schastlich schwach« Häuser vorhanden sind, z. 2. die vor dem Werfall stehenden Arbeiterquartiere, kann mit Zu- stimmung der obersten Landeebehörde ein Ausgleichsfonds ein- gerichtet werden. Hierzu ist von allen Mietern der Gemeinde ein besonderer Zuschlag zu entrichten. Aus diesen Aufkommen ist den Schwachen Beihilfe zu gewähren. Die Höhe des Zu- ichlags kann die oberste Landesbehörde bestimmen, sie kann Lorschristen über Verwendung und Verwaltung des(Soli- daritäts-)Fonds erlassen. Ueber die Verwendung ist unter Hinzuziehung von Verm-eter und Mieter- vertretung zu entscheiden. Unterläßt der Vermieter die notwendigen Arbeiten, so ist die Gemeindebehörde berechtigt, die Arbeit lelbst vorzunehmen. Zuschläge für gewerbliche Räume kann das Mieteinigungs- amt aus Antrag des Vermieters festsehen, wenn und soweit infolge der Eigenart des Betriebes besonders hohe Betriebs- und Jnstandhaltungskosten entstehen. Ferner kann für diese Räume ein besondererZuschlag in Hundertsätzen zur Friedencmiete festgesetzt werden, der zur privaten Verwendung des Vennieters gestellt wird. Dieser Zuschlag widerspricht dem für das Reichsmietengefetz aufgestellten Grundsatz, daß Mietsteigerungen nur insoweit zugelassen sind, als sie durch die Steigerung der für das Haus aufzuwendenden Ausgaben not- wendig werden. Das Gesetz bemüht sich, auch den Untermieter vor etoer zu hohen Miete zu schützen. Bei ihm muß die Miete in einem angemessenen Verhältnis zum Hauptmietzins stehen. Die oberste Landesbehörde hat nähere Bestimmungen über die Berechnung der Untermiete zu treffen. Die Vorschriften des Neichsmietengefetzes finden keine Anwendung auf alle nach dem 1. Juli 1918 neugeschaffenen Räume, ferner nicht auf Räume und Gebäude des Reichs, der Länder oder sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts: und Schließlich nicht auf die Räume und Gebäude solcher Gesell- chasten und Genossenschaften, deren Zweck darauf gerichtet st, minderbemittelte? Familien oder Personen gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen zu billigen Preisen zu verschafsem Das Gesetz setzt fest, daß die Mieter eines Hauses be- r e ch t i g t sind, ein« Mietervertretung zu bestimmen. C!« soll das gute Einvernehmen zwischen Mietern und Ver- Mietern fördern und jeder Beteiligte soll sich in Streitfällen, insbesondere vor Anrufung des Mieteinigungsamts, zunächst an diese wenden: sie soll den Sachverhalt klären und«in« Einigung herbeizuführen suchen. Das find neben anderen Ob» liegenheiten die hauptsächlichsten Funktionen der Mieterver- trctung. Die aus dem Reichsmietengesetz fließenden Rechte können nicht abgedungen werden, d. h. kein Vertragsteil kann auf die ihm zustehenden Rechte verzichten. Zur Verhinderung sogenann» ter Schiebungen wird bestimmt, daß die Vorschriften des Ge- fetzes auch auf Verträge Anwendung finden, die unter Um- aehung oder zum Zwecke der Umgehung abgeschlossen sind. Da die zurzeit bestehenden Bestimmungen zum Schutze gegen eine ungerechte Mietpreisbildung nicht mehr oder nicht mehr lange Zeit ausreichen, so will dos Gesetz den Mieter vor einer drohenden Gefahr schützen. Es schützt ferner den Vennieter und dessen Eigentum vor dem Verfall durch Festsetzung einer Miete, die die vollständige Erhallung des Hauses sichert. Ob bei der vom organisierten Hausbesitz geforderten.freien Wirt- schall" im Wohnungswesen und den sich dann bildenden Miet- »reisen in allen Fällen diese Sicherung gegeben wäre, kann sehr stark bezweifelt werden, geht doch die Sicherung so weit, daß geschuldete Mietteil« wie Gemeindeabgaben ein- getrieben werden sollen. Läßt schon das Gesetz die Eigentumsrechte in vollem Um- fange bestehen, so schränkt es doch das Nutzungsrecht insoweit «in, daß der Eigentümer das Recht der selbständigen und oft ivilltürlichen Festsetzung der Miete zugunsten des höheren so» zialen Rechts aufgeben muß. Die gesetzliche Miete wird von einer Behörde festgesetzt werden. Außerdem räumt das Gesetz mit dem absoluten Eigentumsbegriff auf, an dessen Stelle soll
