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es nicht getan. Für Swö sparsame Wirtschaft ist erforderlich. daß unsere gesamte Verwaltung so einfach wie möglich auf- gezogen, und der komplizierte Verwaltungsapparat auf das denkbar geringste Maß reduziert wird. Das Verhältnis der Gemeinde zum Staat faßt die Negierung und darin muß man ihr beipflichten dahin auf, daß Gemeindeverwaltung nicht Selbstzweck, sondern Staatszweck ist, und daß daher die Gemeindeverwaltung dem Staatsganzen untergeordnet und dem Staate ein Aufsichtsrecht vorbehalten bleiben muß. Es fragt sich nur, was sie darunter versteht und von wem es aus- geübt wird, denn nicht das Aufsichtsrecht als solches, sondern seine Handhabung in der Praxis hat nur allzu oft zu lebhaften Klagen Anlaß gegeben und lähmend auf die Freude an der Mitarbeit eingewirkt. Hier will nun der Entwurf gründlich Wandel schaffen, indem er sachlich die Staatsaufsicht auf die Beanstandung gesetzwidriger Gemeindebeschlüsse, die Erhal- tung einer ordnungsmäßigen Verwaltung und das Einspruchs- recht gegenüber besonders weittragenden Gemeindebeschlüssen beschränkt und die instanzenmäßige Beschwerde im Aufsichts- wege abschafft. Endgültig werden wir zu diesen Vorschlägen erst Stellung nehmen können, wenn sie im einzelnen näher bekannt sind. Schon jetzt läßt sich aber sägen, daß der Begriff besonders weitgehende Gemeindebeschlüsse" einer genauen Umgrenzung bedarf. Ein falscher Schluß ist es, wenn be- hauptet wird, die Beschränkung der Staatsaufsicht in fach- sicher Beziehung bedinge eine Erhaltung der Aufsicht in per- soneller Beziehung, d. h. die Bestätigung der leitenden Be- omten der Gemeinde durch den Staat. Dem können wir nicht beistimmen, halten vielmehr an unserer grundsätzlichen Forde- rung der Beseitigung des Bestätigungsrechtes fest. Hat der Gesetzgeber zu dem demokratischen Gemeinwesen das Vertrauen, daß er ihm die Verwaltung bestimmter Angelegen- heiten unter eigener Verantwortung überträgt, dann muß er ihm auch die Fähigkeit eines richtigen Urteils bei der Wahl der leitenden Beamten zutrauen. Mit der Vorschrift, daß die Bestätigung nicht wegen der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei versagt werden darf, ist nichts anzufangen. Der Nicht- bestätigte wird immer glauben, daß politische Momente aus- schlaggebend waren, und für die Aufsichtsbehörde wird es ein leichtes fein, wenn sie aus politischen Erwägungen die Be- stätigung versagt, mit ihren wahren Beweggründen hinter dem Berge zu halten. So wird das Bestätigungsrecht auch in seiner gemilderten Form eine Quelle fortgesetzter Reibungen; zwischen Staat und Gemeinde sein und größeren Schaden an- richten, als ihn eine unglückliche Wahl jemals anzurichten in der Lage wäre. Die einzelnen Gemeinden sollen zu Kommunalverbänden, sog. Lanobürgermeistereien zusammengeschlossen werden, um auf dem Lande die Selbstverwaltung zu erweitern und zu verstärken. Mit dem Prinzip, das dieser Regelung zu- gründe liegt, können auch wir einverstanden sein, da wir ja von jeher auf die Schaffung leistungsfähiger Verbände hin- gewirkt haben. Auf weitere Einzelheiten einzugehen, behalten wir uns vor bis nach Veröffentlichung der Entwürfe. Nur noch ein Wort über das voraussichtliche In- krafttreten der Gesetze: Wenn in der Presse vielfach der Herbst dieses Jahres als Termin angegeben wird, so scheint mir der Wunsch als Vater des Gedankens maßgebend zu sein. Eine Verabschiedung'bis zu diesem' Zeitpunkt ist so gut wie