehr als die lustig.sentimentale, allerding» mit einem Spritzer wienerischer Art alkoholisierte Mischung oft genossener Ber- wechslungekomödie, in der diesmal ein echter Friseur ein falscher Graf sein muß. Und die Musik von Robert Stolz hat kaum ein- mal Physiognomie: läßt da, Orchester Dürftigkeit durch Lärm'über- tönen, schielt nach dem Gassenhauer und hat ab und zu den Ehrgeiz, die Gebärde schmetternden Barietcstils zu hatten. Aber, ein paar Leute vom„Theater an der Wien " spielen mit, und sie tun das mit einer so prächtigen Freude an der Sache, daß man ihnen schön danken sollte. Der junze, angenehm« Tenor Rästlberger hat vlwzllglichcs Stimmaterial, mit dem er nicht Raubbau treibt, dazu tanzt er schmissig und leicht. Herr I m h'o f f hält geschickt groteske Barietcallüren durch, Hilde Schulz singt so frisch, wie da, ganze Mädel graziös ist. Dann. Gipfel der Darstellung: Clara Karry, Teufelstcmperament, köstliche Balance zwischen zierlicher Französin und derber Keßheit, al» radebrechende«arietcdame ganz hinreißend. Und Gipfel zwei: Franz Gl«watsch. Kupletpvintierer. sparsam trocken im Humor, zwingend in seiner besten Wime? Tradition. Man lachte und spürt» aus verzerrten Grotes klänzen den Rhythmus de« Witze«.?-».
licher, al» der Borsitzend« die Urteilsbegründung mit dan Worten an den Grafen und die Gräfin begann: Die ganze ungeheure Bedeutung des Unternehmens war von Ihnen beiden erkannt und gewollt. Wären Sie in der Wahl der Personen nicht so leichtfertig gewesen, so hätten Sie sich beide wegen Morde» zu verantworten und Todesstrafe zn gewärtigen. Was Sie tun konnten, haben Sie getan. Wenn sich zufällig Rössel und Stentschke als unzuver- lässig erwiesen haben, so ist das nicht Ihr Verdienst. Nach diesen Ausführungen mußte man unbedingt die Bsrkün- dung der zulässigen Höchststrafe erwarten, die Ä»ch wirk.ich noch eher zu milde war, wenn man bedenkt, mit welch tattblütiger Raffiniertheit die beiden Verbrecher Meuchelmörder gedungen haben. Aber plötzlich fällt das Gericht um— vor der G r a f e n k r o n el Es berücksichtigt da» vorgerückt« Lebensalter der Gräfin und das jugendliche Lebensalter des Sohnes. Einem Mitglied der giöflich Schlieffenschen Familie gereicht eben jede» Lebensa ter zum Borteill Aber noch viel bedenklicher ist der Satz, daß die Gräfin unter einer Gefängnisstrafe schwerer leiden wird, als die anderen Angeklagten. In dieser Begründung liegt eine glatte Aufhebung des Grundsatzes vom gleichen Recht. Es liegt darin ausge- sprachen, daß ein Geschöpf, das den Dortell eines verwöhnten und verzärteltenLebens genossen hat, nun auch noch straf- rechtlich vorgezogen werden soll, weil man ihm doch den rauhen Aufenthalt In einer Strafanstalt nicht allzu lange zumuten könne. Die Richter haben ssch bei diesem Strafsatz nichts Böses gedacht. Aber gerade er zeigt, wie eine instinktive Klassenjustiz immer wiedr zum Durchbruch gelangt, wie einer Gräfin gegenüber R ü ck s I ch te n genommen werden, die irgendein« Proletarier- f r a u sicher nicht zu erwarten gehabt hätte. Solang« die Richter allein den„besseren" Gesellschaftsschichten entnommen werden, wird die Justiz Immer wieder deren einseitige gesellschaftliche Aus- fassung wiedcrspiegeln. Die Schule im Staatsrat. Im Preußischen Staats«» verlangt« lxi der Beratung de» Kultusetats Dr. Steiniger(Arbeitsgemeinschast), daß der Kampf gegen den Schmutz schon von der Schule aufgenommen würde. Dr. Fuchs(Soz.) trat für die Einheitsschule ein und lehnte e» ob, daß der Unterricht über den Bersalller Vertrag zum Lchrgcgenstand an den Schulen gemacht würde, weil das nur zu monarchistischen Lobliedern führen würde. Ferner verlangte der Redner, daß in sämtlichen Schulen in erhöhtem Maße K�nstpslcge getrieben würde. Da» Stadttheaier und die Oper in Breslau müßten durch Staatsmittel erhalten bleiben. Die sächstfcbe Streikgefahr. Unsere Leser sind über die ultimative Forderung der Dresdener Eisenbahner— Bewilligung einer Stundenzulage von Z M. bi» 2t. Januar, 12 Uhr mittags— un'.errichtet. In einem„D i« Streikleitung" unterzeichneten Aufruf vom Freitag, den 29., heißt es zum Schluß: „Da diese(die Regierung) nun auf Ihrem(ablehnenden. Red.) Standpunkt beharrt, wird nach Ablauf der gestellten Frist der Kampf aus der ganzen Linie einsetzen, und die S t i l l- legung de» gesamten Eisenbahnbetriebes in Sachsen dürft» bi» um 12 Uhr nacht, vollständig durchgesühn