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die brutale Republik . Die Kosten der Lichterfelder Anstalt. Seit zwei Wochen schreit sich die deutfchnationale Presse die Kehle heiser über dieBrutolität" der Republik , weil etwa vierzig Zöglinge der staatlichen Lichterfelder Unterrichtsanstalt wegen gröbster Exzesse gegen eine Anstaltsdame diszipliniert worden sind. Wie brutal die Republik mit den ehemaligen Kadetten umgegangen ist, mögen ein paar ganz nüchterne Zahlen zeigen. Die Lichtcrfelder Anstalt, die etwa 500 Schüler zählt, kostete dem preußischen Staat im Jahre 192l) einen Zuschuß von 3.3 M i l l i o n e n, im Jahre 1921 einen Zuschuß von S.Z M i l l i o n e n Mark. Auf den Kopf des Schülers kam also im letzten Jahr ein Staatszuschuß von 11999 Mark, so daß die Schüler fast ausschließlich auf Staatskosten unterrichtet und unterhalten worden sind. Ver- gleichsweise möge angeführt werden, daß der Zuschuß für diese eine Anstalt im Jahre 1921 über anderthalbmal lo hoch war als z. B. die Gesamtsumme, die der preußische Staat an Tagegeldern für sänitliche Schöffen und Ge- schworene in Preußen auswirft. Die Anstalt wird über- Haupt nur aus charitativen Gründen weitergeführt, weil es sich zum größten Teil um Söhne von Kriegerwitwen usw. handelte. Der Dank für diese ungeheure Bevorzugung, die ganz un­gerechtfertigt erscheint, weil man u. E. das Geld viel besser für die Fortbildung begabter Arbeiterkinder ver- wandt hätte, bestand in einer maßlosen Hetze gegen denselben Staat, der den Unterhalt der Schüler zahlte. Diese Hetze ging z. B. soweit, daß die Hausdamen von den Schülern in solche eingeteilt wurden, d-e auf Empfehlung desDeutschen Offi- ziersbundes" angestellt waren, und solche, die das Ministerium entsandte. DieMinisteriumdamen" wurden von vorn- herein scheel angesehen und in jeder Weise schika- niert. Der als Nachfolger Karsens an die Anstalt entsandte Studiendirektor H a r t t u n g hat diese Dinge immer weiter sich entwickeln lassen und sie nur nach außen hin zu ver- tuschen gesucht. Er ist, wie wir hören, von seinem Posten entfernt worden. Die letzten Exzesse waren nur die un- vermeidliche Explosion eines bis zur äußersten Spannung ge- steigerten unerträglichen Zustandes. Die Geistesverfassung der jungen Leute wird am besten dadurch charakterisiert, daß sie bei dem entscheidenden Auftritt die mißliebige Anstalts­dame, Frau Sorge, mit Ausdrücken wieHure","Sau" und noch schlimmeren beschimpften, die wir aus Gründen des all- gemeinen Anstands nicht wiedergeben. Leider scheint es, daß das U n t e r r i ch t s m i n i st e- r i u m wieder einmal soweit nachgeben will, daß die natto- nalistisch verhetzten Kreise genau wie beim Abgang Kar- sens dies als ihrenSieg" auslegen und zu neuen Exzesien ermutigt werden. Bon den Relegierten sind 19 Oberprimaner und 29 Unterprimaner. Den Unterprimanern soll die Auf- nähme in eine ähnliche Anstalt man spricht von Wal- stadt gestattet werden, so daß ihreBestrafung" nur in einem Ortswechsel bestehen würde. Die im Abiturium stehenden Oberprimaner sollen die Möglichkeit haben, ihr Examen ein halbes Jahr später an einer anderen Anstalt abzu­legen. Sie würden also mit einem Zeitverlust von sechs Monaten davonkommen. Jnteresiant ist dabei. daß für sie nur eine andere ehemalige Kadettenanstalt für die Ablegung des