durch die Mitwirkung dieses Gesetzes der sozio leEigen- tumsbegriff treten. Das ist nicht Gemeinwirtschaft und nicht die Sozialisierung. aber immerhin ein Fortschrllt. Der sozial schwächere Mieter, der sonst in der Zeit der unge- heuren Nachsraae nach Wohnungen sichallein vor Uebergrisien und Uebervorteilung des stärkeren Wohnungsbesitzers nicht schützen kann, wird durch das Gesetz geschützt. Er erhäll ferner eine gewifseMitwirkung an der Verwaltung des wichtigen Sac'�utes, das er durch seine Mietzahlung erhält. Mll dieser gefeülich auferlegten Pflicht wird der Mieter zum Träger der Wohnwirtschast, was seine rechtlickie Stellung gegenüber dem bisherigen Zustand erheblich verändert. D i e rechtlichen und sozialen Wirkungen des Gesetzes werden nicht unbedeutend sein._ Der letzte König von Preußen. Wer war der letzte König von Preußen? Auf diese Frage antwortet wohl jedermann: Wilhelm II. Die„Kreuzzeitung * weiß es besser. Sie schreibt in einem Artikel zum 12ö. Ge» burtstag Wilhelm f.: Gerade in der preußischen Frage hat König Wilhelm eine durch die Ueberlicferung von fünf Jahrhunderten seines regierenden Ge- schlecht? ihm überkommene, fast prophetische Einsicht bewiesen, als er— und zwar diesmal im Widerspruch zu Bismarck — nicht lange vor Versailles die sorgenvoll« Frag« stellte:.Wo bleibt mein �Preußen?" Tatsächlich ist König Wilhelm, der in seiner greisen Majestät den Dater des Dater- lande? unvergleichlich verkörperte und der in seiner demütigen Hoheit, wie uns Bismarck an vielen Stellen seines Werkes bezeugt, stets und jüberall sich königlich bewies, in mehr als einer Hin- ficht der letzte König von Preußen gewesen. Nach Wilhelm I. hat es also, das Urteil der.Kreuz- zellung" läßt einen anderen Schluß nicht zu. keinen König von Preußen mehr gegeben, der sich.königlich bewies". Die ..Kreuzzeitung " kommt damit unversehens von der Dolchstoß- legende ab und ganz nahe an die geschichtliche Wahrheit heran, daß die Monarchie in Preußen-Deutschland an denMon- archen, das heißt an sich selber zugrunde ge- gangen ist._ Eine kommunistische Zunkenstatkon. In'der Linienstraße 104 ist bei dem Mechaniker Ahrends eine Funkenstation beschlagnahmt worden, die für die Kommunisiisch« Partei gearbeitet hat. Nach ter Korrespondenz B. S. handelt es sich um eine Abhöranlage, um eine Rahmenantenne, die dem Mechaniker Ahrends gestattet«, die au» dem Ausland kommenden Funksprüche ebenso aufzunehmen wie die von der Großstation Nauen gefunkten Nachrichten. Man war schon seit geraumer Zeit darauf aufmerksam geworden, daß eine gewisse kommunistische Zeitung Nachrichten aus Moskau , die von dort gefunkt wurden, wenige Stunden später vcrasfenlichen konnte, ohne taß ihr dies« Tele- gramm« durch eine Prstbehörde oder Ncichsstcllr zugänglich gemacht wurden. Die betreffende Zeitung mußte sich also auf illegalem Wege in den Besitz des Funkenfpruchmoterials fetzen. Es war auch fernerhin bekannt, daß an anderen Orten geheime Stationen be- stehen mußten, da auch dort Feststellungen ähnlich« Art gemacht worden waren. Durch ein technisch sehr interessantes K o n t r o l l- s y st e m gelang es in Berlin wie auch anderswo festzustellen, daß von verborgenen Stellen aus mitgehört wurde und man rückte langsam an die Abhörstcllen heran. lieber die Einzelheiten wird noch folgendes mitgeteilt: Der Monteur Walter Ahrends bewohnte feit August vorigen Jahres mit seiner Frau und einem kleinen Kind in dem Hause Linien- straß« 104 im Seitenflügel 2 Treppen eine aus zwei Stuben und Küche bestehende Wohnung. DI« unter vhrends wohnenden Mieter wurden fast den ganzen Winter über tn ihrer Nachtruhe durch den in der Ahrendsschen Wohnung herrschenden Lärm gestört. Bis tief in die Nacht hinein wurde dort gehämmert und gelögt und man hört« da» Klirren und Natzein von Apparaten. Das metallische