ausgeschlossen. Nehmen wir! den günstigsten Fall an, daß das Staatsministerium jetzt sofort die Vorlagen einbringt, so wird die Beratung des Staatsrats kaum vor Ende Mai fertig sein. Daß der Landtag ein so wichtiges Gesetz in den heißen Sommermonaten berät, in denen erfahrungsgemäß nicht allzu fruchtbare Parlaments- arbeit geleistet wird, ist kaum anzunehmen. Der früheste Ter- min einer endgültigen Erledigung scheint angesichts der vielen Punkte, über die die Meinungen innerhalb der Koalitions- Parteien noch weit auseinandergehen, das Ende dieses Jahres zu sein. Ein Fehler wäre das nicht. Hat es so lange gedauert, so kommt es schließlich auf einen Monat mehr oder weniger nicht an. Die Hauptsache ist, daß gute Arbeit geleistet und das Gesetz so gestaltet wird, daß die Sozialdemokratie ihm ruhigen Gewissens zustimmen kann.*

Das hanögepäck. Bon Otto Bielen . E» ist wirtlich ein ekelhafter Morgen, fast noch Nacht. Riesel- feuchter Nebel hangt in der Frostluft, und die Dtraßenlampen geben teine Helle mehr. Berkotet die Straße und der Gehsteig feuchtig. Der Herr hat es nicht gerade eilig, aber er möchte den Halb- fünf-Uhr-Zug nicht versäumen. Und der Bahnhof liegt noch ein gutes Stück weg. Der Herr ist mittelgroß, etwas fettleibig. In der linken Hand trägt er eine kleine Handtasche, in der rechten Hand einen kleinen Handkoffer, dessen Gewicht ihm die rechte Achsel ein wenig herunterdrückt. In einem Haustor steht ein Mensch. Die Hände in den Taschen des dünnen, schäbigen Rockes zu Fäusten geballt, die Achseln hoch- gezogen und das Kinn gegen die Brust gepreßt. Denn ihn friert. Ungewaschen, mit verschlafenen Augen und mißmutigem Gesicht, die Mütze im Nacken, lehnt er in einer Haustorecke und döst. Der Herr hastet an ihm vorüber, wirkt im vorbeikommen einen raschen, zugleich scheuen und neugierigen Blick auf den hohlwangigen Menschen. Der Bahnhof liegt immer noch ein gutes Saück weit. Der Mann in der Haustorecke schaut ihm blinzelnd nach, sieht, daß der kurzleibige Herr an etwas schleppt und will sich schon wieder in seine Ecke drücken. Aber er hält inne, zieht den Rock strammer, schaut noch einmal nach dem Herrn und geht ihm nach. Er geht zuerst rascher als der Herr vor ihm, als ob er ihn einholen möchte, hält aber, wie der Abstand zwischen ihm und dem Herrn klein gewor» den ist, zurück,»nd als sich jener feindselig umdreht, bleibt er sogar stehen und überlegt. Aber dann geht er ihm doch wieder nach. Die Straßen sind öde und menschenleer. Dem Herrn ist es ein wenig bequem, zu wisien, daß hinter ihm einVagabund" geht. Er geht rascher und rastet nicht mehr, sondern wechselt das Gepäck im Gehen. Aber der Mensch geht auch rascher Ueberquert nach dem Herrn die Straße, gewinnt wie dieser den anderen Gehsteig, biegt kurz nach ihm in die Nebengasse ein. Der Herr wird ängstlich. Kein Zweifel, der Mensch folgt ihm. Cr will sicher etwas! Man sollte doch eigentlich immer eine Waffe bei sich tragen! Wenn ihn der angreift, die Hände hat er voll, er kann sich gar nicht wehren. Der Herr tut einen scheuen hastigen Blick nach rückwärt», sieht den Hunger in des anderen Augen und bemerkt, daß der gar nicht sehr kräftige Mensch etwas von ihm will, sich aber scheinbar nicht recht getraut. Und er geht rascher. Aber der Man« hinter ihm geht auch rascher, der Herr hört seine harten Schuh» haften und näher kommen. Es überläuft ihn kalt. Soll er noch rascher laufen? Da, verdammt« Gepäck! Wer darauf hat»» dar Mansch hinter ihm wahrscheinlich abgesehen.

