Nr. 133 39. Jahrgang Ausgabe

Nr. 67

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Redaktion Morinplay 15195-97

Expedition Moritplan 11753-54

Sonntag, den 19. März 1922

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., GW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag. Erbedition und Inferaten

Rüstet zur Maifeier!

Abteilung Morisplas 11753-54

Zum viertenmal seif Beendigung des großen Mordens begeht das Proletariat| Laften des Versailler Diktats die Kräfte des deutschen Volkes weit übersteigen seinen Wellfeiertag. Aber obwohl die Zeilspanne, die uns vom Weltkrieg trennt, und auch bei bestem Willen nicht geleistet werden können. fast dessen Länge erreicht hat, liegt Europa noch immer krank und fiebernd an seinen Freilich erwachsen dem deutschen Volke aus dieser Erfüllung neue schwere Lasten Wunden. Ein durch Gewalt staff durch Vernunft diktierter Frieden macht jede Ge- zu der ungeheuren Verarmung, die der Krieg herbeigeführt hat. Wir müssen ver­nesung unmöglich, zerrüftet das Wirtschaftsleben bei Siegern und Besiegten, schafft langen, daß diese Lasten vornehmlich von denen getragen werden, die von der allge­ständig nene Konflikte und Beunruhigungen. meinen Verarmung nicht betroffen worden sind. Ohne

Bei diesen Folgen beginnt auch in den Kreisen, die auf das Allheilmittel der Gewalt eingeschworen waren, langsam die Erkenntnis zu dämmern, daß unter dem Diktat des Säbels ein Wiederaufbau Europas unmöglich ist. Die einzige Klasse jedoch, die klar erkannt und von Anfang an verkündet hat, daß

nur durch friedliche Verständigung zwischen den Völkern,

deutlich sichtbare Opfer des alten und des neuen Besitzes

ist das Finanzproblem nicht zu lösen. Die Erfassung der Sachwerte wird und muß kommen. Wenn die Besitzenden sie vorderhand auch abgewehrt haben, wird die Sozialdemokratie dieses Ziel nicht aus dem Auge verlieren.

Die Sozialdemokratie wird auch alle Bestrebungen der kapitalistischen Kreise ab­

daß nur durch gütliche Uebereinkunft auf der Grundlage der Gerechtigkeit die Folgen wehren, die darauf abzielen, durch Beseitigung des Achtstundentages die Re­des Krieges wieder gutgemacht werden können, ist die Arbeiterklasse. Durch parationslaften allein der Arbeiterklasse aufzubürden. In der Einführung des acht­den erfolgreichen Verlauf der Fünfländerkonferenz in Frankfurt am stündigen Arbeitstages erblickt das Proletariat eine der größten Errungenschaften der Main , wo die Vertreter der sozialistischen Parteien Englands, Frankreichs , Bel- Revolution. Es wird diese Errungenschaft mit der äußersten Energie zu verteidigen giens und Italiens mit denen Deutschlands zusammentrafen und übereinstimmende wissen. Beschlüsse faßten, ist erwiesen, daß es einen Boden ehrlicher Verständigung zwischen den ehemals kriegführenden Staaten gibt. Zu seiner Erreichung bedarf es allerdings der

Ueberwindung des selbstgerechten afterpatriotischen

Nationalismus,

der nur die Intereffen des eigenen Landes kennt und allen anderen Völkern gegen diese die Daseinsberechtigung abspricht. Dieser eigensüchtige Nationalismus ist es, der die Welt an den Rand des Abgrundes gebracht hat und jetzt vollends hin­einzustürzen droht. Ihm gegenüber entfaltet die Sozialdemokratie am ersten Mai mit alfer Kraft das Banner der internationalen Solidarität und etwa die Liebe zum eigenen Volke und Lande ausschließt, sondern die höhere Glufe des Gemeinschaftsgeistes über ihr bedeutet. An dem Siege dieser Gedanken hängt die Reffung der europäischen Kultur vor vollkommener Vernichtung durch den