Klirren und Klingen wurde von Frau Ahrends auf Fragen ihr« Mitbewohner als das Klappern einer Schreibmschine bezeichnet. Di« bei Ahrends ankommenden Loten überbrachten das von ihm abgehörte Nachrichtenmatcrial der Redaktion einer hiesigen kommu- nistischen Zeitung und auch den Zentralinstanzen der Äommunisti- schen Partei. Soweit der Tatbestand. Welchen Zwecken die Funkenstation im einzelnen gedient hat und wieweit die Schlüsse einiger Zeitungen berechtigt sind, daß es sich hier um«in hochverräterisches Unter- nehmen handelt, muß nach den bisberigen Meldungen dahingestellt bleiben. Man wird erst den weiteren Gang der Untersuchung ab- warten müssen, ehe man Schlüsse zieht. Die sensationelle Auf. machung, in der ein Teil ter Press« die Sache behandelt, scheint uns einstweilen nicht im Lerhältnis zu ihr« tatsächlichen Bedeutung zu stehen. Wie wir erfahren, lassen ssch derartige klein« Abhöran. lagen sehr leicht und unauffällig einrichten und es dürfte wohl derer«ine ganze Anzahl in Deutschland geben. Ebenso muß erst eine Bestätigung der in der Presse geäußerten Dermutung abge» wartet werden, ob die Apparate der kommunistischen Funkenstation aus Militärbeständen entwendet worden sint.
Kommunisten wollen höhere diäten. Ablehnung der Erhöhung durch die Sozialdemokraten. Die Kommunistische Arbeitsgemeinschaft hat im Aeltcstcnaus- schuß de» Reichstages«ine Erhöhung der Answandsentschädigunz i für die Abgeordneten beantragt. Der Antrag wurde von den Un- ! abhängigen unterstützt. Beide Parteien begründeten den Wunsch 1 mit der Geldentwertung und wiesen darauf hin. daß ähnliche De- strebungen im Preußischen Abgeordnetenhaus « vorhanden seien. Die sozialdemokratische Fraktion ließ erklären, daß sie nicht verkenne, daß die Aufwandsentschädigung hinter dem Sinken des Geldwertes zurückbleibe, aber sie sei dennoch dagegen, daß jetzt die Auf- wandsentschädigungen erhöht werden. Der Reichstag müsse soviel berechtigte Wünsche des Volkes mit Rücksicht auf die finanzielle Lage des Reiches zurückweisen, daß es nicht angehe, jetzt erneut die Auf- wandsentschädigungen der Abgeordneten zu«höhen. Man könne vielleicht einen Ausgleich für die hohen Aufwendungen d« Abge. ordneten während d« mehrmonatigen Dauersitzungen des Reichs- tages darin suchen, daß man dem Reichstag eine längere Gamm«. pause gewähre. Dies sei möglich, wenn sich alle Fraktionen die Be- schrönkung im Reden auferlegen, die die sozialdemokratische Reichs- Pflicht gemacht habe._ Ein neuer üeutscher Gröen? Reichstagsabgeordneter Genosse S o l l m a n n»Köln Hot fl<gende Anfrag« an die Rcichsregierung eingebracht: „Die Deutsch « Kolonialgesellschaft»ersendet folgendes Rund- schreiben: Don der Regierung wird ein Kolonialerinnerungs- zeichen geschaffen, das»«liehen wird an: 1. alle Mann« und Frauen, die sich in den Kolonien verdienfwoll betätigt haben: 2. alle Männer und Frauen, die nicht selbst tn den Kolonien waren, aber sich um sie bclondere Derdienfte erworben haben. Das Abzeichen wird unter dem Eisernen Kreuz 1. Klasse getragen. Es ist von den Antragstellern zu bezahlen. Die Verlcihungs- Urkunde wird vom Reichsministerium für Wiednaufbau oerliehen. Der Prei» de» Abzeichen» steht noch nicht fest. dürfte aber(50 M. keinesfalls übersteigen. Wir bitten die Abteilungen, all« Mitglieder hiervon in Kenntnis zu setzen, ebenso wie alle Koionicldeiuichen, die am Ort wohnen und noch nicht Mitglieder der Deutschen Kolonialgesellschaft sind. Anträge auf Der- leihung des amtlichen Kolonialerinnerungsabzeichens bitten wir zu sammeln und möglichst bald hierher zurückzureichen. Ich frage die Reichsregierung, ob diese Mitteilungen den Tatsachen entsprechen? Wenn ja, wie Ne die Schaffung eines neuen Ordenscrbzeichen» mit den gegenteiligen Bestimmungen der Reichs- Verfassung(Art. 10S) in Einklang bringen will?" Sepp Verl« will fein Mandat zum Braunschweigifchen Land- tag nicht niederlegen. Die Usv. könne üb« iein Mandat nicht verfügen, da er nicbt mehr Mitglied dies« Partei sei. Do» ist eine originelle Sliiffasiung.