die Reichsglieöerung unö Preußen. Eine programmatische Rede Severiugs. Anläßlich der feierlichen Uebergabe Pyrmonts, das durch Volksabstimmung zu Preußen gekommen ist, hielt der preußische Innenminister, Genosse Servering, eine Ansprache. Nachdem er die Vorteile des neuen Zustandes für beide Teile Pyrmont und Preußen dargelegt halte, wandte er sich prinzipiellen Fragen der Reichsgliederunz zu und führte aus: Es gibt in unserem Boterlande Leute, die glauben, sie könnten Artikel 18 der Reichsverfassung zur Neugliederung Deutschlands verwenden, da Preußen nach deren Ansicht keine Existenzberechti- gung mehr habe und daher zerschlagen werden müsse. Sie glauben, durch Neubestimmung von Wirtschaftsgebieten, in die Preußen zerlegt werden müsse, Borteile zu erreichen; aber das gerade Gegenteil ist zu erwarten.Im engen Kreis ver- engert sich der Sinn", das gilt auch auf wirtschaftlichem Gebiet. Pyrmont hat durch sein Beispiel gezeigt, wie man den Artikel 10 richtig auslegt. Nicht eine Zersplitterung Preußens, son- dern eine Zusammenfassung der Kräfte muß die Parole der Zukunft sein. Den Luxus einer weiteren Zer- splitterung können wir uns in Deutschland nicht leisten. Im neuen Preußen wird jeder Individualität ihr Recht ge- lassen, und es ist nicht notwendig, daß zur Ausgestaltung eines starken Eigenlebens der einzelnen Landesteile die Zersplitterung nach der früheren Art wieder herbeigeführt wird. Der Krieg hat uns arm gemacht: die drei Jahre nach dem Kriege zeigen uns, daß die Wunden noch nicht vernarbt sind. Wäre es da nicht«in Wahnsinn, eine neue Verschwendung von Gut und Kraft, wenn wir die Zersplitterung Deutschlands weiter betrei- den würden, wenn wir unsdezentralisieren" würden, wie der schöne Ausdruck lautet. Es gibt in Ihrer engeren Heimat Männer und Frauen, die da glauben, die Zeit sei gekommen, um eine Reichsprooinz Ni«derjachscn herbeizuführen. Ich selbst bin ein echter N i e d e r s a ch s e. Ich habe aber trotz dieser Abstammung nie begreifen können, daß die Errichtung einer besonderen Provinz Zdiedersachsen eine wirtschaftliche oder kulturelle Notwendigkeit sei. können wir niedersächsische Eigenart nicht auch in Preußen sich auswirken lassen? Mit dieser unserer Eigenart müssen wir in Preußen blei- den, unsere Zähigkeit und Beharrlichkeit ihm zuwenden. Die Schaffung einer Reichsprovinz Niedersachsen würde ein Gebilde erzeugen, das den wirtschaftlichen Notwendigkeiten der Zeit nicht gerecht werden könnte. In der preußischen Staatsregierung gibt es | keine Stelle, die sich mit derartigen Plänen einverstanden erklären kann; alle Männer in jeder preußischen Regie- rung werden sie bekämpfen. Nicht aus preußischem Partikularismus", sondern weil ein jeder in der preußischen Re- gierung davon durchdrungen ist, daß es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist, unsere Kräfte in Deutschland zusammen- Zufassen._ vorher genau prüfen! Die Sonntagsausgabe derZeit" bringt einen antifemi- tifch-nationaliftischen Schimpfartikel von einem Kaliber, daß man irgendein deutschvölkisches Hetzblättchen vor sich zu haben glaubt. Der Artikel richtet sich im allgemeinen gegen die USP., und wir müssen es prinzipiell dieser überlassen, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Nur mit einer Stelle wollen wir uns hier befassen, in der K a r l K a u t s k y, der der g a n z e n - sozialistischen Bewegung gehört, auf das Unflätigste beschimpft wird. Sie lautet: Das geistig hervorragendste Mitglied der USPD. , der tschechische Schriftgelehrte Karl Kautsky , hat das ihm unsinnigerweise geschenkte