Examens in Betracht kommt, weil ihre Leistun­gen und Kenntnisse hinter denen der Schüler normaler Gym- nasien weit zurück st ehen Es muß zum mindestens ver- längt werden, daß die jungen Leute zur Reifeprüfung das- selbe wissen müssen, was ein anderer auch wissen muß. Etwas intensivere Beschäftigung mit den Wissenschaften dürfte ihnen am ehesten die Lust zu nationalistischen Geburtstags- gelagen austreiben. Wenn das Unterrichtsministerium vor dem Geschrei der reaktionären Presse über seineBrutalität" zurückweicht, so möchten wir ihm und der Oeffentlichkeit einmal in Erinne- rung bringen, wie unter dem alten System verfahren ? j-_____ Die elektristhe Zrau. Don Lena. Hier wurde berichtet, daß in Tanana in Alaska die Lust so mit Elektrizität geladen war, daß Männer, die ihre Frauen küßten, einen elektrischen Schlag empfingen. Der bekannte Physiker Prof. Spintesius hat eine Reihe von Versuchen gemacht, di« es ihm er- möglichen, Frauen in ähnlicher Weise, wie es hier durch die Atmo- sphäre geschah, mit Elektrizität zu laden resp. zu entladen, und er macht verschiedene Vorschläge für die Verwertung seiner epoche- machenten Erfindung, der er den Namendie elektrische Frau" ze- geben hat. Zunächst empfiehlt er für eifersüchtige Ehemänner«inen Frauen- lodeapparat, vermittelst dessen jeder Mann die Frau so mit Elek- trizität zu laden vermag, daß jeder, der sie zu küssen oder zu um- armen versucht, einen elektrischen Schlag empfängt, der ihn sofort betäubt. Für die Frauen selbst ist das Geladenwerden völlig un- gefährlich. Die Ehemänner werden besonders zur Vorsicht ermahnt, damit sie nicht vergessen, ihre Frauen zu entlaten, ehe sie selbst sie küssen. Ferner wird der Polizei empfohlen, weibliche Kriminalbeamte auszubilden, die sich in den Kaschemmen den Verbrechern liebevoll nähern. Bei der in diesen Räumen herrschenden Freiheit der Um- gangsformen wird es nicht auffällig sein, wenn sie dem Verdächtigen liebevoll einen Kuß auf die Lippen drücken, der ihn alsbald betäubt niederstreckt. Die Betäubung dauert solange an, bis die Polizei an Ort und Stelle ist. Diese steht mit der elektrischen Frau m ständiger Signalverbindung, und es werden für sie besonder« Aufnahme- opparate für Kußladungen konstruiert werden. Gewissen politischen Organisationen, die Interesse für gefahrlose Ausführung politischer Morde haben(siehe Gareis. Erzberger usw), kann die elektrische Frau ebenfalls dringend empfohlen werden, da auf ein rücksichtsvolles Betragen der Polizei, wie in Budapest , nicht immer mit Sicherheit zu rechnen ist. Besonders kräftige Frauen- exemplare werden für die genannten Organisationen mit so starker Leitung versehen werden, daß ihr Kuh sofort tödlich wirkt. Eine hervorragend sinnreiche, allerdings kostspielige Kombination ermög- licht es auf Wunsch, daß gleichzeitig tn der Lust ein Lichtsignal in Form eines Hakenkreuzes erscheint. Endlich wird eine besonder« Kußstau für Kommunisten herge- stellt. Dieselbe küßt automatisch alle, die den Weifungen von Mos- kau nicht folgen oder sich nicht zur angegebenen Zeit spalten wollen. Besondere Spaltvorrichtung kann auf Wunsch angebracht werden. Zur Ladung der kommunistischen Kußfrau ist Geschick nötig, da möglicherweise eine bei dem zum Kuß Bestimmten im Zunehmen begriffene geistige Klarheit die Kußwirtung erschweren könnte.