Kunst als Arznei.
Daß die Kunst den Geist erfreut und anregt, ist ja eine so all- >»me!Jte Wahrheit, daß darauf nicht erst hingewiesen zu werden braucht. Die Kunst ist aber nicht nur für die Ausbildung und die Harmonie unserer seelischen Kräfte unentbehrlich, sie ist auch kür unser körperliches Wohlbefinden notwendig und eine Arznei, die »nseren gesamten Organismus gesund hält. Dies« biologische Be- beuluna des Kunstgenusses betont tn ganz neuer und eigenartiger Weise Richard Müller-Freienfels tn seiner„Psycho- logie der Kun st", deren erster Band soeben in zweit« Auflage bei B. Üx Teubner in Leipzig erschienen ist. Der Gesundheiiswert de» künstlerischen Genießens stellt sich uns «, Bewußtsein als ein Lustgefühl dar; ein Lustgefühl tritt aber flberaü bei einem gleichartigen Funktionieren des Körpers auf: wir können daher bei einem lustvollen Kunsterlebnis eine gleichartige Betätigung des Gesamlorganismu, annehmen. Es fragt sich nun, inwieweit das, was sich im Bewußtsein als Lust zeigt, für da, Leben ,nd für unsere Gesundheit von Nutzen ist.„Alles Leben besteht in dem deständig vor sich gehenden Wechsel von Zersetzung und Neu- «usbau der organischen Substanz,� sagt der Verfasser.„Die in den Zellen aufgespeicherten Energien werden durch die äußeren Reize und die Reatrwn darauf verbraucht und durch Zufuhr neuer E» nährung wieder aufgebaut. Wenn eine dieser beiden Tätigkeiten «merdletbt, so stirbt da» detreffende Organ ab. Soll also die Zelle »der der Zellenkamplejc in gesundem, lebendigem Zustand erhalten «erden, so muß einerseits die Nahrungszufuhr regelmäßig vonstatten gehen, crnderersetts muß die in den Zellen aufgehäufte Energie regelmößig verbraucht werden: denn das Ausbleiben dieses Der- brauch« kann ein Stocken des Lebens, ja eine Gefahr für das De- stehen der Zelle mit sich bringen. Man hat von einem„Reizhunger" der Organe gesprochen. Die ästhetischen Erlebnisse können wir' als Stillung diese» Reizhungers ansehen." Di« Kunst schafft also Mög- ffchkeiten der Lebensäußerung, die dem Ausgleich in der Betätigung der Organe dienen und eine gleichmäßige Anregung aller Organe heroorrufen, die zur Gesunderhaltung des ganzen Organismus er- forderlich ist. Um da» Gleichgewicht aller Körperfunktionen herzu- stellen, hat sich der Mensch besondere Möglichkeiten geschaffen, neben »em Soiel vor allem die Kunst. Das Kegelschieben oder Tennisspiel »erschaffen dem geistigen Arbeiter denselben Ausgleich der Betäti- gung, wie etwa dem Handarbeiter das Lesen eines Romans oder das Anhören eines Konzerts. Kunst sowohl wie Spiel führen dem Körper Reize zu, die ihm der Alltag nicht bietet, die ober seine Raiur»erlangt und ohne die einzelne Organe der Entartung an- heimfallen würden. Di« Kunst regt also Lebensbetätigungen an, die sich Im Bewußt- lein»Is Lust geltend machen und eine gewisse Harmonie im Körper herstellej». Durch das künstlerische Genießen werden gewiss« Organe, »ie dabei geübt werden, gestärkt und gefördert. Die Beschäftigung mit der Malerei gewährt dem Aug« eine lustvoll« Betätigung, die •ud) seine spezifischen Fähigkeiten verstärkt. Di« Hingab« an dich- t»hsch« Darstellung übt eine Menge von Seelenkräften, die das All- tagsl-ben sonst ganz verkümmern ließe. So erhält die Tragödie im ZRensttze« Gefühlitiefe» lebendig, die in unserem bürgerliche» Dasei»