vertrauen, indem man ihm, dem feindlichen Ausländer, die Geheimakten des Auswärtigen Amtes zur Verfügung stellte, in der gemein st en Weise mißbraucht, um Deutschland mit einer nicht vorhandenen zusammengeschwindelten Kriegsschuld zu belosten und durch Derhökerung des Gebräus sich ungeheuer zu bereichern; an Kautskys sittlichem Tiefstand wird dadurch, daß er später seine An- schuldigungen nicht mehr auftechterhalten konnte, natürlich nicht das geringste geändert; er hatte die Pflicht, vorher genau zu prüfen, was er vertreten konnte." Von der persönlichen Besudelung Kautskys abgesehen, die wir mit Verachtung übergehen, ist dies der Typus der

Die immer stärker werdende Furcht vor dem entscheidenden Augenblick macht den Herrn entschlossen. Er hört des Fremden Schritte dicht hinter sich, bleibt kurz stehen, dreht sich um und sagt: Was wollen Sie?" Ihr Gepäck, Herr," sagt der Mensch betroffen und stottert:Ich bin ein armer Mensch, Herr, die ganze Nacht auf der Straß«, kein Geld. Ich habe Hunger. Sie sollen mir nichts schenken, aber lassen Sie mich Ihr Gepäck tragen, Herr." ) Der Herr fühlt alle Furcht weichen. Er atmet auf. Dann ärgert er sich, daß er Furcht gehabt hat und schreit den anderen an: Schauen Sie, daß Sie weiter kommen, lassen Sie mich in Ruhe, Sie!" Und geht davon.-- Der Mensch duckt sich, die Worte tun ihm weh. Er sieht dem Herrn nach, der mit aufgerecktem Kopf und herabhängender linker Schulter weiterläuft,-- schüttelt den Kopf, zieht die Schultern hoch und preßt das Kinn gegen die Brust. Dreht sich langsam und zögernd um und schleicht müde den Weg zurück, findet ein Haustor, kauert in«ine Ecke und döst.

Noch ein verneuil. Das ist nun binnen kurzer Frist die vierte Berliner Bühne, die uns mit verneuil füttert. Hat es noch Zweck, zu vrotestieren und zu klagen, daß man zum verfailler Vertrag auch noch denVertrag von Nizza" und denFrechdachs" dieses ge- schickten Machers aufgebürdet erhält und die vielen Seichtheiten anderer Pariser? DerFrechdachs", den das Theater derkultivierten Europäer". das Theater am Kurfür st endamm, eingefangen hat, ist von Richard Wild« für die Bühne bearbeitet, so daß schwer zu erkennen ist, ob Zoten oder Pikanterien vorsichtig abgefeilt und Horm- lose Dialogstellen eingefügt worden sind. Was ist von Wilde? Was ist von verneull? Die Untersuchung lohnt nicht, da das Ganze eine nicht einmal hübsche Nichtigkeit ist. Es dreht sich hier wieder einmal um die Eroberung einer oerheirateten Frau. So sehr wir den Fran- zosen gram sind, wir können es uns nicht denken, daß sie für weiter nichts Zeit, Gedanken und Geld haben als für das Weibchen und für Ehebrüche. Der Frechdachs, ein junger Mann, beteuert fort- während: Ich liebe Sie und werde Sie besitzen; und dieangebetete" Frau(wirklich, dieses schrecklich« Wort wiederholt sich immer wieder) antwortet mit entschiedenem Nein. Dennoch erreicht er das Ziel; nicht, wie der Zuschauer erwartet und das ist die einzige Ueber» raschung weil er der Frau die Untreue ihres Mannes beweist, sondern umgekehrt, weil er die Untreuebeweise nicht aus der Tasche zieht. Er will um seiner selbst willen erhört werden. Angesichts einer solchen edlen Entdeckung muß. wie jeder zugeben wird, auch da, tugendhafteste Herz jeder verheirateten Frau schmelzen. Sie wird also ihren Mann betrügen, und der Vorhang kann endgültig über die drei, durchaus nicht kurzweiligen Akt«, fallen. Angefüllt war die Bühne mit Schauspielern, die aus Eigenem leider nichts von dem fehlenden Eharme des Stückes ersetzen konnten. Kühl und nüchtern plätscherte es oben. Auch Käthe HaaL als die junt« Frau«arfagte; und nur Erich Walter, allerdings nicht