unnve. Der ehemassge Unterrsthtsmtnsster Genosse H a e n t s ch sst alz Primaner relegiert worden, weil er von einem Reben- z i m m e r aus einer sozialdemokratischen Versammlung zu- gehört hatte. Am Wilhelms-Gymnasium zu Berlin , dessen Direktor der hyperkonservative Prinzenerzieher K ü b l e r war, ereignete es sich in den neunziger Jahren, daß ein zehn- jähriger Sextaner namens Lehfeld wegenMajestäts- beleidigung" relegiert wurde. Der Knabe hatte unter dem Einfluß einer ausländischen Erzieherin auf einen Zettel geschrieben:Der Kaiser ist ein Esel." Natürlich konnte ein zehnjähriges Kind sich über den Sinn und die Tragweite dieser Handlung nicht im mindesten klar sein. Der Direktor Kübler aber empfahl sich für eine höhere Stufe eines seiner vielen Orden, indem er diesem zehnjährigen Kinde die Existenz zer- störte. So verfuhr das System, das von denselben Leuten vergöttert wird, die jetzt über dieBrutalität" der Republik winseln! » In derNationalliberalen Korrespondenz" ergreift der Unterrichtsminister Dr. B o e l i tz jetzt selber das Wort zu der Lichterfelder Angelegenheit. Er verwahrt sich in scharfem Tone dagegen, wie die deutschnationale Presse den Tatbestand um- fälscht und das Vorgehen gegen die renitenten Kadetten-.als Bluturtell" undMassaker" hinzustellen sucht. In ihren ersten Meldungen hatten es die rechtsstehenden Blätter so hin- zustellen gesucht, als sei die Bestrafung der Zöglinge wegen Absinguna des Deutschlandliedes erfolgt. Kein Wort davon ist wahr.(Wir können sogar hinzufügen, daß wegen der Kaiser- Geburtstags-Feier in den Räumen der Anstaltsdame Frau v. Schwanewede nur diese, nicht die beteiligten Schüler, bestraft worden ist. Red.) Die Disziplinierungen erfolgten allein wegen der schon mehrfach behandelten Exzesse, deren Darstellung durch den Minister wir hier nicht zu wiederholen brauchen, well sie sich mit unserer deckt. Leider bestätigt der Minister auch, daß dieBestrafung" durch das Unterrichtsministerium keine anderen Fol- g e n für die Betroffenen haben wird, als wir sie oben darge- stellt haben. Herr Boelitz ist bei dieser Sachlage natürlich völlig im Recht, wenn er die Behauptungen der Rechtspresse von einemDluwrteil" zurückweist. Uns aber scheint es. daß er sich allzusehr von dem Bestreben hat leiten lassen, diese De- hauptung zu entkräften. In seinen Schlußworten weist der Minister den Borwurf der Rechtspresse zurück, daß sein Vorgehen einenpolitischen Akt" darstelle. Für ihn sei ollein die Aufrechterhaltung der S t a a t s a u t o r i t ä t, der Zucht und Ordnung an der Anstalt überhaupt maßgebend. Dieser Standpunkt ist durch- aus richtig. Aber es besteht die Gefahr, daß di« jetzigen Maß- nahmen zur Aufrechterhaltung der Staatsautorität nicht ausreichen. Namentlich ist es bedenklich, wenn die auf- sässigen Schüler nun geschlossen an eine andere Anstalt geschickt werden, in der bisher alles in Ordnung war. Wenn sie dort eintreffen mit dem Gefühl, daß ihnen die ganze Sache ja eigentlich nichts geschadet habe von einem kleinen Ortswechsel abgesehen, so ist die Annabme nicht van der Hand zu weisen, daß sie den Lickterfelder Geist auf ihr neues Domizil übertragen und dort ähnliche Zustände her» beiführen werden. Der MonarchPen-vogel. Der frühere Hofprediger Vogel in Potsdam , über dessen merk- würdige Predigten wir schon mehrfach berichtet haben, hat sich ver- anlaßt gesehen, in Königsberg einen byzantinischen Vortrag über seine Besuch« bei Wilhelm zu halten. In rührselig-kitschigem Stil, der an die Romane einer Eourths-Mahler oder Anny Woythe er- innert, schilderte Herr Vogel dieLeiden" des fürstlichen Dulders. Man erfuhr daraus erfchröckliche Tatfachen, wie, daß der Exkaiser bei Tisch Wasser trinkt, daß er bereits nach dem Mittagsschlaf mit inten- siver Arbeit beginnt, daß ein Prinz einmal auf einer Matratze ge- schlafen habe, und was dergleichen welterschütternde Dinge mehr sind. Auch die böse Valuta bereite Wilhelm schlaflose Rächte, da er nur deutsches Geld besitze(freilich ein gutes Schock Millionen!). Don den 2990 goldenen Tellern, die sich Wilhelm nach Doorn

Auch Parlamentarierinnen können auf Wunsch verlangen, mit Elektrizität geladen zu werden, um politische Gegner aus raffinierte Weise durch Fernwirkung, wozu Mundspitzen genügt, unschädlich zu machen. Bei Klara Zetkin ist diese Ladung jedoch nicht oonnöten. Diese kurz« Ueberstcht mag einstweilen genügen, um weiten Kreisen die Bedeutung der Erfindung Nar zu machen. Professor Spintesius bittet Interessenten, sich wegen Ueberlassung einer elek- irischen Frau vertrauenvoll an ihn zu wenden. Diskretion Ehren- fache. Auch nimmt tr Anregungen für weitere Verwendung feiner bedeutsamen Erfindung dankend entgegen. Ob es ihm gelingen wird, auch elektrische Männer herzustellen, erscheint einstweilen un- gewiß. Sollte es der Fall fein, so werde ich denVorwärts'-Lescrn sofort davon Mitteilung machen.