Schwer zu Boden gedrückt wird die Arbeiterklasse durch das gewaltige An< wachsen der Teuerung. Soweit diese eine Folge der fortschreitenden Geld­entwertung ist, die ihrerseits in dem herrschenden Gewaltfrieden ihre Ursache hat, kann sie nur durch die von der Sozialdemokratie betriebene infernationale Verstän­digungspolitik bekämpft werden. Zum andern Teil freilich ist die Teuerung die Folge des Wuchers, namentlich des Wuchers mit den notwendigsten Nahrungs­mitteln. Gegen ihn verlangen wir die schärfften staatlichen Maßnahmen. Ueber allen Tagesfragen aber leuchtet uns das unverrückbare Ziel des So­3ialismus als des einzigen Zuffandes, der die menschliche Gesellschaft aus ihren jezigen Widersprüchen und Nöten befreien kann. Aus den Leiden des Krieges und der Nachkriegszeit hat die Arbeiterklasse mehr denn je die Lehre gezogen, dah nne

Völkerversöhnung, sie verkündet jene allumfassende Menschenliebe, die nicht die Ueberwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems

Nationalismus!

für sie selber und für die Menschheit überhaupt beffere Zeifen bringen kann. Der sozialistische Gedanke lebt und marschiert. Wenn auch das Vernichtungswerk des Krieges die wirtschaftliche Verwirklichung des Sozialismus erschwert und hin­Damit der Gedanke der Völkerversöhnung fiegen kann, hat das deutsche Volk ausgezögert hat, so hat dafür die Revolution seine politische Grundlage geschaffen: fich ehrlich und offen zu der Pflicht bekannt, die durch Verschulden des militaristisch- die demokratische und republikanische Freiheit. Indem sie diese monarchistischen Systems verursachten Kriegsschäden mit seiner Arbeit wieder- gegen alle reaktionären Machenschaften mit Gut und Bluf verteidigt, schüßt die Ar­gutzumachen. Nur aus einer Politik der Erfüllung bis zur Grenze des Mög- beiterklasse den heiligen Boden, aus dem die Saat einer besseren, froheren Zukunft lichen kann der Verständigungsgedanke bei den Völkern emporkeimen, deren Länder reift. Ihr harren wir vertrauensvoll entgegen, indem wir den ersten Mai feiern mit mit Ruinen des Krieges angefüllt sind. Nur diese Politik kann beweisen, daß die der Parole:

Für Völkerversöhnung!

Für Schutz des Achtstundentages!

Für Freiheit und Sozialismus!

Maifeier 1922!

Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

KPD. gegen Cachin- Radek?

Nordamerika und Sowjetrußland.

In der Roten Fahne" fommt H. Neumann , nachdem Bekanntlich herrscht in den U.S.A. eine sehr scharf antibolfche Arbeiter und Angestellte Groß- Berlins! er das schlimmste an der Affäre Poincaré- Cachin bestritten, mistische, selbst antisozialistische Politit, und der Sowjetvertreter Elfriger als je find Kräfte am Werke, die sozialen Errungen- doch zu diesem Ergebnis: Martens hat längst das Land verlassen müssen. Um so inter schaften der Arbeitnehmer zu beseitigen. Der Achtstundentag ist in Der Schritt der Genossen Cachin und Radek ist daher zu beeffanter ist die Washingtoner Meldung des Pariser New Gefahr. Der Reallohn finft von Tag zu Tag. Die wachsende Macht dauern. Es darf nicht mehr geschehen, daß die Außen- York Herald", wonach der in Vancouver am Stillen Ozean ange­des Kapitalismus zwingt alle Arbeitnehmer in geschlossener Soli- politit der Sowjetregierung in personeller und organisatorischer Ein- fommene antibolfchemistische russische General Semen off wegen darität zur Abwehr. heit mit der Aftion der Kommunistischen Barteien steht. Es darf der Grausamteiten, die er in Sibirien begangen haben soll, Sell Jahrzehnten fand diese Solidarität ihren wirksamsten Aus- in teinem Fall wiederholt werden, daß hervorragente nicht die Erlaubnis erhalten werde, sich in Amerika aufzuhalten. druck in dem Gedanken der Arbeitsruhe am 1. Mai. fommunistische Parteiarbeiter und kommunistische Parteiorganisa- Kanada habe ihm bereits die Aufenthaltserlaubnis verweigert. tionen zur Durchführung politischer Berhandlungen oder Abmachun gen Sowjetrußlands mit Bertretern der Bourgeoisie verwendet