naftonaklstifchen Verleumdung. Die viel zitierte Stelle Kart Kautskys, wonach die deutsche Regierung nicht durch bösen Willen, sondern durch bodenlosen Leichtsinn in den Krieg ge- raten sei, steht nämlich in dem Kautskys che n Buche über die Ursachen des Krieges. In diesem Buche führt Kautsky aus, daß er während des Krieges an eine absichlliche Herbei- führung des Krieges durch die deutsche Regierung geglaubt habe, aber auf Grunddes Akten st udiums nur noch gröbste Fahrlässigkeit annehmen könnte. Der nationalistische Verleumder hat also selber das getan, was er Kautsky zu un- recht vorwirft: er hat die Pflicht des gewissenhaften Iourna- listen, schwere Anschuldigungen vorher genau zu prü- fen, auf das gröblichste verletzt. Diesem Individuum persönlich würden wir die Ehre einer Erwiderung nicht angetan haben. Aber daß der Schriftleiter derZeit", Herr H e i n r i ch R i p p l e r. von dem man bis- her eine anständigere Art der Polemik gewohnt war. die Spal- ten seines Blattes bedenkenlos der nationalistischen Ver- leumderkloate öftnet, verdient doch notiert zu werden. Nur tzabsburg? Schiebereien ehemals regierender Hänser. Karl Habsburg findet auch im Tod kein« gute Presse. Gerade di« deutschen Monarchistenblätter sprechen mit äußerster Schärfe und Verachtung von dem Gestorbenen, obwohl doch nach der monarchistischen Theorie jeder Monarchvon Gottesgnaden auf den Thron gesetzt ist. folglich die Kritik eines solchen Gottes- gnadenmannes zugleich ein« ebenso scharf« Kritik des angeblich göttlichen Willens bedeutet. So schreibt z. B. die natio- nalistischeTägl. Rundschau": Ein kaiserlich-königlicher Schieber vom Schlaqe des letzten österreichischen Karl bildete di« denkbar beste Zielscheibe für die Gegner eines legitimistischen Staatsgedankens. Als Oesterreich- Ungarn sich in Trümmer auflöste und Karls Herrschaft in dem Sturm des enttäuschten deutschen Donauvolkes hinweggefegt wurde, war es zunächst seine wichtigste Sorge, die habsburgi- s ch e n Kronkleinodien ins Ausland zu schaffen. Das ist an sich gewiß richtig. Aber unwillkürlich drängt sich die Frage auf: Haben die hohenzollernschen Kollegen der Habsburger denn wesentlich anders gehandelt? Hat Wilhelm sich nicht außer einem Schock Millionen vorsorglich seine zweitausend goldenen Teller und einen Haufen anderer Kostbarkeiten nach Holland nachkommen lassen? Ist sein Sohn Eitel nicht von einem deutschen Gpricht wegen Kapitalsoer- s ch i e b u n g verurteilt worden? Haben nicht die Hohenzollern es keineswegs unter ihrer Würde gehalten, sich mit der holländi­schen Schieberfirma G r u i s s e r, Philipps dn u. E o. zu verbünden, um ihre Kapitalien über die Grenze zu schassen? Warum ist das allesganz was anderes"?! Oer tote Karl. wie», 3. April. (Eigener Drahtbericht.) Bekanntlich sind die Kaiser von Oesterreich in der Kapuzinergruft im Innern Wiens bei- gesetzt; Karl Habsburg soll dies für seine Leiche gleichfalls angeordnet haben. Eine monarchistische Kundgebung größeren Stils ist aber in Wien nicht mehr möglich. Die Regierung steht vor einem nicht leichten Entschluß. Die Ehristlichsozialen verlangen, daß der Parlamentspräsident Dr. Weiskirchner(der ihr Parteigenosse ist) den Tod des letzten Kaisers in einer unpolitischen, aber würdigen Erklärung bespreche. Dieser Absicht ist u. a. auch entgegenzuhalten, daß die Republik Deutschösterreich ein junger Staat ist, der niemals einen Kaiser gehabt hat. Horthy-Ungarn mimt Landestrauer. Eben wird gemeldet, daß die Leiche in Funchal beigesetzt werde.