Das Ende der altpreußischen Tugenden. Am 22. März schlägt jedes altpreußische Herz höher, da kann es schwärmen und schwelgen in der Erinnerung an den ersten Wilhelm und die altpreuhischcn Tugenden, die er all« in sich verkörperte. Außerdem ist die Geschichte schon länger her, und Cagenbildung erleichtert. Vor ollem aber steht der zweite Wilhelm nicht mehr im Wege. Für ihn sich zu begeistern, wird selbst erprobten Monarchisten schwer, also flüchtet man lieber in die Vergangenheit, zu dem guten, alten, leutseligen Wilhelm, der einmal der Karlätschenprinz hieß und der bestgehaglcste Reaktionär im Preußenland war. und zu seiner Mutter Luise, die im Strahlen- glänz aller Sentimentalitäten als preußische Madonna aufgeputzt wird. Mit jener zu Herzen, gehenden Gerührthclt. die durch kein Honorar ausgeglichen werden kann, schreibt einer imTag": Die preußische Vornehmhett hat uns auf die Höhe geführt: die zunehmende Abwertung an der preußischen Schlichtheit hat uns ins Elend gestürzt. Wir sind allzumal Sünder, und noch ist nicht ein Ende abzusehen. Roch ist nicbt zu erkennen, daß irgend jemand in kargem Sicheinschränken dem Lorbild des alten Wilhelm und seiner Eltern von 1896 nochleben will am allerwenigsten der sogenannte vierte Stand und seine Millionen-schiebenden und sich an Sektfrüh­stücken und Nachtschwelgereien erlabenden Herren Demagogen." Ja, das Recht aus Sekt hat sich merklich verschoben; früher hatten es di« Herren Agrarier, die es heute in verstärktem Maße ausüben, und die Herren Offiziere und andere angestammte und schicksalerkorene Menschen. Heute saufen ihn auch die Schieber und die neuen Reichen und die Demagogen(die derTag" entdeckt hat.).Schlichtheit. Selbstlostzkeit, Pflichtenstrenge. Ehrgefühl, Vaterlandsliebe, Gottesfurcht, echte Menschenfreundlichkeit, Treue, diese Grundelemente der preußischen Vornehmheit sind seit dem November 1918 zum Hohn geworden." Jede Zeit lobt immer die Tugenden der früheren und tadett die eigene, so daß nach diesem Geschichtsrezept keine den Kranz verdient. Und dann versteht auch jede Zeit die Tugenden verschieden. Wa» derTag" hier meint, Ist in Wahrheit: Untertänigkeit, Sklaoensinn, Abrackeret ohne menschen- würdige Existenz, Hundedemnt usw. Aber nebcren wir die Liste einmal wörtlich. Ist da den Tugend- Prediger« nicht»in erheblicher Irrtum untergelaufen? Hot diese

nochschicken Keß»cm anderem ganz z» schweigen, weiß der rührselige Herr Bogel nichts. Das sind doch immerhin.Sachwerte". Besonders schön machte sich Herrn Vogels Erklärung, warum Wilhelm nicht an der Spitze seiner Truppen den Heldentod ge- such� habe. Das wäre verschleierter Selbstmord gewesen, und Selbstmord sei eine F e i g h e i tl Wir feige sind danach die 2 Millionen deutsche Soldaten gewesen, die in den vier Kriegsjahren verschleierten Selbstmord" verübt haben! Jeder blamien sich nur so gut als er kann, der Monarchist blamiert sich durch den Monarch! st enoogel.