nie in die Erscheinung treten. Auch die Musik, die keinesweg» bloß das Ohr beschäftigt, wenn sie auch den Gehörsinn zu einer außer- ordentlichen Empfindlichkeit schärft, rüttelt das ganze Gefühlsleben auf. bätt es frisch und wach. Auf diese Weise bringt die Kunst erst den Menschen zu einer Höchststeigerung seines Daseins, spendet ihm Leben in reinster Form, und zwar nicht nur in seelischer, sondern auch in körperlicher Beziehung. Wie schwer der Mensch die Bertümmerung de» Kunstsinnes empfindet, dafür haben wir ein wichtiges Zeugnis in dem Bekennt- nis Darwin », und es ist interessant, daß gerade dieser größte Biologe die biologische Bedeutung des AestHetischen so klar erkonnte. Darwin klagt darüber, daß er jede Freude an der Dichtung verloren habe, weil er infolge seiner wissenschaftlichen Arbeiten die Uehung des Kunstgenusses vernachlässigte.„Wenn ich mein Leben nochmal, von vorne anfangen müßte," schrieb er,„so würde ich es mir zur Regel machen, wenigstens einmal in der Woche etwas Dichtung zu lesen und Musik zu hören: denn so würden mir die nunmehr außer Fähigkeit gesetzten Hirnteile durch di« Hebung erhalten geblieben sein. Der Mangel dieser Freuden ist ein Mangel an Glück, der für den Intellekt und noch mehr für den sittlichen Charakter von Nach- teil kein kann." Tie Kunst ist also di« Arznei, die dem Menschen di« Fähigkeit gibt, ganz Mensch ,u sein, ihm die„Totalität" seines Wesens verleiht, von der bereit» Schiller als dem höchsten Geschenk de» Schönen gesprochen.
Z»m Wechsel in der eeffun« b« Masenmskunikommlstlon teilt d« amtliche preußische Pressedienst mit, der Kultusminister habe den Vorsitz deshalb übernommen, um als neutral« Instanz alle Streitig- keiten beizulegen, die der Fortführung d« Museumsbauten htnder- lich sein könnten. Di- Maßnahme war wegen de» Stteites zwischen Herrn v. Bode und Ludwig Hoffmunn notwendig geworden. D« Erwcrb des Folkwanq.ZNusrums durch die Stadt Eisen, über den wir vor kurzem nähere, berichteten, wird nunmehr efsiziell bekanntgegeben. Essener Kunstfreunde hotten bekanntlich 15 Millionen zum Ankauf des Milleums gespendet und daraufhin hat die Essener Stadwerordncten.vcrsammlunq jetzt ihr« Zustimmung zur Annahme des Angebot» der Osthaussthen Erben an die Stadt Essen erteilt. BlitzelnschlZg» durch drahkloke Telegraphie? Verschiedene Teile der vereinigten Staaten und Kanadas wurden tn letzter Zeit in große Aufregung versetzt durch dos unheimliche und gefährliche Trei- den einer unbekannten Macht. Blau« Flammen zuckten und sprühten au» den Wanden und Möbeln: scltsome Feuer sprangen plötzlich aus aus Matratzen und Teppichen. Ein Gutsyaus In der Rühe von Anti- gonlsh in Roma Scotia wurde von den g/ängstigten Bewohnern verlassen, weil sie diese ausregenden Flammen- und Funkenipiel« nicht mehr ertrazen konnten. Eine kranke Dame zu Alva In Okla- homa wurde dadurch dem Tode nahegebracht, daß in Zwischenräumen solch« blauen Flamnien aus ihrer Mottatze und aus den Bildern an den Wänden hervorzuckten: sie kamen sogar aus den Kleidern der Krankem Natürlich gaben diese seltsamen Erscheinungen Anlaß jit den abenteuerlichsten und abergläubischsten Borstellunqen und wurden in den Blättern sehr viel besprochen. Ein hervorragend« Gelehrt« au» Boston, Edward OBrion, vertritt die Anschauung,