Eine Weigerung Nordamerikas . Das D e r n e r Abkommen zur Bekämpfung des Mädchen- und Kinderhandels ist von dreiund- dreißig Regierungen unterzeichnet worden. Dagegen teilte der Staatssekretär der vereinigten Staaten mit, daß feine Regierung das Abkommen nicht unterzeichn«n känn«, da verschiedene Klau- feln in die Polizeibesugnisie einzelner Staaten der Union eingriffen. Amerika stehe ober dem durch das Abkommen angestrebten Ziele sympathisch gegenüber, und haben ähnliche gesetzliche Maßregeln er­griffen.

pariserisch, drang zuweilen mit seiner trocknen ungekünstelten Komik durch. Der Frechdachs, der elegant« zähe Verfolger, war bei Herrn Günther gar nicht erobernd, ohne den leisesten Abglanz jenes Schimmers, ohne den solche Rollen fad sind. Ludmilla q«ll spielt« wieder ihre marionettenhafte Abgehacktheit und brachte einige ex- pressionistisch schreiende Flecke in die Wasserfarben. Daß gleich dem Ensemblespiel auch die Sprachtechnik unserer Schauspieler erschreckend zurückgeht, konnte man auch an diesem Abend mit Bedauern fest- stellen. Zad-Ic. Das schwedische Ballett hat jetzt im Theaterdes Westens ein zweites Gastspiel begonnen, das nach dem Eröffnungsabend zu schließen ebensowenig wie das erste von Erfolg gekrönt fein dürste. Bei der dritten Programmnummer, einer Tanzpantomime Im Narrenhaus" von Jean Börlin, fetzte eine so starke Opposition ein. daß der Vorhang zeitweise mederaehen mußte. Man entrüstete sich über einen grotesken Reigen der Geisteskranken. Aber es hätte dieses stofflichen Anstoßes nicht bedurft: das monotone und Phantasie- lose Arrangement dieser wie der anderen Vorführungen langweilte und ärgerte das Publikum. Schöne, eigenartig farbige Szenenbllder und die Tanzleistungen der C a r i n a A r i sind auf der Plus-Seite zu buchen. Alles übrige war mittlere Prooinzkunst. I. S. Die Waschküche als Skrafanstalk. Ein salomonisches Urteil hat ein Richter zu Huntington in Westvirginien gefällt, indem er einen Ehemann statt zu Gefängnis zur Arbeit in der Waschküche seiner Frau verurteilte. Diese gerichtlich ernannte Waschfrau ist ein Arbeitsloser namens James Alexander, den seine Frau vor Ge- richt verklagte, well er nicht für ihren Unterhast sorge. Alexander redete sich damit heraus, daß er nun einmal keine Arbeit bekomme. aber der Richter Hefsley ließ diese Entschuldigung nicht gelten, son- dern verordnete von Rechts und Gesetzes wegen, daßder Mann aus dem Gefängnis entlassen und nach Haufe geschickt werde mit dem strengen Befebl, seiner Frau beim Waschen zu helfen, bis er eine andere Beschäftigung finden könne, durch die er seine Familie unterhatten kann." Falls er sich beim Waschen widerwillig zeige, soll er sofort wieder ins Gefängnis zurückgebracht werden.

Gin Hart-Nbend. Am v. kldrll T1/, tJBr findet im Weifietfaal ein Vortragsabend statt, ans dem Ott» Sberbard, Maha Hart und Hilde Sommerseld au» Dichtungen von Julius und Heinrich Hart rezitiere» weiden. Tie Nothllse für akademische Kriegsbeschädigte, jiriegSgefangene und griegsteilnedmer in München , fHaunftr. 9, beabsichtigt, im Mai 1922 an die zurzeit noch aus den deutlchen Hochlchnlen siudierenden bedürslige» akademischen KnegSieiincbmer, ohne irgendwelche darteivolitilche oder kon. ieslionelle Rücksichten, Beihilfen zu gewähren. Die Gesuche find bei« Relior einzureichen. Staatliche Kunftanktlo» in MoSka».«n« Moskau wird«e- meldet: DaS Volkssommchariat sür Kultus stellt derzeit ein» List» bei- vorragender Kunstlchätze zusammen, di« der rulsische Staat um(eine Finanzen aufzuhelfen an das Ausland verkaufen will. Unter diesen Kunstschätzen besiuden sich auch Gemälde au« der Gremltag«, die Weltruf besitzen. Die russische Regierun, baabsichtigt, diese Kunst» erbe im AuklionS- woge i» Moskau zu»er lvugor u.