Cin Üeutschnationaler Reüakteurstreik. Aus Detmold meldet WTB.: Das Redaktionspersonal der .Lippischen Tageszeitung'(deutschnational) sst heute abend wegen Differenzen mit dem Vorstand und dem Aussichtsrat in den Ausstand getreten. Wir wünschen den Herren vom kollegialen Standpunkt aus besten Erfolg ihrer Bewegung. Aber eins möchten wir ihnen doch zum Bewußtsein bringen: Hätten wohl vor der Revolution Redak- teure, und gar Redakteure eines rechtsstehenden Blattes, an einen Streik auch nur zu denken gewagt? Warum beschimpfen und be- speien die Herren tagtäglich die Früchte de» 9. November, wo sie doch selber gern von ihnen essen?

Schutzpolizei unö Entente. Der Verband der Polizeibeamten Preußens hatte am Dienstag eine Versammlung der Schutzpolizeibeamten nach der Bockbrauerei einberufen. Der Berbandsvorsitzende Schröder führte u. a. aus: Unsere Bestrebungen gehen, dahin, im neuen Deutschland eine wahr« Volkspolizei zu schaffen. Das können wir aber nur, wenn man die Schutzpolizei zur Ruhe kommen läßt und nicht dauernd Einmischungen der Entente statfinden. Der Schutzpolizist soll und muß als Vertrauensmann der Bevölkerung seinen schweren Dienst auf der Straße oersehen und nicht als irgendein Fremdkörper fungieren. Die vornehmste Aufgabe des Schutz. Polizisten muh es sein, die Autorttät des Staates ohne Blutver- g i e ß e n zu wcchren. Deshalb wenden wir uns gegen die Koserme- rung der Beamten. Gleichzeitig müssen wir energischer denn je den Ruf nach wirtschaftlicher und rechtlicher Sicher st el- l u n g erheben. Dem vom Reichsministerium vorgeschlagenen Referemenentwurf haben wir als V e r h a n d l u n g s b a s i s zu­gestimmt Einzelne Paragraphen bedürfen allerdings erheblicher Ergänzungen. Nach lebhafter Diskussion wurde ewe Entschließung im. Sinne dieser Ausführungen angenommen.

verkehrsfteigerung und Sparmaßnahmen. In der heutigen Sitzung des Haushaltsousschusies des Reichstags machte der Verkehrsminsster Gröner interessante Mitteilungen über die Wirkung der Erhöhung der Eisenbahniarife. Er meinte u. a.: Im Juni 1921 sollte die Erhöhung der Tarife für den P e r s o n e n- verkehr'I1l4 Proz. Mehreinnahmen erbringen, sie hat erbracht 43,4 Proz.; im November: Voranschlag 3ZZe Proz., Ergebnis 65 Proz.; im Dezember: Voranschlag 73 Proz., Ergebnis öS Proz. Selbst im Januar 1922, einem sehr schlechten Reisemanat, war das Ergebnis noch 83 Proz. Beim Güter verkehr sst die Entwicklung eine ähnliche. Im April 1921 sollte die Erhöhung eine Mehrcin- nähme von 89,8 Proz. erbringen; erbracht hat sie zunächst nur 80,4 Proz. Das Ergebnis wurde indessen immer besser und erreichte im Oktober bereits llö.ö Proz. Der Voranschlag für Januar sah 249 Proz. vor; dg? Ergebnis war aber um 3 Proz. höher. Teilwesse wurde der Friedensverkehr schon überschritten. Die Zahl der Güterzüge ist auf den Rheinlinien von 172 vor dem Kriege täglich aus 299 gestiegen. An verschiedenen Stellen, z. B. in Hamburg , sind die Bahnanlagen völlig überlastet. Auch Köln und Sachsen gehören zu den Verkehrsstockungsgebieten. In Sachsen sind ungenügend« Güterbahnhöfe und ebenso ungenügend« Werkstätten vorhanden, di» in Verbindung mit dem mangelhaften Lokomotiopark Schwierig- leiten verursachen. Im Osten erschwert der polnische Korridor den Verkehr sehr stark. Dom November 1921 bis Januar 1922 ist die Zahl der Beschäftigten um rund 39 999 gefallen. Tie Zahl der Diebstähle ist im dauernden Abnehmen begriffen. Im Januar 1919 wurden 23 999 Diebstähle gemeldet, im Januar 1921: 16112, im Januar 1922: 12 010._