daß es sich hier um«lekttische Entladungen handelt, die durch die drahtlose Telegraphie hervorgerufen werden. Er führt aus, daß das Gutshaus von Antigonish in ein« direkten Linie zwischen zwei d« stärksten drahtlosen Stationen Am«iia, liegt, und meint, daß die Erscheinungen blitzartig« Entladungen seien, die von den elekttischen Sttömen in der Luft ausgehen. Bei Wstterungsverhältnissen, die dies« Erscheinungen unterstützen, sei e» gar Nicht unmöglich, daß auch einmal ein solcher.drahtlos« Blitzschlag" ein Hau» anstecke und niederbrenne. Die Trinkstube aus höh« See. Da» Llkoholverbot gilt in den Bereinigten Staaten bekanntlich nur so weit, alsdas Hoheitsgebiet des Staates an den Gewässern der Küste reicht. Drei englische Meilen od« etwa S Kilomet« von der Küste entfernt kann jeder amerika- Nische Bürger sich so lehr mit Alkohol vollpumpen wie ihm nur be- liebt. Auf dieser Tarsache hat«in erfindungsreicher Kapitalist I. D. Martin einen sinnreichen Plan aufgebaut, für den er alle durstigen New Porker Kehlen zu int«essieren sucht. Es handelt sich um ein« Trinkstube auf hoher See. Martin will außerhob de» New Yorker ! Hafen», da, wo da» Hoheitsbereich de» amerikanischen Staates auf- Gehört hat,«in luxuriös ausgestattete» Schiff stationieren, und er at b«cit» zu diesem Zweck mit einer englischen Schiffsbaufirma einen verttag abgeschlossen, die ihm diese schwimmende Trinkstube in größtem Umfang und in elegantester Ausfüdruna baut. Die Fahrt nach dem Schiff wird 3 Dollar tosten. Ueber die Preise für Speisen und Betränk« verlautet noch nicht», sie dürften aber„gepfessert sein. Martin behauptet, daß niemand ihm etwas bei der Durchführung feine» Plane» anhaben könne, denn« stehe durchaus aus dem„Boden de» Gesetze,". Auf d« Zagd nach Nahrung. Eine packend« Schilderung von dem täglichen Kampf gegen den Hunger, den die Petersburger Bevölkerung durchfechten muß, entwirst der Korrespondent eines Kopenhagener Blattes, der steh einige Zeit tn her russischen Haupt- stadt aufhielt.„Es war ein bolschewistischer junger Mann, ein Soldat der Roten Armee, der mich in dieser Jagd unterrichtete," erzä'xt er. „Wir trafen uns auf der Sadowafa-Straß« in Petersburg.„Haben Sie heut« schon etwas gegessen," fragte er mich, die üblich« Frone, die jeder in dieser hungernden Stadl an den anderen richtet. Ich sagte ihm. ich hätte bisher nur«inen Apfel im Magen: sonst hätte ich nichts oustteiben können, obgleich ich Geld be! mir hätte.„Komme» j Sie mit mir," fordert« er mich auf,„ich weiß»inen Ort. wo man i heute etwas zu essen kriegen kann". Cr führt« mich in ein Nestau- rant in der Nähe, wo wir ein wenig Bohnensuppe und Grütze gegen Bezahlung«hielten. E» waren aber so geringe Mengen, dag wir � davon nur noch hungrig« wurden. Mein Gefährte schlug mir nu» ! vor, wir wollten nach dem Newski-Prospekt gehen, ao in ei"--n früheren eiezonten Rochtttkal Fleisch und Kartoffeln zu haben sein j sollten. Da» Gericht de» hier verabreicht wurde, bestand wirll'ch in � zusamm-ngckochtem Fleisch mit Kcrtosseln: aber man bekam nur ein paar Stückchen..Jetzt müssen wir einen langen Marsch zusammen machen," tröstete mich mein Begleiter, als ich weiter über Lung« klagt«.„Wir gehen üb« den Fluß, und auf dem Kronweski-Louls. oard weiß ich einen Loden, wo man ein Stück Brot bekommen kann". Er«zählte mir während de» Wege»,.daß er Soldat der Retcn Arme« i sei und sich auf Urlaub in Petersburg befinde. Diesmal hatten wir