sein. Die Eisenbahner hoffen, daß man ihr Berhalten verstehrn wird, und erwarten die Solidarität der gesamten organisierten Arbeiterschaft." Inzwischen scheint bei den Funktionären der Eisenbahner Sachsen » eine ruhigere Aussassung Platz gegriffen zu haben. Ein Dresdener Drahtbericht von heute mittag meldet: In Dresden tagte gestern abend»ine erweiterte Funktionär- Versammlung, um sich mit einem eventuellen Streik bei Nichtdcwil'.i» gung der Forderungen zu beschäftigen. Gegen eine Stimme wurde beschlossen, nicht sofort in den Slrelk zu treten, sonder» eine abwartende Haltung elnzu- nehmen, solange der Dorstand In Berlin keine Entscheidung ge- troffen hat. In Chemnitz tagt« gleichfall» eine Funktionärtokis.'- renz, die einen ähnlichen Beschluß faßte. Man erwartet, daß d i e bevorstehende Streikgefohr abgewendet wird. Der Hauptvorstand de« Deutschen Eisenbahnerverbande» tritt heute nachmittag mit den Bezirkslettern zu Besprechungen über die Situation in Sachsen zusammen. Theater am Surfürstendamm:»Der große Bariton". Diese mehr satirische al»„romantische Komödie" de» Heros der Bretter und des Leben,, von Dittichstein und Hatton. ist trotz de» Schauplatzes New Port und trotz des onglischen Unterlitcls sichtlich«in mitteleuropäisches Gewächs. Nicht nur der Name Dittichstein deutet aus Wien , sondern auch die Wiederkehr des um ein Blertelsahrhundert gealterten, ober nicht veralteten Schnitzlerschen �Tlnotol� läßt in dem Opernstar Jean Pourel einen in vielen Beziehungen ähnlichen, aber in keiner ver- edttten Zwilling, bruder erkennen. Der liebenswürdige Zynismus, mit dem dos»rotische Bäumchenverwechseln de, versunkenen nichts- tucrifchen Wien bespiegelt wurde. Nlngt hier deutlich, wenn auch durch die Zeitläufte jeder Stimmung und Innerlichkeit beraubt. Das Milieu der industrialisierten Star- und Reklameoper Ist für sede Großstadt gleich typisch: die dürstig angebrachten Aeußerlichkeiten verraten wenig von der Wucht und dem Tempo New Yorks . Und in der Titelrolle handelt es sich in Wirtlichkeit um den großen Lieb- Haber, nicht um den großen Sänger, der triumphiert und Schiffbruch erleidet. Wedetind» Kammersänger muß al» Opser seine» Berus » sein Menschentum opfern, Iecn Paurel opfert seinen Berus seinen allzuvielen Menschlichkeiten. Er besetzt sämtliche große Partnerinnen- rollen mit einer kleinen Debütantin, in die er sich bei Antritt seines New Yorker Gastspiel» sofort verknallt, treibt e, mit ihr bi» zur Ber- lobung, verliert durch eine Szene mit einer eifersuchtsrosenden Diva seine Stimme und schließlich auch die Braut an den jüngeren Kon- kurrenten, um sich sofort In ein neue» Abenteuer zu stürzen. Das Milieu und die unbedenklich heitere Abwechstungssähigkeit de» Kehl - kopshahns amüsieren durch zwei Akte, während der dritte in falscher Sentimentalität und erslndungsormer Abrechnung verfandet. Aber in Wirklichkeit bestritt die diesmal recht robust« BirtuosttSt Albert Bassermanns diese« Amüsement und auch den äußerlich stark bekundeten Beifall dieler beiden Akte. Die übrige Darstellung mit« samt der Regte und den Aufbauten verschwanden daneben,»le. weniger Denkmäler und mehr Gedenkens In den CieaeriSnd«rn herrscht gegenwärtig die Denkmalswut, die sich au» wirnchastlichen und psycholozcschen Gründen bei UN» bi» jetzt wenig bemerkbar macht. Da» Uedermaß scheint ober auch dort allmählich unon- genehm und al» wenig übereinstimmend mit den sonstigen Derhäit- nisten empfunden zu werden. So hat kürzlich m einer englischen Kirche der Gsistiiiy« bei der Einweihung»ine» Gedächtnisfenster» einen entschiedenen Appell an die Regierung gerichtet, d:« ihre Ber« sprechungen gegenüber den Kriegsteilnehmern nicht gehalten Hab« und dabei weiter ausAeführt:„Ringsum empfangen wir die traurig» sten Eindrücke: wir sehen Männer, die hungernd auf den Stroßen umherlungern. Weniger Denkmäler und mehr Gedenken täte un» not". S-rstonfsa�rnngen der Woche. Sonnt. Echlohparl-Tbeater SteoPI: .De« Meere » und der Lied« IS e l l e n.'— Dienst. Kleine« Theater:.Hoden®(e nicht«» u ver, ollen?»— Mittw. Reliden,-Thealer:»Eine Frau odne Bedeutung». Echaiilvielbau« Poisdim:.Dl« Frau i.m Hermelin».-- Donnerst. Ksmmerjpiel« .Saj,»,«»,»Da»«benteuer Uraniovorttäge. Sonntag. DIenSlog, Sonneidcndi»Im Kampf mit dem Serge«. Montag. Donnerstag-»AunderdeS Schnee« i ch u d Mittwoch: De. K, elttusch 46 er«Die Antgrabuna ton v u ch». Freitag i»Indien ».