Serie von Tugenden nicht Wilhelm II. schon gänzlich gefehll? Gab es in der Welt einen Menschen, der weniger schlicht der lärmender. anmaßender war. als dieser entartete Enkel Wilhelm I. Und die Treue? Und die Menschenfreundlichkeit? Reden wir nicht davon. wir würden uns lächerlich machen. Hat ER nicht Bismarck wie einen schlechten Dienstboten davongejagt? Hat ER nicht alle Wett brüskiert und vor den Bauch gestoßen? j>ie Lehre von den altpreußischen Tugenden hat einen Fehler: sie hoben vielleicht nie so existiert, jedenfalls aber sind si« von dem letzten Hohenzoller in Acht und Bann getan worden. Der Stumme. Zwischen zwölf und ein Uhr nachts geistert er herum. Don Lokal zu Lokal. Ein wandernder Zeitungslaoen. Wie ein schworz-weißer Riesenfächer legen die Blätter, mit denen er handett, eine papierne Muschel Jim seinen dürftigen Leib. Fünfzig Zettungen, hundert Zeitungen führt er in seinem raschelnden Waren- Haus. Er ist stumm und taub. Seine Stummheit, sein« Taubheit sind nicht Requisit, nicht Geschäftstrick; er hört wirklich nichts, und er kann kein Wort sprechen. Selbst das Lallen und Krächzen der Taubstummen fällt ihm schwer. Wenn sein rotes Gesicht gebeizt von der Schärfe der Nachtluft, sich tn die verlogene Schwüle der Likörltuben schiebt, dann muß er warten, bis man ihn bemerkt, denn verständlich machen kann er sich nicht, der Stumme. Cr peitscht noch einmal mit einer dürftigen; armseligen Peitsche die müden Nerven der Verbrauchten aus. Denn seine Ware ist mit dem Steuer- streifen der Sensation banderoliert Er handett mit pikanten Blättern, mit üblen Tratschgazelten, mit der ganzen dunklen, übel- riechenden Skandal- und Erpresser-Druckerschwärze. Nun freilich. im Zwielicht von grün verhängten Lampen Im Schatten des Alkohols, greifen viele Finger gierig nach seinen Blättern. Das verspricht eine letzte kleine Sensation vor dem Schlafengehen nach einem dumm beschlossenen Tag. Von den erpreßten Tausenden erzwungener Schweigegelder fallen ein paar armselige Prozente nächtlich für ihn ab. Lautlos, wie er gekommen, huscht da» Gespenst des Stummen in die Nacht zurück. Er weiß nicht, was in den Blättern steht. Sein Manager stellt sie für die Geisterstunde zusammen. Bevor er da» Lokal oerlößt, nickt er kräftig nach allen Seiten. Man meint seine Wirbelsäule knacken zu Hörem Wenn ein Wunder geschähe, wenn er plötzlich sprechen könnte, er wüßte sicherlich nichts zu sagen. Cr kennt nur die Welt, die er verhandelt und mit der er Handel treibt Aber er hat nichts gemein mit ihr. Unberührt von ihrer Gier und ihrem Rhythmus steht er in ihr, ein reiner Tor der Berliner Nacht..

Mnstkalistbe Kammerkviele. Unter dielem Zltel tlt eine MeselllKnft in Bildung begriffen zur weiielen Entwicklung des dculschen Singlvtele». ES zollen nilbt mir die Berliner vorliellnngcn erweitert, iondcrn vor allen Bingen weitere EntembteS gebildet weiden, um tu den mittleren und Iletnen Städten lünstteritck, dochstebende muttlalische Tbeateranisöhrunven zu ermögllwem Tie Netevschas» will aus diele Veise dem tietnedenden Niveau der modeinen Opeielte ein Gegengewicht bieten und die breit« Masse de« Potte» m» den noch undelannten melodischen Schätzen unsrer glotzen Meister bekannt machen. Srnst Ludwig Taschenberg, der stoologe der Untversstät Halle, ist im Atter von 68 Jahren geilorbrn. Taschen berg war lest 1887 Heraus» aeber der Bidliolbeca loologäc» und bat sich durch oortretziutz« poputäre Werl«, besonders über Insetten, verdient gemacht