Arbeiter und Angestellte Groß- Berlins! Caht deshalb auch diesmal am 1, Mat die Arbeit ruhen! 3eigt in eindrucksvoller Demonstration dem Kapital die Macht der geeinten Arbeit!

Alle Arbeitnehmer Groß- Berlins demonstrieren am 1. Mai 1922

werden.

vormittags 11 Uhr, im Luftgarten. Arbeitervertreter anderer Länder gegen Moskau und Baris mit der vorsichtigen Einleitung, dies Die Rote Fahne " versieht zwar diese doppelte Rezzerei werden sprechen. Die organisatorischen Vorbereitungen sind von sei nur die persönliche Meinung des Verfassers. Wenn sich den angeschloffenen Gewerkschaften und innerhalb der Betriebe schon aber das Kommunistenblatt zur Wiedergabe solcher Reßereien jeit zu treffen. Weitere Mahnahmen werden später bekanntgegeben. genötigt sicht, so ist das zum mindesten ein Beweis dafür, daß Gewerkschaftskommission Berlins und Umgegend man in deutschen Kommunistenkreisen über diese fatale Ge­Sabath. Bollmershaus. schichte einigermaßen platt ist. Allgemeiner freier Angestelltenbund, Ortsfartell Groß- Berlin. Flatan Rogah.

Bir schließen uns diesem Aufruf an und fordern unfere Mitglieder auf, sich an der Kundgebung der Gewerkschaften bollzählig zu beteiligen.

Der Vorstand des Bezirksverbandes Berlin der SPD . Franz Krüger . Emil Lehmann. Kurt Heinig .

Riga , 18. März.( Intel .) Im Auffrage der Erefufive der Kommunistischen Internationale hat Karl Radek folgendes Tele­gramm an die Wiener Internationale zu Händen Friedrich Adlers gerichtet:„ Wenn das Datum der Zusammenkunft der Wiener und der Londoner Egetative endgültig figiert ist, so müssen wir 3u ftimmen, obwohl jede Verschiebung die Sache der allgemeinen Konferenz schädigt."

Neues Russenblatt in Berliu.

Wie der Osterpreß meldet, wird Ende März in Berlin täglich

"

maligen Bressechefs" des Generals Judenitsch , Duchesnes und atanune"( Am Borabend) erscheinen, geleitet von dem ehe. maligen Minister Koltschats, ljutschnitoff und den ehe Kirdez off. Sie gehören zur Gruppe„ Smjena wjech"( Uma stellung der Begzeichen), die auch in Paris ein Wochenblatt gleichen namens herausgibt, und treten- offenbar nach dem Scheitern aller militärischen Umsturzversuche- für die Rückkehr der Ausgeman­derten nach Rußland und Zusaminenarbeiten mit der tatsächlichen Regierungsmacht ein.

Jahren einfachen Sterters. etwa Gefängnis, verurteilt worden. Der Indierführer Ghandi ist von den Engländern zu sechs Da er mit der gewaltigen Mehrheit des indifchen National ongreffes Gewalttaten immer abgelehnt hat, ist dieses Urteil sehr hart. Die britische Staatssekretärstelle für Indien fonnte endlich befekt werden, und zwar mit Biscount Beel( tonf.)